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Die Gleichheit
bestimmten Einstellungs- oder Mindestlohnes eine Verständigung nicht herbeigeführt wird, daß dann vorerst der Arbeiterausschuß die Aufgabe und die Pflicht hat, eine Verständigung herbeizuführen. Gelingt das nicht, dann soll der Metallarbeiterverband sich mit dem Verband Berliner Metallindustrieller über eine möglichst bald einzuberufende Sigung verständigen und so die Sache erledigen.
Der Verband Berliner Metallindustrieller wird sich bemühen, auf die betreffenden Firmen im Sinne der Verständigung einzuwirken, auch auf solche Firmen, die dem Verbande nicht angehören.
Somit ist die Lohnbewegung zu einem Abschluß gebracht. Zähe und beharrlich haben die Metallarbeiterinnen Groß- Berlins an ihrer Forderung festgehalten. Diesem Umstand ist es zuzuschreiben, daß die Arbeitgeber sich allmählich zum Entgegenkommen bereit fanden. Wesentlich besser aber wäre vielleicht der Erfolg gewesen, wenn die Metallarbeiterinnen es verstanden hätten, sich schon besser und fester in der Organisation zusammenzuschließen.
Eine Lehre aber mögen alle Arbeiterinnen aus dieser Lohnbewegung ziehen: Wir müssen lernen, uns auf unsere eigene Straft zu verlassen, nur mit Hilfe unserer eigenen gewerkschaftlichen Organisationen sind durchgreifende Erfolge und Verbesserungen für unsere wirtschaftliche Lage zu erzielen. Elise Bauer.
c.h. Aufrücken von weiblichen Hilfskräften in Beamtenstellen. Aus Barmen wird uns geschrieben: Von der Stadtverordnetenversammlung in Barmen wurden auf Vorschlag der Verwaltung eine Buchhalterin und zwei Maschinenschreiberinnen an den städtischen Wasser- und Lichtwerken als Beamtinnen gegen dreimonatige Kündigungsfrist angestellt. Damit rücken die ersten Frauen in Beamtenstellungen der Stadt ein. Nur einmal ist früher eine Frau ausnahmsweise angestellt gewesen. Die Einstellung von Frauen mit Beamteneigenschaft in den anderen Verwaltungszweigen soll folgen. Frauenarbeit in der Übergangswirtschaft. Der Bund Deut scher Frauenvereine und der Ständige Ausschuß zur Förderung der Arbeiterinneninteressen veranstalten am 20. und 21. Juni d. J. in Berlin eine gemeinsame Tagung, die sich mit den Fragen der Frauenarbeit in der Übergangswirtschaft beschäftigen wird. Es sind Vorträge vorgesehen von Dr. Gertrud Bäumer , Professor Dr. Wiedenfeld, Dr. Marie Elisabeth Lüders , Dr. Hilde Oppenheimer, Fräulein Meined, Dr. Hildegard Radomski, Dr. Alice Salomon , Fräulein Delbrück, Dr. Stäthe Gaebel, Fräulein Anna Schmidt, Fräulein H. v. Gierke und Dr. Marie Baum .
Freie Aussprache
Unter dieser Rubrik veröffentlichen wir Einsendungen, für die die Redaktion der „ Gleichheit" den Einsenderinnen die fachliche Verantwortung überläßt, die sie aber als Anregungen zur öffentlichen Grörterung in der„ Gleichhett" oder in den Zusammenfünften der Frauen geeignet hält. Wir fordern unsere Leserinnen zur regen Mitarbeit auf, wobei wir den Gegenstand der Einsendung völlig der freien Wahl der Frauen überlassen.
Die Gratisverteilung der Gleichheit". Am Niederrhein ist es üblich, daß die Parteigenossinnen die„ Gleich heit" unentgeltlich bekommen. In der letzten Parteiversammlung in Duisburg wurde nun ein Antrag von einer Genossin gestellt, daß die„ Gleichheit" fortan von den Genossinnen mit 15 Pf. für die Nummer bezahlt werden sollte. Alle anwesenden Parteigenossinnen waren einstimmig dafür. Auf der Kreiskonferenz für DuisburgMülheim- Oberhausen am Sonntag, den 26. Mai d. J. teilte Bezirkssekretär Dröner mit, daß die Gratisverteilung der„ Gleichheit" für den ganzen Bezirk des Niederrheins statutarisch festgelegt sei. Daraufhin wurde beschlossen, dem Niederrheinischen Parteitag den Antrag zu unterbreiten, das Statut dahin zu ändern, daß die„ Gleichheit" fünftighin nicht mehr gratis an die Genossinnen abgegeben werden soll.
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Es wäre mir sehr interessant festzustellen, ob sich auch nur eine einzige Genossin in ganz Deutschland findet, die etwas gegen diesen Borschlag einzuwenden hat. Im Osten Deutschlands ist es von vorn herein üblich gewesen, daß jede Genossin ihre Gleichheit" bezahlt. Wer die„ Gleichheit" mit Interesse liest, ist gern bereit, sein Scherf lein dafür zu entrichten. Hinzu kommt noch, daß in einer Zeit, in der die Kassenverhältnisse der Duisburger Kreisorganisation durch aus teine glänzenden sind, die Gratisverteilung eine unnütze Be lastung mehr bedeutet.
Auf Grund meiner langjährigen praktischen Erfahrung in der Kleinarbeit im Dsten weiß ich, daß dort alle Genossinnen auch stets Abonnentinnen der„ Gleichheit" waren. Manche Frauen, die sich noch nicht gleich entschließen fonnten, Mitglied der Partei zu werden, abonnierten jedoch die„ Gleichheit" und wurden durch das Lesen derselben später gewöhnlich auch überzeugte Parteigenossinnen. Berta Mardwald.
Berantwortlich für die Redaktion: Frau Marie Juchacz , Berlin SW 68.
Mütter, denkt
Nr. 19
an eure im Sommer besonders stark gefährdeten Säuglinge! Alles kann der Säugling leichter ertragen, nur nicht eine Reihe von heißen Tagen. Noch immer spukt in den Köpfen ungezählter Mütter eine törichte Angst vor Erkältung. Und so muß man täglich, auch dort, wo eine Säuglingsfürsorge planmäßig arbeitet, erleben, wie die hilflosen Kleinen mit dicken Federbetten zugedect, mit Strümpfen, Kleid und Schürze oder Lazz bekleidet, wohlverpackt wie zu einer Nordpolreise, unterm hochgeschlagenen Wagenverdeck schwißen. Was schwitzt, erkältet sich. Ein abgehärtetes Kind ertältet sich nur selten. Im Winter kann man nicht abhärten, dafür ist einzig der Sommer geeignet.
Gebt dem Säugling neben dem Wasserbad täglich ein Freiluftbad. Laßt es, nur mit dem Hemd angetan, frei strampeln. Empfindlichen Kindern schützt man den Leib durch eine einmalige Umhüllung mit einer porösen, vielleicht aus einer alten Strumpflänge hergerichteten Leibbinde.
Säuglinge gehören nicht in die Küche! Noch immer ist der Korb mit dem Kinde in vielen Familien ein Stück Kücheninventar. Die heiße Küchenluft macht das Kind welf, der unvermeidliche Lärm erschreckt die zarten Nerven. Der kühlste Raum ist der bestgeeignete. Die auf der Sommerseite gelegenen Fenster müssen am Tage geschlossen gehalten werden. Mütter, die auf Arbeit gehen, hängen am besten des Morgens ein feuchtes Tuch( Barchentbettuch) an der Innenseite des Fensters auf. Wenn dann am Abend gelüftet wird, erweist sich die Luft in einem so gehaltenen Zimmer als eine Wohltat für alle, die darin atmen müssen, nicht zuletzt für den kleinen Säugling. Denn zu dem wünschenswerten feuchten Aufnehmen des Fußbodens reicht weder Mutters Zeit noch ihr Geldbeutel; Scheuertücher sind jetzt rar wie ein Tuchgewand.
Denkt an den Durst der Kleinen. Durst ist kein Hunger! Milch ist nicht geeignet, den Durst zu löschen, denn sie ist dem Kinde Nahrung. Abgekochtes Wasser, besser noch dünner Tee, ungesüßt, zwischen den Trinkmahlzeiten gegeben, erfrischen das Kind wie der Tau die Pflanze. Zucker verursacht Blähungen, bei der Hize muß jede Darmreizung vermieden werden. Das Kind darf eher einmal eine Mahlzeit aussetzen, aber auf keinen Fall Durst leiden. Stillende Mütter dürfen im Sommer nicht entwöhnen, es sei denn, eine andere Mutter hilft mit ihrer Milchquelle aus. In solchen Fällen hat stets eine ärztliche Untersuchung der fremden Mutter wie des mitzustillenden Kindes voranzugehen, um der Gefahr einer Infektion vorzubeugen.
Milch für Flaschenernährung muß möglichst im Kochtopf eingeholt vieles Umgießen verschlechtert die Milch und sofort drei bis fünf Minuten gekocht, tief gekühlt und zugedeckt an kühlem Ort aufbewahrt werden.
Nichtgetrunkene Milch muß sofort aus der Flasche gegossen werden, sie läßt sich anderweit verwenden, auf keinen Fall darf sie dem Säugling noch einmal gegeben werden. Flaschen peinlich säubern mit Sand, gut nachspülen und umgestürzt aufbewahren( nicht mit Wasser auffüllen). Sauger mit Salz reinigen, unter fließender Leitung spülen, trocen aufheben in zugedeckter Tasse. Verständige Mütter kommen ohne Schnuller aus, denn sie wissen, daß dem Kinde das Schreien nötig und nüglich zur Kräftigung der Lungen und der gesamten Muskulatur ist.
Erbrechen sagt: Halt ein, ich habe genug. Erbrechen und Durchfall ist das Warnsignal: Es ist Gefahr im Anzug. Das erste ist, mit der Milch aussehen, an deren Stelle gebe man dünnen ungesüßten Tee, denn das Kind fiebert dabei. Am nächsten Tage gibt man an Stelle der Milch Haferschleimabkochung, ganz dünn, und am dritten Tage versucht man es, von fünf Mahlzeiten dreimal Haferschleim und zweimal Milch zu geben, und wird damit meist Glück haben. Morgens und abends ein Bad bringen dem gequälten Geschöpfchen Linderung. Natürlich ist der Arzt zu Rate zu ziehen, das ist indes jetzt leicht gesagt. Selbst wo ein solcher zu haben wäre, gelingt es nicht immer, ihn zum Kommen zu bewegen, denn der Arzt ist jetzt mindestens so stark in Anspruch genommen wie der Schuhmacher. Also muß die Mutter sich selber zu helfen suchen. Schwester Lydia Ruehland.