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Die Gleichheit
Broletarierkind in Renig in Medienburg geboren, hat unsere Veterant in ihrem langen Erdentvallen alle Bitternisse wirtschaftlicher abhängigkeit und sozialer Interdrückung gekostet, aber auch bie innige Freude erlebt, die die Beteiligung am Stampf und Er folg der Arbeiterbewegung bereitet.
Frühzeitig Waisenfind, wurde Genoffin Dittmer bei der Großnutter erzogen und fam, kaum der Schule entwachsen, nach Ham burg in Stellung als Dienstmädchen. Die Rechtlosigkeit der Dienst boten, ihre Unterstellung unter die Gesindeordnung, ihre persönliche Infreiheit durch das übliche Kost- und Logiswesen, ihre soziale Geringschätzung, und was an Leiden im besonderen oft genug die Hausangestellten zu erdulden haben: nichts von alledem blieb ihr erspart. In Erinnerung an all das Ungemach der Dienstbotenzeit und getrieben von dem heißen Verlangen, das Los der Hausangestellten erleichtern zu helfen, trat Genossin Dittmer, 70 Jahre alt, als eine der ersten der vor 10 Jahren gegründeten Hamburger Dienstbotenorganisation bei, deren treues Mitglied sie noch heute ist. Als Erlösung aus der Unfreiheit des Dienstbotenlebens empfand Genossin Dittmer ihre Verheiratung. Freilich vertauschte sie die eine Abhängigkeit mit einer anderen, die der Heimarbeiterin. Ge= noffe Dittmer war Witwer mit einigen Kindern und Hausarbeiter in der Tabakbranche. Die faum 25 jährige junge Frau mußte sofort Hausarbeit und Mutterpflichten übernehmen und außerdem als Wickelmacherin ihrem Manne beim Erwerb helfen. Sie selbst gebar in den nächsten Jahren mehrere Kinder, von denen ihr nur eines geblieben ist, eine jetzt verheiratete Tochter. Durch ihren Mann war Genossin Dittmer mit der Tabatarbeiterbewegung und den sozialistischen Jdeen bekannt geworden. Intelligent und lebhaften Geistes, war sie bald glühende Anhängerin des Sozialismus und der Gewerkschaftsbewegung. An mehreren Streits der Tabakarbeiter war sie beteiligt, und in der Sozialdemokratie ist sie treues Mitglied, aber auch bis heute eifrige Förderin. Bevor sie der Partei beitrat, gehörte sie dem Frauenverein an, und unter dem Sozialisten gesetz hat sie später oftmals mitgeholfen, der Polizei ein Schnippchen zu schlagen. Nach dem Fall des Sozialistengeseyes hat es wohl faum eine Versammlung, eine Bezirks- oder Diftrittszusammenkunft, eine Frauenbesprechung im I. Hamburger Wahlkreise gegeben, bei der Genoffin Dittmer fehlte.
Als eifrige Leserin der Parteiliteratur hatte sie ein tiefes Verständnis und reges Interesse für das Parteileben und für alle politischen und wirtschaftlichen Vorkommnisse, insbesondere für die großen politischen und wirtschaftlichen Kämpfe in Hamburg , deren fie recht viele miterlebte. Als im Jahre 1897 der Parteitag in Ham burg tagte, war es für Genossin Dittmer selbstverständlich, täglich als Gaft den Debatten beizuwohnen, und als 1904 in Bremen der deutsche Parteitag mit voraufgehender Frauenkonferenz abgehalten wurde, opferte sie von ihrem fargen Einkommen, um es zu ermöglichen, als Gast an der Frauenfonferenz teilnehmen zu können, deren Verhandlungen sie mit wahrer Inbrunst folgte. Am meisten aber überraschte sie die Hamburger Delegierten, als sie 1910 plög lich in Kopenhagen auf dem Internationalen Stongreß erschien. Dbgleich ihr das Reisen schon recht beschwerlich wurde, hatte ihre tiefe Sehnsucht, auch einmal einem internationalen Barlament der Arbeit beizuwohnen, ihr keine Ruhe gelassen. In Begleitung der Genoffin Amanda Kröger fuhr sie zum Kongreß. Und in Kopenhagen erlebte fie die Freude, Zeuge des imposanten, farbenprächtigen Umzugs der Kopenhagener Arbeiter zu werden. Vor 5 Jahren feierte Mutter Dittmer, was wenigen beschieden ist, das Fest der goldenen Hochzeit. Ein Jahr später starb ihr Mann.
Die letzten Jahre haben unserer Genoffin manch bitteres Erlebnis gebracht. Zu dem Schreckensvollen, das das Wüten des Weltkrieges für uns alle hat, kommt für Genossin Dittmer noch das große persönliche Leid, das ihr der Verlust ihres einzigen Enkels, eines talentvollen jungen Mannes, bereits im ersten Kriegsjahr bereitet hat. Schmerzvoll empfindet sie es ferner, daß ihre Körperkräfte oft nicht mehr ausreichen, sich an den Parteiveranstaltungen beteiligen zu können. Deswegen hat sie auch ihr Amt als Delegierte zur Landesversammlung niedergelegt, das sie lange Zeit inne hatte. Die herzlichsten Grüße und Glüdwünsche bringen wir unserer Jubilarin dar. Möge es ihr vergönnt sein, noch recht lange als Borbild treuer Parteigenossenschaft unter uns zu weilen, um mit uns die Segnungen des tommenden Friedens zu schauen. L. F.
Für die grundsätzliche Haltung der„ Gleichheit". Genossin Biez ging der folgende Brief mit dem Wunsche zu, ihn nach Kenntnisnahme der Gleichheit" zum Abdruck zu übermitteln: Weinböhla , den 6. 1. 1917. Berte Genostin Ziezz! Wir erfahren und lesen in der Zeitung, daß eine Hezarbeit gegen Genossen Zettin und die Gleichheit" im Gange ist. Unsere Sympathie steht auf Seiten der Gleichheit".
Nr. 9
Setzen Sie alles daran, daß uns diese erhalten bleibt, wie auch wir das Unserige dafür tun werden. Von jeher war die„ Gleichheit" für die Genossinnen auf dem Londe die beste Führerin, da sie immer konsequent für den internationalen Sozialismus eingetreten ist. Wir Leiterinnen der proletarischen Frauenbewegung auf dem Lande haben in ihr die beste geistige Stütze gehabt, da uns hier geeignete Kurse fehlen. Mit dem Wunsche Ihrer baldigen Genesung zeichnet Mit Parteigruß
Ihre Genossin Martha Schmieder."
Gewerkschaftliche Rundschau.
Die Auslegung des Hilfsdienstgesezes durch die Unternehmer fordert bereits verschiedentlich die öffentliche Stritit heraus. Manche Unternehmer hofften, das neue Gesetz werde ihnen aus den Reihen der Hilfsdienstpflichtigen besseren Ersaß für die jetzt beschäf tigten Arbeiterinnen zuführen. Treibendes Motiv war jedenfalls der Wunsch, nicht vollwertige Arbeitskräfte zu niedrigeren Löhnen zu erhalten, als sie den Arbeiterinnen gezahlt werden. Vom Kriegs. amt ist erklärt worden, daß das betreffende Vorgehen von Unternehmern dem Hauptzweck des Gesetzes zuwiderlaufe und deshalb verhindert werden müsse. Das Gesez soll nicht dazu beitragen, daß männliche Hilfsdienstpflichtige irgendwelche Arbeitskräfte aus ihrer Arbeitsstelle verdrängen. Ein typisches Beispiel dafür, wie mancher Unternehmer das Gesetz zu seinem Vorteil anzuwenden gedenkt, lieferte eine Berliner Kohlenfirma. In ihren Geschäftsräumen hatte sie ein Plakat angeschlagen, in dem sie ihre Plaßverivalter anwies, der Geschäftsleitung von jedem unbefugten Austritt eines Hilfsdienstpflichtigen Mitteilung zu machen, damit alle derartigen Fälle in scharfer Weise verfolgt werden könnten. Um diesem Ansinnen mehr Nachdruck zu geben, führte die Bekanntgabe einige Paragraphen des Hilfsdienstgesetzes an, besonders aber den Strafenparagraphen. Gegen diesen offenbaren Mißbrauch des Gesetzes wandte sich sofort die Arbeiterpresse. In der Veröffentlichung der Firma war nämlich der zweite Teil von§ 9 des Gesetzes fortgelassen, der dem Arbeiter das Recht gibt, wegen verweigerten Abtehrscheines die Beschwerdeinstanz anzurufen. Das Kriegsamt erKlärte auch in diesem Fall, daß es nicht dulden werde, wenn sich Ähnliches wiederhole. Wenn Anschläge solcher Art in den Geschäftslokalen und Betriebswerkstätten erfolgten, so dürften sie den Gesegestert nicht verstümmelt wiedergeben, damit nicht der Anschein erweckt werde, als liefere das Gesez den Arbeiter dem Betriebsinhaber auf Gnade und Ungnade aus. Sollte die Maßnahme der Berliner Firma irgendwo Nachahmung finden, so müssen die in dem fraglichen Betrieb Beschäftigten, sofort Beschwerde einlegen und den amtlichen Stellen Mitteilung machen. Übrigens sei besonders nachdrücklich darauf hingewiesen, daß der Paragraph über die Abkehrscheine als wichtigen Grund für das Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis anführt, daß Arbeiter oder Arbeiterinnen durch den Wechsel des Betriebs eine angemessene Verbesserung der Arbeitsbedingungen erlangen können. In diesem Falle muß ihnen der Abfehrschein gewährt werden.
Die Verwendung weiblicher Arbeitskraft in der Industrie nimmt stetig zu. In der Hauptsache dürfte das auf den Abgang männlicher Arbeitskräfte durch Einberufungen zurüdzuführen sein und auf die Not, die Frauen zum Erwerb zwingt. Nach einer vorliegenden Statistik ist in Hamburg im November 1916 die Zahl der beschäftigten Arbeiterinnen über die der männlichen Personen hinausgewachsen, die in einem Arbeitsverhältnis stehen. Es waren rund 6000 Frauen und Mädchen mehr beschäftigt als Männer. Die allgemeinen amtlichen Ziffern über die Zunahme der Frauenarbeit entsprechen nicht den Einzelfeststellungen. Man darf jedoch füglich an der Genauigkeit dieser Ziffern start zweifelir. Nach ihnen haben die weiblichen Arbeitskräfte während der Kriegsdauer nur um 3,6 Prozent zugenommen. Diese Rechnung steht durchaus im Widerspruch zu den Beobachtungen von Tatsachen, die jeder täglich machen kann.
Im Gegensatz zu obiger Ziffer stehen Feststellungen aus Eugland. Von dort wird eine Zunahme der weiblichen Arbeitskräfte von über 27 Prozent gemeldet. Tatsache ist, daß es auf dem deutschen Arbeitsmarkt bisher nicht an weiblichen Arbeitskräften ge sehlt hat. Im Gegenteil, das Angebot davon überstieg vielfach noch die Anfrage danach. Aus diesem Grunde ist wohl auch sicherlich das Hilfsdienstgesetz nicht auf die Frauen ausgedehnt worden. In England dagegen bemüht man sich eifrig, mehr weibliche Arbeitskräfte in die Industrie heranzuziehen. Es sind zu diesem Zwede Drtsausschüsse gebildet worden, denen Vertreter der Unternehmer, ber Arbeiter und Mitglieder der Frauengewerkschaften angehören. Sie