Nr.!2 Die Gleichheit 81 nationalistischen Strömungen, die auch die proletarischen Massen imd ihre politischen Organe dem Älassenkampf entfremden, unein- geschüchtert von den Verleumdungen und Verfolgungen, dem inter­nationalen Sozialismus treu geblieben, das heißt auch während des völkervernichtenden, seelenvergiftenden Krieges diejenigen Grundsätze vertritt, für deren Verbreitung unter dem weiblichen Proletariat die .Gleichheit' vor 27 Jahren inS Leben gerufen wurde. Der Kampf gegen die.Gleichheit' dauert aber länger als der Krieg; schon vor August 1914 haben die Oppositionellen von rechts innerhalb der deutschen Sozialdemokratie die unbeugsame Haltung der.Gleichheit' bekämpft.... Ihr verdanken nicht nur wir sozialistischen Frauen der verschiedenen Länder, sondern die Proletarier und Sozialisten aller Länder unendlich viel----" Es folgt dann eine Kennzeichnung der Haltung von Genossin Zetkin als Internationale Sekretärin während des Kriegs, eine Haltung, die natürlich von bestimmendem Einfluß auf dieGleichheit" sein mußte. Die Sympathieerklärung sagt zum Schluß:Die sozialistische Franeninternationale weiß, wem sie ihre Fahne anvertraut hat." Gewerkschaftliche Rundschau. Während des Krieges ist der gesetzliche Arbeiterinnenschutz zum großen Teil durch die Aufhebung der Gewerbeordnungs­vorschriften ausgeschaltet worden. Sein Fehlen macht sich mit der Zeit immer mehr fühlbar. Im Kriegs anit soll jetzt durch die Einrichtung einer Frauenarbeitszentrale auch den Erscheinungen entgegengewirkt werden, die in der Folge auftreten. Diese Zentrale soll nicht nur ihr Augenmerk darauf richten, die Arbeitsfähigkeit und Arbeitswilligkeit der Frauen bis zur höchsten Leistungsergiebig­keit zu steigern und die Arbeitshemmnisse nach Möglichkeit zu be­seitigen, sondern sie soll ihre Fürsorge auch dem gesundheitlichen Schutz der Arbeiterinnen zuwenden. Durch Bereitstellung ge­eigneter Erholuugsräume, Wohn- und Schlafgelegenheiten, Beschaf­fung angemessener Berufskleidung, Verbefferung der Nahrungsmittel­beschaffung usw. will man den Frauen die Erwerbstätigkeit erleich­tern. Hand in Hand damit soll die Fürsorge für das Wohl der Familienangehörigen erwerbstätiger Frauen gehen. Ihr sollen dienen: Kinderbewahranstalten, Kindergärten, Stillstuben, Mütter-, Säuglings- und Kleinkinderberatungsstellen. Diese weitgesteckten Ziele stehen mit der jetzigen Praxis allerdings in schreiendem Widerspruch. Den Unternehmern, die irgendwelche Maßnahmen der KriegSfiirsorge getroffen haben, werde» solche Hu­ manitären Einrichtungen schon jetzt zu kostspielig. Der Krieg hat längeren Atem als ihre Philanthropie. Viele von ihnen, die den Familienangehörigen der zum Heeresdienst Eingezogenen Unter-' stützung gewähren, gehen jetzt daran, sich der übernommenen Pflicht zu entledigen. Soweit für Arbeiten in ihrem Betrieb die Frauen ihrer Angestellten und Arbeiter sich nicht freiwillig zur Verfügung stellen, versuchen sie jetzt, diese durch Aufforderung zum Eintritt zu bewegen. So hatte die Berliner Große Straßenbahngesell- schaft die Frauen ihrer Eingezogenen aufgefordert, in ihren Dienst zu treten. Sie war der Meinung, daß viele Kriegerfrauen wohl arbeitsfähig, aber nicht arbeitswillig seien, weil sie außer der KriegS- hilfe noch einige Unterstützung von der Straßenbahngesellschaft er­halten. Die Slbsicht der Direktion, in ihre Betriebe Frauen in großer Anzahl einzustellen, hatte aber sehr geringen Erfolg. Es ergab sich bald, daß nur ein sehr geringer Teil der Frauen körperlich imstande war, Dienste im Verkehrswesen zu verrichten. Sehr viele Frauen konnten auch aus Rücksicht auf die Kinder keine Erwerbstätigkeit außer dem Hause übernehmen. Rücksichtsloser ging eine andere Ge­sellschaft gegen die Kriegerfrauen vor: die Stettiner Portland­zementfabrik in Züllichau . Sie richtete an die Frauen der zum Heere eingezogenen Arbeiter ihres Betriebs ein Anschreiben, in dem sie kundtat, daß man dort acht Frauen brauche, die den ganzen Tag Steine abtragen, oder 16 Frauen, die täglich einen halben Tag dieser Beschäftigung nachgehen würden. Die Firma erklärte, nach einer Besprechung mit dem Arbeiterausschuß seien die betreffenden Frauen wohl in der Lage, die verlangte Arbeit zu leisten. Sollten sie sich dazu nicht melden, so würde die Kriegsunterstützung durch die Fabrik aufhören. Die Frauen unterstehen zwar nicht dem Hilfs­dienstgesetz, aber auf solche und ähnliche Art wird versucht, sie zur Arbeit in bestimmten Unternehmungen unter schwereren Bedingungen zu zwingen, als selbst das Hilfsdienstgesetz sie für die Arbeiter vorsieht. Auf die Jnnehaltung der Unfallverhütungsvorschriften muß angesichts des starken Eindringens der Frauen in die Industrie besonderer Wert gelegt werden. Das Arbeiterinnensekretariat der freien Gewerkschaften hat in richtiger Erkenntnis dieser Notwendigkeit an das KriegSamt eine Eingabe gerichtet, die Verstärkung des Arbeiterinnenschutzes in den Betrieben fordert, die für den Heeresbedarf arbeiten. In der Ein­gabe wird verlangt, daß überwacht werden soll: die Art und Dauer der täglichen Beschäftigung, die Ernährung der Arbeiterinnen, sowie die Unterbringung und Versorgung der Kinder. Die Überwachung soll durch sozial geschulte weibliche Personen geschehen, die das KriegSamt ernennt. Die Kosten dieser Betriebsaufsicht sollen die Unternehmer tragen. Die zu ernennenden Aufsichtspersonen sollen eine Zwischenstellung zwischen Gewerbeaufsicht und Fabrikpflege ein­nehmen. Ihre Tätigkeit soll sich im Rahmen der Aufgabe» der Ge­werbeaufsichtsbeamten halten. In jedem Orte mit Betrieben, die für Heeresbedarf arbeiten, soll mindestens eine Aufsichtsperson amtieren. Den Beamtinnen soll das Recht zustehen, mit den auf Grund des Hilfsdienstgesetzes eingesetzten Arbeiter- und Angestelltenausschüffen in Verbindung zu treten, um deren Vorschläge entgegenzunehmen und auch ihrerseits Vorschläge für Verbesserung von Betriebsein­richtungen zu machen. Nach Möglichkeit sollen für das neue Anit Arbeiterinnen ernannt werden. Die Buchdruckerberufs­genossenschaft hat an die Unternehmer die Aufforderung erlassen, im Hinblick auf die in Buchdruckcreien jetzt zugelassene Frauenarbeit auf strikte Jnnehaltung der UnfallverhlltungSvorschriften zu achten. In der Herren- und Knabenkonfektion ist es zwischen den Arbeiterverbänden und dem Unternehmerverband nach längeren Tarif- Verhandlungen zu einer Verständigung gekommen. Danach wird vom 1. April an eine Zulage von SS Prozent gewährt. Solange die Streckungsverordnung vom April 1916 besteht, beträgt die Lohn­erhöhung 25 Prozent, dazu kommt der Streckungszuschlag mit 16 Prozent. Für Zwischenmeister stellt sich der StreckungSzuschlng auf 7 Prozent, dazu kommen die 25 Prozent Lohnerhöhung. Fällt die Streckungsverordnung, so tritt die allgemeine Erhöhung von 35 Prozent auch für Zwischenmeister in Kraft. Die Vereinbarungen haben Gültigkeit bis ein Jahr nach Friedensschluß, für später be­steht beiderseitige viermonatige Kündigung. Die Vereinbarungen gelten für sämtliche Orte und Bezirke der EngroSkonfektion im ganzen Reiche, auch für jene Orte, wo die Tarife nicht gekündigt sind.-> In der Herrenmaßschneiderei kam eS nach zentralen Verhandlungen ebenfalls zu einer Einigung zwischen den Organi- sattonen. Danach werden die Stücklöhne einschließlich des Streckungs­zuschlags um 25 Prozent erhöht. Bei Lohnarbeit werden während der Dauer der Streckungsverordnung die tariflichen Löhne ohne lveiteren Aufschlag gezahlt. Mit dem Wegfall der Streckungsverord- nung tritt eine Erhöhung von 25 Prozent ein. Bei Beschäftigung im Stundenlohn werden 25 Prozent Zuschlag gewährt. Alle während des Kriegs in irgendeiner Form gewährten Zuschläge kommen mit Gewährung des 25prozentigen Zuschlags in Wegfall. In Geschäften, die der StrcckungSverordnung nicht unterliegen, tritt am 1. März ein Zuschlag von 25 Prozent auf die Zeitlöhne ein. Diese neue Ver­einbarung tritt am 1. März 1917 in Kraft. Alle Arbeiten, die nach diesem Datum in Angriff genommen werden, sind nach den neuen Sätzen zu entlohnen, auf Arbeiten, die vor diesem Datum begonnen und nicht vollendet worden sind, erfolgt der Zuschlag nur für die Arbeit, die nach dem 1. März geleistet wird. Im Holzgewerbe sind die immer renitenten Unternehmer Rheinland-Westfalens nun auch in den Tarifvertrag mit ein­bezogen worden. Während für die übrigen Bezirke im Reiche der Tarifabschluß zustande kam, hatten sich die Unternehmer Rheinland- Westfalens geweigert, den Vereinbarungen beizutreten. Die Ver­handlungen scheiterten. Auf Veranlaffung des Kriegsamts in Berlin griff das Generalkommando in Münster ein, und eS kam erneut zu Verhandlungen, die zu Vereinbarungen führten. Diese sind im wesentlichen die gleichen, wie sie für die anderen Bezirke geschaffen wurden. Die Vereinbarungen gelten bis 1. April 1918, danach soll über die Fortdauer der Veränderung der Teue­rungszulagen und der Vertragslöhne von neuen» verhandelt werden. Der Reichstarif der Bäcker ist noch immer nicht von allen Konsumvereinen eingeführt. Wie die Organisation der Bäcker berichtet, gibt eS noch 59 Vereine, die in ihren Bäckereien den be­reits 1914 niit dem Zentralverband der Konsumvereine abgeschlos­senen Tarif im Jahre 1916 noch nicht anerkannten. Allerdings handelt eS sich um kleine Genossenschaftsbückereien, die insgesaint 196 Per­sonen beschäftigen. Die Verbandsleitung des Bäckerverbandes be­tont, daß sie es bei den Verhandlungen in jedem einzelnen Fall nicht an Entgegenkommen fehlen ließ. Trotzdem sei eS zu keiner Verständigung gekommen. Sie beklagt noch, daß die Zcntralleitung der Genoffenschaften nicht den ihr zustehenden Einfluß ausübe, um die Arbeiter zu eurer anderen Stellungnahme zu bewegen. Im Malergewerbe ist es zwischen Unternehmer- und Arbeiter- organisation zur Aufstellung von Richtlinien für die Verbefferung der beruflichen und sozialen Lage deS Gewerbes gekommen. Die