Nr. 29

Die Gleichheit

Bälde größere leistungsfähige Konsumbereine dazu übergehen, Warenhäuser bzw. Spezialgeschäfte einzurichten. Die Er­weiterung der Geschäftsbetriebe der Konsumgenossenschaften hin­sichtlich der Aufnahme von Bekleidungsgegenständen, Hausstands­artikeln usw. führt nicht nur dahin, daß der organisierte Konsu­ment nunmehr in die Lage kommt, viel größere Umfäße in seiner Genossenschaft zu tätigen, eine weitere Folge wird auch sein, daß der Eigenproduktion durch die Konsumvereine ein viel weiterer Spielraum als bisher gegeben wird. Die ausgedehnte Eigenproduktion der britischen Konjumvereine ist z. B. besonders auf dem Gebiete der Erzeugung von Kleidern, Schuhen, Möbeln usw. erfolgreich gewesen.

Die englische Großeinkaufsgesellschaft berichtet über eine afrikanische Kolonialunternehmung. Durch die Errichtung einer Niederlassung mit Fattoreien in Sierra Leone kommt die Zentrale der englischen Konsumvereine nunmehr in die Lage, bei Ausschaltung unnötiger Zwischenglieder, die Noh stoffe für die Margarine- und Seifenherstellung aus eigenen Betrieben zu beziehen. Die Konsumgenossenschaftliche Rund­schau" bemerkt in ihrem Bericht über diesen neuen Erwerb mit begreiflicher Bitterkeit, daß der deutschen Großeinkaufsgesellschaft im Gegensatz zu englischen Konsumvereinen, nachdem Deutschland der Kolonien beraubt hat, nichts übrigbleibt, als ihre Rohmaterialien in Zukunft durch die englischen Kapita= I: sten zu beziehen.

man

Von einer interessanten Neubildung wird aus der Schweiz berichtet. Dort entsteht in etwa bis 2 Jahren ein Dorf von besonderer Eigenart, nämlich ein rein genossenschaft­liches Gemeinwesen. Die Siedlung soll Freidorf" hei Ben und rund 150 Einfamilienhäuser zu 4, 5 und 6 Zimmern er­halten, jedes Haus mit wenigstens 200 Quadratmeter Garten. Die Bewohner dieses Dorfes werden ihre Lebensbedürfnisse auf genossenschaftlichem Wege decken. Sie bilden nicht nur eine Wohn- sondern auch eine Ronsum- und Produktionsgenossen­schaft, mit Anschluß an den Verband schweizerischer Konsum­vereine und dessen Zweckgenossenschaften. Lebensmittel, Schuhe, Manufaktur- und Merceriewaren, Fleisch, Milch usw. sollen in den Verteilungsstellen und Genossenschaften erhältlich sein, Brot und andere Backwaren werden in eigenen Bäckereien hergestellt. Ein Versammlungslokal, ein Lesesaal, vielleicht sogar eine Schule, ein eigenes Postbureau, Reparaturwerkstätten usw. werden im Dorf erstehen, Spielpläge für Groß und Klein, Promenaden und Alleen und wahrscheinlich auch eine Staffeewirtschaft werden nicht fehlen. Die Schweizer Konsumgenossenschaft darf hoffen, daß das Experiment gelingen und seinen Gründern wie der Konsum­bereinsbewegung Ehre machen werden.

Die Schottische Großeinkaufsgesellschaft feiette bor kurzem ihr 50jähriges Jubiläum. Bekanntlich hat in Schottland noch mehr wie in England, die Konsumvereinsbewe­gung weite Kreise der Bevölkerung für sich zu erobern vermocht. Dem angemessen sind auch die Erfolge der Schottischen Groß­eintaufsgesellschaft in ihrer Vielseitigkeit und ihrem Umfang be­sonders erwähnenswert. Der Gesamtumsatz betrug im letzten Jahre 392 000 000 Mt. Die Eigenproduktion umfaßt recht zahl­reiche Betriebe. Vorhanden sind unter anderem Schuh- und Stiefelfabriken, Gerbereien, Tischlereien, Bürstenmachereien, Ston­fervenfabriken, Zuder-, Tabaffabrik, Kleiderwaren-, Strumpf­waren-, Tuch- und Flanell, Mantel-, Margarine-, Zinnwaren­und Farbenfabriken, Mühlen und Meiereien, Bank, Güter ver­schiedener Art usw. usw. Die schottische Großeinkaufsgesellschaft darf mit Stolz auf das bisher geleistete zurüdblicken.

Von der belgischen Konsumvereinsbelbegung wird be­richtet, daß die Konsumvereine der Großstädte fortgesetzt große Fortschritte machen und auch während des Krieges zahlreiche Mit­gliederaufnahmen zu verzeichnen hatten. In der Provinz Lüttich find die Konsumvereine zu einer großen Genossenschaft, die in fleineren Orten Verkaufsstellen unterhält, zusammengeschlossen. In Hennegau wird die gleiche Entwicklung angestrebt.

Einigkeit!

Adolf Rupprecht.

Unfere unmittelbare Aufgabe ist die Herstellung einer einheit­lichen sozialistischen Partei. Es handelt sich nicht um eine despo­tische und tote Einigkeit: die verschiedenen sozialistischen Organi­fationen fönnen und sollen weiter existieren, aber sie müssen im stande sein, über ihre gemeinschaftlichen Aktionen in freundschaft

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licher Weise zu beraten und zu beschließen. Alle haben wir das­selbe Ideal, wenn wir auch über unsere Stampfmethoden nicht einig sind. Es macht nichts, daß manche mehr an die Kraft des allgemeinen Wahlrechts glauben, während andere die Notwendig­keit der wirtschaftlichen Aktion besonders hervorheben. Es gibt keinen unter uns, der den Wahlkampf verurteilt, ebensowenig wie es unter uns Leute gibt, die den geschichtlichen Prozeß auf­halten und den Sozialismus in die Wahlurne einpferchen möchten. Die Ersetzung des Sondereigentums durch das Gemeineigentum ist eine viel zu tiefe Umwälzung und jebt so viele widerstreitende Leidenschaften, so viele Hoffnungen und Befürchtungen in Be­wegung, daß es feinem gestattet sein darf, dem Proletariat den Weg vorzuschreiben, den es zu seiner Befreiung zu durchlaufen hat. Die Hauptsache ist, daß jeder entschlossen bleibt, alle Sträfte, die die neue Ordnung vorbereiten, in den Dienst des Sozialis­mus zu stellen. Alle, die in den wirtschaftlichen Organisationen wirken, die Gewerkschaften gründen und leiten, die Genossen­schaften fördern, die in den Gemeinden und in der Gesetzgebung tätig sind, die im parlamentarischen Kampfe dem Feinde be­gegnen und innerhalb der Festung, wo der Feind seine Waffen schmiedet, das rote Banner aufrollen alle find sie Soldaten einer Armee, Mitkämpfer desselben Kampfes und Brüder in derselben Hoffnung. Jean Jaurès ( 1897).

Schlichtungskommissionen für Hausangestellte

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Man hat es früher bekämpft, daß das Gesinde" der Polizeibehörde unterstellt war. Aber wenn diese auch gewiß für die Beurteilung bieler feinerer Rechtsfälle im Dienst. botenverhältnis die geeignetste Stelle nicht war, es gab doch eine Stelle, die immer erreichbar und imftande war, schnell einzugreifen. So kommt es häufig vor, daß beim Verlassen einer Stellung die Sachen eines Mädchens vom Dienstgeber zurückbehalten werden unter irgendwelchen Vor­wänden hier konnte früher die Polizei sofort eingreifen. Durch Abschaffung der Gesindeordnung bleibt in allen solchen Fällen heute nur das langwierige Gerichtsverfahren. Wohin joll man sich wenden bei Streitigkeiten innerhalb des Dienst­berhältnisses? Unsicherheit und Scheu vor den öffentlichen Gerichten halten viele zurück.

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In Berlin hat auf Anregung des dortigen Kuratoriums für den Arbeitsnachweis für Hausangestellte der Demobil. machungsausschuß Groß- Berlin angeordnet, daß den öffent­lichen Arbeitsnachweisen Schlichtungsfommmis­lichen Arbeitsnachweisen sionen angegliedert werden; Vorsitzender der Kommission ist der Leiter des Arbeitsnachweises oder, wo solche vor­handen, Leiter oder Leiterin der Abteilung für Hausange­stellte an dem Arbeitsnachweis. Zweck der Kommission iſt, Streitigkeiten, die sich aus dem Arbeitsver­hältnis von Hausangestellten in Privat­haushaltungen ergeben, insbesondere alle Streit fälle, die bisher nach der Gesindeordnung der Zuständigkeit der Polizeibehörden unterlagen, vor Beschreitung des or­dentlichen Rechtsweges zu schlichten.

Mitglieder der Kommission sind je ein Arbeitgeber und ein Arbeitnehmervertreter, welche von der dem öffentlichen Arbeitsnachweis vorgesetzten Behörde auf Vorschlag der größeren in Betracht kommenden Organisation ouf die Dauer von drei Jahren bestellt werden. Bei der Bestellung ist die Mitgliederzahl der Organisation zu berücksichtigen. Das ist eine Mahnung sowohl für die Hausfrauen als für Hausangestellte, sich den Organisationen anzu= schließen, die allein ihnen die Möglichkeit geben. ihren Einfluß bei dieser wichtigen Angelegenheit zur Geltung zu bringen.

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Die Schlichtungskommission die regelmäßig tagen soll und, wenn beide Parteien zur Stelle sind, ohne weiteres verhandeln fann fann nur von Arbeitgebernd Arbeit­nehmern in Einzelfällen( nicht von Organisationen, auch nicht in Streitigkeiten allgemeiner Art) angerufen werden.

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