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Die Gleichheit

ließen sie auf diesem Wege eine Vollendung erreichen, die die Bawunderung der Zeitgenossen hervorgerufen hat. Mit den sittlichen Idealen der Alten hat sie zugleich die republikanischen Gedanken der Antike in sich aufgenommen, die ihr weiteres Leben entscheidend beeinflußten. Mit 26 Jahren heiratete sie den späteren Generalinspektor der Manufakturen und Fa­brifen in Lyon , Roland de la Platière, der nach Ausbruch der französischen Revolution dort einen Jakobinerklub gründete. Als Vertreter nach Paris gesandt, schloß er sich mit seiner Frau der Girondistenpartei, dem rechten Flügel der Jakobiner, an. Er selbst erhielt das Ministerportefeuille des Innern. Madame Roland ; ihrem Manne an Energie und Schärfe des Geistes überlegen, wurde bald die eigentliche Leiterin der Partei. Das Rolandsche Haus bildete den Treffpunkt ihrer Parteifreunde. Dennoch sollte sie das Opfer der Revolution, der fie ihr ganzes Sein gewidmet hatte, werden. Als die ,, Bergpartei", der kleine radikale Flügel der Girondisten zur Macht gelangt war und die Schreckensherrschaft begann, wurde die Verhaftung von 32 girondistischen Führern angeordnet. Während es Roland gelang, zu entfliehen, warf man seine Gattin ins Gefängnis, wo sie in den 5 Monaten bis zu ihrem Tode ihre Memoiren schrieb, mit denen sie sich ein unvergäng­liches Denkmal gesetzt hat. Auf die Gelegenheit zur Flucht verzichtend, bestieg sie am 31. Oftober 1794 mit bewunderns­werter Haltung das Schafott. Sie starb mit den Worten: ,, D, Freiheit, wie viele Verbrechen begeht man in deinem Na­men." Ihr Gatte schied bei der Nachricht von ihrem Tode freiwillig aus dem Leben. Carlyle, der große Künstler in der Darstellung der französischen Revolution ruft bei der Schilde­rung des Todes dieser Frau aus: Fahre wohl, Du stolze, blendende Erscheinung, mit Deinem hoheitsvollen, königlichen Antlitz und Deinen ernsthaften klaren Augen und Deinem Herzen so tapfer, wie es faum je in eines Weibes Busen schlug! Ehre der großen Natur, die in einem Zeitalter des Adelsstolzes und der Pompadour- Wirtschaft eine Jeanne Phlipon erschuf und sie zu solcher Blüte reiner Weiblichkeit fich entfalten ließ."

( Schluß folgt.)

Nr. 26

Die Neuregelung des Hausarbeiter­gesetzes

Den sozialpolitischen Ausschuß der Deutschen Nationalver­sammlung beschäftigte eine Petition der Heimarbeiter des Gewerkvereins Deutschland; 8 Punkte sollten als Forderung zur Gesundung der Heimarbeit führen.

Wir sind grundsätzlich für Beseitigung der Heimarbeit. mit kleinen Pflästerchen können so große Wunden nicht geheilt werden. Aber die bedrohten Eristenzen müssen ent­schädigt werden. Können wir das jetzt? Hier stellt sich uns der Friedensvertrag, der Deutschland verarmt, hindernd in den Weg. Jede Arbeitskraft wird gebraucht, um den wirt­schaftlichen Aufstieg Deutschlands zu fördern.

Um so mehr ist es unsere Arbeit, helfend einzugreifen. Heimarbeit! Ausbeutung von Frauen- und Kinderkraft. Bild an Bild reiht sich. Ich sehe bleiche Frauen mit ge­frümmtem Rücken, die in mühseliger Tag- und Nachtarbeit in niederen, dumpfen Stuben für erbärmlich- niederen Lohn ihr Stückchen Brot verdienen; sehe unzählige Kinder, denen Spiel, Licht, Sonne zu ihrer geistigen und körperlichen Ent­wicklung so notwendig wären, die kleinen Händchen rühren. Frühzeitig das Augenlicht getrübt, rachitisch, sind sie ge­zwungen, schon in der Kindheit zu ihrem Unterhalt beizu­tragen.

So birgt die Hütte der Heimarbeiterin das größte Elend, deren Beseitigung unsere heiligste Aufgabe ist, im Interesse und Schutz der Arbeiterin und ihrer Kinder. Im Interesse der Volksgesundheit, die oft durch die Heimarbeit z. B. in der Genußmittelbranche äußerst gefährdet ist. Die niedere Entlohnung gestattet hygienische Arbeitsräume nicht. Die Frage der Heimarbeit ist eine Frage des Lohnes und der Hygiene. Sie ist nur zu lösen durch eine Neuregulierung des Hausarbeitergesezes. Heimarbeit ist die rückständige billige Betriebsform. Aus diesem Grunde verteidigen fie unsere Unternehmer und widersehen sich jedem Fortschritt,

des Siegers, der durch sein Märtyrertum fiegt und dem das ein nenes Lied der Freude erklingt, und in seinen Tönen liegt die Rettung. Los des Versöhners ward.

,, Friede, göttliche Eintracht, heitere Musik der befreiten Seele, in der Schmerz und Freude, Leben und Tod, die feind­lichen Rassen, die brüderlichen, verschmelzen. Ich liebe Dich, ich begehre Dich, ich werde Dich besitzen...

Johann Christof am Ziel.

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Als ob dieser Mann jemals ans Ziel gelangen könnte! Es ist nur ein Titel, der den äußerlichen Abschluß bezeichnet, ein Titel, der besagt, daß die Grenze des Jrdischen erreicht ist. In wunderbarer Weise vertieft, bervollkommnet- ja: ber­bollkommnet sich die Freundschaft zwischen Olivier und Jo­hann Christof. Der Weg dieser beiden Männer führt empor zu einer reinen Höhe, und ihre tiefe, herzliche Zuneigung wird durch hunderterlei fleine Umstände noch mehr erhöht. Olivier stirbt in einem Straßenaufstand und Johann Christof, von Freundeshand in Sicherheit gebracht, alles dessen beraubt, an dem er mit Liebe hing, versinkt in Kraftlosigkeit, in die tolle Ekstase einer verirrten Leidenschaft, überwindet sie, wird von inneren heißen Qualen verzehrt, flieht in die Einöden des Gebirges, erhält durch das Wort eines Geisteskranken neuen Lebenswillen. Furchtbar ist der Kampf zwischen verzweifeln. der Entsagung und diesem neuen Gottesgeschenk, diesem neuen reinen Willen, dieser frisch erstandenen Kraft, die durch das müde Wort eines Halbtoten hervorgelockt wurde. Tausend winzigen Bächen gleich, die vom Guffe befruchtenden Gewitter­regens im umsehen sich bilden, fließen Vorfäße, Pläne, Hoff­nungen, befreiende Gedanken in ihm zusammen, schwellen zum Strom, der alles Menschenleid hinwegspült. Freudvolle Flämmchen züngeln, und in ihrer Glut schmilzt alles Schwere,

Er arbeitet. Arbeitet...

Christofs Seele glich der Lerche. Sie wußte, daß sie bald niederfallen werde, und das noch viele Male. Aber sie wußte auch, daß sie unermüdlich wieder zum Licht emporsteigen und ihr Tirili singen würde, das zu denen spricht, die dort unter leben unter dem himmlischen Licht."

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Und nun beginnt der neue Tag".

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Musik, Du milde, wie wohl tut Dein Mondlicht den Augen, die vom scharfen Glanz der Sonne hier unten müde wurden! Musik, jungfräuliche Mutter, die alle Leidenschaften in ihrem unberührten Leibe trägt,.. Musik, die du meine schlaftrunkene Seele wiegst, Musik, die mich von neuen fest, ruhig und froh gemacht hat, meine Liebe und mein Leben, ich küsse Deinen reinen Mund, ich berge mein Geficht in Deinen goldenen Haaren, ich bette meine brennenden Lider in Deine weichen Hände. Wir schweigen, unsere Augen sind geschlossen, und doch sehe ich das unauslöschliche Licht Deiner Augen, und doch trinke ich das Lächeln Deines stummen Mundes, und an Deinem Herzen geborgen lausche ich dem Schlage ewigen Lebens."

Reinste Liebe und hingebendes Schaffen verklären ihm den Abend, und die Harmonie der Töne verschmilzt aufs innigste mit der Harmonie seines Lebens. Ungeahntes strömt noch in sein Herz, denn er liebt; die göttliche Kunst italienischer Maler und Bildhauer gibt seinem ewig schaffenden Geiste Anregungen und neue Erkenntnisse: beschämt fühlt er das Unzulängliche seines bisherigen Schaffens, beschämt empfindet er, daß er, der da glaubte auf dem Gipfel zu sein, erst auf dem Wege ist.