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Die Gleich heit
Zu Beginn der Sigung hörte sie die Delegierten von 16 Frauenverbänden an, die lebhaft auf die vollständige Annahme des Vorschlags drangen, der im Palais Bourbon angenommen wurde. Wie man sieht, ist es nicht gelungen, die Kommission zu überzeugen.
Frauenbataillone der Bolschewifi,
Die Jabeftia" berichtet, daß die Frauenbataillone der freiwilligen Noten Garden sich in verschiedenen Bezirken Rußlands organisieren. Die weiblichen Freiwilligen genießen dieselben Rechte wie die Noten Garden; sie zahlen feine Mieten, erhalten Lebensmittelzuschüsse usw. Das erste Frauenbataillon hätte bereits Kalonga berlassen, um an die Front zu gehen."
Wir können nur auf das lebhafteste bedauern, wenn auch die Frauen, von denen wir alles für den Frieden erhofften und erhoffen, sich in den Dienst des Krieges und der Vernichtung stellen. R. H.
Rundschan
Der Verband der deutschen Reichspost- und TelegraphenbeamHinnen hat eine Denkschrift herausgegeben, in der er die Notwendigkeit betont, den Post- und Telegraphenbeamtinnen, die ihren Dienst wegen Heirat verlassen, eine Abfindungssumme zu gewähren. So neu und eigenartig diese Forderung erscheint, so. können wir uns doch gerade im Interesse einer gesunden Bebölferungspolitik der Begründung der Denkschrift nur anschließen. Soziale Fürsorge.
Räte- 3. 27: Der Reichsbund der Invaliden und Erwerb3unfähigen Deutschlands , Ortsgruppe Berlin ," stellt 17 Forderun gen auf, deren wichtigste die Erhöhung der Renten, Mitbestimmungsrecht in Fürsorgeangelegenheiten, bevorzugte LebensmittelLieferung für Schwerleidende, Beschaffung von Altersheimen und großzügige Revidierung des städtischen Wohlfahrtswesens sind.
Die Mutter als Erzieherin
Ein alter Volksglaube sagt:
1. Man darf kleinen Kindern die Nägel nicht abschneiden, sondern muß fie abbeißen, denn sonst stirbt das Kind.
Eine vernünftige Mutter schneidet ihrem Kindchen vorsichtig die Nägelchen an Händen und Füßen. Es entstehen dann keine Nisse oder Wundstellen, die immer Gefahr bedeuten. Ungesund und schädlich für das Kind aber ist vieles Berühren mit dem Munde und schon darum ein Abbeißen der Nägel zu unterlassen.
2. Die Haare des Kindes dürfen im ersten Jahre nicht geschnitten werden, denn sonst bekommt das Kind niemals lange Haare.
Eine vernünftige Mutter schneidet ihrem Kinde, besonders in heißen Sommermonaten, oftmals die Haare, damit die Kopfhaut gut ausdünstet und die Haare, die mon einem Kleinen Kinde doch noch nicht hochbindet, nicht in die Augen fallen und das Kindchen belästigen und unruhig machen. Die Haarwurzeln und der Haarwuchs werden durch häufiges Schneiden niemals geschwächt, sondern gestärkt.
3. Der Nabel eines Neugeborenen muß mit einer halben Rosine oder mit gekautem Brotbrei belegt werden, damit er sicher und gut verheilt.
Eine vernünftige Mutter weiß, daß der Nabel eine Wundstelle ist, die gar nicht sauber genug behandelt werden kann. Sie läßt die Hebamme oder Säuglingspflegerin nach der Geburt des Kindes den Nabelverband anlegen und rährt selber so wenig wie möglich mit den Fingern( Fingernägel!) daran. Niemals heilen Wunden durch Auflage von Brotbrei, Pflaumen, Rosinen usw., sondern es kann durch diese Auflagen sehr leicht Verunreinigung der Wunden herbeigeführt werden, die den Tod noch sich ziehen.
4. Ohne Zahnkette, Bahnhalsbändchen oder Amulett be= tommt das Kindchen keine Zähne ohne Krämpfe.
Eine vernünftige Mutter sorgt, wenn sie nicht selber stillen konnte und ihrem Kinde damit die beste Erleichte rung bei der Entwicklung der Zähne gab, daß das Kindchen
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in seiner Nahrung zahnbildende Stoffe( Gersten- und Graupenschleim, Gemüsebrei, Kalkwasser usw.) erhält. Bahnfetten, Bahnhalsbänder und Amulette schaden dem Kinde nicht, können aber auch nicht beim Bahnen helfen.
Tagebuchblätter aus Weimar Weimar
, den 29. Juli 1919. Nachmittagssibung. Die Erregung der lezten Tage erhielt zum Schluß der Vormittagssigung noch eine Auffrischung. Alles um Erzberger?
Eine Debatte Braß- Noske verursacht zu Beginn der Tagesordnung Aufregung. Diesmal ist's der Hungerstreit der an läßlich der Streifunruhen in Westfalen in Schutzhaft genommenen Leute. Dann beginnt die dritte Verfassungsberatung.
Den 30. Juli 1919. Die Tagungszeit Einige neue Anträge liegen erneut vor. ( nebenbei bemerkt, ein umstrittenes Wort) wird auf vier Jahre festgesetzt, nachdem die dreijährige abgelehnt wurde.
Eine lebhafte Debatte entsteht noch einmal bei den Anträgen, die die Stellung der unehelichen Mutter, des unehelichen Kindes festlegen. Genoffin Bohm- Schuch spricht nach Luise Biek, die ben von uns eingebrachten Antrag der zweiten Lesung aufgenommen hat. Die demokratischen Frauen fämpfen gegen uns, unterstützt von ihren juristischen Kollegen Ablaß , Waldstein und Blunt. Die Erregung gegen unsere Sprecherin ist unbegreiflich, denn feiner kann sich niemand zu dieser Angelegenheit ausbrüden. Der nachher entstehende Tumult, der durch das geschmadvolle Wort:„ Wehe , wenn sie losgelassen!" hervorgerufen wurde, zeigt die Höhe der Toleranz" von der rechten Seite.
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Den 31. Juli 1919. Der zurückgestellte Artikel 18 ruft noch eine sehr lebhafte Aussprache hervor. Die einzelnen Landsmannschaften fühlen sich zu Ausführungen berpflichtet.
Unter allgemeiner Heiterfeit tönt dem Abgeordneten Stahl, als er das Rednerpult besteigt, ein:" Wehe, wenn sie losgelassen" entgegen. Er trägt diese Nache wie ein Mann". Dies löscht natürlich nicht den Eindruck des gestrigen Tages aus, der nach übereinstimmenden Empfindungen fein guter war.
Eine vielseitige Schulaussprache folgt in der Nachmittagssitzung. Zum Artikel 153 in der Abteilung Wirtschaftsleben spricht Hue; aber unser Antrag, der die Bodenschätze der Gesamtheit zuführen" will, wird abgelehnt.
Uebergangs- und Schlußbestimmungen werden ohne große Unterbrechung angenommen. Vor dem Schlußartikel:„ Das deutsche Volt hat durch seine Nationalversam m Tung diese Verfassung beschlossen und verab schiedet. Sie tritt mit dem Tag ihrer Verkün dung in Kraft", gibt Genosse Löbe die Erklärung ab, daß die Sozialdemokratische Partei nur mit innerem Widerstreben die Verfassung annimmt. Die Abstimmung ist eine namentliche und ergibt eine große Mehrheit für die Annahme.
Während der Ansprachen, gehalten vom Ministerpräsidenten Bauer, dem Minister David und dem Präsidenten Fehrenbach, ist feierliche Stimmung im Hause. Das Deutsche Reich hat eine Verfassung.
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Den 1. August 1919.
Anfragen und Interpellationen, darunter die sehr lange zurüdgestellte Beamteninterpellation. Auf eine sehr umfangreiche Rede des Abg. Dr. Most von der Volkspartei antwortet Minister Dr. David:„ Der Politiker ist ein Mann, der die öffentlichen Arbeiten nicht abseits stehend ansehen kann; er fühlt sich ver. pflichtet, für die Allgemeinheit mitzuarbeiten."
An der Aussprache beteiligen sich alle Parteien. Das Haus vertagt sich bis zum 7. August. Viel ist gearbeitet worden, aber eine Hauptsache kommt noch: Die Steuern. Nach der kurzen Atempause, die allen Abgeordneten not fut, soll's mit frischer Kraft an den Bau des Steuerhauses gehen. Hoffentlich gelingt dies ohne Enttäuschungen! Elisabeth Röhl .