Nr. 1
Die Gleichheit
sie diese Extraleckerbissen aus purer Bosheit nicht kaufen, denn sie müßten doch bei dem„ kolossal" gestiegenen Einkommen dazu in der Lage sein. Eine andere Erklärung lautet, daß ein gut Teil der Arbeiter sich wahrscheinlich von hinten herum" Nahrungsmittel verschaffe, so daß sie auf die vom Lebensmittelamt gelieferten Waren verzichten könnten.
Beide Argumente sind unzutreffend. Wir wissen aus eigener Erfahrung, daß jeder Arbeiter und deren Frauen gern alles, was ihnen geboten wird, kaufen möchten, wenn sie dazu in der Lage wären. Leider können das viele Arbeiter, namentlich die schlechter bezahlten nicht. Dieses eine Beispiel zeigt zur Genüge, daß die oben angeführten Zahlen keine Spiegelfechtereien, sondern leider nur zu traurige Merkmale dieses Krieges sind. Hinzugefügt sei, daß diese Statistik allen in Frage kommenden Militär- und Zivilbehörden ausgehändigt wurde, die sie an die zuständigen Unternehmer und Storporationen zur Nachprüfung weitergegeben haben. Alle Beteiligten konnten nur die Richtigkeit der Aufstellungen, die sich in den letzten Wochen noch mehr zuungunsten der Arbeiterschaft verschoben haben, bestätigen.
Die leitenden Personen dieser Behörden haben sich, wie nicht anders zu erwarten war, über diese bedauerliche Erscheinung mit einem bedauernden Achselzucken und mit der Erklärung hinweggesett, daß es ihnen beim besten Willen nicht möglich sei, die Arbeitgeber zu zwingen, höhere Löhne zu zahlen. Das wissen auch die Arbeiter und ihre Vertreter. Die Unternehmer würden es sich ganz energisch verbitten, wenn sich Dritte in ihre häuslichen Angelegenheiten hinein mischen würden, und seien es Vertreter desselben Staates, an dem sie jetzt Millionen- Gewinne verdienen. Hier ist nur Selbsthilfe der Arbeiterschaft geeignet, bessere Zustände zu schaffen. Mit Mißmut und Verärgerung, mit Verzweiflungstaten oder die Faust in der Tasche ballen ist ihre Lage nicht zu verbessern. Änderung kann nur eine straffe Organisation und ein mit ihrer Hilfe bewirktes planmäßiges, ruhiges und wohlvorbereitetes Vorgehen erzielen, das sich im Rahmen der bestehenden Geseze hält. Auf das Wie soll in einem anderen Artikel eingegangen werden.
Feuilleton
R. T.
Alle vereinigten Caster aller 3eiten und Länder werden nicht dem Unheil gleichkommen, welches ein einziger Krieg verursacht. *
Die Welt ist gleich wie ein trunkener Bauer, hebt man ihn auf einer Seite in den Sattel, so fällt er zur anderen wieder herab; man kann ihm nicht helfen, man stelle sich wie man wolle. Also will die Welt auch des Teufels sein. Luther .
Ein grünes Blatt.
( Fortsetzung.)
Die Frauen und der Frieden.
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Immer leidenschaftlicher ringt sich aus den gequälten Herzen der Frauen der Ruf nach dem Frieden los. Mögen die Politiker erwägen und wieder erwägen, mögen die Krieger kämpfen und wieder kämpfen die Frauen wollen nichts von den umständlichen Erwägungen und nichts von dem blutigen Kampfe wissen. Als Mütter, als Gattinnen, als Schwestern, als Bräute, als Töchter folgen sie nur ihrem Herzen, ihrem unverfälschten, ursprünglichen Gefühl, das sie den Krieg aus tiefster Seele heraus verabscheuen läßt.
In allen Nationen tun sich Frauenausschüsse zusammen, um durch Einwirkung auf die staatlichen Gewalten eine schnelle Beendigung des Blutvergießens und die Schaffung von Garantien für Völkerverständigung und dauerhaften Frieden herbeizuführen. Wie der deutsche Frauenausschuß für dauernden Frieden mitteilt, bestehen derartige Ausschüsse in Australien , Belgien , Bulgarien , Dänemark , Deutschland , England, Finn land , Frankreich , Jrland, Italien , Holland , Norwegen , Österreich , Neuseeland , Polen , Rumänien, Rußland , Schweden , Schweiz , Uruguay , Ungarn und den Vereinigten Staaten von Nordamerika . Das Programm des deutschen Ausschusses lautet: 1. Unterstüßung der vorhandenen und Aufstellung neuer Forderungen auf erzieherischen, politischen, gesetzgeberischen, sozialen und wirtschaftlichen Gebieten, die geeignet sind, den Wiederausbruch von Kriegen unter den Kulturvölkern zu verhindern. 2. Unterstützung und Neuschaffung internationaler Beziehungen. 3. Forderung der politischen Gleichberechtigung der deutschen Frauen, um wirksamen Einfluß auf die staatlichen Angelegenheiten ausüben zu können.
Nachdem die Friedensnote bekannt geworden war, beschloß der deutsche Zweig des internationalen Frauenausschusses für dauernden Frieden folgende Kundgebung an den Papst:
,, Millionen von Müttern aller Nationen, die sich in bangem Weh und tiefem Leid um ihre Gatten und Söhne härmen, haben dankbaren Herzens die päpstliche Friedensbotschaft vernommen.
Millionen von Frauen aller Nationen, die sich in Kummer über die Geschehnisse dieses grausigen Krieges verzehren, senden Eurer
den Kopf in die Hand gestützt und blickte nach den Bienen, die nur noch einzeln über die grünen Wände herüberkamen. Mitunter auch hörte er jenseits des Gartens im Hause die Türen gehen, mitunter schlüpfte eine Grasmücke durch die Blätter und sah ihn mit neugierigen Augen an. So dauerte es eine Weile. Regine war wieder von außen herangetreten, sie lehnte mit dem Ellbogen über die Pforte und hörte schweigend zu; wie aus einem Rahmen schaute das frische Mädchenantlig zwischen den Blättern hervor.
Das Gewimmel in den Lüften hatte sich allgemach beruhigt, der grüne Raum war nun fast ganz verschattet. Gabriel schaute nach dem Mädchen hinüber; der Alte erzählte langsam weiter. Manchmal freilich schien er die Zeiten zu verwechseln, die Söhne mit den Enkeln, die Enkel mit
ie traten hierauf in den inneren Raum. Regine nahm den den Enkelkindern. Dann sagte das Mädchen wohl: hr irrt
Sie
heute nicht mehr bedurfte, und ging damit ins Haus zurück. Der Alte strich behutsam die Bienen von seiner Hand. Sie haben Menschenverstand ," sagte er ,,, man soll nur die Geduld haben." Dann legte er das Kraut vor dem nächsten Stock ins Gras und reichte Gabriel die Hand.
Dieser mußte sich neben ihm auf die Bank sezen, und der Greis erzählte ihm von seinen Bienen, wie er sie schon als Anabe gehegt, wie er später, nun schon vor über siebzig Jahren, diesen Zaun gepflanzt habe und wie sie darauf ihm so reichen Gottessegen zugetragen, daß er seinen Hausstand da mit habe einrichten können; und weiter dann von seiner Hochzeit, von Taufen und Todestagen, von seinen Kindern, von Enkeln und Enkelkindern, und die Bienen gehörten allenthalben mit dazu. Die Worte des alten Mannes hörten sich wie ein rieselndes Wasser; ein Stilleben nach dem anderen entfaltete sich aus diesen milden Reden; Gabriel hatte
von der Ihr sprecht." Der Alte aber sagte dann strenge: ,, ch kenne sie alle; ich bin nicht so vergessen."
Endlich, als es fühler zu werden begann, stand er auf. „ Wir wollen ins Haus gehen," sagte er, es wird Abend; die Tiere sind auch schon zu Quartier." Dann, nachdem sie miteinander hinausgegangen waren, schob er sorgfältig den Riegel vor die kleine Pforte.
Als sie ins Zimmer traten, spielte nur noch oben an den Balfen ein schwaches Sonnenschillern; die Levkoien auf dem Fensterbrett verbreiteten schon den stärkeren Duft des Abends, Ein Tisch, mit grobem Leintuch bedeckt, war zwischen die beiden Fenster gerückt; die glatten Schnitte Schwarzbrots, die gelbe Butter, die Gläser mit frischer Milch nahmen sich sauber darauf aus. Der Alte setzte sich in den Lehnstuhl an das eine Fenster, und Gabriel mußte ihm gegenüber an dem anderen Plaz nehmen, während Regine beschäftigend aus und ein ging.