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Die Gleichheit

In Österreich   ist endlich nach dreijähriger Pause das Parlament, der Reichsrat, wieder zusammengetreten. Auf ihn lenkt die Ar­beiterinnen- Zeitung" die Blicke ihrer Leserinnen. Zwar könnten die Frauen selber dort noch nicht erscheinen. Aber in der sozial­demokratischen Fraktion haben sie eine bereitwillige und entschie dene Verfechterin ihrer Interessen.

Der Deutsche Reichsverband für Frauenftimmrecht, der in zehn angeschlossenen Landesvereinen 90 Ortsgruppen in allen Tei­len Deutschlands   umfaßt, hat an den Verfassungsausschuß des Reichstags die Bitte gerichtet: Unter die Reformvorschläge für die Zusammensetzung der Volksvertretungen im Reichstag und in den einzelnen Bundesstaaten auch die Forderung des aktiven und passiven Wahlrechts für die Frauen aufnehmen zu wollen."

Aus dem Ausland. In Rußland   hat der Rechtsausschuß der borläufigen Regierung einen Wahlrechtsgeseßentwurf für die ver­fassunggebende Versammlung ausgearbeitet. Der Entwurf sieht allgemeines, direktes, geheimes und gleiches Wahlrecht ohne Un­terschied des Geschlechte und auf Grund des Proportional­systems vor. Jeder russische   Bürger, der ein Alter von 20 Jahren erreicht hat, genießt das Recht, an den Wahlen teilzunehmen. Der Besebentwurf wird zur Beratung einem Sonderausschuß über­wiesen werden, der zur Ausarbeitung des genannten Gesetzes ein­gesetzt ist. Der erste weibliche Abgeordnetenkandidat in Däne= in artist Frau Marie Lassen, die Witwe des verstorbenen Finanz­ministers, die von der Linken als Kandidat gegen den Kriegs­minister Munch aufgestellt wird. Der englische   Premier­minister hat am 29. März im Unterhaus mitgeteilt, daß die Res gierung die Vorschläge der Parlaments fommission für die Wahl­rechtsreform angenommen habe und eine Gesezvorlage zu bringen beabsichtige. Es sei im Hause eine Mehrheit dafür vorhanden, allen Frauen über 35 Jahre(!!) das Wahlrecht zu geben.- Nach der bereits vor mehr als einem Jahre vollzogenen Aufnahme in den Post- und Telephondienst der Türkei   wird nächstens der Kreis der Verwendung der türkischen Frauen im Staatsdienst noch mehr erweitert werden. In einer in den türkischen Blättern erschienenen Anzeige werden die Frauen aufgefordert, sich um Beamtinnen­stellungen im Finanzdienst zu bewerben. Zur Frauenstimm rechtsfrage nahm die in Queretaro   in Mexiko   tagende Konsti­tutionsfommission Stellung. In den neuen Gesezentwürfen sieht man das Frauenstimmrecht vor, will es aber nur auf berufs­tätige und unverheiratete akademisch gebildete oder in faufmänni schen Berufen tätige Frauen beschränken.

Aus unserer Bewegung

Eine sozialdemokratische Frauenkonferenz.

Nr. 19

Der Parteivorstand hat an die Vorstände der Bezirks- und Landesorganisationen ein Rundschreiben gerichtet, in dem er sie auffordert, zu einer am 7.( nötigenfalls auch noch am 8.) Juli statt­findenden Frauenkonferenz eine Genoffin, bei größeren Bezirken auch zwei Genossinnen, zu entsenden.

Mit der Einberufung dieser Konferenz folgt der Parteivorstand einem Wunsche, der in der letzten Sizung des Parteiausschusses geäußert worden ist.. Sie soll der Belebung unserer Frauenbewe­gung dienen. Die Tagesordnung der Konferenz lautet:

1. Die Frauen in der Kriegswirtschaft. Vortragende: die Ge nossinnen Gertrud Hanna   und Marie Juchacz  . 2. Unsere Agitation. Vortragende: Genossin Juch a cz. 3. Das Frauenwahlrecht. Vortragende: Wally Zeppler.

Dresden  . Aus dem Jahresbericht des sozialdemo fratischen Vereins für Dresden- Neustadt, der auf der am 3. Juni stattgefundenen Generalversammlung erstattet wurde, nehmen wir die nachfolgenden Ausführungen über die Frauenbe­wegung: Für die Frauenbewegung sei im Kreise erfreulich ge= wirkt worden. Trotzdem sei die Zahl der weiblichen Mitglieder be­deutend zurückgegangen. Zu einem guten Teil seien daran die Er­nährungsschwierigkeiten und die Teuerung schuld. Aber auch der Umstand, daß die Frauen im allgemeinen unter dem Einfluß des Mannes standen, der nun im Felde steht, mache sich geltend. Es sei für die Zukunft notwendig, dafür zu sorgen, daß die soziali­stische Weltanschauung bei den Frauen tiefere Wurzeln schlage.

Frankfurt   am Main.( Bum Stande unserer Frauen­bewegung.) Vor dem Kriege hatte sich in Frankfurt   a. Main  eine lebhafte Anteilnahme der Genossinnen an den Veranstal­tungen der Partei entwickelt. Die von dem Sekretariat in Rüd­sicht auf das Interesse und das Bedürfnis der Frauen veranstal= teten Versammlungen waren gut, zum Teil sehr gut besucht, und die Anteilnahme an dem Stoff der gehaltenen Referate fing an, die Schüchternheit zu überwinden, welche viele Frauen vor dem Sprechen in größeren Versammlungen empfinden. Eine Reihe von Genofsinnen waren als Armenpflegerinnen der Stadt und als

Der Greis neigte die Ranne über den Kopf des Königs, birge, um auf Wildesel zu jagen. Das Jagdglück ist ihm hold. und der König tauchte unter.

Und kaum war König Affarhaddon untergetaucht, da fühlte er, daß er nicht mehr Affarhaddon war, sondern ein anderer Mensch. Und wie er sich so plöglich als dieser andere fühlt, sieht er sich auf einem prächtigen Ruhebett neben einem schö­nen Weibe liegen. Er hat dieses Weib noch niemals gesehen, aber er weiß, daß es seine Gemahlin ist.

Das Weib erhebt sich und spricht zu ihm:

,, Lailie, mein teurer Ehegemahl, du bist erschöpft gewesen von den Mühen des gestrigen Tages und hast darum länger geschlafen als sonst, doch ich habe gewacht über deinem Schlummer und dich nicht geweckt. Jezt aber erwarten dich die Fürsten   in dent großen Saale  - fleide dich an und gehe hinein zu ihnen!"

Und Afsarhaddon, der aus diesen Worten erkennt, daß er Lailie ist, verwundert sich hierüber nicht nur nicht, sondern wundert sich vielmehr darüber, daß er davon bisher nichts gewußt hat. Und er erhebt sich, fleidet sich an und geht in den großen Saal, in dem die Fürsten   ihn erwarten.

Die Fürsten   verneigen sich zum Gruße vor ihrem König Lailie bis zur Erde, dann richten sie sich auf und setzen sich nach seinem Geheiß vor ihm nieder. Der älteste der Fürsten  beginnt nun davon zu reden, daß man all die Beleidigungen des bösen Königs Afsarhaddon nicht länger dulden, sondern ihm mit bewaffneter Faust entgegentreten solle. Aber Lailie pflichtet dieser Ansicht nicht bei, er befiehlt vielmehr, Gesandte zu Assarhaddon   zu schicken, die ihm ins Gewissen reden sollen, und entläßt die Fürsten  . Er ernennt selbst eine Anzahl an­gesehener Männer zu Gesandten und prägt ihnen ganz genau ein, was sie dem König Assarhaddon   ausrichten sollen. Hier­auf begibt sich Asfarhaddon, der sich als Lailie fühlt, ins Ge­

Nach der Jagd schmaust er mit seinen Getreuen, ergößt sich an Musik und Tanz und bringt die Nacht mit seiner gelieb­ten Gemahlin zu.

So lebt er tage- und wochenlang und harrt der Heimkehr der Gesandten, die er zu jenem König Assarhaddon  , der er selbst früher gewesen, abgeschickt hat. Erst nach einem Monat fehren die Gesandten heint, und zwar mit abgeschnittenen Nafen und Ohren.

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König Affarhaddon läßt Lailie melden, daß es ihm ergehen merde wie seinen Gesandten, wenn er nicht unverzüglich den ihm auferlegten Tribut an Silber, Gold, Zypressenholz ent­richtet und nicht selbst erscheint, um Afsarhaddon seine Ehr­erbietung zu bezeigen.

Lailie, der einst Assarhaddon gewesen, versammelt aber­mals die Fürsten um sich und berät mit ihnen, was zu tun sei. Alle sind einstimmig der Ansicht, daß man nicht erst Assarhaddons Angriff erwarten, sondern ihn sofort mit Krieg überziehen solle. Der König pflichtet ihnen diesmal bei und bricht an der Spize seines Heeres gegen Afsarhaddon auf. Tapfer schlagen sich Lailies Krieger, aber Railie, der früher Assarhaddon   war, sieht, wie die Scharen der Feinde gleich Ameisen vom Gebirge herabeilen, wie sie die Ebene überfluten und die Oberhand über seine Truppen gewinnen. Lailie fühlt, daß er selbst verwundet ist und die Feinde ihn gefangen fortführen.

Neun Tage lang marschiert er gefesselt mit den übrigen Gefangenen zwischen den Kriegern Assarhaddons daher. Am zehnten Tage wird er nach Ninive   gebracht und in einen Käfig gesperrt. Schwer leidet Lailie, nicht so vom Hunger und von seinen Wunden als von der Schinach, die ihm zu1­gefügt ist, und von seinem ohnmächtigen Zorne. Er sieht