Nr. 15

Die Gleichheit

öffentlich bekannt geworden waren. Es gelang damals, durch Ge­währung eines Darlehens von fast einer Million Mark von der Gemeinde den Zusammenbruch aufzuhalten. Dann wurden wei­tere Hilfsgelder aufgebracht, doch erwiesen sich alle Sanierungs­versuche als erfolglos: am 10. November 1913 mußte die Bank endgültig ihre Kassen schließen, und am 12. Januar 1914 wurde das Konkursverfahren eröffnet. Die Schulden der Bank sollen am Tage der Konkurseröffnung die Summe von 5 Millionen erreicht haben. Eine große Anzahl meist fleiner Leute haben bei dem Zu­fammenbruch ihr Vermögen eingebüßt, und die Eristenz zahl­reicher Personen ist vernichtet worden. Die angeklagten Ber­sonen waren Mitglieder des Vorstandes oder des Aufsichtsrats. Ihnen wird vorgeworfen, daß sie absichtlich zum Nachteil der Ge­nossenschaft gehandelt haben, indem sie statutenwidrig ganz un­sinnige Kredite gewährten, jahrelang wissentlich falsche Darstel lungen über den Vermögensstand in den Jahresberichten gaben, daß sie ferner es unterließen, die Konkurseröffnung zu bean­tragen usw. Daneben laufen noch gegen einzelne der Angeklagten Anklagen wegen Betrugs, Untreue und Urkundenfälschung.

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Ein Streit in einem Konsumberein ist keine all­tägliche Sache erfreulicherweise. Jetzt wurde jedoch über einen solchen berichtet: In der Konsumgenossenschaft Ber Iin ist es am 26. März zu einem Au 3 st and der Verkäu­ferinnen gekommen. Sie hatten 15 Mr. monatliche Teuerungs­zulage beantragt, 8 Mt. waren ihnen schon früher bewilligt wor­den. Da aber den übrigen Angestellten und Vorstandsmitgliedern eine Zulage gewährt wurde, forderten sie die Erhöhung ihrer Teuerungszulage auf 15 Mt. Die Verwaltung wollte nur 13 Mr. gewähren, worauf die Arbeitsniederlegung erfolgte. Nach halb­tägiger Unterbrechung des Ladenverkaufs wurde die Zulage in der verlangten Höhe bewilligt. Ob man es wegen der 2 Mr. erst zum Streit fommen lassen mußte?

Die Zahl der Mitglieder des Zentralverbandes deut­scher Konsumvereine stieg in beiden Kriegsjahren von 1717 519 auf 2052 139. Jm ersten Kriegsjahr betrug der Mit­gliederzuwachs rund 130 000, im zweiten über 200 000; er hat da­mit die höchste Ziffer in der Entwicklung des Zentralverbandes er­reicht. Der Bestand an Mitgliedern hat sich im Laufe von 13 Jah­ren nahezu verbierfacht. Der Umsak der konsumgenossenschaft­lichen Mitglieder in ihren Konsumvereinen betrug im letzten Friedensjahr 493 Millionen Mark. Er stieg im zweiten Kriegs­jahr auf 577 Millionen Mark. Die Zahl der konsumgenossenschaft lichen Verkaufsstellen hat sich in den beiden Kriegsjahren von 5167 auf 5265 vermehrt. Der Durchschnittsumfaß auf jedes Mit­glied betrug im letzten Friedensjahr 287 Mt., er fant im ersten Kriegsjahr auf 267 Mt. und ist im zweiten Kriegsjahr wieder auf 281 Mr. gestiegen. Eine sehr lebhafte Entwicklung zeigt die kon fumgenossenschaftliche Eigenproduktion. Sie be­trug im letzten Friedensjahr 106,4 Millionen Mark, erhöhte sich im ersten Kriegsjahr auf 120,1 Millionen Mark und stieg im zwei ten Kriegsjahr auf 145,6 Millionen Mark. Der konsumgenossen­schaftlichen Eigenproduktion dienen in erster Linie die großen fonsumgenossenschaftlichen Bädereien. Einige Konsumvereine be­treiben Mühlen und Schlächtereien. Fast alle großen Konsum vereine haben Mineralwasserfabrikation, manche auch Schrot mühlen und sonstige Kleine Produktionszweige.

In Kopenhagen bestand bis zum Jahre 1916 eine ganze Anzahl fleinerer und ziemlich bedeutungsloser Vereine; zuletzt waren es 20. Nach schwierigen Vorarbeiten haben sich im Herbste vorigen Jahres 16 Vereine zum Konsumverein Hauptstadt" zusammengeschlossen. Die Wirkung des Großbetriebs machte sich sogleich geltend. Trotz des empfindlichen Warenmangels stieg der Umsatz der 16 Vereine bon 3% auf 4 Millionen Kronen. Jezt erzielen die verschmol zenen Vereine einen Wochenumsatz von rund 100000 Stronen, die vier noch außenstehenden einen solchen von etwa 10000 Stronen. Man hofft, im laufenden Jahr es im Konsumverein Hauptstadt" auf 6 Millionen Stronen Umsatz zu bringen, wenn die Warenknappheit nicht gar zu start wird. Die Mitgliederzahl des Vereins betrug beim Busammenschluß annähernd 14000 und ist seither stetig gewachsen.

Eine Zeitgenossin der Rochdaler Pioniere, Frau Alice Ashworth, ist im Alter von fast 94 Jahren zu Rochdale vor kurzem gestorben. Sie war die Frau des ersten Lagerhalters der Reblichen Pioniere von Rochdale . Die alte Frau hat also in ihrer Jugend aus nächster Nähe die Entwicklung des Rochdaler Konfumvereins mit anschauen tömnen; sie wußte davon manch Stückchen zu erzählen. Am Eröffnungsabende, so berichtete sie, brannten vor dem Laden Talglichter, denn die Gasanstalt zweifelte an der Zahlungsfähigkeit der Weber- Pioniere und hatte den Anschluß versagt. Fran Ashworth blieb treues Mitglied des Vereins bis zu ihrem Tod.

H. F.

Notizenteil.

Sozialistische Frauenbewegung im Ausland.

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Der Frauentag in der Schweiz muß nach den uns vorliegen­den Berichten als Zeichen gewürdigt werden, daß die Proletarie­rinnen selbständig denken und sich ihrer Pflicht gegen die Klassen­genossen in der Heimat wie gegen die Genossen und Genossinnen in den kriegführenden Ländern bewußt sind. 36 Versammlungen gaben am 25. März die Antwort auf diese Fragen: Warum können die Frauen nicht länger ihre politische Gleichberechtigung ent­behren? Wie fann ihr Kampf gegen Teuerung und Militarismus wirksamer gestaltet werden? Troß des verlockenden Sonnenscheins nahmen überall Männer und Frauen der Arbeit in großer Zahl an den Veranstaltungen teil. Die Etimmung war vorzüglich. In den meisten Versammlungen erstattete eine Genossin den Vor­trag. Alle bekannten Führerinnen der sozialistischen Arbeite­rinnenbewegung der Schweiz waren rednerisch tätig, manche von ihnen in zwei und drei Versammlungen, aber auch neue Kräfte wagten sich erfreulicherweise und mit schönem Erfolg hervor. Recht gute Versammlungen fanden in Orten statt, die früher davon abgesehen hatten, einen Frauentag zu organisieren. Bei mehreren Veranstaltungen nahmen die Genossinnen Sammlung zur Unter­stützung der Dienstverweigerer vor. Die Frauentagsnummer der Borkämpferin" und die Agitationsbroschüre Soldaten des Hin­terlandes" wurden viel begehrt. Überall gewannen die Frauen­organisationen neue Mitkämpferinnen. Eine einzige Organisation der französischen Schweiz hatte eine Frauentagsversammlung ver­anstaltet: die von Genf . Es sprach in ihr Genosse Fähndrich und eine französische Genossin, die mit Klarheit und Begeisterung den Gedanken der internationalen Solidarität aller Arbeitenden, aller Sozialisten vertrat. Jn Zürich gestaltete sich die Feier besonders eindrucksvoll, die von Genoffin Robmann eingeleitet wurde. Nach einem hinreißenden Vortrag der Genossin Balabanoff und der einstimmigen Annahme der Resolution bildete sich ein Demonstrationszug. Der roten Fahne des Arbeite­rinnenvereins folgten viele Arbeiter und Arbeiterinnen. Unter dem Gesang der Internationale bewegte sich der Bug nach dem Zentralfriedhof, wo die Teilnehmer an Bebels Grab, auf das ein roter Nelkenregen herabfiel, das Gelöbnis wiederholten, unent­wegt für die hohen Biele des Sozialismus zu arbeiten und zu kämpfen.

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Bei allen Veranstaltungen gelangte die folgende Resolution zur Annahme:

Die am Frauentag teilnehmenden Arbeiterinnen beteuern so­mit nochmals ihren tiefsten Protest gegen das nicht endenwollende Wölfergemezel, fie bezeugen ihren festen Willen, mit aller Energie und mit allen Mitteln für seine Beendigung zu kämpfen. Sie ge­loben ferner, mit aller Kraft gegen den Militarismus und die Kriegsgefahr im eigenen Lande zu kämpfen und für den Inter­nationalismus gegen den Nationalismus auf allen Gebieten des öffentlichen und privaten Rechtes zu wirken. Sie fordern dringen­der als je die politische und ökonomische Gleichberechtigung der Frauen und beauftragen die Vertreter der Sozialdemokratie, innerhalb und außerhalb aller politischen Körperschaften für das Frauenwahlrecht einzutreten. Sie fordern den rücksichtslosen Kampf gegen die Teuerung, welche die Existenz der arbeitenden Massen und ihrer Nachkommenschaft immer mehr bedroht, sie sind festen Willens, diesen Kampf überall zu unterstützen. Sie geloben, für die gewerkschaftliche Organisation und politische Aufklärung der Lohnarbeiterin zu wirken, damit die stets wachsende Zahl er­werbstätiger Frauen nicht zu Lohnbrüderinnen, sondern zu Mit­streiterinnen des männlichen lassenbewußten Proletariats werde. Sie erinnern die Frauen und Männer der Arbeiterklasse daran, daß das höchste Gebot der Stunde die tatkräftige Solidarität der Ausgebeuteten aller Länder und beider Geschlechter ist- Kampf gegen den nationalen und internationalen Feind der Arbeiter­flasse, der Kultur und der Freiheit, gegen Kapitalismus und Mi­litarismus der heilige Kampf für die heilige Sache des völker­befreienden Sozialismus!"

Die sozialistische Arbeiterinnenbewegung der Schweiz marschiert vorwärts. Der Frauentag hat es gezeigt. Es gilt seine Saat zu pflegen, daß reiche Frucht reife.

Der internationale Frauentag in Holland . In 30 Orten haben heuer die Sozialdemokratischen Frauenklubs ben Internationalen Frauentag veranstaltet. Die Versammlungen standen mehr als je im Zeichen der engen Solidarität, die die Frauen aller Länder miteinander verbindet. Die bedeutsamen Frauenfragen, die sich während des Krieges immer schärfer au­