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Die Gleichheit

technischem, auf wissenschaftlichem und künstlerischem Gebiete muß möglichst gefördert werden. Aber auch für die Schwa­chen muß alles geschehen, um ihre geringen Fähigkeiten zu bilden, damit auch sie für den Lebenskampf tüchtig gemacht werden. Die Idee, daß nur die gelernten Berufe erstre­benswert sind, muß den Kindern genommen werden. Die Bedeutung des Handwerks und der Landarbeit muß her­vorgehoben, überhaupt jede Arbeit, die Werte erzeugt, als gleich erstrebenswert hingestellt werden. Besonders, da die Verdienstaussichten sich nicht mehr wesentlich voneinander unterscheiden werden. Jeder muß den Beruf ergreifen, der seinen Fähigkeiten am meisten entspricht. Dies muß durch Auslese, Beobachtungen und Neigung festgestellt werden. Vielleicht werden wir zu einer kurzen allgemeinen Arbeits­pflicht für alle Männer und Frauen kommen. Von ihnen muß dann diejenige nötige Arbeit geleistet werden, für die sich niemand freiwillig entschieden hat. So widerwärtig, so nichtserzeugend wie das Kriegshandwerk wird diese Ar­beit niemals sein.

( Schluß folgt)

Nr. 31

der Hinterbliebenenfürsorge fast ganz, in der Kriegsbeschädigten fürsorge, sofern sie Familienfürsorge ist und sofern die Hilfe­leistung nicht dem alleinstehenden Mann, sondern dem Mann als Familienvater zuteil wird.

Wer sich im einzelnen die Tätigkeit flarmacht, die in dieser Fa­milienfürsorge geübt wird, der wird keinen Augenblick daran zweifeln, daß vieles davon vom Manne vielleicht bureaumäßig, aftenmäßig erledigt, mit warmem Leben aber nur von der Frau erfüllt werden kann. Da handelt es sich um die Versorgung und Beratung von Witten   und Waisen, oder etwa in der Familie eines Kriegsbeschädigten um eine für die Mutter zu findende Be­rufstätigkeit, um Wohn- und Schlafverhältnisse, um die Zufüh­rung franker Frauen und Kinder in ärztliche Behandlung oder Erholungsaufenthalte. Oder es gilt den Versuch, unwirtschaftliche Frauen und sittlich gefährdete Frauen und Kinder durch stete Ueberwachung und Beratung in geordnete Lebensverhältnisse zurückzuführen. Alles das kann nur von Frauen für Frauen ge­leistet werden. Es liegt auch auf der Hand, daß die Zusammen­hänge zwischen einer außerhäuslichen Erwerbstätigkeit der Mütter und der ganzen Gestaltung des Familienlebens nur von Frauen ganz beurteilt werden können, daß auch nur ihnen gegen­über die Scheu schwinden kann, die häuslichen Verhältnisse mit all ihren drückenden Mängeln zu offenbaren, denn das damit be­

Die Mitarbeit der Frauen in der öffent- wiesene Vertrauen jetzt die Möglichkeit einer vollen Einfühlung

lichen sozialen Hinterbliebenenfürsorge

Die Hinterbliebenen- und Kriegsbeschädigtenfürsorge gehört zu denjenigen Verwaltungsgebieten, die neben der eigentlichen Ver waltungsarbeit, der organisatorischen und bureautechnischen Be­arbeitung ihrer Fragen eine umfassende sozialpflegerische Tätig­feit einschließen. Neben den fest normierten Rentensätzen soll eine öffentliche Hilfe eintreben, die sich eng an das individuelle Bedürfnis des einzelnen anschließt. Wenn auf irgendeinem Ge­biet die sorgfältige Beurteilung und Behandlung des einzelnen Falls nach den persönlichen Verhältnissen notwendig ist, so hier. Bei genauer und sorgfältiger Erwägung im Einzelfall muß doch mit viel sozialem Taft vermieden werden, daß die Hilfe den Cha­rakter der Wohltätigkeit annimmt oder daß der Bedürftige fich bevormundet und beaufsichtigt fühlt.

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Diese individualisierende Fürsorge ist das wird in der ge= samten Wohlfahrtspflege mehr und mehr anerkannt im beson­deren Frauenfache, um so mehr, wo es sich in weitgehendem Maße um die Angelegenheiten von Frauen und Kindern handelt. In

abgetragen. Besonders wertvoll sind diese Beziehungen da­durch, daß Bettina von der Frau Rat die Jugenderinnerungen des Sohnes mitgeteilt wurden, die Goethe in Dichtung und Wahrheit  " äußerst wertvolles Material lieferten.

Wenn

Sozialismus und Nation

( Schluß folgt)

Rebo­

sagt, die soziale und internationale Tution beseitige das Vaterland, was will man damit sagen? Behauptet man, die Umwandlung einer Gesellschaft müsse sich von außen her und durch eine äußere Gewalt vollziehen? Das wäre die Verleugnung des ganzen sozialistischen   Gedankens, der erklärt, daß eine neue Gesellschaft nur erstehen kann, wenn thre Elemente schon in der gegenwärtigen Gesellschaft vorbereitet worden sind. Daher wird die revolutionäre, internationale, all­gemeine Aktion notwendig das Kennzeichen der nationalen Tat­sachen tragen. Sie wird in jedem Lande besondere Schwierig­teiten bekämpfen können, über besondere Mittel verfügen: die Eigenfräfte der nationalen Geschichte, des nationalen Geistes. Die Stunde ist vorbei, da die Utopisten den Kommunismus für eine Künstliche Blume hielten, die man nach Belieben in einem Alina, bas ein Sektenoberhaupt ausgewählt hätte, zur Blüte bringen fönnte. Es gibt kein Jfarien mehr. Der Sozialismus trennt nicht mehr vom Leben, er trennt nicht mehr von der Nation; er bedient sich des Vaterlandes selbst, um es umzubilden und zu vergrößern. Ein abstrakter und anarchistelnder Internationalis= mus, der von allen Vorbedingungen des Kampfes, der Aktion und Entwicklung jedes einzelnen historischen Verbandes absehen wirde, wäre nur ein noch erfünftelteres und altmodischeres Jtarien als jenes andere. Jean Jaurès   1912.

in die hier in Betracht kommenden Verhältnisse, eines unmittel­baren Verständnisses goraus. Wenn auch der männliche Einfluß in der Familienfürsorge nicht ausgeschaltet werden soll, wenn der Mann da am Plaze ist, wo es sich etwa um berwickelte geschäft= liche Regelungen, auch um Miet- und Schuldverhältnisse handelt oder um Berufs- und Erziehungsangelegenheiten von Knaben, so bleiben solche Fälle hinter der Fülle weiblicher Aufgaben in der Familienfürsorge doch weit zurück. Und eben weil das so ist, weil es sich in der Hauptsache darum handelt, der Eigenart der ein­zelnen und der gesamten Notlage der von den Folgen des Krieges betroffenen Frauen Rechnung zu tragen, ist die Leitung und Ge­staltung des ganzen sozialpflegerischen Gebiets in Frauenhände zu legen. Das heißt, die selbständige Mitarbeit der Frauen in der Hinterbliebenenfürsorge und der Familienfürsorge der Kriegs­beschädigten muß unter allen Umständen gesichert werden. Das Reichsarbeitsamt hat diesem Prinzip auch durchaus Rechnung getragen durch die Bestellung eines weiblichen Referenten für die Angelegenheiten der Hinterbliebenenfürsorge, und zwar mit auf Verlangen der Frauen der sozialdemokra= tischen Fraktion in der Nationalversammlung.

Die junge Bäuerin

Von Julius Zerfaß  .

Denkit du wohl jetzt an mich?-- Das Feld iit leer, wie jedes Stoppeljahr, Die Apfelbäume gähnen kabl im Winde, Und unfer altes, braunes Pferdepaar Wirft ftolz die dunkle, lange Mähne, Wenn in fein Sinnen laut die Peitsche bellt. Fuchs Schnaubt noch immer launig durch die Zähne, Ob wohl dein ,," in feinen Ohren gellt? Den Boden fucht mein Haupt wie eine Aehre, Ich trage schwer an unferm Wiederfehn, Als ob ich jetzt schon eine Witwe wäre. Und immer hör ich deine Schritte gehn. Ob du wohl eben an mich denkit, An uns...?

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Die Sonnenblumen find nun auch verblübt, Ob du wohl mählt, wo ich jetzt geh' und fäe? Ob's wohl ein Bub wird? Manchmal trag' ich's kaum Und kann nicht weinen, bin fo bleiern, müd Und warte, ob ein Wunder wohl gefchieht. Mir ist zumute wie dem Apfelbaum Es iſt fo leer auf den gepflügten Fluren, So ftillund immer muß ich denken: Ob du wohl an uns denkit...?

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Die Sonnenblumen find ja nun verblüht, bans freut sich schon auf neues Vogelfutter. Im Winter fingt er mir fein altes Lied, Ich möchte, daß er ,, Hänschen" rufen kann und ,, Mutter  ", Wenn du mal kommit

Und mäbit, wo ich jetzt fäe....