146Die GleichheitNr. 21Die Tätigkeit der Hamburger Genossinnenwährend des Krieges.Der Krieg, dieser furchtbare Zerstörer, hat auch der HamburgerFrauenbewegung schwere Wunden geschlagen. Vor uns liegt einJahresbericht der Landesorganisation Hamburgs, der uns überden Stand der Frauenbewegung vor dem Kriege aufklärt. Danachhatte sich die Mitgliederzahl in den letzten fünf Friedensjahreninehr als verdoppelt. Am I.Juli 1910 musterten wir 5024 weibliche Mitglieder, wahrend wir am 1. April 1914 eine Mitgliederzahl von 11 684 hatten. Zur Förderung der Frauenbewegung warendie Wahlkreisvorstände des ersten und zweiten Wahlkreises unddie Distriktsführer des dritten Wahlkreises verpflichtet worden,mindestens vierteljährlich eine Frauenversammlung abzuhalten,im übrigen aber Versammlungen nach Bedarf einzuberufen.Das kräftig aufstrebende Partei- und Versammlungslebenmuhte naturgemäß unter den niederdrückenden Einwirkungen desKrieges leiden. Dennoch haben einzelne Distriktsleitungen es verstanden, auch unter den erschwerendsten Umständen regelmäßigeFrauenversammlungen abzuhalten. Fragen der Lebensmittelversorgung und der sozialen Fürsorge wie auch Fragen, die mit derzunehmenden Frauenerwerbsarbeit im engsten Zusammenhangstehen, wurden ausgiebig erörtert. Leider ist es den Leitungennicht gelungen, die Zahl der organisierten Frauen in der Parteiorganisation zu halten. So ist die Zahl der weiblichen Mitgliederum 345? gesunken, so daß wir am 1. April 1917 nur noch 8231Mitglieder zu verzeichnen hatten. Die Zahl der Abonnenten der„Gleichheit" beträgt jetzt 350, während im Jahre 1910 etwa 1900vorhanden waren.Wenn auch infolge des Kriegszustandes der Tätigkeit der Genossinnen innerhalb der Organisation enge Grenzen gesetzt sind, sohaben die Genossinnen außerhalb der Organisation doch eine vielseitige Tätigkeit entfaltet. Galt es doch bei Ausbruch des Krieges,die größte Not in der Masse der Bevölkerung etwas lindern zuhelfen. Die Hamburgische Kricgshilfe hat sich dieserAufgabe unterzogen, und innerhalb dieser Kricgshilfsorganisationhaben eine ganze Anzahl Genossinnen eine recht ersprießlicheTätigkeit ausgeübt. Sie war und ist noch heute eine ehrenamtliche. Als zu Anfang des Krieges das ganze WirtschaftslebenDeutschlands stillstand und Arbeitseinstellungen und Arbeitslosigkeit auf allen Gebieten zur Folge hatte, war die Haupttätigkcit derKriegshilfe darauf gerichtet, dem Notstand der Arbeitslosen abzu-Wenn man auf einer entfernten Insel einmal ein Volk anträfe,bei dem alle Häuser mit scharfgeladenem Gewehr behängt wären,und man beständig des Nachts Wache hielte, was würde ein Reisender anders denken können, als daß die ganze Insel von Räuber»bewohnt wäre? Ist eS aber mit den europäischen Reichen anders?Man sollte sich nicht schlafen legen, ohne sagen zu können, daßman an dem Tage etwas gelernt hätte.Ein Mädchen, das sich ihrem Freund nach Leib und Seele entdeckt, entdeckt die Heimlichkeiten des ganzen weiblichen Geschlechts!ein jedes Mädchen ist die Verwalterin der weiblichen Mysterien. ESgibt Stellen, wo Bauernmädchen aussehen wie die Königinnen; dasgilt von Leib und Seele. �Was die wahre Freundschaft und noch mehr das glückliche Bandder Ehe so entzückend macht, ist die Erweiterung seines Ichs, undzwar über ein Feld hinaus, das sich im einzelnen Menschen durchkeine Kunst in der Welt schaffen läßt. Zwei Seelen, die sich vereinigen, vereinigen sich dennoch nie ganz so, daß nicht immer»ochder beiden so vorteilhaste Unterschied bliebe, der die Mitteilung soangenehm macht. Wer sich sein eigenes Leid klagt, klagt es sicherlichvergeblich: wer es der Frau klagt, klagt es einem Selbst, das helfenkann und schon durch die Teilnahme hilft. Ebenso wer gern sein Verdienst gerühmt hört, findet ebenfalls in ihr ein Publikum, gegenwelches er sich rühmen kann ohne Gefahr, sich lächerlich zu machen.Gute Möbel für Kriegsgetraute.Wie vor einiger Zeit mitgeteilt wurde, hat die sächsische Negierung die Absicht, jungen kriegsgetrauten Ehepaaren bei der Beschaffung ihrer Wohnungseinrichtung zu helfen. Wie wir dem vortrefflich geleiteten, vom Deutschen Holzarbeiterverband herausgegebenen„Fachblatt für Holzarbeiter" entnehmen, ist in Frankfurt amMain bereits eine gemeinnützige Verkaufsstelle für den gleiche»helfen. In dem ersten halben Jahre des Krieges, vom August bisDezember 1914, haben die Unterstützungen für Unterhalt und Obdach die Summe von 2645 Mk. erreicht. Jnden22Bezirkender Hamburgischen Kriegshilfe haben überallGenossinnen als Pflegerinnen mitgewirkt undsind so den Tausenden von Arbeitslosen treue Berater und Helferinnen geworden. Mit der zunehmenden Arbeitsgelegenheit istdieser Unterstützungszweig mehr und mehr zurückgetreten, dagegensind die Ansprüche auf Bekleidung und Schuhwerk ganz gewaltiggestiegen. Die pflegerisch tätigen Genossinnen vermitteln noch heutedie Anträge für die Angehörigen der Kriegsteilnehmer, wie sieauch den Hinterbliebenen Gefallener helfend und beratend zurSeite stehen.Am 7. Mai 1915 übernahm die Hamburgische Kriegshilfe dieLeitung der Hamburgischen Kriegsküchen. Das Gewerkschaftskartell von Hamburg-Altona entsandte zwei Delegierteldarunter eine Genossin) in den Speisungsausschutz. Inden ersten Monaten wurde innerhalb der Kriegsküchen eine umfangreiche, ehrenamtliche Tätigkeit von den Genossinnen ausgeübt.Rechneten wir doch allgemein mit einer baldigen Beendigung desKrieges und betrachteten daher auch die Kriegsküchenorganisationnur als eine vorübergehende Erscheinung! Doch die Zeit hat unseines anderen belehrt. Die Kriegsküchen haben einen fabrikmäßigenCharakter angenommen. Hundert Kriegsküchen bestehen heute inHamburg, die täglich 300 000 Liter Essen herstellen. Das Essenwird an Ort und Stelle verzehrt oder es wird in Gefäßen abgeholt.Es versteht sich, daß die Genossinnen auf die Dauer eine solch umfassende Arbeit nicht ehrenamtlich verrichten konnten. Die ganzenwirtschaftlichen Verhältnisse lassen solches nicht zu. Nur das weibliche Mitglied innerhalb des Speisungsausschusses ist nach wie vorehrenamtlich tätig. Genossinnen fungieren als Leiterinnen, Buchhalterinnen, Kassicrerinncu, Stützen, Füllcrinncn, Köchinnen,Spülerinnc».Während des Krieges ist auch ein Allgemeiner Arbeitsnachweis für weibliche Personen gegründetworden, in dem neben anderen Frauen zwei Genossinnen als besoldete Angestellte tätig sind. Zwei Genossinnen sind in dem Fachausschuß für Hauspcrsonal vertreten. Im Beirat des Hamburgi-schen KriegSvcrsicherungsamts sitzen drei Genossinnen,die bemüht sind, auftretende Mißstände in der Lebensmittelversorgung in den wöchentlichen Ticnstagsitzungen zur Sprache zu bringen und dadurch zu beseitigen. Zum Schutze der Verbraucher hatZweck eröffnet worden. Die Grundsätze für die Herstellung des dortzum Verkauf gelangenden HauSgcräts sowie die Kaufbedingungenkönnen als allgemeine Richtlinie solcher Einrichtungen in Betrachtkommen, so daß sie für weitere Kreise von Interesse sein dürften.Die Herstellung der Möbel erfolgt auf genossenschaftlicher Grundlage durch Angehörige der Schreiner- und Tapezierergenossenschaften,denen von der Hessen-Nassauischen Zentralgenosfenschaftskasse einSonderkredit eingeräumt wurde. Auf solche Weise wird mit demgemeinnützigen Perkaufszweck ein Stück Mittelstandsfürsorge verbunden. Die bei Beendigung des Krieges zweifellos sehr zahlreichenAufträge Iverden dem Handwerk zugeführt. Bei dem Arbeiter- undMaterialmangel ist es zurzeit im wesentlichen nur möglich, die Aufträge von Kriegsbeschädigten zu erfüllen. Die Erfahrungen derKriegszeit kommen aber den gesteigerten Anforderungen künftigerFriedenStage zugute. Die Entwürfe der Möbel entstammen der Werkstatt des Leiters der Offenbacher Kunstgcwerbeschule, Professor Eberhard, so daß Gewähr für die Lieferung künstlerisch einwandfreierMöbel gegeben ist. Außer Möbeln sind noch Porzellan-, Glas- undKücheneinrichtungen zum Verkauf aufgestellt, die von FrankfurterWerkbundfirmen geliefert sind. An Bildern sind Voigtländer» undTeubnerdrucke in einfachen Rahmen ausgehängt.Für den Verkauf gelten als Regeln: Von den jungen Paaren isteine kleine Anzahlung zu leisten, der Rest des Kaufpreises wird zurHälfte von der in städtischer Verwaltung befindlichen Hilfskasse ge-liehen, zur anderen Hälfte von den Genossenschaften gestundet, denengegenüber die städtische Hilfskasse Bürgschaft übernimmt. Von denKäufern sind wöchentliche oder monatliche Abzahlungen zu leisten.Die Möbel gehen in das Eigentum der Stadt über, bis der Kaufpreis voll gezahlt ist. Die Käufer genießen die Vorzüge der Abzahlungsgeschäfte, ohne von deren schweren wirtschaftlichen und sozialen Schäden bedroht zu werden. Die Preise der Möbel sind nichthöher als in Abzahlungsgeschäften, obwohl nur erstklassiges Mate-rial bei bester handwerklicher Arbeit geliefert wird. Die Risikoprä-mie kann fehlen, da die Stadt die Garantie übernommen hat. DieSpesen sind äußerst gering. Auf die reinen Herstellungskosten schlagen die Genossenschaften zur Deckung der Spesen und als kleinen