Nr. 14

Die Gleichheit

vermittlung mit eigenen weiblichen Abteilungen in allen größeren gewerbereichen Drten; Aufstellung bindender Grundsäge für die Ent lassungen von Arbeiterinnen aus öffentlichen und privaten Betrieben; eine zwangsläufige Streckung der Arbeit für die Gewerbe, bei denen fie in enge Beziehung zu einer staatlich kontrollierten Rohstoffversor­gung gebracht werden kann; Vergebung öffentlicher Arbeitsaufträge, besonders Näh- und Instandsetzungsarbeiten an geeignete Orte und Personenkreise; Erwerbslosenfürsorge für Frauen mit bindender Ver­pflichtung für die Gemeinden, den Erwerbslosen den notwendigen Lebensbedarf zu sichern( die Eingabe stellt hierfür eine Reihe von Grundsäßen auf); endlich übernahme der Referate für Frauenarbeit beim Striegsamt durch die Zivilbehörde mit der Spige im Reichs­wirtschaftsamt.

Die Arbeiterinnen können sich diesen Forderungen im allgemeinen anschließen. Bei den bevorstehenden Beratungen des Reichstags wird beim Kapitel Reichswirtschaftsamt die Angelegenheit wohl zur Sprache gebracht werden.

Die Sozialbeamtin.

Der Deutsche Verband der Sozialbeamtinnen hat am 23. März in Berlin seine erste Generalversammlung abgehalten.

Der Verband wurde im November 1916 gegründet und hat heute 300 Mitglieder; in Berlin , Hamburg- Altona, Düsseldorf , Frank­ furt am Main bestehen Ortsgruppen. Die Zahlen mögen flein er­scheinen. Für den, der die Verhältnisse des Berufs kennt, sind sie über Erwarten groß. Für soziale Arbeit angestellte Frauen gibt es erst seit dem Krieg in nennenswerter Zahl in Gemeinden und Ver­einen. In den letzteren geht die ehrenamtliche und berufliche Tätig­keit noch stark durcheinander. Die Ausbildungsverhältnisse sind un­geregelt. Soziale Frauenschulen gibt es zwar fast monatlich neue, aber die wenigsten von ihnen gewährleisten eine gründliche fach­liche Vorbildung. Die Gemeinden und Vereine, die in erster Linie als Arbeitgeber in Frage kommen, sind noch lange nicht alle von der Notwendigkeit fachlicher Vorbildung überzeugt. Und selbst dort, wo die letzte Zeit darin Wandel geschaffen hat, sind noch viele Kräfte tätig, die ihre Arbeit nicht als soziale Arbeit auffassen und darum sich auch nicht als Kolleginnen der sozialen Berufsarbeite­rinnen fühlen. Die Neuheit des Arbeitsgebiets trägt dazu bei, daß es keine festen Grenzen hat und die Zugehörigkeit zum Beruf nicht wesensklar ist.

Feuilleton

Der Mensch, dem glücklich fiel der Ehe Los, verlebt Ein selig Leben; aber wem es traurig fiel, Der ist ein Kind des Unglücks, draußen wie daheim.

Euripides .

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Dazu kommt, daß die sozialen Berufsarbeiterinnen häufig aus Kreisen kommen, die sie dem Gedanken der Berufsorganisation an sich schwer zugänglich machen. Viele von den heute beruflich Tätigen kommen aus der privaten Wohltätigkeit, haben nur aus Neigung oder dem Zug der Zeit folgend ihre ehrenamtliche Tätigkeit mit beruflicher Arbeit vertauscht; sie legen mehr. Wert auf eine gesell­schaftlich angenehme Stellung als auf die Möglichkeit, sich durch ihren Beruf eine Existenz zu schaffen, die sie ja ohnehin haben. Ihnen ist mit den mühsam sich ihr Brot erwerbenden Lungen­fürsorgerinnen und Haltekinderkontrolleurinnen häufig nur das Ar­beitsgebiet gemeinsam. Dazu kommt, daß es schon vor Bestehen des Verbands gleichartige religiöse und Spezialorganisationen( Kinder­gärtnerinnen) gegeben hat. Wenn also der Verband, der eine echte geschlossene Berufsorganisation ist, trotz aller Schwierigkeiten sich entwickelt, so ist das sehr erfreulich.

Durch die auf der Generalversammlung beschlossene Umänderung der Statuten hat der Verband erneut bewiesen, daß es ihm Ernst damit ist, eine alle in der sozialen Arbeit Tätigen umfassende Be­rufsorganisation zu sein. Künftig sollen nicht mehr entweder Be­rufsausbildung oder drei Jahre Tätigkeit in der sozialen Arbeit Vorbedingung zur Aufnahme sein, sondern passives Mitglied Tann von jetzt an jede Berufskollegin werden, bei zweijähriger Tätigkeit aktives Mitglied. Der Antrag einer Ortsgruppe, Schülerinnenorgani­sationen, die sich an Fachschulen gebildet haben, korporativ aufzu­nehmen, wurde von der Generalversammlung abgelehnt. Schul­vereine, die nur die Forderung fachlicher Bildung, nicht die Ver­besserung der wirtschaftlichen Lage in ihrem Programm haben, ge­hören nicht in den Verband.

Der erste Jahresbericht brachte Mitteilungen über die Werbe­arbeit. Erst bei einem Stamm von Mitgliedern kann mit der eigent­lichen Aufgabe der Wahrnehmung der beruflichen und Standes­interessen der Sozialbeamtinnen in geistiger, sozialer und wirt­schaftlicher Beziehung" begonnen werden. Einiges ist auch hier schon geleistet worden, zum Beispiel in der Verbesserung der Stellen­vermittlung. Eine Enquete über die Berufslage ist in Bearbeitung. Wer mit den schlechten und ungeregelten Arbeitsbedingungen der Sozialbeamtinnen einigermaßen vertraut ist, wird die Eristenz des Verbands begrüßen. Er wird sich freuen, daß auch hier das Berufs­bewußtsein sich hebt und die Mitglieder selbst darangehen, ihre Lage zu verbessern. Ein im letzten Jahr vom Verband herausgegebenes Merkblatt über die rechtliche Lage führt als fehlende Schutzbestim­mungen an: Rechtsanspruch auf Erholungsurlaub, Begrenzung der

und Gesträuch wachsen auf ihm. Daneben befindet sich wieder ein Gewässer. Es ist fließend und nicht gefroren, und auf ihm tummeln sich, selbst jetzt im kalten Winter, viele, viele Wasser­hühner. Aber über den Teich hinweg kann man vom Balkon des Hauses aus auch die jenseitigen Höhen schauen. Auf und hinter ihnen liegt der Feind, lauscht aufmerksam, gibt genau acht, was vor ihm im Gelände und auch im Hause Nr. 5 ge­schieht. Denn alleweil geschieht allerlei. In dunkler Nacht, wenn die Granaten schweigen, pirschen sich Soldaten über den gefrorenen Teich hin, dem jenseitigen Ufer zu. Nahe dem Ufer stehen noch eine Reihe Güterwagen, beladen mit Briketts. ' n Péronne stand das Haus, in der Carrefour des Mi- Diese seltene wertvolle Ware holen sich die Soldaten, denn

Das Kriegsleid eines Hauses.

( Januar 1917.)

Von Karl Jmwolde.

Nachdruck verboten.

In Bergume has in der Carrefour des mat es ist felt und der ofte for ne bo en bie

punkt gelegen. Abseits, hinter dem Gefängnis, nahm es einen Platz ein. Auch nicht in gleicher Reihe mit anderen Häusern. Durch ein kleines Eisentor mußte man zunächst gehen, ein Vorraum, an dessen Wand ein Häuschen geklebt war, folgte, darauf erst stand man vor dem zweistöckigen Gebäude. Ein paar Stufen führten zur Haustür.

Als ich das erstemal das Haus Nr. 5 betrat, bin ich durch den Vorsaal geradeswegs durch das Empfangszimmer ge­gangen, um auch die Rückseite kennenzulernen. Durch eine Fenstertür trat ich auf den Balkon hinaus. Unter mir, von einer Mauer umzogen, lag der Garten. Aber vor mir, so daß ich nur hinzuschauen brauchte, sah ich einen großen Teich. Jezt ist er gefroren, und eine dicke Eis- und Schneeschicht deckt ihn. Gestern ließen es sich die Soldaten wohl auf ihm sein. Sie liefen Schlittschuhe, zogen Streise kreuz und quer, bis eine Granate, von den jenseitigen Höhen abgeschossen, ihr lustiges Treiben störte. Eisstücke und Wasser sprizten hoch auf, und jetzt zeigt ein großes Loch mitten im See den Einschlag. Rechts von dem Teich zieht sich ein schmaler Damm; Bäume

Das alles sieht das Haus Nr. 5 und tut, als ginge es dies gar nichts an. Es liegt wieder friedsam da, still, völlig in sich gekehrt.

Und doch kann es viel erzählen, auch vom Krieg, denn es hat sein volles Leid ausgekostet und viel, viel gelitten.... Als das erste Grün im Jahre 1916 die Bäume zierte, ging es noch froh und fröhlich zu im Hause Nr. 5. Wohl war der Feind im Lande, die Stadt lange besetzt, und das Haus mußte sich oftmals Einquartierung gefallen lassen. Aber es blieb alles in Ordnung. Das Leben ging seinen Gang, und die Bewohner hatten sich an den Zustand gewöhnt. Die Salons und die an­deren Räume versäumten nichts, der Herr Advokat, der mit seiner Familie das Haus bewohnte, weilte sogar mehr als zu anderen Zeiten darin, weil ihn der Krieg zum Nichtstun zwang und auch ans Reisen nicht zu denken war. Graziöse Französinnen wie tecke Franzosen tamen am Nachmittag wie in den Abendstunden zu Besuch. Die Kaffeetassen klapperten auf den zierlichen Tischen, man sprach vom Krieg und anderen harmlosen Dingen. Mitunter kamen auch nur einige Damen,