Nr. 25

Die Gleichheit

Mit der Witterung" allein ist es aber nicht getan. Es ist nun­mehr die Pflicht der bürgerlichen Frauenstimmrechtsbewegung, die schwachen Feuer, die hier und da glimmen, fräftig anzublasen, auf daß schnellstens und überall lodernde Flammen die zähen Wider­stände gegen die Gleichberechtigung der Frau verbrennen.

Aus unserer Bewegung

as. Döbeln . Aus dem 10. sächsischen Reichstagswahlkreis. Die Kreisleitung hat eine Frauenkonferenz der organisierten Frauen abgehalten, die den Bericht über die stattgefundene Reichs­konferenz entgegennahm und sich gleichzeitig mit der Abhaltung. einer Agitationstour einer Genossin im Kreise beschäftigte. Die Konferenz war leider nur von fünf Ortsgruppen besucht. Der Kreis­vorsitzende Genosse Spindler eröffnete die Konferenz unter Hin­weis auf die außerordentliche Bedeutung der Aufrechterhaltung der Organisation der Frauen unter den heutigen Verhältnissen. Genossin Schilling schilderte in anschaulicher Weise die Verhandlung der Reichskonferenz und betonte namentlich den auf ihr zum Ausdruck gekommenen Willen zur Einheit und zur Aufrechterhaltung unserer Drganisation; zu bedauern sei, daß eine Anzahl früherer eifrig tätiger Genoffinnen und Genossen alles daransezen, diese Einheit zu zerreißen und damit die Aktionsfähigkeit des Proletariats zu zerstören. Nach einer lebhaften Aussprache, an welcher sich eine An zahl Genossinnen und ein Genosse beteiligten, wurde allseitig der Nugen von Versammlungen anerkannt, aber gleichzeitig bedauert, daß bei der Sorge um Beschaffung der Lebensmittel vielen Frauen die Zeit mangle, sich um öffentliche Angelegenheiten zu kümmern. Es wurde beschlossen, die Versammlung vom 15. September an stattfinden zu lassen und die Genossin Juchacz dafür zu gewinnen. Alle Ortsgruppen mögen gute Vorarbeiten leisten, damit die Ver­sammlung zahlreich besucht werde. Also frisch ans Werk! Auf zur Gewinnung neuer Mitglieder und Leserinnen unserer Zeitung. Jede Genossin muß mitarbeiten!

Ueber eine Frauenkonferenz des siebten sächsischen Reichs­tagswahlkreises entnehmen wir einem Bericht der Meißener Volts­zeitung": Es waren 22 Vertreterinnen anwesend. Über die Reichs­konferenz erstattete Genossin Noack Bericht. Mit dem Vorgehen des Parteivorstandes gegen die Genossinnen Zetkin und Ziez waren die meisten Rednerinnen nicht einverstanden, dagegen stimmte man all­gemein der Mitarbeit der Frauen in den Kriegsausschüssen zu, so= weit die berechtigten Wünsche der Arbeiterbevölkerung darin berück­

Es

Feuilleton

Der eine fragt: Was kommt danach? Der andre fragt nur: Ist es recht? Und also unterscheidet sich

Der Freie von dem Knecht.

*

Vom Unglück erst

Zieh ab die Schuld;

Was übrig ist,

Trag' in Geduld!

Ein grünes Blatt.

Von Theodor Storm .

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Theodor Storm .

Theodor Storm .

s war ein altes Buch, eine Art Album; aber lang und schmal wie ein Gebetbuch, mit groben, gelben Blättern. Er hatte es während seiner Schülerzeit in einer kleinen Stadt vom Buchbinder anfertigen lassen und später überall mit sich umhergeschleppt. Verse und Lebensannalen wechselten mitein­ander, wie sie durch äußere oder innere Veranlassung ent­standen waren. In den letzteren pflegte er sich selbst als dritte Person aufzuführen; vielleicht um bei gewissenhafter Schilde­rung das Jch nicht zu verlegen; vielleicht so schien es mir­weil er das Bedürfnis hatte, durch seine Phantasie die Lücken des Erlebnisses auszufüllen. Es waren meistens unbedeutende Geschichtchen oder eigentlich gar keine; ein Gang durch die Mondnacht, eine Mittagsstunde in dem Garten seiner Eltern waren oftmals der ganze Inhalt; in den Versen mußte man über manche Härte und über manchen falschen Reim hinweg. Dennoch, weil ich ihn liebte, und da er es mir erlaubt hatte, las ich gern in diesen Blättern.

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sichtigt würden. Etwas widerspruchsvoll war die Haltung der Kon­ferenz in der Frage der Gleichheit". Die Versammelten erklärten sich mit der Leistung eines Beitrags für die Gleichheit" einver­standen; die Konferenz nahm dann aber mit 10 gegen 6 Stimmen einen von Riese gestellten Antrag an, wonach die Gleichheit" nicht mehr bezogen werden soll. über den Stand der Frauenbewegung im Kreise ergaben die Berichte, daß es trotz der vielfachen Schwierig­feiten vorwärts geht. Doch tam zum Ausdruck, daß die Not der Zeit, die Zunahme der Frauenarbeit, die Schwierigkeit der Nah­rungsmittelbeschaffung und die Sorge um die Lieben im Felde die Stimmung der Frauen niederdrücke.( Das verstehen wir durchaus. Darauf führen wir auch den bedauerlichen Beschluß zurück, die Gleich­heit" abzubestellen. Wir hoffen, daß die Genossinnen als Einzel­personen es sich noch überlegen, ob sie auf ihr altes, liebgewordenes Drgan verzichten. Red.)

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0. K. Aus dem Bezirk Dresden . Die Zahl der organisierten Frauen im Bezirk ist in den drei Kriegsjahren um ungefähr 50 Pro­gent von 7882 auf 4074 Mitglieder zurückgegangen. Der achte Kreis, Pirna - Sebniz, scheidet in diesen Betrachtungen aus, da die alte Kreisorganisation zu den Unabhängigen übergegangen ist und von unserer im April ins Leben gerufenen Parteiorganisation Zahlen noch nicht vorliegen. Einen wesentlich über den Durchschnitt stehen­den Rückgang haben der erste und neunte Kreis zu verzeichnen. Ersterer mustert von seinen vor Kriegsbeginn vorhandenen 345 weib­lichen Mitgliedern noch 60, der letztere von 218 noch 80 Frauen. Der zweite Streis, bei dem annähernd die gleichen wirtschaftlichen Verhältnisse zu verzeichnen sind wie im ersten, hat von 266 Frauen 158 erhalten, und veranstaltet auch gegenwärtig noch in Neugers­ dorf , dem Sitz der Kreisorganisation, besondere Frauenabende. In den drei Dresdener Kreisen hält sich die Abnahme auf der Höhe des durchschnittlichen Rückganges, während der siebente Kreis am wenig sten gelitten hat. Von 1212 Frauen waren hier am 1. April 1917 noch 941 vorhanden. Das Organisationsleben der Genossinnen in diesem Kreis war auch während des Krieges ein reges.

Die Ursachen des allgemeinen Rüdganges sind die gleichen wie in anderen Bezirken Deutschlands . Durch teilweisen Verzicht auf die Beitragsleistungen im ersten Kriegsjahr sind manche Frauen ihren organisatorischen Pflichten gegenüber gleichgültig geworden. Ein anderer nicht besonders politisch gefestigter Teil fühlte sich durch die Behandlung der Parteidifferenzen dem Parteileben entfremdet. Die Ernährungsschwierigkeiten, die ja die Arbeiterinnen am meisten berühren, und in deren Beurteilung übereinstimmang in der ganzen

Auch hierher ins Feldlager hatte er das Buch im Ranzen mitgeführt; im nächtlichen Gefecht hatte es ihn begleitet, es hatte den Krieg mitgemacht; die letzten Seiten waren mit Zeichnungen von Schanzen und Fortifikationen angefüllt.

Unsere Kompagnie war auf Vorposten gewesen; jetzt lagen wir wieder in unserer Hütte. Sie war dicht und trocken; der draußen fallende Regen drang nicht herein.

Er hatte sein Pugzeug hervorgenommen und säuberte den Rost von unsern Büchsen; ich saß auf meinem Ranzen und studierte seine sämtlichen Werke, jenes seltsam geformte Tage­buch, das zugleich unsere ganze Feldbibliothek ausmachte. Und wie ich, so oft ich auch darin geblättert, doch jedesmal etwas gefunden, was ich zuvor übersehen hatte, so wurden jetzt zun: ersten Male meine Augen durch ein eingelegtes Buchenblatt gefesselt. Daneben stand geschrieben:

Ein Blatt aus sommerlichen Tagen, Ich nahm es so beim Wandern mit, Auf daß es einst mir möge sagen, Wie laut die Nachtigall geschlagen,

Wie grün der Wald, den ich durchschritt." Das Blatt ist braun geworden," sagte ich. Er schüttelte den Kopf. Lies nur die andere Seite." Ich wandte um und las:

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Es mochte ein Student ſein; vielleicht ein junger Doktor, der auf dem schmalen Fußsteige über die Heide ging. Die Kugelbüchse, welche er am ledernen Riemen über die Schulter trug, schien ihm schwer zu werden; denn jezuweilen im Weiter­schreiten nahm er sie in die Hand oder hängte sie von einer Schulter auf die andere. Seine Müze hatte er abgenommen; die Nachmittagssonne glühte in seinen Haaren. Um ihn her war alles Getier lebendig, was auf der Heide die Junischwüle