Nr. 5

Die Gleichheit

machen. Diese aber leuchtete ihm so treffend heim, daß er schweigend die Frau im Saale   ließ. Praktisch ist diese wider­finnige Bestimmung der Landgemeindeordnung durch die Kriegsereignisse erledigt.

Aber ungleich wichtiger ist die Erringung des Wahl­rechts für die Frauen zu den Gemeindevertretungen und darüber hinaus zu den Landtagen, zum Reichstag und zu allen anderen öffentlichen Körperschaften. Mögen unsere Ge­nossinnen weiter so zäh aushalten und unermüdlich für Auf­flärung sorgen, dann werden auch die arbeitenden Frauen die ihnen gebührenden politischen Rechte gewinnen A. Domnick.

Die Familien-( Fabrik-) Pflegerin.

Von Schwester Lydia Ruehland.

Nachdem wir erst vor kurzem einen Artikel über das Pro­blem der Fabrikpflegerin aus der sachkundigen Feder der Ge­nossin Hanna gebracht haben, die in erster Linie als kritische Sozialpolitikerin sprach, geben wir jetzt gern den folgenden Ausführungen von Schwester Lydia Ruehland Raum, die der zeitgemäßen und wichtigen Frage nicht minder sachverständig vom Standpunkt der unmittelbaren Braris aus näher tritt. Wir werden gern auch weitere Einsendungen, sofern sie etwas Neues und Wertvolles zu sagen haben, veröffentlichen.

Redaktion der Gleichheit".

Der Gedanke, Fabrikpflegerinnen anzustellen, wurde bereits vor zwanzig Jahren vertreten, aber nur vereinzelt zur Ausführung ge­bracht. Noch im Jahre 1912 richtete Schreiberin dieses im Verein mit mehreren Kolleginnen an eine Anzahl größter industrieller Werke im Rheinland das Ansuchen, Fabrikpflegerinnen anzustellen, mit negativem Erfolg. Es war jenen wohl schon genug der Für forge" für ihre Arbeiterfamilien.

Infolge der immer stärker anwachsenden Zahl weiblicher Arbeits­kräfte ist das Feld heute besser vorbereitet. Kaum ein größerer Be­trieb kann sich jetzt der Notwendigkeit der Einstellung von Fabrit pflegerinnen verschließen. Die Stellung derselben ist ebenso eigen­artig wie schwierig, weil sie zwei entgegengesette Bole zusammen­zubringen hat. Sie bildet die Mittellinie zwischen Gewerbeaufsicht und Produktionsaufsicht. Lettere, vertreten durch Meister, Auf­seher, Direktricen, haben dafür zu sorgen, daß der Produktions­

Feuilleton

Wie schön ist es und herrlich, Hand in Hand

Mit einem teuren, vielgeliebten Sohn

Der Jugend Rosenbahn zurückzueilen,

Des Lebens Traum noch einmal durchzuträumen.

Venezia.

Ein Sonettenkranz von Paul Barthel  .

Schiller.

( Der deutsch  - österreichisch- ungarische Vorstoß in die venezianische Ebene ließ eine schöne Fahrt wieder in mir lebendig werden, die mich in stiller Friedenszeit durch das heutige Kampfgebiet nach Venedig  führte. In meiner Begeisterung und Freude über all die Schönheiten, die auf dieser Reise auf mich einwirkten, feierte ich damals die Königin der Adria in einem Sonettenkranz, einer Verkettung von vierzehn Sonetten in der Weise, daß die letzte Zeile des einen die erste des folgenden Sonetts bildet und die Schlußzeile des vier­zehnten Sonettes wieder mit der Anfangszeile des ersten überein­stimmt. Diese je zweimal vorkommenden Anfangs- und Schlußzeilen der vierzehn Sonette ergeben dann zusammengestellt ein fünfzehntes, das sogenannte Meistersonett.)

Saluto  .

Die Sonne lacht mit freundlichem Gesichte Hernieder vom azurnen Himmelsbogen Und auf der Adria   bewegte Wogen

In einem rosigmilden Morgenlichte.

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Ich steh' am Meeresufer und ich richte Den Blick nach Osten freundlich überzogen Vom Sonnenglanze seh' ich Türme, Bogen Und Zinnen wie ein Bild aus der Geschichte.

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prozeß seinen geregelten Weg nimmt. Ersteren fällt die Auf­gabe zu, die Kontrolle über die Einrichtungen der Be­triebe auszuüben und sich bei Vorkommen von Mängeln mit dem verantwortlichen Leiter auseinanderzusetzen. Um die persönlichen Verhältnisse der Arbeiterinnen fümmert sich niemand. Für die Maschinen war gesorgt, für die Menschen nicht. Aber all die arbeitenden Menschen, besonders die Frauen, verlangen gebieterisch Fürsorge. Es erwächst ein direktes Berufsproblem, resultierend aus den Geschlechtseigenschaften der Frauen und damit ihrer Pflichten der Familie gegenüber.

Dieses Fürsorgeamt soll die Fabrikpflegerin übernehmen. Zu­treffender wäre wohl an Stelle des Wortes" Fabrikpflegerin" " Familienpflegerin", denn ihre Fürsorge gilt in der Hauptsache dem persönlichen Leben der Arbeiterfamilie.

Sie hat zum Beispiel dafür zu sorgen, daß die unverheiratete Arbeiterin eine freundliche Unterkunft hat, wo sie sich wohl fühlt. Wenn den Zimmervermieterinnen erst mal flar wird, daß sich jemand um die Wohnungen der Arbeiterinnen fümmert und sie kontrolliert, wird manches Häßliche im Schlafstellenwesen- besser -unwesen verschwinden. Sie kann in Fällen unehelicher Mut­terschaft die Mädchen beraten in Alimentationssachen, kann säu­mige Väter zur Zahlung anhalten, zur Heirat Unlustige eines Besseren belehren" und dadurch manchem sonst in der Welt um­hergestoßenen Kinde Heim und Herd geben.

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Weiter muß sie für Schuß und Schonzeit der werdenden und bereits entbundenen- Mütter eintreten, alle vorhandenen Vorteile und Einrichtungen heranziehen, neue Möglichkeiten zur Erleichte­rung der Mutterschaft erschließen. Sie muß auf die Mütter ein­wirken, daß diese sich ihrem jungen hilflosen Kinde möglich st lange daheim erhalten. Hat zum Beispiel eine Mutter eine besonders reiche Milchquelle, so wird sich diese vielleicht einem an­deren Säugling nüzlich machen lassen, dessen Mutter von der Natur aus weniger günstig bedacht wurde. Natürlich muß die zwei Kinder nährende Mutter für diesen Segen reichlich entschädigt werden. Das moralische Wertgefühl ist sicher erhebend, bringt aber der unbemittelten Mutter nichts ein. Weiter ist zu sorgen für Unterbringung der Kinder während der Abwesenheit der Eltern von Hause. Keine verheiratete Arbeiterin sollte im Betrieb aufge= nommen werden, wenn sie nicht den glaubhaften Nachweis er= bringt, daß ihre Kinder wohlgeborgen sind. Es wird überall be= sonders mütterlich und kinderlieb veranlagte Frauen aus dem Ar­beiterstand geben, die für Entgelt tagsüber mehrere Kinder in

Es ist Venezia  , die meerumschlungne, Die dort emporragt aus dem Wellenbette, Die schöne und dem Meere abgerungne.

Ich grüße dich, und wenn ich Allmacht hätte, Entleert ich sie auf dich, du vielbesungne, Auf dich, du reichgepriesne Stadt der Städte.

Abitanti.

Auf dich, du reichgepriesne Stadt der Städte, Auf deinen Boden set' ich meine Füße; Und daß daraus dir neuer Segen sprieße, Sing' dir zum Ruhm ich einen Kranz Sonette.

Wenn ich auch trachten muß, wie ich mich rette Vor den Schmaroßern, die du birgst, du Süße, Dem Bettelvolk, das ich mit dir begrüße, So reih' ich trotzdem Glied an Glied zur Stette.

Ja, Bettler sind's, die, tritt man ans Gelände Vom Bord des Schiffes auf dem schwanken Brette, Almosenheischend reichen ihre Hände.

Doch preisen würd' ich dich, du liebe Stätte, Und wenn dich auch ein Heer von Bettlern schände, Du meerumrauschter Drt im Wellenbette.

Kampanile.

Du meerumrauschter Ort im Wellenbette, Zu meinen Füßen sehe ich dich liegen! Zum Kampanil bin ich hinaufgestiegen, Zum Glockenturme an der Piazette.

Wär ich ein Maler, griff ich zur Palette, Malt' aus der Vogelschau in bunten Zügen Die Gondeln, die sich in Kanälen wiegen, Und auf dem Meer die schwankende Storvette,