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Die Gleichheit

Des Landes tiefe Wunden werden heilen, Die Dörfer, die verwüsteten, die Städte Aus ihrem Schutt sich prangender erheben, Die Felder decken sich mit neuem Grün Doch, die als Opfer eures 3wists gefallen, Die Toten stehen nicht mehr auf; die Tränen, Die eurem Streit geflossen, sind und bleiben Geweint! Das kommende Geschlecht wird blühen, Doch das vergangne war des Elends Raub, Der Enkel Glück erweckt nicht mehr die Väter. Das sind die Früchte eures Bruderzwists! Laẞt's euch zur Lehre dienen! Fürchtet die Gottheit Des Schwerts, eh ihr's der Scheid entreißt. Loslassen Kann der Gewaltige den Krieg; doch nicht Gelehrig, wie der Falk sich aus den Lüften Zurückschwingt auf des Jägers Hand, gehorcht Der wilde Gott dem Ruf der Menschenstimme.

Schiller.

unsere sorgenden Herzen und Hände. Die Frauen sind es, die der Zukunft das neue Leben geben sollen, das wir brauchen, um zu neuer Gesundung und Kraft zu erstarken. Das Wirt­schaftsleben der Zukunft kann auf die Mitwirkung der Frauen nicht verzichten, noch viel weniger, als es in der Vergangen heit hätte verzichten können. Tausende von Frauen haben sich vom ersten Kriegstage an in den Dienst der Nation gestellt, um die Wunden, die der Krieg uns schlug, heilen zu helfen. Tausende stehen im sozialen Dienst. Alle tragen nach besten Kräften Bausteine für das neue Deutschland   zusammen. Klug handelt der Staat, der sich alle schaffenden Kräfte für die Zukunft sichert und sie weckt, wo sie noch schlummern.

Jm Deutschen Reichstag und in der Regierung hat sich eine Mehrheit gefunden, die uns den Frieden nach außen, im Innern aber die Selbstregierung des Volkes sichern will. Diese Regierung hat das Preußische Herrenhaus   und das Abgeordnetenhaus zur Annahme des gleichen Wahlrechts gezwungen. Wenn sie will, kann sie auch die Frauen zu vollberechtigten Staatsbürgern machen. Bis jetzt sind leider keine deutlichen Anzeichen für diesen Willen vorhanden. Wer Rechte haben will, muß sie auch zu fordern wissen. Jetzt ist der Zeitpunkt gekommen, da die Frauen laut, nachdrücklich und unermüdlich verlangen müssen:

Gebt uns unser politisches Recht!

Gewährt uns die politische Gleichstellung mit den Männern!

Gebt uns das Frauenwahlrecht!

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Das Frauenwahlrecht vor dem Reichstag  . In den großen Debatten des Reichstags vom 22. bis zum 25. Oktober über die ersten wichtigen Gefeße, die die demokratische Neuordnung Deutschlands   in die Wege leiten sollen, ist auch die Notwendigkeit der Einführung des Frauenwahlrechts nach drücklich betont worden. Leider sind mir die beiden sozialdemo­kratischen Redner auf diese wichtige Forderung eingegangen, die bürgerlichen Redner und die Regierung haben sich nicht dazu geäußert. Um so notwendiger ist es, daß sich die deutschen Frauen selber durch lebhafte Tätigkeit außerhalb des Reichs­tags, durch Einwirkung auf ihre Abgeordneten, durch große Frauenversammlungen mit Entschlossenheit für ihr Staats­bürgerrecht einfeßen. Wer in dieser Zeit der Umgestaltung, wer jetzt, wenn alle Eisen heiß sind, nicht mit Kraft sein

Nr. 3 Eisen schmiedet, darf sich nicht wundern, wenn er später die Dinge nicht so gestaltet findet, wie er es wünscht. Darum Hand ans Werk, ihr Frauen!

Genosse Ebert führte in der Sitzung vom 22. Oftober aus: ,, Unsere Frauen dürfen nicht länger mehr politisch rechtlos sein, eine Erkenntnis, die andere Länder längst, am deutlichsten aber während des Krieges gekommen ist. Was wäre die deutsche Heimatfront ohne die unermüdliche Arbeit der Frau in den Werkstätten, in den Bureaus, in den Krankensälen und in der weiteren Kriegsfürsorge! Wer bewundert nicht das stille Heldentum unserer Frauen und Mütter! Das neue Deutsch­ land   ehrt dies Heldentum der Frauen am schönsten durch Gewährung der gleichen politischen Rechte."

Unser zweiter Redner, Genosse Noske, sagte zur Frage des Frauenwahlrechts:

... Aber noch einmal will ich darauf hinweisen, daß wir es bedauern würden, wenn nur halbe Arbeit gemacht würde, wenn Sie sich nicht dazu entschließen könnten, so rasch wie möglich auch das Frauenwahlrecht zu schaffen. Wenn Sie doch endlich in Deutsch­ land   und in Preußen auch von den Feinden lernen wollten! Eng­land hat das Wahlrecht in Wertschätzung der außerordentlichen Leistungen der Frau im Krieg rasch und ohne viel zu reden ein­geführt. In Amerika   erwägt Wilson, ob die Einführung des Frauen­wahlrechts erfolgt. In Frankreich   sind Bestrebungen im Gange, den Frauen das Wahlrecht zu geben. Rußland, Finnland   und andere Staaten haben den Frauen die politische Gleichberechtigung gewährt. Meine Herren, nirgends war das Martyrium der Frauen größer als in Deutschland  . Zu harter Arbeit haben die deutschen Frauen auch noch den Hunger Jahr und Tag zu erdulden gehabt. Deswegen sollten Sie im großen Wurf bei der Neuordnung in Deutsch­ land   sofort geben, was ja doch nicht mehr versagt werden kann." ( Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten.)

Nicht das geringste gespürt."

Die Frauen der Unabhängigen Sozialdemokratie, an die. die Einladung ergangen war, sich dem Brief an den Reichs­Kanzler anzuschließen, haben folgende Antwort gegeben:

Berlin  , den 21. Oktober 1918.

Wir haben bisher von einer raschen Entwicklung, in der sich die Ilmbildung der deutschen   Regierung in eine parlamentarisch- demo­fratische vollzieht, nicht das geringste gespürt. Im Gegenteil. Die Unterdrückungsmaßnahmen gegen unsere Partei sind in den letzten Tagen schlimmer denn je gewesen. Wir haben kein Ver­trauen zu dieser Regierung, daß sie infolge einer persönlichen Rücksprache den berechtigten Wünschen der Frauen entgegenkommt. Wir erwarten vielmehr die Durchsetzung dieser Forderungen lediglich vom Kampf der proletarischen Massen selbst. Wir lehnen es des­halb ab, den von Ihnen empfohlenen Schritt zu unternehmen. Hochachtungsvoll Luise Zieg.

Wer in den Oktoberwochen dieses Jahres von einer raschen Entwicklung unserer innerpolitischen Zustände im Sinne der Demokratisierung und Parlamentarisierung nicht das geringste gespürt hat", muß einen selten festen politischen Schlaf haben, oder er muß absichtlich Ohren und Augen verschließen und nicht spüren wollen, was sich vollzieht, weil es den eigenen Wünschen nicht paßt. Die proletarischen Massen kämpfen längst unter dem Banner der alten Sozialdemokratie und haben dabei viel erreicht. Weiteres werden sie in unermüdlichem Kampfe durchsetzen. Wenn die Unabhängigen" dabei nicht mithelfen wollen, wird es auch ohne sie gehen.

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Die Frauen für den Frieden.

Der Deutsche   Frauenausschuß für dauernden Frieden richtete folgende Telegramme an den Internationalen Frauenausschuß für dauernden Frieden, Heerengracht 627, Amsterdam  .