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Die Gleichheit

wichtigen Stückes der allgemeinen Kultur. Wir stehen des halb auf dem Boden der Beschlüsse der ehemaligen Frat tionsmehrheit, der jetzigen einzigen sozialdemokratischen Neichstagsfraktion im Deutschen Reichstag, und auf dem Boden der Beschlüsse des Parteiausschusses und der Reichs­fonferenz. Wir glauben, daß gerade die deutschen Frauen vollstes Verständnis für die Haltung der sozial­demokratischen Reichstagsfraktion haben, da jede andere Hal­tung die ungeheuerliche Gefahr einer deutschen Niederlage, zunächst des Eindringens feindlicher Heere in deutsches Ge­biet, später der Unterbindung und Lähmung des deutschen Wirtschaftslebens herbeiführen würde. Die Arbeiterfrauen brauchen sich nur einmal in Ruhe darüber klar zu werden, was für sie diese Aussichten bedeuten. Heute schüßen unsere Feldgrauen mit ihren Leibern die deutsche Heimat. Sie wissen, warum! Sie erleben es draußen in Feindesland, was der Krieg bedeutet, besonders für die im Kriegsgebiet woh­nenden Landesangehörigen. Vor den Schrecken, den Schmer­zen, den Bitterkeiten, vor dem Elend, dem Jammer, der Sorge, die die Einwohner bei aller Rücksichtnahme durch die feindlichen Heere erdulden müssen, wollen sie die Ihrigen bewahren. Und wenn jetzt manche Frau verzweifelt ausruft: ,, Mir ist alles gleichgültig, schlimmer kann es nicht kom­men!", so möge sie ihre Schwestern in den besetzten Gebieten im Osten und Westen fragen, und sie wird erfahren, daß es noch schlimmere, furchtbarere Kriegsnöte gibt, als sie sie sel ber durchzumachen hat.

Wir reden darum aber keiner Selbstbescheidung das Wort! Wir wünschen nichts sehnlicher als den möglichst baldigen Frieden, wir sind aber zugleich der festen überzeugung, daß er nur auf dem Wege, den die sozialdemokratische Fraktion und Partei gegangen sind, am ehesten erreicht wird, und daß der Zwiespalt der Partei leider geeignet ist, sein Kommen zu verlangsamen. Wir wollen auch keine Zufriedenheit mit den Zuständen im Innern. Wir bekämpfen auf das schärfste die mangelhafte Regelung der Ernährungsfrage. Wir wün schen die Befreiung des deutschen Volfes von althergebrach­tem Drud, von Fesseln aller Art, wir wünschen die Errich tung des Rechtes, das mit uns geboren". Dazu gehört in erster Linie auch die wirtschaftliche, rechtliche und politische Gleichberechtigung der Frau, vor allem das aktive und passive Wahlrecht der Frauen zu allen öffentlichen Körperschaften.

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In der redaktionellen Gestaltung der Gleich­heit" werden wir bemüht sein, den Zweck durch sie zu er­füllen, der ihr als einem besonderen Blatte für sozialdemo­fratische Frauen und Arbeiterinnen gesezt ist. Die Gleich­heit" hat ihre Daseinsberechtigung neben der großen Zahl sozialdemokratischer Tagesblätter. Aus diesen soll sich die Frau, abgesehen von den örtlichen Vorkommnissen, über die politischen Tagesereignisse und über die parteitaktischen Auseinandersetzungen unterrichten. Sie kann sich durch ihre Tageszeitung, soweit sie ein Bedürfnis dazu in sich fühlt, auch an solchen Auseinandersetzungen beteiligen. Die ,, Gleich­heit" hat demgegenüber die Aufgabe, wie durch ein geistiges Band die sozialdemokratischen Frauen ganz Deutschlands mit ihren besonderen parteigenössischen, sozialen und kultu­rellen Interessen, Pflichten und Rechten zusammenzufassen, über die örtlichen Parteiinteressen und-kämpfe hinweg, aber auch nach Möglichkeit hinweg über die inneren Auseinander­jezungen der Partei. Die Gleichheit" wird in dieser Be­ziehung einigend, versöhnend, ausgleichend wirken, sie wird nicht das Bestreben haben, die sozialdemokratischen Frauen zu einer wenn auch nur ideellen Sonderorganisation innerhalb der Gesamtpartei zu verbinden.

Die Gleichheit" hat aber auch ihre Baseinsberechtigung Reben den Gewerkschaftsblättern für gewerblich tätige Arbeiterinnen und neben der Gewerkschaftlichen Frauenzeitung". Die ersteren vertreten die besonderen Inter­

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essen des einzelnen Berufs, die letztere faßt die gewerkschaft­lichen Interessen aller arbeitenden Frauen zu einer notwen digen Einheit zusammen. Demgegenüber hat die Gleichheit" die Aufgabe, die arbeitenden Frauen mit der politischen Be­wegung vertraut zu machen, ihre politischen und staatsbürger­lichen Pflichten und Rechte zu vertreten und zu vertiefen, sie daneben aber auch in alle kulturellen Angelegenheiten, beson­ders vom Standpunkt der Frau aus, einzuführen. So wird sie den erziehlichen Aufgaben der Frau, ihren Hauswirtschaft­lichen Sorgen, der Gesundheitspflege, im weiteren der Pflege von Kunst und Wissenschaft die gebührende Aufmerksamkeit widmen.

Bolitische Schulung, leichtverständliche Belehrung und certvolle Unterhaltung, das werden wie bisher die drei wichtigsten Richtlinien für die Gleichheit" sein. Wir hoffen, daß wir unser Blatt dadurch zu einem gern gelesenen, von den Arbeiterfrauen stets mit Ungeduld erwarteten Familien­blatt im besten Sinne des Wortes gestalten werden.

Aber erfüllen können wir diese Aufgabe nur, wenn wir mit unserem Leserkreis in möglichst inniger Fühlung stehen und uns aus ihm rege Mitarbeit entgegenwächst. Wir schließen deshalb mit der Bitte an alle Frauen des arbeiten­den Volkes, die uns etwas zu sagen, uns eine Sorge, einen Wunsch, aber auch einen Tadel anzuvertrauen haben, beherzt die Feder in die Hand zu nehmen und uns zu schreiben, was sie auf ihrem Herzen haben. Die Form ist dabei gleichgültig. Dafür ist die Redaktion da, daß sie auch eine ungelenke Form so gestaltet, daß sie sich in der Öffentlichkeit sehen lassen kann. Entwickelt sich auf diese Weise im Laufe der Zeit ein enges gegenseitiges Vertrauensverhältnis zwischen der Gleichheit" und ihrem Leserkreis, so wird damit zugleich eine wertvolle Hilfe für die Wiederaufrichtung, Festigung und gesamte Fortentwicklung der sozialdemokratischen Partei Deutschlands und damit auch des internationalen Sozialismus geleistet werden!

Der große Pflüger.

Don Karl Henckell .

Es geht ein Pflüger mit scharfem Pflug,

Er kehrt den Acker,

Der giftig Unkraut im Schoße trug.

Sein Eisen schneidet

In tiefen Grund.

Die Scholle leidet,

Als sei die Erde zu Tode wund.

Mitleidlos

Der Pflüger schaut; Sein Pflug ist groß, Tausendmal so groß

Wie des Menschen, der seinen Acker baut. Er wühlt das Feld Bis zur Hölle durch, Ihr Schreien gellt

3um Himmel schauerlich Furch' an Furch'.

Aufleuchten Schächte

Don lauterm Gold, Der Opfermächte

Edelgestein dem Pflug entrollt.

Hat ausgepflügt

Der Pflug einmal,

O, daß die gerechte Hand es fügt:

Von allem, was wuchert und schlingt und lügt, Der Acker gereinigt in Schmach und Qual!