�2Die GleichheitNr. 3Ans Schleswig-Holstein.(Es geht weiter vorwärts.)In der Zeit vom 29. September bis zum 19. Oktober fand imdritten und siebten Neichstagswahlkreise Schleswig-Holsteins eineAnzahl Frauenversammlungen mit dem Thema:.Kriegszeit, Frauenpflicht und Frauenrecht" statt. Rednerin war Genossin Juchacz.Sie zeigte in ihrem Vortrag, wie der Krieg die Frauen zur Erfüllung vielseitiger volkswirtschaftlicher Pflichten zwingt. Sie müssenim Erwerbsleben tätig sein, müssen als Gattinnen, Hausfrauen undMütter in dieser schweren Zeit Opfer über Opfer bringen. Bisherzeigen sich nicht die geringsten Anzeichen dafür, daß die Negierungden Frauen auch nur eine kleine Abschlagszahlung auf die ihnenlängst schuldigen, selbstverständlichen Rechte als Staatsbürgerin zugeben beabsichtigt. Die Frauen müssen durch gemeinsames Vorgehenum diese Rechte kämpfen.Die Versammlungen waren nicht alle gut besucht, besonders inKiel und Kiel-Gaarden ließ der Besuch sehr zu wünschen übrig,aber trotzdem haben sich eine größere Anzahl Frauen als Mitgliederzur Partei gemeldet, hat die„Gleichheit" an hundert neue Leserinnen bekommen. Die Genossinnen in Schleswig-Holstein gebensich mit dem erzielten Erfolg nicht zufrieden. Die Versammlungenwaren der Auftakt zu einer gut vorbereiteten Hausagitation während des allgemeinen Werbemonats, sie wird uns neue Erfolgebringen.Eine Frauenreichskonferenzder österreichischen Kruossiunenhat im Oktober in Verbindung mit dem österreichischen Parteilagin Wien stattgefunden. Es wurde eine Erhöhung der MonatSbei-träge und eine Demonstration für den Frieden in allen Landeshauptstädten beschlossen. Ferner wurden größere politische Rechteund stärkerer politischer Schutz für die Frauen verlangt. Den Genossinnen Zetkin und Zietz sowie vr. Friedrich Adler wurde dieTeilnahme ausgesprochen. Im Laufe des Parteitags fand eine Feierzu Ehren Adelheid Popps statt, die auf eine fünfundzwanzigjährigeTätigkeit als Redakteurin der„Arbeiterinnen-Zeitung" zurückblickt.Die Frau im BerufErste Aufstellung weiblicher Gesellenstücke im Berliner Nathans. Um das weibliche Geschlecht für das Handwerk zu interessieren, veranstaltete der Bund der Handwerkerinnen für den 6. und7. Oktober eine Ausstellung von Gesellinnenstücken und LehrlingS-arbeiten. Aus den Kreisen der Schneiderei und Wäschemaßschneiderei,sowie aus dem Putzgewerbe und der Buchbinderei hatten Meisterinnen die Ausstellung beschickt. Es hat bei dieser Gelegenheit überdie praktischen Erfahrungen auf diesem Gebiete eine Aussprachestattgefunden. Außer den direkt beteiligten Handwerkern undMeisterinnen sprachen noch». Bernhardt von der Zentralstelle fürLehrstellenvermittlung und Direktor Wernicke von der Pflichtfortbildungsschule.Ausbildung zum WohnungSpflcgerinnenbernf. Eine derHauptschwierigkeiten bei der Verpflanzung von weiblichen Arbeitskräften in starke Industriezentren der Nüstungsindustrie ist bekanntlich die Wohnungsfrage. Ebenso machen sich in manchen Ortenbereits erhebliche Schwierigkeiten für die Beschaffung von Kleinwohnungen bemerkbar. Es sind daher Bestrebungen im Gange, diewährend des Krieges meist aufgehobene Wohnungsanfsicht wiederaufzunehmen, beziehungsweise die Wohnungsaufsicht neu einzuführen. Die Kriegsamtsstelle in den Marken veranstaltet daher einenEinführungskursus für Wohnungspflegerinnen, um den Bedarf ansozial vorgebildeten Kräften für diesen Beruf befriedigen zu können.Zugelassen werden Frauen, die schon in sozialer Tätigkeit gestandenhaben, sowie Frauen gehobenerer Berufe, Gewerbeschullehrerinnen,Krankenpflegerinnen usw., die soziale Erfahrung haben und in diesoziale Arbeit übergehen wollen. Meldungen von Frauen, di�.bereitsind, an dem Lehrgang teilzunehmen, werden an die Geschäftsstelleder Sozialen Frauenschule, Berlin, Barbarossastraße VS, erbeten.In England sind nach einer von englischen Blättern veröffentlichten Statistik ö Millionen Frauen in verschiedenen Berufen tätig,ungerechnet der Dienstboten und Pflegerinnen. Seit Kriegsausbruchbis Ende April dieses Jahres wurden 1256009 Männer durch Frauenim Beruf ersetzt, die Mehrzahl davon im Handel und in der Industrie. Im Juli 1914 arbeiteten in der englischen Industrie 2184999weibliche Personen, im April dieses Jahres 891099 Frauen undMädchen mehr, von denen 438909 die berufstätigen Männer direktersetzen konnten. Im Handel betrug die Zunahme der weiblichenArbeitskräfte(vor dem Kriege 496099) 615999, und in solchen Betrieben wie Hotels, Kaffeehäuser, Theater usw. waren im April d. I.224999 Frauen und Mädchen, gegen früher 167999, tätig. Die folgenden Ziffern zeigen die Zunahme der Frauenarbeit in den übrigenBerufen: öffentliche Amter 585999(gegen 2999 mehr); Landwirtschaft 112990(gegen 89999 mehr); Transportwesen 145999(19999mehr); Finanzwesen 197999(9599 mehr); freie Berufe 198599(67599 mehr); bürgerliche Berufe 238999(66999 inehr).ungen, wie wir sie im Neuen Testament in bezug auf die Frauenfinden, durch den Madonnenkultus keineswegs geändert.„DasWeib muß dem Manne Untertan sein, es muß schweigen, gehorsamund häuslich sein, es darf weder lernen noch lehren und soll seligsein durch Kindcrzeugen." Die Beschuldigung des Alten Testaments, daß durch das Weib die Sünde in die Welt gekommenwäre, wurde vom Christentum kritiklos übernommen, daher wares möglich, daß bis in unsere Tage hinein die Frauen der Verbindung mit überirdischen Gewalten, mit dem Teufel und der Kenntnis besonderer Zauberkünste beschuldigt wurden.Zu keiner Zeit und bei keinem Volke sind die Frauen so matzlosverfolgt, so namenlos gequält worden, wie es unter dem Schutzeder christlichen Religion geschah. Im dreizehnten Jahrhundertwurde der Zauberglaube kirchlich geboten und der Zweifel daranals Ketzerei verdammt. Die Kirche erhob das Panier blutiger Verfolgung der Hexen, und die weltlichen Gerichte übernahmen dieFührung der Prozesse und die Vollstreckung der Urteile. Währendin den romanischen Ländern die Ketzerverfolgungen im Mittelalter überhandnahmen, war in Deutschland der eigentliche Bodenfür die Hexenverfolgungen und Hexenprozesse. In dem im Jahre1489 erschienenen„Hexenhammer" gaben zwei Inquisitoren undProfessoren der Theologie im Auftrag von Papst Innozenz VlU.Anweisung,„Wider alle und jede Personen, welch Standes undRanges sie sein mögen, das Amt der Inquisition zu vollziehenund die Personen selbst, welche sie der vorbcmeldeten Dinge fürschuldig befinden, in Haft zu bringen und an Leib und Vermögenzu strafen". Dem weiblichen Geschlecht wird im„Hexenhammer"die Neigung zum Verkehr mit dem Teufel zur Last gelegt, d«schon Eva sich von der Schlange habe verführen lassen. Da niemals vor- oder nachher eine so große Sünde wie Hexerei mit desTeufels Hilfe begangen worden sei, so sollten auch solche Schuldige, die bereuten, nicht wie andere Ketzer mit Gefängnis, sondernstets mit dem Tode bestraft werden. Die beiden Verfasser des„Hexenhammers" Sprenger und Justitor haben allein achtundvierzig Hexen zum Scheiterhaufen verurteilt. Eine fünfjährigeVerfolgung verschlang in Bamberg sechshundert, in Würzburg sogar neunhundert Opfer, fast lauter Frauen und Mädchen allerStände.Man hat behaupten wollen, die Reformation hätte einen Fortschritt für die Frauenfrage bedeutet. Allerdings wurden die Nonnenklöster geöffnet, in denen zahllose Frauen, meist der Not oderdem Zwange gehorchend, ein weltabgeschiedenes Leben der Askeseführen mußten. Allerdings wurde das Zölibat, das Eheverbot fürdie Geistlichen aufgehoben. Aber Luther, der Reformator, hatnichts für die Hebung der Stellung der Frau getan. Im schroffenGegensatz zu dem Gelübde der Keuschheit, die von der katholischenKirche verherrlicht wurde, erklärt« er das eheliche Leben für daseines Christen allein würdige. Aber während die katholische Kirchedie Ehe als„eine Vereinigung der Seelen" sanktionierte, war sieLuther ausdrücklich nur„ein weltlich Geschäft", eine Vereinigungvon Mann und Weib zur Befriedigung natürlicher Bedürfnisse.Nach ihm war die Frau ausschließlich für den Mann geschaffen,hatte sich allein um Haushaltung und Kinder zu kümmern. DieseAnsicht hat sich in der protestantischen Kirche bis in die Neuzeiterhalten.Weit über Luther hinaus gingen aber noch die späteren protestantischen Schriftsteller. Auch sie glaubten an den Teufel, derim Weibe steckte. In seiner Sprichwörtersammlung weiß EuchariusJchering dem Weibe nicht genug Schlechtigkeit nachzusagen. Alsein„gar notivendiges und überaus nützliches Zuchtmittel" wurdejeglichem Manne, der nicht Knecht im Hause sein wollte, das„Prügeln seines Weibes" empfohlen. Ahnlich schreibt Adam Schubartin seinem gereimten„Hausteufel" vom Jahre 1565, worin er„diezornigen, eigenwilligen, ungehorsamen, widerspenstigen Hader-metzen ein wenig schrecken" will. Das herrschsüchtige Weib führtden Namen„Sieman" und wird zum Schlüsse von ihrem Manneerschlagen.„Es ist in Summa", schreibt der Dichter,„das ganzeBüchlein dahin gerichtet, daß es die Weiber zu Gehorsam leitenwill, da sie nit folgen." Daß Sieman erschlagen wurde, bedeutet,„daß es den ungehorsamen Weibern gemeinlich übel hinausgeht,wie ich solcher Exempel viel wüßte anzuzeigen".(Schluß folgt.)