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Die Gleichheit

Eine Frage, die in diesem Zusammenhange die Frauen besonders interessiert, ist die nach dem gleichen Wahlrecht für die Frauen. Auch bis tief hinein in die bürgerlichen Kreise interessiert man sich jetzt für diese Frage. Das hat sich auch in einer Versammlung des hiesigen Wahlvereins der fortschrittlichen Volkspartei gezeigt. In dieser bedauerten Frau Gronemann und Frau Schrey die Haltung der fortschrittlichen Fraktion, die diese bei den gegenwärtigen Ver­handlungen zur Frage des Frauenwahlrechts einnehme. Dadurch werde die liberale Arbeit unter den Frauen beeinträchtigt. Aber mit dem Bedauern allein wird eine Besserung nicht erreicht. Es kommt darauf an, daß gehandelt wird. In einer Reihe von Städten, so in Berlin , Frankfurt a. M., Stuttgart und Bremen sind die frei­heitlich gesinnten Frauen der verschiedensten Parteien zusammen getreten und haben gemeinsam die Forderung auf Erweiterung der Frauenrechte erhoben. Die sozialdemokratisch organisierten Frauen waren hierbei stets mit an erster Stelle vertreten. Nach der Behand­lung der Wahlrechtsfrage in der zweiten Lesung des Verfassungs­ausschusses des preußischen Landtags und der Ablehnung des Stimm­rechts der Frauen in städtischen Deputationen durch das Herren­haus, erscheint ein solches gemeinsames, öffentliches Auftreten erst recht geboten.

Genossinnen! Für uns ist es jedenfalls höchste Zeit zu handeln! überall müssen wir in fortwährender Agitation den arbeitenden Frauen zeigen, daß sie nur in der sozialdemokratischen Partei ihre Rechte voll vertreten und gewahrt finden. Alle arbeitenden Frauen in den gewerkschaftlichen und politischen Organisationen zu ver­einigen, muß daher unser Ziel sein!

Bezirk Westpreußen . Hier sprach Genossin Juchacz in Elbing , Graudenz und Danzig vor zahlreichen Frauen über das Thema: Die Frau als Mutter und Staatsbürgerin." Die Rednerin konnte sich größter Aufmerksamkeit erfreuen. Die Partei gewann eine ganze Anzahl neuer Mitglieder und die Gleichheit" neue Abonnenten.

Die erste Sozialdemokratin im dänischen Parlament. In Dänemark haben in der zweiten Hälfte des April die Wahlen zum Folkething stattgefunden. Zum ersten Male beteiligten sich nach dem neuen Wahlrecht, das den Frauen die Gleichberechtigung verleiht, die Frauen an der Wahl. Das Wahlergebnis, das mit einem Siege des demokratisch- sozialdemokratischen Blockes endigte, macht der poli­tischen Reife der dänischen Frauen alle Ehre. Es wurden vier Frauen gewählt, von denen zwei zur Konservativen Partei, die andern bei­den zur Sozialdemokratischen und Demokratischen Partei gehören.

bulänglich und gekünstelt in der Form, unwahr und banal im In­halt, ja oft voll erschreckender Roheit, gesteigert zu Perversität und Albernheit.( Vierordt, Holz, Lissauer, Dehmel, Gerhart Hauptmann !) Nur einige wenige waren es, denen die Erschütterung Kraft ver­lieh, ihr Erleben in tiefe, reife, schmucklose Reime zu zwingen. Un­bekannte waren es, wie der österreichische Jude Zuckermann, dessen von aufrechter Schwermut getragenes Reiterlied" leben wird, so­lange es eine Erinnerung an diesen Krieg gibt; dichtende Arbeiter wie der rheinische Kesselschmied Lersch, die Fabrikler Barthel und Bröger wurden zu Sängern der Volksseele.

Fern allem Haß, fern aller, Waffenfreude" offenbarten sie tapferen Mannesmut, klaren beherrschten Zukunftswillen, trauernde Mensch­lichkeit.

Deutschland muß leben und wenn wir sterben müssen!" rief Heinrich Lersch .

Herrlich zeigte es deine größte Gefahr,

Daß dein ärmster Sohn dein getreuester war. Dent es, o Deutschland !"

mahnt Karl Bröger . Und May Barthel singt im Argonnenwald: Mein Leben blüht mit allen Dingen auf im Land, Wer weiß, vielleicht schon morgen dorrt's im Sand. Darum sei jeder Augenblick mir neu geprägt

Ich will die höchste Form, bis mich der Tod zerschlägt!" In diesen Zitaten, die den in der Gleichheit" schon gewürdigten ersten Gedichtsammlungen der drei Arbeiterdichter entnommen sind, werden die verschiedenen Wesenheiten ihrer Schöpfer angedeutet. Nun ist eine weitere Folge ihrer Tyrischen Arbeiten erschienen*, die ein abschließendes Urteil zuläßt.

Heinrich Lersch ist Katholit und moderner Arbeiter, aufgewachsen in der gigantischen Werkwelt der niederrheinischen Eisenindustrie.

* Heinrich Lersch , Deutschland ! Lieder und Gesänge von Volt und Vaterland. Brosch. Mt. 3.-, geb. t. 4.- Karl Bröger , Soldaten der Erde. Neue Kriegsgedichte. Brosch. Mt. 1.80, geb. Mt. 2.60. Mar Barthel, Freiheit! Neue Gedichte aus dem Kriege. Brosch. Mt. 2.-, geb. Mt. 2.80. Eugen Diederichs Verlag in Jena .

Vom Fortgang des Frauenrechts

Nr. 16

Der Vorstand des Volksbundes für Freiheit und Vater­land, Berlin W 62, Sleiststraße 36, erläßt zur preußischen Wahl­rechtsfrage folgenden Aufruf:

Der Volksbund für Freiheit und Vaterland ruft alle Männer und Frauen Preußens wie im ganzen Deutschen Reiche auf zu tatkräftiger Arbeit für das gleiche Wahlrecht in Preußen. In den Monaten, da unsere Brüder und Söhne in einem Ringen ohne Gleichen die Unantastbarkeit des Reiches nach außen endgültig sichern, ist es unabweisbare Pflicht des Heimatheeres, ihnen das Haus im Innern wohnlich zu bereiten.

Die erneute Ablehnung des gleichen Wahlrechts für Preußen in Verfassungsausschuß des Abgeordnetenhauses muß in weitesten Kreisen tiefste Erbitterung hervorrufen in einem Augenblick, da unsere äußere Lage die Einigkeit der inneren Front gebieterisch verlangt.

Eine Ablehnung des gleichen Wahlrechts in Preußen bietet unseren Feinden einen neuen Vorwand, um ihre Völker zum sinnlosen Kampf gegen Deutschland aufzustacheln. Wer für das gleiche Wahlrecht streitet, unterstüßt unsere Heere und ihre Führer in der schweren Niederringung der feindlichen Truppen und Völker, führt uns einem Frieden näher, der einen gesicherten Bestand des Deutschen Reiches verbürgt.

Der Volksbund für Freiheit und Vaterland richtet die dringende Bitte an die Regierung, vor keinem Mittel zur Durchsetzung des gleichen Wahlrechts zurückzuschrecken, und erklärt, daß er im Kampfe für das gleiche Wahlrecht mit aller Kraft und Entschlossenheit neben der Regierung stehen wird."

Der Aufruf würde in den Kreisen der freigesinnten Frauen ein lebhaftes Echo finden, wenn darin auch nur mit einem Worte der Notwendigkeit des Frauenwahlrechts gedacht worden wäre. Auch in dem dritten der vom Volksbund in Berlin veranstalteten Vorträge, am 21. April, den Fräulein Gertrud Bäumer über das Thema Friede Freiheit Frauen" hielt, fehlte leider jeder Hinweis auf die neue Freiheit der Frau, die sie im zukünftigen Deutschland haben muß und für die die erste Voraussetzung das Frauenwahlrecht darstellt.

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In formgewandter Rede ging die Vortragende davon aus, daß das Frauenschicksal abhängig ist vom inneren Frieden und suchte die Stellung der Frau zu den gegenwärtigen Kriegsproblemen zu durch­leuchten. Unter Betonung der kulturellen Bedeutung des Frauen­

Gläubiges Erfühlen der alten Gotteslegenden und das berauschende Erleben der schaffenden Gegenwart verschmelzen sich ihm zur Einheit: Maschinen rauschen in heiligen Liedern, Fabriken sind göttliche Stirchen der Straft!"

In kräftigen Rhythmen oft von zu fantigem Guß- läßt er den Krieg vor uns erstehen, gesehen und verwunden mit seinen Augen und seinem Geiste. Da ist Lersch am stärksten, wo er sieht und un­mittelbar gestaltet, so im Eisernen Hauptmann":

Stille, Stille

Hoch über Qualm und Gewühl

Sang eine erste Lerche im Heimatgefühl, Warf ihr Lied zur Sonne, perlende Töne Über der Menschen Gelärm und Gedröhne.

Und einer lachte und schrie: Hört nur das Vieh! Indessen hatte beim Feinde die Erde sich aufgetan, Eine schwankende Mauer, Kolonnen, Mann an Mann, schob sich heran; Gleißende Bajonette vor schwarzen Gesichtern. Ein Riesenorgelton von tausenden Stimmen schrie...."

Bedingter muß die Beurteilung seiner Reflegionen sein. In den Gedichten Bekenntnis", Der preußische Musketier" spürt man Ab­sicht und Manier, ja das Gedicht Striegsanleihe" mutet wie ein gereimter Leitartikel an. Andere dagegen, wenn die Reflexion sich als Aufschrei dem Erlebnis entringt:

" Ich sehe die Millionen ihre Arme ausbreiten

Nach Ruhe und Frieden.- Und hör sie von neuem aufschrecken Verfluchen ihr Leben! [ und schreien:

Verfluchen den Krieg!

Verfluchen den Sieg! Verzeihen

Ihrer Mutter nicht den Tag ihrer Geburt. Preisen glücklich den Samen,

[ zur Erde kamen.

Der im Mann noch begraben und alle Kinder, die niemals Glücklich, weil sie nicht sind!"

( Der Flieger".)

Anders ist Karl Bröger . Beherrschter und sicherer im Ausdruck, maßvoller im Pathos und von einer klaren Bildhaftigkeit, die an Liliencron erinnert. Ungleich weiter und darum nicht weniger innig ist sein Vaterlandsbegriff als der Lerschs. Seinem Buche stellt er