!88 Die Gleichheit Nr. 24 heute das Richtige, das einzig Mögliche? Dann kann die Antwort nur lauten: der Sozialismus. Gerade wenn man die Bedeutung von Marx und Engels darin sieht, daß sie den Sozialismus von der Utopie zur Wissenschaft geführt, d. h. also auf den Boden der Tatsachen, der Wirklichkeit ge­stellt haben, kann man den Kommunismus nur als eine Rückkehr, als einen Rückfall in die Utopie bezeichnen. Tref­fend sagt daher Karl Korn :Der Sozialismus ist eure Wissenschaft, der Kommunismus ein Glaube." Insofern bedeutet Sozialismus eine Beschränkung, eine Anpassung an die Wirklichkeit: Kommunismus die unbe­schränkte Möglichkeit, das Ideal, die Utopie, das im Augen­blick und in der nächsten Zukunft Unmögliche. Wenn also der wissenschaftliche Sozialismus uns die Ver­gangenheit durch die Erforschung und Erkenntnis der menschlichen Gesellschaft erleuchtet, uns in der Gegen­wart den Weg weist unsr für die Zukunft das Ziel setzt, so hat der Kommunismus die Erforschung der Vergangenheit und die-künftige Zielsetzung mit ihm gemein. Eine scharfe Trennung besteht nur in dem Wege. Und hier verleugnet der Kommunismus auf einmal alle die wissenschaftlichen Grundsätze, die die marxistisch-materialistische Geschichts­forschung aufgestellt hat. Mit einem kühnen Saltomortale verläßt er hier den Boden der Wirklichkeit und fliegt und schwebt in einen gewiß sehr schönen und wünschenswerten Traumzustand hinein. Diese Verleugnung der Wirklichkeit, der tatsächlichen Ver- Hältnisse ist es, weswegen wir den Kommunismus ablehnen müssen. Wohl verstanden: Wir lehnen ihn nicht ab, weil wir ihn nicht wollen wie wohl wäre uns, wenn wir den kommunistischen Gesellschaftszustand heute schon erreicht hätten, sondern wir lehnen den Komniunismus ab, weil wir von der Unmöglichkeit überzeugt sind, ihn unter den heutigen Wirtschaftsverhältnissen und mit dem gegenwär­tigen Menschenmaterial zu verwirklichen. Wie eine Pflanze, die aus Mangel an Sonne und Feuch- heiligsten mütterlichen Gefühle müssen über die deutsche Erde strömen, aufdaßsievölligunser werde: Eure lindern­den Hände müssen die Wunden heilen, die von den Zähnen bes RaubtiersKrieg" in unserm Körper geschlagen wurden und die ein unerhört harter Frieden nicht heilen lassen wird. Und all Eure große Liebe darf und kann nicht haltmachen an den Grenzen, die staatskluge Politik oder Cäsarenwahnsinn errichtete: sie muß verschmelzen mit den gleichen Gefühlen der Frauen Frankreichs und Englands und Rußlands . Auf Euch, die Ihr von tiefcrem Verstehen erfüllt seid, die Ihr besser als die Männer wißt, wie die Welt leidet denn Ihr seid ja die heiligen Hüterinnen des Schmerzes, auf Euch ruht die Hoffnung, der Glaube an eine frohere Zukunft. Nicht einer Zukunft, die mit den Maschinen der Menschenver­nichtung arbeitet, sondern einer Zukunft, deren ehernes Fun­dament die M e n s ch e n l i e b e ist. Ich bin kein Schwärmer. der an eine umgehende Verwirklichung dessen glaubt, was es im Willen erhofft. Ich weiß auch, daß Ideologien niemals Wirklichkeit werden können, Wohl aber Ideale. Wenn vielleicht auch in einer begrenzten Form. Vorbedingung jedoch für die Verwirklichung der Ideale ist der Kampf, daS Eintreten für sie. Große Ideen dürfen nicht erstickt werden im Materiellen, und alle Menschen, die ehr­lichen Herzens Kämpfer für Menschheit s- ziele, für Menschheitsideale sind, müssen sich zusammenfinden! Allel Und in diesen Sund dderde» alle aufgenommen, deren Mitkämpferschaft durch die Liebe zum Menschen bestimmt wird: eS gelten keine Pragramme und keine Statuten. tigkeit einzugehen droht, die ihre letzten schwachen Kräfte nur noch aus dem Boden zieht, auf dem sie steht, wie diese Pflanze nicht der Gewaltkur des Umpflanzens unterworfen werden darf, genau so wenig dürfen wir mit unserem Wirt­schaftsleben eine so plötzliche gewaltsame Umpflanzung vor­nehmen. Das hätte voraussichtlich selbst unsere kräftige Friedenswirtschaft zugrunde gerichtet, geschweige denn unsere jetzige todkranke Wirtschaft, die durch Krieg und Revolution erschüttert und aus Mangel an Rohstoffen und Arbeitsfreu­digkeit nahe am Vergehen ist. Die russischen Kommunisten haben nun allerdings keine Rücksicht darauf genommen, ob das russische Wirtschafts­leben nach dem Kriege gesund, kräftig und lebensfähig genug war, um eine Umpflanzung aus dem kapitalistischen in den sozialistischen Boden auszuhalten. Lenin selbst hat aber bereits-zugegeben, daß dies ein Fehler war:Wir haben sozialisiert, aber wir haben zu rasch sozialisiert, und daran werden wir zugrunde gehen." Nicht minder scheitert die sofortige Durchführung des Kommunismus an dem heutigen Menschenmateriol. Lenin hat das kommunistische Grundgesetz so'gefaßt: daßjeder ngch seinen Fähigkeiten" arbeiten, undjedem nach seinen Bedürfnissen" Anteil gegeben werden soll an den erzeugten Gütern. Es ist also der Einsicht und dem guten Willen jedes einzelnen überlassen, wie viel er arbeiten will und wie viel er zu verbrauchen gedenkt. Sehen wir uns nur in dem Kreis unserer Arbeitsgenossen um, ja blicken wir nur in unser eigenes Herz denn kaum einer von uns ist von den entsittlichenden Wirkungen des Krieges verschont geblieben und legen wir uns dann die Frage vor: wie und wieviel wohl gearbeitet werden würde, wenn an Stelle des harten Muß der freie Wille zur Arbeit antreiben würde? Mit anderen Worten: wenn nicht jeder nach seinen Leistungen, sondern ganz unabhängig davon entlohnt werden würde? Lenin und die anderen Führer der Bolschewisten haben ja auch den Boden dieser ersten idealen Grundsätze längst ver- Jhr Frauen und Mütter! Ihr erkennt die gewalftge Aufgabe, die Euch aus dieser Teilnahme am Kampf um die Befreiung des Menschenge­schlechts erwächst es ist Eure schönste Aufgabe und Ihr schreckt nicht zurück. Ihr verzweifelt nicht! Ihr verliert nicht den Mut und die Hoffnung! Ihr glaubt kraft eines starken Gefühls einfach an die Verwirklichung der großen Ideen, die von einer Versöhnung, einem Zusammengehen der Völker dieser Erde sprechen, und in diesem Glauben, dieser gewisser­maßen instinktivem Gewißheit beruht Eure Stärke und Eure Sicherheit der Tat. Ihr steht nicht allein! Die Zahl derer, die an einen Weltfrieden, an einen gerech­ten und ehrlichen Bund der Nationen, an einen Völkerbund glauben, in dem die Idee der Menschlichkeit trium­phiert, ist nicht gering. Ich will von einem Einzigen sprechen, den das Schicksal zu einem Führer bestimmt hat. Ich will von ihm sprechen, indem ich eines seiner größten Werke nenne, an dem sein ehrliches, hingebendes und hinreißendes Wicken er­kenntlich ist. O Romain Rolland ist jetzt zweiundfünfzig Jahre alt. und so bewegt sein Leben war, ss ist es doch einheitlich und unbeirrt in seinem Verhältnis zu dem von Rolland als richtig erkannten Ziel. Ich Hab» an dieser Stelle bereits einmal auf Rolland aufmerksam gemocht, als ich sein Beethoven-Buch be­sprach(Nr. 18 derGleichheit" vom 7. Juni 1918). Viel- leicht hat das wundervolle Buch Leserinnen gefunden. Wer es gelesen hat, dem wird sich die Erkenntnis aufgedrängt ha- ben, wie inni, das«erhältnis diese» Mannes»»r harmonischen Seelensprache der Musik ist, und die Wahrheit, daß die Musik