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Die Gleich beit

wir im Krieg erlebt, von der der anderen gibt uns der Prozeß über den Geiselmord in München ein schauerliches Bild.

Es ist aber selbstverständlich, daß die Reaktion im Heere be­zwungen werden muß, daß Leute wie Oberst Reinhardt unschädlich gemacht werden müssen, und da die Regierung in dieser Frage vollkommen einig ist, wird es auch gelingen, wenn das arbeitende, vernünftige und denkende deutsche Volk fester als je hinter der Regierung steht. Die Einmütigkeit der Regierung hat sich auch bei den Vorgängen im Baltifum erwiesen. Die dort stehenden Freiwilligentruppen, deren Formierung im Dezember und Ja­nuar- notwendig geworden war, wollen nicht zurück, weil ihnen die republikanische lettische Regierung seinerzeit das Versprechen ge= geben hat, die lettische Staatsangehörigkeit erwerben zu können und weil die Soldaten mit Recht daraus folgerten, dann würden sie sich als lettische Staatsbürger dort ansiedeln und den eigenen bescheidenen Hof und Herd gründen. Die Entente, auf deren Ge­heiß im Frühjahr die Truppen dort blieben, verlangt jetzt die Zurücknahme, und da durch die Weigerung schlimme Folgen für das gesamte deutsche Volk entstehen könnten, müssen sie nun zu­rück. Die Truppen weigerten sich, dem Befehl nachzukommen, und so sah sich unsere Regierung gezwungen, den Rückzugsbefehl zu wiederholen mit der Bekanntgabe, daß den Truppen Löhnung und Verpflegung gesperrt werden würden, wenn sie sich noch widersetzen. Vielleicht hätte die Zuspihung dieser Sache ver­mieden werden können, wenn Herr v. d. Golh vor einem halben Jahr aus dem Baltikum abberufen worden wäre, wie es bon unserer Fraktion verlangt worden ist. Die Regierung hat ihren Anordnungen Geltung verschafft und das war notwendig; gelöst ist damit die Ostfrage leider nicht, und unter dem Druck des Friedensvertrages wird eine friedliche Lösung ungeheuer schwie­rig bleiben. Die Polen tun alles, was sie können, um die Schwie­rigkeiten zu vergrößern und an der Grenze spielt sich manches blutige Drama zwischen Grenzsoldaten und polnischen Banden ab, ohne daß die polnischen Truppen dem Bandenunwesen steuern.

Für uns Frauen ist es mehr als je notwendig, uns ganz klar zu den Dingen zu stellen, sie zu durchdenken und unsere Ueber­zeugung zu festigen. Darum halte ich es auch für notwendig, Stel­lung zu nehmen zu einem Briefwechsel, der in der Königsberger Volkszeitung" veröffentlicht wurde, zwischen dem jezigen Ober­präsidenten von Ostpreußen , Genossen Winnig und einem nicht genannten Genossen. Winnig, welcher der Träger der baltischen Politik war, sagt in diesen Briefen, daß unsere Partei die Revo­Iution nicht gewollt hat. Er spricht hier etwas aus, was von den Unabhängigen oft behauptet worden ist. Hätte Genosse Win­nig für sich als Person gesprochen, so wäre die ganze Angelegen­heit seine Sache, aber zur Partei gehören auch wir. Und wir Frauen find ehrlich genug zu sagen: wir haben die Revolu­tion gewollt. Wir haben verhindern wollen, daß der Krieg unser Land überflutete, wir wollten Deutschland nicht in das Stlabenjoch des Ententekapitalismus bringen. Wir wollten nicht, daß die Revolution in Deutschland gekommen wäre, als sie dem alldeutschen Rausch noch unterliegen mußte, daher unsere Hal­tung während des Krieges. Aber wir wollten das Ende des Krieges, darum wollten wir den Verständigungs-, den ,, Scheidemann"-Frieden. Den wollten die Alldeutschen und da mals waren gar viel Alldeutsche da nicht, sie schleppten uns weiter durch Blut und Leid, bis alles verloren war, bis es Sieger gab, aber auf der anderen Seite. Sieger, welche uns das Sklaven­joch auferlegen konnten und es taten. Das einzige, was es nun noch zu retten gab, war das kostbare Leben von Millionen von Soldaten, die unsere Männer, unsere Söhne, un­fere Brüder waren. Und unser Land sollte vom Krieg verschont bleiben, und darum mußte er aufhören. Nun war die Zeit reif für das letzte Mittel. Darum forderten wir Frauen im Oftober die bedingungslose Beendigung des verlorenen Krieges. Wir wollten auch damals ein Blutvergießen im Innern möglichst bermeiden, dieses Emfinden ist für jede Frau eine Selbstverständ­lichkeit. Aber die Revolution haben wir gewollt, weil nur durch sie dem unnüßen, wahnsinnigen Opfern blühender Menschenleben ein Ende gemacht werden konnte, weil nur sie, durch Beendigung des verlorenen Krieges, erreichen konnte, daß die blutige Tragödie nicht auf deutschem Boden ihre Fortsetzung fand.

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Ja, wir haben die Revolution gewollt, und wir stehen zu ihr und zu der Republik , die sie geschaffen. Und wir haben den Willen, mitzuarbeiten an dem Ausbau dieser demokratischen Republik, bis sie sich zu einem sozialistischen Staat vollendet hat. Clara Bohm- Schuch .

Weltwende

Die Köpfe hoch! Und laßt die Herzen brennen! Die Zeit marfchiert mit fliegenden Standarten. Die Erde ist ein schöner Gottesgarten, Wenn wir uns nur als Brüder wiederkennen.

Ein junger Wind Streift unferer Kinder Stirnen. Laßt sie zu Menschen neuer Würde reifen. Sie werden felig nach den Sternen greifen, Löft ihr die heiße Sehnsucht in den Birnen.

Die Jugend foll die Welt, im бaß verkaltet, Der Liebe voll mit ihrem бerzblut wärmen. Sie zieht ins Weite aus in hellen Schwärmen, Daß fie den Tag zu höherm Zweck geftaltet.

Nr. 31

Die Köpfe hoch! Und laßt die Herzen flammen! Ein Aufschrei foll den Spuk der Nacht zerreißen. Dann wird kein Wahn, fo lang die Sonnen kreifen, Die Menschheit in die Dunkelheit verdammen. Artur Zickler

Ferien für die Mutter

Die Hundstagshize brütet über der Welt. Sie strahlt er­erbarmungslos von weißen Mauern wider, fie glüht aus weichgewordenem Asphaltpflaster. Ein allgemeines Stöhnen und ein elementarer Schrei nach Ferien gellt empor.

Und das Bauberwort: Ferien" hat in unseren Tagen Gestalt gewonnen. Jeder bekommt jezt Ferien. Nicht nur die Schulkinder. Die Beamten, die Angestellten, die Kr­beiter: alle bekommen jetzt Ferien. Nur eine Arbeiterin nicht. Nur jene nicht, der die schwerste und verantwortungsvollste Arbeit von allen aufgebürdet ist: die Mutter, die Hausmutter hat keine Ferien. Wie es im Liede heißt:

Großmutter spricht: Morgen ist Feiertag. Großmutter hat keinen Feiertag.

Sie kochet das Mahl, sie spinnet das Kleid, Das Leben ist Sorg und viel Arbeit!

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Das Leben ist Sorg und viel Arbeit! Es ist Zeit, daß die Frauen und Männer des neuen Deutschland sich dieser ärmsten und geplagtesten aller Arbeiterinnen erinnern, die ihr Los wie ein Schicksal trägt, gegen das sich aufzulehnen nuß­Los ist. Sie rüstet den andern, die in die Ferien gehen, das Wanderzeug. Jeder Sonn- und Feiertag bringt ihr statt Ausruhen ein Mehr an Arbeit. Sie weiß nichts vom Acht­stundentag und, so lange die Kinder klein sind, nichts von den Segnungen der Nachtruhe.

Es ist hohe Zeit, daß ihr geholfen werde und es ist leicht, ihr zu helfen. Man muß nur wollen.

Wir sprachen in einem vorhergehenden Artikel von der Hauspflege, die in Wochenbetts- oder Krankheitstagen der Hausfrau den geordneten Fortbestand des Hauswesens ge­währleisten soll. Hier ist anzusetzen und fortzubauen. Man braucht diese Hauspflege von den kranken nur auf die gesunden Tage der Hausmutter zu übertragen.

Die Organisation denke ich mir so: Der Hauspflegeverein sorgt für einen genügend großen Stamm von fest angestellten Pflegerinnen. Die zur Beistellung der unentgeltlichen Haus­pflege verpflichtete Stelle( in der Regel wohl die Gemeinde) verfügt die Gewährung der Ferienhauspflege nach alpha­betischer Abfolge. Es muß aber selbstverständlich die Möglich­keit der Abänderung in all den Fällen vorhanden sein, in denen aus triftigen Gründen( Krankheit eines Familienmit­gliedes, unaufschiebbare Hausgeschäfte oder sonstige Ange. legenheiten) die Ferien verlegt werden müssen. Die Ferien­hauspflege wird naturgemäß nur den Haushaltungen zuteil, in denen ohne häusliche Hilfe durch Hausangestellte, erwerbs. lose Töchter oder sonstige Verwandte gewirtschaftet werden muß. Kinderlose Haushalte haben feinen Anspruch auf Ferienhauspflege, sofern nicht ganz besondere Umstände ok­walten. Man kann sich die Folgen einer solchen Neueinrich­