Nr. 7

Die Gleichheit

aber unser Genosse Quarck darauf hin, daß gerade durch eine gute foziale Organisation der Arbeit die Vorbedingung für die höchsten Produktionsleistungen geschaffen werde. Mit Recht forderte er auch die Anstellung einer weit größeren Zahl von Gewerbeaufsichtsbeamten als wichtiger wie die der Fabrik­pflegerinnen, von deren Tätigkeit er nichts Durchgreifendes erwartet. Er verlangte eine zahlreichere Vertretung der Ar­beiterinnen in den Frauenzentralen. Er wies auf die große Zahl der aufsichtslosen Kinder arbeitender Mütter hin, auf die geringe Zahl und die Mängel der vorhandenen Einrich­tungen, die zu einem vollkommeneren Ganzen zusammenge­faßt, vermehrt und mit Heranziehung der Arbeiterinnen selbst in die Verwaltungen zu segensreichem Wirken geführt wer den müssen. Daß Genosse Dr. Quard und mit ihm die übri­Gen sozialdemokratischen Mitglieder des Bevölkerungsaus­schusses in warmherziger Weise für die Rechte der unverhei­rateten Mütter und der unehelichen Kinder eintreten, braucht kaum besonders hervorgehoben zu werden. Auch hier werden von dem Ausschuß weitgehende Anträge gestellt.

Wenn wir die Parteigenossinnen und namentlich auch die Frauen, die uns noch fernstehen, auf die Wichtigkeit dieser Besprechungen im Reichstag hinweisen, die ganz neue Wege weisen für Schutz und Recht von Mutter und Kind, werden wir einen großen Schritt vorwärts tun. Dem Verständnis für diese Arbeit und für die Forderungen, die von der Sozial­demokratie erhoben werden, kann sich keine Frau verschließen, auch die nicht, die bisher von Politik nichts wissen wollte. Anna Blos .

Aus unserer Bewegung

Sofort berichten!

Wie unsere Leserinnen selber mit Genugtuung beobachtet haben werden, beansprucht der Teil unseres Blattes, in dem wir über Vorgänge und Fortschritte unserer eigenen Frauenbewegung berichten, fast von Nummer zu Nummer mehr Platz. Das ist das beste Zeichen dafür, daß der tote Punkt in unserer Bewegung, auf dem wir in Anbetracht der früheren unerquicklichen Zustände leider angelangt

Neujahrsglocken.

In den Lüften schwellendes Gedröhne, Leicht wie Halme beugt der Wind die Töne: Leis verhallen, die zum ersten riefen, Neu Geläute hebt sich aus den Tiefen. Große Heere, nicht ein einzler Rufer! Wohllaut flutet ohne Strand und Ufer.

Ein Buch der Zeit.

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C. F. Mener.

Eine der ergreifendsten Frauengestalten der griechischen Sage tst Hekuba, die Gattin des Priamos . Im Kampfe um Trojas Mauern bluten und fallen ihre Söhne wie in unserer Zeit die Söhne deutscher Mütter auf den Feldern des Weltkriegs. Darum hat Klara Viebig ihr neues Buch,* in dem sie das ganze graue Elend unserer Tage dichterisch gestaltet, nach jener griechischen Schmerzensmutter benannt. Sie gab uns damit den Roman der Kriegszeit, wie er in solcher Seelentiefe und Unpartei­lichkeit bisher nicht vorliegt.

Wenn heute unsere beliebten Erzähler" ihre Bücher auf den Markt bringen, so ist in diesen gar viel von Helden und Helden­taten die Rede, von dem Wall von Eisen und Feuer, von erlogener Romantik und dergleichen. Nicht so bei Klara Viebig . Kein Wort widmet sie diesen Dingen. Ihr Buch ist ein wahrhaftiges Zeit­dokument aus der Heimat, es ist feind allen hurrapatriotischen Phrasen.

In einen Berliner Vorort führt uns die Dichterin. Und wäh­rend im fernen, verblassenden Hintergrund das blutige Kriegs­geschehen vor sich geht, zeigt sie uns hier an dem Beispiel einiger

* Töchter der Hekuba . Berlin , Verlag Egon Fleischel. Preis 5 Mart,

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waren, glücklich überwunden ist. Es geht wieder vorwärts und auf­wärts! In allen Teilen unseres Landes regt sich neues Leben und neuer Eifer, Versammlungen werden veranstaltet, Werbemaßnahmen werden erfolgreich durchgeführt, der Gleichheit" werden neue Lese­rinnen zugeführt.

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über alle diese werden wir nach wie vor gern berichten. Belebt doch der frische Geist in der einen Stadt oder Provinz auch den noch daniederliegenden Mut in der anderen! Aber wir haben einen dringenden Wunsch an die Genossinnen und Genossen, die in der Frauenbewegung tätig sind: wir bitten sie, über die größeren und wichtigeren Veranstaltungen stets sofort an die Redaktion der Gleichheit", Berlin SW 68, Lindenstraße 3, einen kurzen übersichtlichen Bericht zu schicken. Am besten wird der Bericht sofort am Tage der Veranstaltung, also meistens am Abend nach Schluß der Versammlung, auf eine Postkarte geschrieben und an uns ab­geschickt. Nur nicht aufschieben! Aufgeschoben ist meistens aufge­hoben! Oder die Berichterstatterin glaubt, die verspätete Einsendung durch Ausführlichkeit wieder gutmachen zu müssen. Daran liegt uns aber nichts. Die Redaktion muß in wachsendem Maße mit dem Stoffandrang auf der einen Seite und dem Raummangel auf der anderen kämpfen. Darum nochmals:

Kurz und schnell berichten!

g. e. Aus der Rheinprovinz . Auf bedeutsame Erfolge kann die Kölner Parteiorganisation zurückblicken. In den letzten zwei­Monaten ist die Kölner Frauenwelt ganz gründlich aufgerüttelt worden. In der Stadt wie auch in den Vororten wurden insgesamt sieben Versammlungen abgehalten. Neben der Genossin Reize aus Hamburg sprachen in diesen Versammlungen die beiden neu­gewählten Stadtverordneten, die Genossen Sollmann( Nedak­teur der Rheinischen Zeitung ") und Haas( Gewerkschafts­beamter) über die kriegszeitliche Lage der Frauen. Unsere Redner fonnten mit Stolz von den Bestrebungen der Sozialdemokratie auf dem Gebiet des Frauenwahlrechts berichten, alle anderen Par­teien versagen hier gänzlich. Aber auch die Fürsorge für die Frauen und Angehörigen der Krieger ist eine Hauptsorge der Partei. Ganz besonders war es unser Kölner Parteiblatt, die Rheinische Zeitung ", die durch ihr entschiedenes Eingreifen be­deutende Erfolge zugunsten der Kriegerfrauen erreicht hat, bor Familien das Schicksal der Daheimgebliebenen. Ein Jahr schon wütet der Krieg, in den die Männer und Jünglinge damals leicht und begeistert gezogen. Sie alle hatten nicht mit so langer Dauer gerechnet. Nur die Mütter ahnten, wie es kommen würde. Ge­kommen war." Nun war der Jammer im Land. Die verschieden= sten Gesellschaftskreise hat er ergriffen. Da ist die reiche Frau Bertholdi, deren Söhne als Offiziere im Felde stehen, die stünd­lich um deren Leben bangt und die, trotz aller Vaterlandsliebe, doch der verständlichen Meinung ist: erst ihre Söhne, dann das Vaterland. Da ist die arme Tornisternäherin, deren Liebster, der Vater ihres Kindes, schon draußen irgendwo in der Erde modert, und deren Augen schon soviel geweint hatten, daß der Glanz der Jugend weggeweint war". Da ist die alte Frau Krüger, deren Sohn verschollen ist und die in ihrem Schmerz es nicht für mög­lich hält, daß man ein Kind einfach einscharrt, ohne die Mutter zu benachrichtigen.

Ein qualvolles Bangen, ein ständiges Zittern vor schlimmen Nachrichten liegt in der Luft. Die Frauen, die ihre Männer bei Verdun wußten, liefen herum wie Hühner, die der Habicht scheucht." Keine eigentliche Handlung hat dies Buch. In reali­stischer Zustandsschilderung wird all das namenlose Leid veran­schaulicht, das Seelenleben der Mütter, Frauen und Bräute bloß­gelegt. In packenden Worten hält die Dichterin das Wesen der Zeit fest. Da waren sie, ein ungezählter Chor klagender, trauern­der, geschlagener Mütter... ihr Wehgeheul stieg auf zum Himmel, gleich start, gleich furchtbar wie zu Zeiten der Hekuba ."

Aber auch die anderen, das Gesamtbild ergänzenden Farben Teuchten vor unseren Augen; das sinnenfrohe Weib, das von ihrem unvermutet in Urlaub kommenden Manne mit ihrem Liebhaber überrascht wird, das Murren bei den Butterprozessionen, ein Markterzeß und sonstige eingestreute Straßenvorgänge demon­strieren den Zeitgehalt. Und ab und zu läuten auch mal Sieges­glocken. Das waren dann große Augenblicke. Aber doch nur Augen­blice. Der Krieg ging weiter. Das Leid blieb dasselbe."

Der Roman hat keinen eigentlichen Helden im Mittelpunkt; an den Schicksalen von Familien und Personen wird uns der Ein