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Das Nähere bestimmt das Reichswahlgefeß.

Die Gleichheit

Man sehe sich das Programm der Sozialdemokratischen Partei an und wird finden, daß unsere seit Jahrzehnten er­hobenen und vertretenen Forderungen in diesem Artikel er­füllt sind. Für die aber, die da behaupten, daß abgesehen von dem Frauenwahlrecht, dem herabgesezten Wahlalter, dem Verhältniswahlsystem und dem Wahlsonntag doch schon zum alten Reichstag das Wahlrecht ein recht gutes war, müssen wir sagen: Der alte Reichstag war durch unsere monarchische und halbabsolutistische Verfassung zur Ohn­macht verurteilt. Der neue Reichstag aber wird nicht nur mit dem Wort, sondern auch in der Tat der echte Willens­ausdruck des Volkes sein. Eins aber muß, trotzdem es für jeden Demokraten selbstverständlich sein sollte, immer wieder gesagt werden: Solange die Mehrheit des deutschen Volkes nicht sozialistisch denkt und seinem Denken bei der Wahl zum Reichstag tatkräftigen Ausdruck gibt, kann auch die Politik des Reichstages feine rein sozialistische sein, wird sie immer Kompromißpolitik bleiben.

Der Artikel 23 jetzt die jeweilige Dauer des Reichstages auf vier Jahre fest. Nach den Wünschen der Sozialdemo­fratie sollte eine dreijährige Legislaturperiode beschlossen werden, sie ist damit nicht durchgedrungen. Die vier Jahre find ebenfalls wieder ein Kompromiß, das mit Hilfe der Unabhängigen angenommen wurde. Ursprünglich waren sich die bürgerlichen Parteien auf fünf Jahre einig. Der Artifel sagt weiter, daß der Reichstag spätestens am 30. Tage nach seiner Wahl zusammentreten muß. Diese Bestimmung ist sehr wichtig, sie beugt jeder Verschleppung der Geschäfte der wichtigsten gefeßgebenden Körperschaft vor.

Artikel 25 regelt das Auflösungsrecht des Präsidenten. Man kann als Sozialist im Zweifel darüber sein, ob es nicht eine Einschränkung der Demokratie bedeutet, wenn dem Reichspräsidenten überhaupt das Recht der Auflösung des Reichstages gegeben wird, doch wird auch hier die in der Be­fugnis liegende autokratische Tendenz aufgehoben durch demokratische Gegentendenzen.

Die Artikel 26, 27 und 28 sind geschäftsordnungsmäßiger Natur. Dagegen ist Artikel 29 von Wichtigkeit. Er sagt:

gemerft!-, als die Anzeige also zum vierteninal erschien, da endlich ging mir ein Licht auf; ich hätte gerade hüpfen mögen vor Freude, weil ich endlich begriffen hatte, daß ich das Paar blaujeibene Strümpfe in der Tat niemals finden würde... Was aber stand mir im Wege, sie in einem beliebigen Geschäft zu faufen und sie der Verliererin zu überbringen? Gesagt-- getan! Ich ging in das nächstbeste große Strumpfwaren­geschäft, und als ich drinnen war, wähnte ich mich am Ende meines Zieles...

,, Sie wünschen-?" fragte die Verkäuferin zuvorkommend. ,,, nur eine Kleinigkeit... Ein Paar blaue Damen­Seidenstrümpfe..."

"

Bedaure sehr; es ist alles ausverkauft... erst gestern noch das letzte Paar... Aber wenn ich Ihnen sonst etwas zeigen dürfte... in lila oder in rosa..."

Ich danke," sagte ich. Ich war geradezu beleidigt. Und ging weiter.

Ich ging so etwa durch alle Strumpfwarengeschäfte der Stadt, ich ging durch alle Geschäfte, die Damenartikel führ­ten dieselbe Antwort überall:

Bedaure sehr; alles ausverkauft.

"

Ich nahm mir ein Auto und fuhr in den Vorstädten von Ge­schäft zu Geschäft; dieselbe Antwort:

Alles ausverkauft..."

Ja, sollte es denn wirklich nicht möglich sein, in der ganzen Stadt ein einziges Paar blaue Seidenstrümpfe aufzutreiben?! Es ist absolut unmöglich!" sagte eine jede Verkäuferin im Brustton der Ueberzeugung.

Man darf vieles glauben, aber man darf nicht alles glauben, mas selbst die bestgläubigste Verfäuferin sagt: gegen Abend

Nr. 29

Der Reichstag verhandelt öffentlich. Auf Antrag von fünfzig Mitgliedern kann mit Zweidrittelmehrheit die Deffent­lichkeit ausgeschlossen werden.

Es muß schon ein ganz besonderer Fall sein, bei dem sich eine Zweidrittelmehrheit für diesen Zweck zusammenfindet. Artikel 30 besagt, daß die wahrheitsgetreue Bericht­erstattung des Reichstages, der Landtage oder ihrer Aus­schüsse, sofern sie öffentliche Sibungen betreffen, von jeder Verantwortlichkeit frei sind.

Der Reichstag kann durch ein von ihm in Gemeinschaft mit dem Reichsverwaltungsgericht gebildeten Wahlprüfungs­gericht darüber entscheiden, ob ein Abgeordneter die Mit­gliedschaft verloren hat. Weiter regelt der Abschnitt II im Artikel 33 die Pflichten und Rechte der Minister. Ihre Anwesenheit fann vom Reichstag verlangt werden, sie selbst und ihre Beauftragten haben jederzeit Zutritt und das Recht, auch außerhalb der Tagesordnung gehört zu werden. Doch müssen sie sich im übrigen der Geschäftsordnung fügen.

Artikel 34 gibt dem Reichstag das Recht und die Pflicht, Untersuchungsausschüsse einzusetzen. Gerichte und Verwal­tungsbehörden müssen diesen Untersuchungsausschüssen auf Verlangen ihre Akten zur Verfügung stellen. Hätte der alte Neichstag der vorrevolutionären Zeit solche Befugnisse und die dazu gehörende Macht der Durchführung besessen, wäre vielleicht manches anders gekommen.

Dieselbe Bedeutung hat der Artikel. 35, der die Ein­fegung eines ständigen Ausschusses für auswärtige An­gelegenheiten vorsicht, der auch außerhalb der Tagungszeit und nach Beendigung der Wahlperiode, also zwischen zwei Wahlen tätig sein kann. Auch zur Wahrung der Rechte der Volksvertretung gegenüber der Reichsregierung ist ein stän­diger Ausschuß vorgesehen, der, ebenso wie der Ausschuß für auswärtige Angelegenheiten, die Rechte der Unter­suchungsausschüsse besitzt.

Artikel 36, 37 und 38 regeln und erneuern die Im­munität und das Recht der Zeugnisverweigerung der Ab­geordneten des Reichstages und der Landtage. Ist auch die Gefahr politischer Verfolgungen und Drangsalierungen unter dem demokratischen System weniger groß, so müssen

erwarb ich das letzte Paar blauer Seidenstrümpfe, das sich noch im ganzen Umkreis der Stadt befand...

Ich fuhr heim, legte mich zu Bett und stand am nächsten Morgen, mit meinem Strumpfkarton unter dem Arm, nach vielerlei Mühjalen endlich vor der Wohnungstür der Daine mit den blauen Augen".

Eine Dienerin führte mich in den Salon; und nicht lange danach erschien auch bereits ihre Herrin, eine stattliche, blonde Dame von eleganter Figur..

,, Du-?" rief sie muvillkürlich aus. Du bist es-?" Ja, um Gotteswillen, Mensch, von wo hast Du denn bloß meine Adresse erfahren?! Wir haben uns ja seit der Schule nicht mehr gesehen!..

," sage ich, um Himmelswillen... antschuldige, bitte, aber Deine Adresse ist doch klar und deutlich in der Anzeige genannt

Ja, bringst Du mir etwa auch Strümpfe?" fragt sie und will sich vor Lachen ausschütten.

,, Strümpfe...?" sage ich. Ja. gewiß..., aber num sag mir doch mal, wie fannst Du denn bloß so ungeschickt sein, Deine Strümpfe zu verlieren?"

Ja..." sagt sie, wie ich meine Strümpfe verloren habe? Hahahaha! Wie bist Du doch noch immer dumm. Aber num fonimi mal erst da in den fleinen Salon herein!" Ich trete also in den kleinen Salon.

Siehst Du," sagt sie, indem sie neben mir Platz nahm und plötzlich einen ganz anderen, beinahe bekimmerten Gesichtsaus­druck bekam, ich habe natürlich nie im Leben ein Paar blan­seidene Strümpfe verloren, sondern es war nur die Not, die mich erfinderisch gemacht hat. Ja, weißt Du, ich bin da am