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Die Gleichheit
nügend Bundesgenossen bekommen. Wenn alle Parteien bis zum äußersten rechten Winkel hier den starken Willen zur Sozialpolitik bekunden, dann kann es ja mit dieser Fortentwicklung in Deutsch land nicht schlecht bestellt sein. Ganz.... mutete es mich an, als an die bürgerlichen Parteien hier von dem Herrn Grafen das Ersuchen zum Zusammenschluß gerichtet wurde, nach einem so starken Bekenntnis zur Monarchie. Ich habe die Ansicht, daß es ganz konsequent ist nach diesem starken Bekenntnis zur Monarchie, wie es hier abgelegt worden ist, daß Ihre Partei isoliert bleiben muß in diesem Hause. Es ist selbstverständlich Sache der bürgerlichen Parteien selbst, sich gerade dazu zu äußern, aber ich möchte hierbei doch sagen, daß es ganz komisch anmutete, und zwar roch es sehr stark nach der alten Kampfmagime gegen die Sozialdemo= kratie. Ich bin überzeugt, daß Sie sich keinen Augenblick bedenken würden, diese große Mehrheit des deutschen Volkes auch heute noch nach dem alten Muster zu vergewaltigen, wenn Sie dazu die Macht hätten.( Sehr wahr! bei den Soz.) Ich möchte noch einiges andere sagen. Es ist hier von Herrn Haase einiges über die Politik der , Unabhängigen Sozialdemokratie ausgesprochen worden. Nach seinem Dafürhalten müssen wir Deutsche stillhalten unter allen Umständen, auch wenn wir sehen, daß- und ich gebrauche mit Absicht dieses so viel benußte Schlagwort die Errungenschaften der Revolution kaputtgemacht werden, daß Preßfreiheit und Freiheit der Staatsbürger, Versammlungsfreiheit vernichtet werden, daß der Demokratie mit Maschinengewehren und bedrohlichen Umzügen das Grab gegraben wird. Dazu haben wir nicht den Willen; das Bekenntnis zur Demokratie, welches ich im Anfang meiner Ausführungen hier für uns abgelegt habe, verbietet es uns und macht es uns grundsätzlich zur Unmöglichkeit, die Wege einzuschlagen, wie sie von jener Seite beliebt werden.( Sehr richtig! und Bravo! bei den Soz.) Es muß noch einmal festgestellt werden, obwohl es schon des öfteren geschehen ist, daß die Unabhängige Sozialdemokratie die Spartatuspolitik unterstützt hat.( Sehr richtig! bei den Soz.). Ich erinnere daran, daß zwischen dem 6. und 13. Januar dieses Jahres, als die Presse in Berlin ge= knebelt war, die Aufrufe, die von der Spartakusgruppe, von den revolutionären Obleuten und von der Unabhängigen Sozialdemofratie unterzeichnet waren, die Volksgenossen, die Arbeiter zur Bewaffnung aufgefordert haben. Ich meine, daß dieses mit dem vielen anderen zusammengenommen, was hier gesagt worden ist, die Rechtfertigung dafür abgibt, daß eine solche Politik von der Sozialdemokratie nicht gutgeheißen werden kann, weil sie all dem
Eine Kriegerwitwe wünscht ebenfalls einen sozialdemokratischen Stimmzettel, aber erst müssen wir ihr versprechen, daß ihre Kinder ruhig weiter zu Jesu beten dürfen. Als wir sie über diesen Punkt aufgeklärt haben, geht sie hin und wählt mit frohem Herzen sozialdemokratisch.
Gegen Abend sind es fast nur noch Dienstboten, die wählen kommen. Die meisten haben schon ihre Zettel von der Herrschaft, wir predigen tauben Ohren. Nur wenige lächeln pfiffig, als sie die Stimmzettel„ ,, wechseln".
Da, kurz vor acht Uhr, kommen die letzten. Zwei Mädchen oder auch Frauen in den dreißiger Jahren sind's. Mit wehenden Federhüten, gebranntem Stirnhaar und lebensgierigen Augen. Wir reichen ihnen die Stimmzettel, fie ziehen das Portemonnaie und wollen zahlen.
,, bitte, das kostet nichts." Sie sehen uns blöde an. " Is denn heute freier Eintritt hier?" ,, Gewiß, hier kostet's nichts aber nur schnell, die Uhr ist gleich acht."
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,, D, wir haben Zeit, wir sind doch gewiß die erſten." Da ist die Reihe an uns, sie blöde anzusehen. Im Restaurant werden die Instrumente gestimmt. Da spitzen die beiden die Ohren, und ihre Nasenflügel beben.
,, Na siehste, Mieze, es is Tanz hier," triumphiert die eine. Da geht uns ein Licht auf. Diese beiden, sie haben den Stimmzettel für ein Eintrittsbillett zum Tanzvergnügen gehalten. Da muß man lachen, trotzdem einem bei stundenlangem Stehen in schneidender Kälte schon das Lachen vergehen fonnte. Wir fragen sie, ob sie denn schon gewählt haben und ob dieses ihr Wahllokal sei. Sie sehen uns dumm an: Wählen? Stimmzettel? Was is das? Davon wissen wir nichts." So geschehen nach viereinhalb Jahren Weltkrieg! Anna Mosegaard .
Nr. 12
widerspricht, was uns in den langen Jahren vor dieser Zeit von den Führern und Führerinnen der Unabhängigen Sozialdemo= kratie gesagt und gelehrt worden ist, die sich jetzt auf der anderen Seite befinden.( Sehr wahr! bei den Soz.)
Es ist gesagt worden, in dem Programm der Regierung fehle jeder Tropfen Sozialismus. Darauf möchte ich erwidern, daß es heißt, die Augen vor den Realitäten des heutigen Lebens zu schließen.( Sehr richtig! bei den Soz. und den Demokraten.) Wir sind es der Arbeiterschaft einfach schuldig, eine solche Politik zu verfolgen, wie wir es heute tun, weil wir es vor der Masse der Arbeiter, vor den Männern, Frauen und vor unseren Kindern nicht verantworten könnten, wenn wir durch eine derart verkehrte Politik, wie es von jener Seite beliebt wird, dazu beitragen würden, daß alles das, was die Arbeiterschaft in den ersten Novemberwochen sich errungen hat, die Freiheit des Staatsbürgers bis zur lezten Konsequenz wieder verscherzt würde und daß damit dem Fortschritt die Wege wieder verschlossen würden.( Sehr wahr! bei den Soz.)
Die befreiten Frauen Deutschlands sollten den Söhnen, Vätern, Brüdern, Freunden, die sich in Feindesland befinden, heute hier von dieser Stelle ihre herzlichsten Grüße zurufen,( Bravo ! bei den Soz.) Wir bedauern es aufs tiefste, daß noch immer deutsche Volksgenossen sich im Ausland befinden, daß sie dort die ganzen seelischen und körperlichen Qualen der Gefangenschaft durchmachen müssen, und wir bedauern die vielen Angehörigen hier in unserem armen unglücklichen Deutschland , die auch heute noch bangen müssen um ihre Lieben da draußen, denen der Krieg noch immer nicht zu Ende gegangen ist, weil sie ihre Lieben noch nicht in die Arme schließen können, weil die Frauen, die hier in Seelenqual um ihre Männer bangen, das Verlangen danach haben, all die Qual der letzten viereinhalb Jahre auszulöschen in den Herzen derer, mit denen sie verbunden sind. Das soll hier mit diesen Worten zum Ausdruck gebracht werden. Wir wollen unsere Stimme laut ertönen lassen, damit auch die Frauen in den anderen Ländern, damit die Völker der anderen Länder es hören, daß es deutsche Frauen, deutsche Männer und Frauen sind, die sich innerlich empören gegen dieses furchtbare Unrecht, das uns hier geschieht.( Lebhafter Beifall bei den Soz. und Demokraten.- Burufe von den Unabh. Soz.) Es ist nicht berechtigt, daß man unsere Volksgenossen uns so lange fernhält. Wir wenden uns auch hier an dieser Stelle gegen die furchtbare Blockade, die uns auch heute noch und jede Stunde mit dem Hungertod bedroht. Dieser Hunger,
Hauswirtschaftliches
Note- Rüben- Suppe. In manchen Orten ist Rote- Rüben- Suppe ein wenig bekanntes Gericht. Wohl werden eingelegte rote Rüben häufig gegessen. Aber was nüßen die eingelegten leckeren Rübenschnittchen, wenn das Fleisch, die Beilage, dazu fehlt? In Ost preußen , wo alles Gemüse vorwiegend„ suppig" gefocht wird, ist besonders auch die Rote- Rüben- oder Bartsch- Suppe ein beliebtes Gericht.
Die roten Rüben oder rote Beete werden sauber geputzt und abgewaschen in Wasser weichgekocht. Nach dem Erfalten reibt man die Knollen auf einem Reibeisen. Die rote Brühe wird darauf gegossen, etwas gemahlene Graupen, Grießmehl, es kann auch anderes Mehl sein, je nachdem, was man jekt gerade zum„ Bündigmachen" hat, wird dazu getan. Ein wenig Essig, eine Prise Salz, etwas Zucker machen die Suppe schmackhaft. In Friedenszeiten goß man ein wenig Fleischbrühe dazu. Oder aber noch lederer wurde die Suppe durch Fleischklößchen, die aus gehacktent Schweine- und Rindfleisch geformt und mitgekocht wurden. Heute muß man sich leider mit einem Stich Margarine, wenn's „ Glück uns besonders günstig" vielleicht auch ein Kleckschen" Butter begnügen. Frischgefochte Salzkartoffeln vervollständigen die Mahlzeit.
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Pferdefleisch. Wer von uns hat das Vorurteil, das gegen Pferdefleisch bisher vorherrschte, schon ganz überwunden? Ich glaube, es wird dies schon eine ansehnliche Anzahl von Menschen sein. Denn was bleibt uns übrig? Auf so lange Dauer fast ganz auf Fleischgenuß zu verzichten, ist schwer, zumal wir an Fischen und anderen Lebensmitteln einen so erheblichen Mangel haben.
In manchen Orten bemühen sich die Gemeinden mit Erfolg, Pferdefleisch einzuführen. Da werden Speisehäuser errichtet, in denen das Fleisch, in verschiedenster Form zubereitet, für verhält nismäßig billiges Geld zu haben ist.
Ich wurde mit Pferdefleisch in folgender Zubereitung bekannt: Gekochtes Pferdefleisch wird sein gehackt oder noch besser durch die