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Die Gleich beit

Gründung einer Frauengruppe in Schwerin i. Medibg. In einer startbesuchten Mitgliederversammlung des Sozial demokratischen Vereins, am 17. September, stand ein Punkt auf der Tagesordnung, der allseitig großes Interesse erweckte. Nicht nur weil diesmal eine Frau aus den eigenen Reihen von hier sprechen sollte, sondern auch, weil die Meinungen bisher noch immer recht geteilt waren, ob es für die Bewegung besser sei, wenn eine besondere Frauengruppe gebildet würde. Nun, um es gleich vorweg zu nehmen, der Antrag unserer Ge nojfinnen: Gründung einer Frauengruppe", wurde nach dem vortrefflichen Referat unserer Genoffin Herr ein­stimmig angenommen. Unser Sozialdemokratischer Ortsverein zählt fast 2000 Mitglieder, darunter erst 233 weibliche. Jetzt wollen es die Genossinnen in Kürze auf die doppelte Anzahl und möglichst auf noch mehr weibliche Mitglieder bringen. Es gäbe ja viel mehr Frauen als Männer, wurde u. a. gesagt. Die Wahlbewegung im Januar und Februar, so führte uns die Ge­nossin Herr mit viel Beweismaterial far vor Augen, habe deut Tich gezeigt, was uns fehlt. Viele bürgerliche Frauen und Mädchen hätten bei ihren Parteien tüchtig mitgearbeitet, während sich in unjeren Reihen keine Genossin bei der Wahlarbeit zur Verfügung gestellt habe. Die Gründe für dieses Fernhalten seien nicht mehr stichhaltig, die Mitarbeit der Frauen ist dringend notwendig ge­worden. Unsere Wahlerfolge seien viel erfolgreicher zu gestalten durch die opferwillige Hilfe aufgeklärter Frauen. Genossin Herr hat zahlreiche Beispiele angeführt, die zeigen, wie notwendig es ist, spezielle Aufklärungs- und Bildungsarbeit auf diesem Gebiet zu leisten. Die Frauen müssen wissen, warum sie das Wahlrecht haben, und in welcher Weise sie Einfluß und Macht für die Ge­samtheit in unserem Sinne erringen können. Die Rednerin ( eine Volksschullehrerin) fand, obwohl sie ihre erste größere Rede hielt, lebhaften Beifall. Es gab dann nur noch Befür worter jenes Antrages. Eine Kommission aus acht weiblichen Mitgliedern wurde gewählt, die sogleich an die gewünschten Ar­beiten herangehen und vierzehntägig Frauendiskussionsabende ins Werk sezen soll. Der Erfolg kann nicht ausbleiben.

Bruno Kühn .

Unterzeichnete unternahm vom 10. August bis 1. September eine Agitationstour durch den Westerwald , den oberen und unteren Bahnkreis. Es galt, die Frauen aufzuklären über ihre nächsten Arbeiten im neuen Deutschland . Auf der Frauen Konferenz hatten unsere Genossinnen aus den ländlichen Kreisen Slagelieder angestimmt, daß sie bei der Agitation vernachlässigt

ohne Vorurteile an die Verhältnisse herangutreten. Um so stärker aber ist der Eindruck, den er hinterläßt: Ja, es steht schrecklich um Rußland . Um das russische Volt. Schlimmer noch als wir es uns gedacht.

Gewiß, die Regierung gibt sich alle Mühe. Es werden wunder­schöne Gesetze erlassen. Aber sie stehen im krassesten Widerspruch zum wirklichen Leben. Lebensmittelnot, Teuerung, Schleich­handel alles wie bei uns. Nur noch tausendmal trauriger. Der ganze Sumpf des zaristischen Rußlands mit seinen Be­ftechungen, seinen asiatischen Grausamkeiten, seiner Korruption - nur in neuer Auflage.

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Lesen wir das Buch. Dann wissen wir, daß der Weg, den die russischen Kommunisten uns gewiesen, ein Jrriveg ist.

Lesen wir das Buch und gehen wir an die Arbeit zur Ver­wirklichung unserer Ziele auf dem einzigen Weg, der uns bleibt: auf dem Weg der Demokratie.

Suchen und Finden

( Eine Erinnerung)

Die Schönen Stunden fchwanden ſchnell, So schnell, wie alles Schöne flieht, Doch wenn auch das erfehnte Glück Dem Bauche gleich vorüberzieht: Im Herzen bleibt ein inniges Gedenken, Ein Sich- Erinnern, Wieder- fich- verfenken.

Ich bin fo froh, fo felig froh, Daß wir einander lo verftehn, Und habe nur den einen Wunsch:

Es möge dauernd fortbeltehn

Dies Bündnis, das die Harmonie gegründet,

In dem ein Jedes, was ihm fehlet, findet!

K. H.

Nr. 33

würden, daß ganz besonders die Abgeordneten nicht in die länd­lichen Gegenden kämen. Es war mir deshalb eine Freude, diesem Wunsche entsprechen zu können, noch größer war die Freude, als ich sah, wie sich die Versammlungen füllten, Männer und Frauen ruhig und verständig den Ausführungen der Referentin folgten. Ich gab einen kurzen historischen Rückblick über die Frauen­bewegung. Das Vorbild der alten Römerin, bevor Nom Kaiser­reich wurde, wollen wir als deutsche Frau ruhig anerkennen. Sie war die gute Mutter, die tüchtige Hausfrau, aber auch die Frau, die gleich dem Manne im öffentlichen Leben sich bewährte, freudig tzat sie für die Rechte der Republik ein. Gleich diesen Römerinnen wollen wir deutsche Frauen mit den Männern kämpfen, daß uns die Republik erhalten bleibt. Die Arbeiten, welche vom 9. No­vember bis heute trotz aller Widerstände von äußerst rechts und äußerst links, trotz des wirtschaftlichen Zusammenbruchs ge­leistet wurden, mußte ich erwähnen. Es gab da die bekannten hefti­gen Zwischenrufe, doch nur vereinzelt hatte man den Mut, in der Diskussion zu antworten; eine Widerlegung war es nie, sondern nur die altbekannte Schimpftanonade. Die Versammelten gaben überall ihren Unwillen über die Beschimpfungen deutlich zu ver­stehen. Zwei junge deutschnationale Akademiker aus Limburg , die es wagten, unsere alten Parteigenoffen Scheidemann und Ebert zu beschimpfen, mußten den Gaal verlassen. Ueberall herrschte ein fortschrittlicher Geist, in einzelnen Ortschaften traten U.- S.- P.- Mitglieder zu uns über und das erfreulichste war, es wurden überall Frauen gewonnen. In ganz schwarzen Gegenden, wie Limburg , Steinbach, Schuppach, wo wir nicht ein weibliches Mitglied hatten, kamen sie zu Duzenden. Es geht vorwärts. In Eisemroth , der Hochburg der Deutschnationalen, im Dill freis, hatten wir nie Fuß fassen können, jetzt erzichteten wir auch dort eine sozialdemokratische Zahlstelle. Die Frauen fürchteten sich allerdings hier noch, die Versammlungen zu besuchen; eine einzige war da, die anderen horchten hinter der Türe. Sicher ist, daß bei der nächsten Versammlung schon mehr erscheinen. Die bürgerlichen Blätter waren natürlich über unseren Erfolg nicht erfreut, danach hielten sie auch ihre Kritik. Vom 1. bis 7. Sep­tember fanden in Schleswig- Holstein Versammlungen statt, die dieselben Fragen behandelten. In sechs Versammlungen waren Diskussionsredner der 1. S. P. aus Hamburg erschienen. In Elmshorn war eine Sprengkolonne, die in unfeiner Weise unsere start gefüllte Versammlung vor dem Schlußwort der Referentin sprengte. Sachlich auf das Referat ging fein U.- S.- P.- Mann ein, sie erreichten deshalb auch das Gegenteil von dem, was sie

Die Urfach' allen Zwiefpalts iſt,

DaB Meních den Menschen nicht begreift; Daß fich faft jeder ſtarren Sinnes

nur auf fein eignes Ich verfteift.

Der Menfch ift Egoift im allgemeinen,

Und wahrhaft groß ift er allein im Kleinen.

Drum bleibet der zumeift für fich, Dem alles Gute mehr als Schein; Er birgt als ftilles бeiligtum

Das Edle in des бerzens Schrein; Bewahrt es treu vor frevelndem Berühren, Läßt sich von ihm den Weg zum Lichte führen.

Doch klopfet leis die Zauberband Ans бerz, und fällt die Seelenhülle, Dann ſtrömet Freude, Liebe, Glück, Und Glockenklang erfüllt die Stille.

Doch kann nicht jeder diefen Bann zerbrechen: Nur Freunde können zu einander fprechen.

Meu zaubert die Erinnerung Entichwundnen Glanz vor unfer Auge, Und mit Entzücken fühlen wir's, Wie eines für das andre tauge.

Mir gab der Zufall, was ich längst vermißt: Die Schwefter, der mein Ich kein Rätfel ift. Und wie Du mich, fo will auch ich Dich leiten In fchönen, lichterfüllten Sonntagsftunden, Im Suchen wird fich бerz und Seele weiten, Und eines fagt's dem andern, Wenn es beim frohen Wandern

Ein neues, fchönes Reich hat aufgefunden!

C. D.