36Die GleichheitNr. 5organisierte bei Lohnkämpfen, statt an seiner Seite zu stehen,ihm und seinen Kameraden als Feindin gcgenübertritt. Diewirtschaftliche und soziale Stellung der ganzen Arbeiterklasse wurde herabgedrückt und damit das Kulturniveau des gesamten Volkes. Das darf nicht sein!In heißem Ringen müssen Schutz und Rechte fürdie Frauen erstritten werden. Die Frauen selbst müssendabei die Avantgarde sein.Politischer und gewerkschaftlicher Zusammenschluß,Vermittlung wirtschaftlicher und politischer Erkenntnisse, Erfüllung der Massen mit sozialistischem Geisteund mit Kampfesfreudigkeit, das sind die Mittel dazu.Sind also gewerkschaftliche und Politische Organisationen, in denen die Macht der Arbeiterklasse zusammengefaßt wird, die Vorbedingung für die Durchsetzungdes gesetzlichen Schutzes, so sind sie ebenso unentbehrlichfür die Selbsthilfe, die darüber hinaus im wirtschaftlichenund Politischen Ringen die Lage der Arbeitenden heben, ihr Lossteundlicher gestalten und sie fähiger machen soll, ihre Befreiung durch die Verwirklichung des Sozialismus durchzusetzen.Verbesserung der Lohn- und Arbeitsbedingungen, gleichenLohn für gleiche Arbeit für Mann und Frau, steigenden Einfluß auf die politischen Geschehnisse, Ausnutzung der politischenMacht der Arbeiterklasse, das alles können nur aufgeweckte,vom Geist des Sozialismus durchglühte Arbeiterinnen in Gemeinschaft mit den Männern ihrer Klasse erringen.Deshalb ist die Aufrüttelung, die Organisierungund Schulung der erwerbstätigen Frauen eine ebensolche Notwendigkeit wie der gesetzliche Schutz unddie Anerkennung politischer Rechte für sie.lind für unsere Genossinnen muß es gleichermaßen heiligesPflichtgcbot sein, an dieser Aufrüttelung, Organisierung undSchulung der uns bis heute noch völlig fernstehenden Frauenzu arbeiten, wie sie die Propaganda für unser großes Reformprogramm und den Kampf um dessen Durchsetzung führen.Bei der Arbeit und im täglichen Kampfe werden ihreKräfte wachsen. Luise Zietz.Nachschrift. Sollte trotz unserer ernsten und schweren Bedenken der Arbeitszwang Gesetz werden, so dürfen unsereGenossinnen nicht mutlos die Propaganda für einen erweitertenSchutz der Arbeitenden unterlassen und die Arbeit der Agitation unter den Indifferenten niederlegen; sie müssen viel-mehr mit verdoppelter Kraft sich all den Strömungen entgegenstellen, die in ihrer Wirkung nur zu leicht eine Einschläferung oder gar Ertötung der Kampfesfreudigkeit unsererArbeitsschwestcrn und-brüder herbeiführen. Überzeugungstreue uud politische Wachsamkeit sind die köstlichenGüter, die wir uns erhalten müssen, um jederzeitgerüstet zu sein. 1�.Notizenteil.Aus dem öffentlichen Leben.Verurteilung von sechs Junendgenossen in Weimar. Vorder Strafkaminer des Landgerichts Weimar standen sechsJugendgenossen— vier Lehrlinge von Weimar und zwei jugendliche Arbeiter aus Jena— unter der Anklage, Flugblätter verfaßt,angefertigt und verbreitet zu haben, durch deren Inhalt der öffentliche Frieden gefährdet würde. Wie wir der„Bremer Bürgerzeitung"entnehmen, fanden die Verhandlungen unter Ausschluß der Öffentlichkeit statt und endeten mit der Verurteilung der jungen Leute zuGefängnisstrafen von 2 bis 9 Monaten, zusammen von 2S Monatenfür die sechs Angeklagten. Die Untersuchungshaft wurde auf dieStrafe angerechnet. Sie hatte bei einzelnen Angeklagten bis zu5 Monaten gedauert, so daß bei zwei von ihnen dadurch die Strafeals verbüßt galt.Nachträgliches zur Schutzhaftdrbatte. In seiner tatsachenreichen Rede zur Schutzhaft brandmarkte Genosse Dittmann unteranderem auch die Behandlung, die Genosse Mehring als Schutzhäftling erfährt. Unter dem 4. November berichtet die„LeipzigerVolkszeitung" dazu das Folgende:„Wie in der Reichstagssitzungvom 23. Oktober mitgeteilt wurde, ist Genosse Mehring, der seitdem IS. August 1916 in der Berliner Stodtvogtei in Schutzhaft saß,kürzlich nach der Laznrettabtcilung des Untersuchungsgefängnissesin Moabit übergeführt worden. Aus zuverlässiger Quelle wird unsdazu mitgeteilt, daß diese Überführung in einem TranSportwngender Polizei, dem sogenannten Grünen August, geschah. Zusammenmit Mehring wurden einige Diebe und Prostituierte transportiert.Unterwegs klopfte einer der Diebe dein greisen Mehring auf dieSchulter und ineinte gutmütig:„Na, kannst dich ruhig drüben(aufdie gegenüberstehende Bank) bei die Mädchens setzen, bist ja altgenug!"Genossin Luxemburg in Leipzig verurteilt. Genossin Luxemburg, die sich seit Anfang Juli in Schutzhaft befindet, wurde inLeipzig zu sechs Wochen Gefängnis verurteilt. Grund: einenicht im Manuskript vorgelegte Rede. Der Einberufer der Versammlung erhielt zwei Tage Gefängnis.SoziaUstische Frauenbewegung im Ausland.Eine Votschaft der finnischen Sozialistinncn ist trotz allerSchwierigkeiten der Verbindung und des Verkehrs über das Meergelangt und in dem„Labour Woman", dem Organ unserer englischen Schwestern, veröffentlicht. Sic lautet:„Liebe Genossinnen! Obgleich die gegenwärtigen Schwierigkeiten der Verbindung in der Internationale der sozialistischenFrauen so groß sind, haben wir uns doch bemüht, unser Werk alsinternationale Sozialistinnen fortzusetzen. Die Kämpfe und Leiden der Frauen des arbeitenden Volkes aller Länder bewegen unsere Herzen, und wir hoffen, daß die Zeit bald kommen wird, wodas Zusammenwirken der Frauen aller Länder aufs neue beginnt,die in unserer gemeinsamen großen Sache zu einer Schwesternschaft verbunden sind.Die Organisationen der finnischen Sozialistinnen, sowohl dieGewerkschaften wie die Klubs und Vereinigungen anderer Art,sind im verflossenen Winter wie gewohnt an der Arbeit gewesen,sie haben für Versammlungen und bildende Veranstaltungen gesorgt. Zur Zeit, da ich dieses schreibe, bereiten wir die Landtagswahlen vom 1. und 3. Juli vor. Da wir an den Wahlen teilnehmen,werden wir unsere Pflicht als Frauen, Bürgerinnen und Gliederdes kämpfenden Proletariats tun. Liebe Genossinnen, empfangetunsere herzlichsten Grüße als Ausdruck unserer Erkenntnis derheiligen Bande, die uns in der gemeinsamen Sache verknüpfen undeinen. Für die Liga der finnischen sozialdemokratischen Frauen:Hilja Parsinnen."Der Ausfall der Wahlen in Finnland hat bewiesen, daß unsereGenossinnen„ihre Pflicht als Frauen, Bürgerinnen und Mitglieder des kämpfenden Proletariats" getan haben. Die Sozialdemokratie errang einen großen Sieg, ihre Vertreter und Vertreterinnen sind im Landtag Finnlands in der Mehrheit. Trotz Weltkrieg und zarischem Gewaltrcgiment! Die Vergangenheit der finnischen Sozialdemokratie scheint dafür zu bürgen, daß auch dieGegenwart der Partei mit ihren Aufgaben vom Geiste des internationalen Sozialismus erfüllt und beherrscht sein wird. Was insbesondere unsere finnischen Genossinnen anbelangt, ihre Haltung,ihr Wirken, so ist dieser Geist stets lebendig in ihnen gewesen.Wir dürfen erwarten, sie auch künftig erkenntnisklar und pflichttreu in Reih' und Glied zu finden, wo das rote Banner der sozialistischen Internationale weht. Trotz Weltkrieg und zarischem Gewaltregiment I Trotz alledem und alledem!Fürsorge für Mutter und Kind.Borlesungen über»leinkinderfürsorge. Im Januar 1917 beginnt der zweite Teil der vom Zentralinstitut für Erziehungund Unterricht veranstalteten Vorlesungen über Kleinkinderfürsorge. Lyzealdirektor vr. Buchenau wird die Grundzüge derKindespsychologie behandeln, und zwar in Anlehnung an,W. Stern, Die Psychologie der frühen Kindheit" und mit anschließenden Übungen. Beginn: Dienstag, den 9. Januar, abends8 bis 9'/» Uhr. Oberlehrerin Treuge wird über die pädagogischen Grundlagen der sozialen Kinderfürsorge sprechen.Beginn: Freitag, den 12. Januar, abends von 8 bis 9 Uhr. DieTeilnehmergebühr beträgt für jede der beiden achtstündigen Vorlesungsreihen 3 Mk. Anmeldung schriftlich oder mündlich im Zentralinstitut für Erziehung und Unterricht, Berlin IV 35,Potsdamer Straße 129, von 11 bis 1 und 5 bis 6 Uhr.MeranlworUlch lur dt« R-dattton: Frau Klara Zitttn(tjundil),!wtu>«lm«h»h5Post Pegerloch det Stuttgart.Tru-t und«erlag von g.H. W. Dt«S«acht.» m.b.H. tu Stuttgart.