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Die Gleichheit

Nationalbank und bei der Leitung des Statistischen Amtes Frauen angestellt worden sind.

Ein Kongres der mohammedanischen Frauen. Nach dem Pariser   Temps" hielten die mohammedanischen Frauen in Süd­rußland, Kaukasus  , Turkestan   und Sibirien   einen Kongreß in Kasan  ab, auf dem folgendes Reformprogramm aufgestellt wurde: 1. Gleiches Hausrecht für Mann und Frau. 2. Abschaffung des Rechtes der Eltern, ihre Töchter ohne deren Wissen in die Ehe zu geben. Reform des Ehegesetzes betreffend die Mitgift, die ihren sozialen Charakter ver­lor und zum reinen Geschäft herabsant. 3. Festsetzung des Heirats­alters der Mädchen auf mindestens 16 Jahre. 4. Gleiches Scheidungs­recht für Mann und Frau. 5. Vollständige Abschaffung der Viel­weiberei. 6. Erteilung des Rechtes an die geschiedene Frau, ihre jungen Kinder zu erziehen. 7. Gleicher Schulzwvang für Knaben und Mädchen. 8. Errichtung von öffentlichen Spielplätzen für Kinder. 9. Errichtung von Mutterheimen und Regelung der öffentlichen Hygiene. 10. Pflicht des Bräutigams und der Braut, Gesundheits­zeugnisse vorzulegen. Unter den Frauendelegierten befanden sich Ärztinnen, Lehrerinnen und andere akademisch gebildete Frauen.

Vom Fortgang des Frauenrechts

0. K. Frauen in den ständigen gemischten Ausschüssen der Stadt Dresden  . Wie in einigen preußischen Großstädten, hat auch der Stadtrat in Dresden   den Beschluß gefaßt, zu den Sigungen einer Anzahl ständiger gemischter Ausschüsse je zwei Frauen mit beratender Stimme hinzuzuziehen. Das bei einem Teil des Bürger­tums gegen die Mitarbeit der Frau in der Gemeinde noch be­stehende Vorurteil, das auch in einzelnen Ausschüssen dei den ent­sprechenden Vorberatungen zum Ausdruck kam, beginnt einer ob­jektiveren Anschauung zu weichen.

Von den Ausschüssen, zu denen nach den Ratsbeschlüssen Frauen hinzugezogen werden sollen, bieten einzelne unseren Genossinnen ein überaus vielseitiges und dankbares Arbeitsfeld. So der Armen­ausschuß, der Stiftungsausschuß, in dessen Tätigkeitsgebiet neben der Verwaltung der städtischen Stiftungen und Wohltätig­teitsanstalten auch die Beaufsichtigung des Findelhauses und des Waisenhauses gehört. Auch der Fürsorgeausschuß ist für unsere Genossinnen, insbesondere für die in der Kinderschutzkommission tätigen, von großem Interesse. Hier werden neben der allgemeinen Fürsorge alle Angelegenheiten der städtischen Kinderbewahranstalten,

hier ist die erquidende Brunnenquelle seiner Boesie. In seinen Ge­dichten ist der herrliche Gewinn gegeben, den das Belauschen des eigenen Herzens erschloß, in seinen Erzählungen gedeiht es zur Frucht im Verstehen von Wesen und Schicksal anderer Menschen.

Diesen wertvollen Gewinn hat Storm sich in rastlofer Innen­arbeit erkämpft. Denn nur durch Kampf, der an Selbstqual reich ist, kann er erworben werden. Dem Bilde Storms fehlt das Beste, wollte man's vorweg in dem versonnenen Schauen erkennen, das alle Eigenheiten seiner holsteinischen Heimat, der er unerbittlich anhing", in Farbe, Ton und Weite so wundersam tren wiedergab. Die Heide, die Marsch, den Deich, die Watten, das Meer! Dies Land, in dessen grauer Stadt am Meer" er in altem Haus, das Geschlecht um Geschlecht erlebt, geboren war, hat schwere, blaue, lastende Sonnenstille, aber zugleich hat es Wolfen, Nebel und Stürme, steigende Wasser und Springfluten, die das Werk der Menschen mit riesigen Wuchten verhöhnen. In Storms Erzählungen webt dieser Anprall der Elemente sich mit den Schicksalen der Menschen merkwürdig zusammen. Er ist ein Teil ihres Daseins, und ihm selber bot sich darin ein Gleichnis des Selbstdurchdrungenen. Die seltsame Art seines Darstellens, Geschehenes allmählich aufzuhellen, ist wie ein schrittweises Weglösen nebelnder Vorhänge, die das Er­innern hemmen. Wie seine Phantasie hier Wege ins Freie aus­spähen mußte, so hatte er in jungen Jahren, wie sich aus Brief­bekenntnissen ergibt, schiver zu fun gehabt, gegen brückende innere Not aufzukommen. Er hat sie mannhaft weggerungen und es be= zeichnet die Art und das Ziel seines ganzen Lebens, daß er in dem Buch seiner Gedichte jenes Dltoberlied" voranstellte:

Wir wollen uns den grauen Tag Vergolden, ja vergolden.

Das Antrogen gegen niederdrückende Gewalten, das Freikämpfen, das den lautersten Antrieben des Lebens Raum und Genugtuung schafft, hat dem Dichten Storms einen Weg gewiesen, der bis zu­letzt im Aufsteigen blieb. Der romantische Poet, der die Lesewelt von 1850 mit seiner empfindsamen Erzählung" Immensee  " ents zückte, verfiel nicht der Lust an müder Verzichtstimmung, an der

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Krippen und Horte sowie der Kinderpflege- und Erziehungsanstalten geregelt. Außerdem erfolgt durch die Mitglieder des Fürsorgeaus­schusses die Kontrolle der in Stadt- und Landpflege bei einzelnen Familien untergebrachten Kinder.

Außerdem sollen noch Frauen in den Ausschüssen für das Woh­nungswesen, für Markt- und Gewerbesachen, für soziale Angelegenheiten, für öffentliche Gesundheitspflege sowie in den sechs zurzeit bestehenden Schulausschüssen tätig sein. Die Ausschüsse für das Straßenbahnwesen, die Wohlfahrtspolizei und die Krankenpflegeanstalten hat man merkwürdigerweise übergangen, obwohl auch hier die Mitarbeit der Frauen von hohem Wert sein fönnte, doch wird die sozialdemokratische Stadtverordnetenfraktion bei den einschlägigen Beratungen mit Nachdruck das Versäumte fordern.

Die Genossinnen der drei Dresdener   Kreise nahmen in einer leider nur mäßig besuchten Versammlung Stellung zu den nunmehr nötig werdenden Wahlen. Der Stadtverordnete Genosse Kühn gab in einem einleitenden Referat einen Überblick über die Kompetenzen und die Zusammensetzung der einzelnen Ausschüsse und betonte hierbei, daß dieser Kleine Fortschritt in der städtischen Verwaltung bei weitem nicht eine Erfüllung unserer Forderung be­züglich der Mitarbeit der Frauen in der Gemeinde bedeute. Allein durch eine intensive und von Sachkenntnis durchdrungene Mitarbeit unserer Genossinnen könne das bestehende Vorurteil beseitigt und der Weg für das allgemeine Frauenwahlrecht um so sicherer ge­ebnet werden.

Unsere Dresdener   Genossinnen werden sicher alles versuchen, um sich in das neue Arbeitsfeld möglichst schnell einzuarbeiten. Es werden zu diesem Zweck noch einige besondere Distussions abende unter Teilnahme von Mitgliedern der Stadtverordnetenfraktion statt­finden. Aber auch die einschlägige kommunalpolitische Literatur wird mehr als bisher Eingang in die Wohnungen unserer Genossinnen finden müssen, um das Interesse am Gemeindeleben zu heben. Nicht zuletzt ist auch die Gleichheit" eine Helferin auf dem Gebiete des Gemeindesozialismus.

Es gilt also für unsere Dresdener   Genossinnen, zu zeigen, daß fie auch auf diesem Gebiet, das zunächst für sie noch Neuland, sehr bald ihren Plaz voll auszufüllen wissen.

Der Deutsche Reichsverband für Frauenstimmrecht hält seine nächste Hauptversammlung am 8. und 9. Oktober in Berlin   ab. Die endgültige Tagesordnung wird demnächst bekanntgegeben. Im An­schluß an die Hauptversammlung findet am Abend des 9. Oktober

die Bürgerlichkeit jener Zeit nach leidenschaftlicher politischer Sturm­probe reichlich viel Gefallen fand; er arbeitete sich vielmehr empor zu Gestalten, deren Wille zäh war und die ihn um deswillen reizten. Hier wuchsen ihm Gestalten gewerteter Menschlichkeit, die in den achtziger Jahren, als der Ruf nach Wirklichkeitsdichtung gegen alles Romantische bis zur Ungerechtigkeit unduldsam hervorbrach, Gel­tung eroberten. Mit kecem Griff hat damals Johannes Wedde den alten Storm für die soziale Gegenwartsdichtung einheimsen wollen. Was ihn dazu brachte, war vor allem der flar hervortretende Zug humaner Gerechtigkeit, der den pharisäischen Unglimpf gegen sündig gewordene Armut brandmarkte. Man muß diesen Zug neben den Widerwillen setzen, den Storm gegen alle Sorten entarteter Selbst­süchtigkeit empfand, etwa gegen Streberei und Besitzgier, die im Deutschland   der sechziger und siebziger Jahre mächtig ins Straut schossen und auf die der Dichter in allbekannt gewordenen Strophen für seine Söhne geißelnd losschlug. Dies sind Zeichen der Güte des Bodens, aus dem Storms Erzählungen aufsproßten. Die Gestalten, an die der Dichter seine Kunst wandte, sind Kernholz, und seine Wahl beweist, daß dies für ihn in allen Schichten des Volfes ge= deihen konnte. Bärsten Curator, Hans und Heinz Kirch, Ohm Riew', Junter Heinrich von Grießhuus, der Zuchthäusler John Glückstadt, der Schimmelreiter Haute Haien stark und fest heben diese an schweren Schicksalen erprobten Männer sich ab und Frauen und Mädchen stehen in der Reihe, die mit edler Absicht gemodelt sind nach dem alten Wunsche, daß die Frau durch ihre Liebe zu dem Willen heranreife, eine Helferin des Besten im Manne zu werden. Das Ziel aller ernstgerichteten Charaktere seiner Zeit, erzieherische Wirkungen auszuüben, ist unverkennbar in Storms Arbeit. Er hat einmal gesagt, in seinen Dichtungen sei Demokratie. Insofern näm­lich, als er ein schärferes Empfinden und Auffassen" gewisser Le­bensverhältnisse im Volke erreichen wollte. Er, der auf ein Verstehen menschlichen Wesens für sich selber allezeit ausging, wollte dies Verstehen auch in anderen Menschen fördern. Wie nüßlich das für das Zusammenleben und Jneinanderwirken der Menschen ist, kannte er, der Richter und Rechtshelfer, nur allzugut. Auch von diesem Ziel und Erfahren aus wird sein Wort in hohem Sinne verständlich,

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