Nr. 3
A. g. XIII
29. Jahrgang
Die Gleichheit
Zeitschrift für Arbeiterfrauen und Arbeiterinnen
Mit der Beilage: Für unsere Kinder
Die Gleichheit erscheint alle vierzehn Tage einmal. Preis der Nummer 15 Pfennig.
Durch die Post bezogen vierteljährlich ohne Bestellgeld 95 Pfennig; unter Kreuzband Mr. 1.45.
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Die Frauen im neuen Deutschland .
Die großen Organisationen der deutschen Frauen fast aller Parteirichtungen haben am 25. Oktober den folgenden Brief an den Reichskanzler und seinen Stellvertreter und zugleich zur Kenntnisnahme an sämtliche Staatssekretäre und Unterstaatssekretäre gerichtet:
,, Ju rascher Entwicklung vollzieht sich im Deutschen Reich die Umbildung der Regierung in eine parlamentarisch- demofratische Mehrheitsregierung.
Sie stellt sich die Aufgabe, die volle Demokratisierung des öffentlichen Lebens zur Durchführung zu bringen, allen Bevölkerungsklassen politische Freiheit und Selbstbestimmung zu sichern.
Den Forderungen der Frauen aber, die auch in Deutsch land bereits seit Jahrzehnten um politische Gleichberechtigung kämpfen, hat diese Entwicklung bisher noch keinerlei Rechnung getragen. Es erscheint ihnen deshalb dringend notwendig, vor den Leitern der neuen Reichsregierung ihre Forderungen nochmals eingehend zu begründen und deren Stellungnahme dazu kennenzulernen.
Zu diesem Zweck ersuchen die Unterzeichneten als Vertreterinnen der in der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands organisierten Frauen, der in der Fortschrittlichen Volkspartei organisierten Frauen, der in der Nationalliberalen Partei organisierten Frauen, der in den Freien Gewerkschaften Deutschlands organisierten Frauen, sowie der Frauen des Deutschen Frauenausschusses für dauernden Frieden, des Deutschen Reichsverbands für Frauenstimmrecht, des Deutschen Frauenstimmrechtsbundes, des Bundes deutscher Frauenvereine, der 58 große Verbände der gesamten bürgerlichen interkonfessionellen Frauenbewegung Deutschlands vertritt, den Herrn Reichskanzler ergebenst, sie baldigst für eine persönliche Rücksprache empfangen und Tag und Stunde für eine solche sämtlichen Beteiligten zur Mitteilung bringen zu wollen.
Das Alte stürzt, es ändert sich die Zeit, Und neues Leben blüht aus den Ruinen.
Schiller.
Ein Sturm rüttelt und schüttelt am Baum der Weltgeschichte. Er reißt die faulen Früchte herunter, zerbricht die morschen Äste und macht die Bahn frei für neues Werden und Wachsen. Es scheint, als sollte dieser furchtbare Krieg nicht zu Ende gehen, ehe sich nicht mit grausamer Gesetzmäßigkeit das innere Schicksal des deutschen Volkes erfüllt hat.
Seit Jahrzehnten führt die deutsche Sozialdemokratie einen zähen Kampf gegen politische Entrechtung und für demokratische Freiheiten. Das Reichstagswahlrecht dient zwar dazu, dem Willen des Volkes Ausdruck zu geben; aber dieser Wille wurde niemals zur starken Tat, weil die Reichsleitung und die Bundesregierungen in ihrer durch überlebte Verfassungsbestimmungen gesicherten Machtfülle sich dem Willen des Volkes zu widersehen vermochten.
Für das alte reaktionäre Preußen, das den deutschen Ansehen in der ganzen Welt so empfindlich geschadet hat, erfüllt sich ebenfalls die Stunde. Die Männer Preußens werden demnächst zum erstenmal unter dem Banner eines demokratischen Wahlrechts ihre Staatsbürgerrechte ausüben. Sie haben es tausendfach verdient.
Wir Frauen mißgönnen es ihnen nicht. In der Sozialdemokratie haben wir, soweit es nur in unseren Kräften stand, den politischen Kampf Schulter an Schulter mit den Männern geführt, und wenn wir jemals in die Lage gekommen wären, zwischen einem durch das Frauenwahlrecht verbrämten preußischen Dreiklassenparlament und einem wirklich demokratischen Wahlrecht unter Ausschluß der Frauen zu entscheiden, wir hätten uns ohne Besinnen und einmütig für das letztere ausgesprochen in dem Bewußtsein, daß uns dadurch ein wirklich allgemeines gleiches Wahlrecht für beide Geschlechter um so sicherer werden würde.
Doch jetzt ist die Stunde da, in der wir Frauen nach unseren Staatsbürgerrechten laut verlangen müssen. Sollen wir keinen Teil haben an dem, was jetzt wird? Haben wir Frauen nicht auch in vollstem Maße unsere schweren Pflichten erfüllt? Es ist bitter, immer wieder von neuem aufzählen zu müssen, warum auch wir uns zur voll
Die Frauen der Fortschrittlichen Volkspartei : Helene Lauge. Die Franen der Nationalliberalen Partei: Klara Mende. Das Arbeiterinnensekretariat der Generalkommission der Freien Gewerkschaften Deutschlands : Gertrud Hanna . bewußten Teilnahme am Leben des Volkes berechtigt fühlen.
Der Deutsche Frauenausschuß für dauernden Frieden: Lida Gustava Heymann .
Der Deutsche Reichsverband für Frauenstimmrecht: Marie Stritt .
Der Deutsche Frauenstimmrechtsbund: Anita Angspurg. Der Bund Deutscher Frauenvereine : Dr. Gertrud Bäumer ."
Wir sind Staatsbürgerinnen und wollen als solche behandelt sein; gebt uns Frauen daher das Wahlrecht!
Wir haben Leid, Entbehrung und Lasten des Krieges tragen müssen, wir tragen sie noch immer weiter. Die draußen gefallen sind, waren Söhne deutscher Mütter, von ihnen geboren und erzogen. Die als Krüppel und Kranke heimkehren, brauchen