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Die Gleichheit

Heiligkeit warmen Dank, die abermals eine Friedensbotschaft in die Lande sandte.

Millionen von Frauen aller Konfessionen, die nur der eine Ge­danke beseelt, daß diesem entsetzlichen Blutvergießen endlich ein Ende bereitet werde, jubeln der Friedensbotschaft zu, und schöne Gedan­fen warmer Menschlichkeit wurden dem hohen Priester gewidmet, welcher die erlösenden Worte aussprach.

Frauen von 22 Ländern, die nicht der Gewalt, sondern dem Recht die Herrschaft zuerkennen, die für alle Völker der Erde gleiche Da seinsberechtigung fordern, die den Weg der Völkerverständigung, des dauernden Friedens anbahnen helfen wollten, haben sich schon im ersten Kriegsjahr zusammengeschlossen und versucht, dem Blut­vergießen ein Ende zu bereiten. Sie beriefen 1915 einen inter­nationalen Frauentongreß nach dem Haag, sie entsandten ihre De­legierten an alle kriegführenden und neutralen Regierungen, sie wurden im Sommer 1915 auch von Eurer Heiligkeit empfangen. Aber sie waren machtlos wer achtet der Frauen?, ihr Ruf, ihre Bitten, ihre Vorstellungen blieben unerhört. Möge die mächtige Stimme Eurer Heiligkeit, welcher der Chor aller Völker Widerhall gibt, die Gewissen der Regierungen auf­rütteln und sie zum Frieden zwingen.

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Das ist der Wunsch der deutschen Frauen, die dem Vater der Friedensbotschaft warmen, tiefgefühlten Dank zum Ausdruck bringen, der stumm, unausgesprochen von Millionen von Frauen in diesen Tagen in Gedanken dem Vatikan entgegenströmt."

Eine internationale Frauenkonferenz, die in Ver­bindung mit der Friedenskonferenz der Internationale Mitte September in Stockholm   stattfinden sollte, war von dem gleichen brennenden Wunsch der Frauen eingegeben, zu ihrem Teile an der Abkürzung des Völkerringens und der Verhin derung fünftiger Kriege mitzuwirken. Ein aus 14 Mitgliedern, und zwar vorwiegend Sozialdemokratinnen, bestehendes No­mitee hatte zu dieser Konferenz eingeladen. Die Konferenz wollte auch sonstige wichtige Frauenfragen erörtern und be­sonders die Aufmerksamkeit darauf richten, daß die gegen­wärtigen schweren sozialen, ökonomischen und moralischen Schäden durch das Aufhören des Krieges nicht beseitigt sein würden, sondern daß es auch erforderlich ist, den unabhängig davon herrschenden Mißständen und Ungerechtigkeiten abzu­helfen. Das Programm umfaßte folgende Verhandlungsgegen.

Dann aßen sie von den einfachen Speisen, und Gabriel fah von Zeit zu Zeit durch die kleinen Scheiben in den Gar­ten hinaus. Der Alte hatte seine Brille aufgesett; er nahm mit der Messerspite ein kleines Nachtgeziefer aus seiner Milch und legte es sorgfältig auf den Tisch. Es wird noch wieder fliegen," sagte er, man muß der Kreatur in ihren Nöten beistehen."

Schon mehrmals hatte Gabriel es vor dem Fenster in dem alten Kirschbaum krachen hören. Als er nun hinausblickte, sah er noch eben zwei flinke Füßchen zwischen den Zweigen verschwinden, und gleich darauf flogen zwei einzelne Vögel frächzend über den Garten hin. Aus der Ferne, es mochte im Walde sein, tönten die einförmigen Schläge der Holzart. ,, Es ist wohl weit bis zu den nächsten Dörfern?" sagte er. ,, Wohl fast eine Stunde," erwiderte der Alte, das Haus steht recht in Gottes Hand! Seit die Schulmeisterin wie­ Seit die Schulmeisterin wie­der gefreit hat, ist nun das Mädchen bei mir." Er wies mit der Hand nach einem Brettchen über der Tür, auf welchem Gabriel neben anderen Kleinigkeiten eine Anzahl wohlerhal­tener Bücher gewahrte. Die hat sie alle noch vom Vater," sagte der Alte, aber sie ist nicht für das Lesen; sie hat keine Ruhe im Hause. Nur wenn am Sonnabend der Bettelfriz mit seinen Herengeschichten herüberkommt das hat kein Ende, wenn die beiden hinterm Ofen beisammensitzen."

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Indem trat das Mädchen in die Stube und schüttete einen Haufen roter Glaskirschen aus ihrer Schürze auf den Tisch. " Die Drosseln sind wieder vom Walde herüber gewesen!" sagte sie. ,, Du mußt die Diebe einsperren," erwiderte Gabriel, der einen leeren Käfig am Fensterkreuz gewahrte. Das Mädchen winkte ihm heimlich mit den Augen; der Alte aber drohte mit dem Messer nach ihr hin. Das ist ein Schelm," sagte er, fie läßt sie immer wieder fliegen." Gabriel sah sie

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Nr. 1

stände: 1. Gehaltsbezüge und Arbeitsbedingungen der Frauen. ( Gleicher Lohn für gleiche Leistung.) 2. Der Einfluß der Frauen zur Verhütung kommender Kriege.( Die Frau als Erzieher.) 3. Die ethischen Forderungen des öffentlichen Lebens. 4. Die ökonomische Stellung der Frau als alleiniger Familienver­sorger. Die Einladung wurde an Angehörige der europäischen Länder, der kriegführenden wie der neutralen, gerichtet, zu­gleich mit der Aufforderung, für das obige Programm inter­essierte Frauen zur Teilnahme an der Konferenz anzuregen. Anmeldungen wurden an Fräulein Anna Lindhagen  , Flora­gatan 15, oder an Fräulein Matilda Wydegren, Sybille gatan 59, Stockholm  , erbeten.

Da die Friedenskonferenz der sozialistischen Internationale dank der unverständlichen Haltung der französischen   und eng­lischen Arbeiter vorläufig nicht zustande gekommen ist, mußte auch die geplante Frauenkonferenz verschoben werden.

Die deutschen sozialdemokratischen Frauen finden neben ihrer eigenen Tätigkeit, wie sie in zahlreichen Einzel­versammlungen und vor kurzem noch in der Reichskonferenz zum Ausdruck gelangt ist, eine unermüdliche und rührige Ver­tretung ihres Friedenswillens in der deutschen sozialdemo­kratischen Partei. Unablässig sind Parteivorstand und Reichs­tagsfraktion sowie alle übrigen Organe der Partei an der Arbeit, auf alle nur denkbare und erfolgversprechende Weise einen Frieden herbeizuführen, der Deutschlands   Zukunft sichert und damit dem deutschen Volke die Möglichkeit gibt, in fried­licher und fleißiger Arbeit allmählich die Wunden zu heilen, die der Krieg dem Wirtschaftsleben, der Kultur und Millionen von einzelnen Menschen geschlagen hat.

Aus unserer Bewegung

F. Chemnitz.( Eine Versammlung der organisierten Frauen.) Am Sonntag, den 16. September hatte der Zentral­vorstand des sozialdemokratischen Vereins für den 16. Reichstags­wahlkreis eine Frauenversammlung im Gasthause Neugablenz" ein­berufen, zu der sich etwa 200 Genossinnen eingefunden hatten. Ges nossin Juchacz aus Berlin   sprach über die Zukunftsaufgaben der

an. Sie lachte; das Blut war ihr in die Wangen gestiegen. Als er aber die Augen nicht wieder von ihr wandte, nahm sie den einen ihrer blonden Zöpfe zwischen die Zähne und lief zur Stube hinaus. Gabriel hörte, wie sie draußen die Haustür hinter sich zuschlug.

,, Sie ist eben wie ihr Vater selig," sagte der alte Mann und lehnte sich still in den Stuhl zurück.

Es war schon abendlich geworden, vom Garten dunkelten die Bäume start herein. Gabriel erzählte nun, wie er schon morgen mit dem frühesten in der Stadt sein müsse, und fragte nach den Steigen und Richtwegen, die er etwa einzu­schlagen habe.

" Der Mond wird bald aufgehen," sagte der Alte ,,, bei Nachtzeit ist jetzt das beste Wandern."

Sie sprachen noch eine Weile fort. Als es aber dunkler wurde, verstummte der Alte allgemach und sah mit gespann­ten Augen durch die trüben Scheiben in den Garten hinaus. Und wie Gabriel die friedliche Gestalt des Greises so sich gegenüber sah gegenüber sah aus der tiefen Dämmerung, die nach und nach die Kammer erfüllt hatte, noch kaum hervorsehend­da schwieg auch er. So wurde es immer stiller; die alte Wanduhr hatte allein das Wort behalten.

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Endlich, da Regine noch immer nicht zurückfehrte, und schon die Mondhelle von jenseits des Gartens herauffam, stand er auf, um von dem Mädchen Abschied zu nehmen. Er ging in den Garten; aber er sah dort nichts von ihr. Da hörte er es zwischen den Erbsenbeeten rauschen; und hier fand er sie, ein Körbchen neben sich, das schon zur Hälfte mit den gepflückten Schoten angefüllt war.

,, Es ist spät," sagte er, indem er zwischen die Ranken zu ihr hineintrat, ich werde gehen müssen, Regine; ich möchte mit Sonnenaufgang in der Stadt sein."( Fortsetzung folgt.)