Nr. 28
Die Gleichheit
fabriken ihr Mehl nicht mehr von der Gemeinde, sondern wenn wir ein Reichsgetreidemonopol hätten, vom Reich beziehen. Die Brotfabriken einer Gemeinde schließen sich zusammen und beschließen, ihr Brot nicht mehr unter einem bestimmten, sehr hohen Preise abzugeben. Die Gemeinde pariert diesen Schlag gegen die Volksernährung, indem sie die Brotfabriken enteignet und in eigene Regie übernimmir und das Brot so billig wie möglich verkauft, indem sie nur Einkaufspreis des Mehls, Betriebskosten und Löhne im Verkaufspreis berechnet. Da ist notwendig, daß red, tlich einwandfrei feststeht, daß die Gemeinde tatsächlich enteignen kann, daß sie die Zwangsmittel dazu hat. und daß die Entschädigungsfrage geregelt wird, da sonst vielleicht wegen Zahlung einer allzu hohen. Entschädigung an den früheren Besitzer das Brot verteuert werden müßte. E3 müßte ferner, falls es als notwendig angesehen wird, allen privaten Unternehmungen die Herstellung und der Handel mit Brot von der Gemeinde untersagt werden können. Dus letztere wird sich oft als notwendig erweisen, damit das städtische Unternehmen, das ja gerade den Zweck hat, den städtischen Einwohnern ihr Brot, aber auch ihr Gas und ihre Elektrizität z. B. billig zuzuführen, durch seinen großen Absatz, von keiner Konkurrenz eingeschränkt, dazu auch in der Lage ist.
In vielen Fällen ist die Ausschaltung privater Unternehmer schon deshalb notwendig, weil die Kommunalisierung gerade unhaltbaren Buständen wirtschaftlicher Vergeudung durch Konkurrenzunternehmungen, wie sie z. B. mehrere Leitungen verschiedener Elektrizitätswerke in einem Häuserblock darstellen, ein Ende machen soll. Um derartige schädigende Konfurrenzunternehmen zu unterbinden, hat auf dem Lebensmittelmarkt die Kommunalisierung große Bedeutung. So kämpfen z. B. auf dem Milchmarkt vieler Großstädte Landwirtschaft, Meiereien, Groß- und Kleinhandel alle ihren gegenseitigen Kampf aus, mit dem Erfolg, daß das Publikum schlecht, unregelmäßig und teuer beliefert wird. Die Kommunalisierung, die Uebernahme in städtische Verwaltung, würde die parasitären Eristenzen, die häufig lediglich wegen ihrer Beziehung zum Landwirt z. B. vom Milchhandel leben, ausschließen. Städtische Angestellte, natürlich auch Fachleute, würden die Milchversorgung der Stadt leiten, das Publikum hätte die Garantie, daß ihm sorgfältig behandelte, einwandfreie Ware geboten wird zu möglichst billigem Preis. In vielen anderen Lebensmittelzweigen liegen die Dinge ähnlich. Durch die Gemeindeverwaltung können unlautere Machenschaften inhibiert werden.
Als reif zur Kommunalisierung muß man alle Wirtschaftszweige ansehen, die einen Monopolcharakter haben, oder solche, bei denen die Konkurrenz durch Ringbildungen ausgeschlossen ist und dem Publikum beliebige Preise, dem Facharbeiter beliebige Löhne geboten werden können. Das mögen in den einzelnen Städten die verschiedensten Zweige sein. In der Regel aber sind es die Straßenbahnen, die Elektrizitäts-, Gasund Wasserwerke. Ferner sind reif zur Kommunalisierung die Einrichtungen, die von sozialer Bedeutung sind, weil ohne sie an eine wirtschaftliche und gesunde Entwicklung der Gemeinde und ihrer einzelnen Einwohner nicht gedacht werden kann. Dazu gehören Einrichtungen die fast überall kommunalisiert sind, wie die Kanalisation, ie Straßenreinigung, die Krankenhäuser, aber auch die oben erwähnte Beleuchtungsund Wasserversorgung, das Verkehrswesen, ein Teil der Lebensmittelversorgung, wie die Kommunalisierung der Milch, Brot- und Fleischversorgung, einschließlich der Volksspeise. häuser. Es kommt dann noch in Frage: die Kommunali fierung von Betrieben, durch die ein gesundheitlicher oder moralischer Einfluß auf die Bevölkerung ausgeübt werden kann, wie z. B. die Schantwirtschaften und die Kinos. Wo das Reich einzelne Wirtschaftszweige sozialisiert, wie z. B. die Elektrizitätsindustrie, muß die Stellung der Gemeinde im betreffenden Reichssozialisierungsgesetz festgelegt werden nach der Richtung, ob ihre Betriebe selbständig bleiben, wenn sie
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von Stromlieferungen unabhängig sind, ob sie Beauftragte des Reiches oder ob sie ganz ausgeschaltet werden. Im letzteren Falle würde der städtische Verbraucher seinen elektrischen Strom z. B. direkt vom Reich beziehen, genau wie seine Telephonanlage.
Die fommumalisierten Betriebe müssen sich, das ist Bedingung einer gesunden Wirtschaftsweise, selbst erhalten. Eine fiskalische Ausnüßung der Betriebe wird in den meisten Fällen, weil sie eine Steuer darstellen würde, deren Wirkung auf Reich und Arm unkontrollierbar wäre, meistens aber zuungunsten der Unbemittelten aussiele, abzulehnen sein.
In den kommunalisierten Betrieben liegt der Bezug von außerhalb oder Selbstherstellung, liegen Betriebsführung und Bearbeitung des Materials, Bereitstellung und Abgabe an den Verbraucher in der Hand der Gemeindeverwaltung, der gesetzlichen Vertretung des gemeindlichen Verbrauchers. Die Gemeinde regelt das Arbeitsverhältnis und die Bezüge ihrer Arbeiter und Angestellten, so daß sozusagen die Einwohner selbst die Arbeitgeber werden. Für den Konsumpreis haben die Bezüge der Arbeitnehmer der Gemeindebetriebe Bedeutung. Es gibt dann keine unkontrollierbaren Berechnungen privater Unternehmer über ihre Betriebskosten, keine unsichtbaren Zwischengewinne, sondern klar übersehbare Verhältnisse, so daß die Wechselwirkung von Arbeitslohn und Verbraucher preis eher Verständnis und Berücksichtigung von beiden Seiten zu erwarten hat. Die Gemeinde wird eine Art Konsumentenorganisation, wie Kautsky in seinen Richtlinien über ein Sozialisierungsprogramm sagt. Neben der politischen Einheit der Gemeinde wird die wirtschaftliche Gemeinschaft begründet. Sie ist Träger des Interesses der Gesamtheit der Gemeindebewohner und schaltet die Individualinteressen aus, wo das Sozialinteresse es fordert. Die Kommunalisierung ist nicht Sozialisierung bestimmt umgrenzter Wirtschaftszweige, aber Sozialisierung nach örtlichen bzw. Siedlungsgrenzen. Wir müssen daher die Kommunalisierung fördern. Es ist zu hoffen, daß das Reichsgesetz über die Kommunalisierung von Wirtschaftsbetrieben, das schon im Entwurf vorliegt, bald verabschiedet wird, damit die Gemeinden freie Bahn haben; dann ist es unsere Aufgabe, in den Gemeindeverwaltungen und durch unsere Stellungnahme in der Deffentlichkeit vorwärts zu treiben. Hedwig Wachenheim .
Und da hat Vater recht, mein Sohn,
Die Hauptfach' ift die Profeffion, Eins foll der Mensch von Grund aus lernen, In einem Stücke muß er reifen.
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Je höher du wirft aufwärts gehn, Dein Blick wird immer allgemeiner; Stets einen größern Teil wirft du vom Ganzen fehn, Dach alles Einzelne immer kleiner.
Die Mutter als Erzieherin
Reuter.
Shakelpeare.
Ein Regentag: Die drei kleinen Blondköpfchen hatten den Tag in der Stube zugebracht und so gut, wie es nur bei Zwei-, Drei- und Fünfjährigen möglich ist, gespielt. Mutti, die ziem. sich oft von ihrer Arbeit aufstehen mußte, um Frieden zu stiften, hatte es fertig gebracht, aus einem alten Beinkleid, das zu sehr zerrissen war, um noch von Vati getragen zu werden, für den Jüngsten einen Anzug zu machen. Mutti, über das Gelingen überglücklich, wollte an dieser Freude auch die Klei nen teilnehmen lassen und darum durften sie am Abend auf. bleiben bis Bati kommt". Sie hüpften und sprangen um die Wette, denn das war ein seltenes Erlebnis. Als es plöplich klingelt, schreien alle ,, Bati fommt" ,,, Bati fommt". Ganz ersteunt tritt der ein und frägt, was das zu bedeuten hat, die Kinder müßten doch längst schlafen. Als Mutti Aufklärung geschaffen hat, erhellen sich auch die überanstrengten Züge des Vaters.