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Die Gleich beit

in der Hamburger Bürgerschaft unter 134 Abg. 17 Frauen, in der Bremer Bürgerschaft unter 200 Abg. 16 Frauen, in der Lübecker   Bürgerschaft under 80 Abg. 7 Frauen.

Von den weiblichen Abgeordneten in den deutschen   Parlamen ten gehören an: der. Sozialdemokratischen Partei 64, den Unab hängigen" 13, der Kommunistischen Partei 2, der Deutschdemo­Iratischen Partei 37, der Deutschnationalen Volfspartei 9, der Deutschen Volkspartei ŏ, der Christlichen Volkspartei 19, der Bayerischen Volkspartei 3, den Landeswahlverbänden 3.

Verband sozialistischer Lehrer und Lehrerinnen Deutschlands   und Deutschösterreichs.

Der zweite Kongreß unseres Verbandes findet vom 2. bis zum 5. November in München   statt. Tagesordnung:

1. Wir und die Lehrervereine.

2. Richtlinien für ein sozialistisches Schulprogramm. 3. Dringliche Organisations- und Tagesfragen.

Alle sozialistischen Lehrer und Lehrerinnen werden aufgefor­dert, Bertreter zum Kongreß zu entsenden. Jede, auch die kleinste Ortsgruppe, hat das Rechy, einen Vertreter zu schicken.( Anmel dungen auf Hotels find zu richten an den Wohnungsausschuß, München  , Frühlingstraße 23, G. g. L)

Um wiederholtes Versprechen einzulösen und auch um meinen Wählerinnen Rechenschaft über die Arbeit der Frauen in der Nationalversammlung   zu geben, benutzte ich die Ferien der Na­ tionalversammlung   dazu, in nachstehenden Orten über das The­ma:" Die politische Lage und die Frau im neuen Deutschland  " zu referieren. Ich sprach in Schöneck  , Falkenstein  , Ortmanns­dorf, Cainsdorf  , Planik, Netzschkau  , Plauen  , Reichenbach  , Auer­bach, Michel, St. Jakob, Turm, Glauchau  , Auerbach  , Hohenstein­Ernstthal, Oberlungwik, Markersdorf, Gelenau  , Chemnik, Ober­gruna, Großboigtsberg, Gröba und Grödik. Der gute Besuch und die vorzügliche Stimmung in den Versammlungen sind ein Be­weis dafür, daß die Frauen jetzt mehr als früher Anteil am öf­fentlichen Leben nehmen. Es muß unsere Aufgabe sein, dahin zu streben, daß der durch die Revolution gewonnenen politischen Freiheit recht bald auch die wirtschaftliche folgen kann. Die Arbeit der Nationalversammlung   wird bald erledigt sein und die Reichstags­wahlen stehen vor der Tür. Darum, ihr Arbeitsschwestern des Erzgebirges und des Voigtlandes, sest euer Bestes daran, alle noch nicht zu uns gehörigen Frauen aufzuklären, damit die Or­ganisationen gestärkt, die Arbeiterpresse und die Gleichheit" in jedem Arbeiterhaushalt gelesen werden.

Die wenigen an der Diskussion teilnehmenden Redner, die ausschließlich der K.P.D.   angehörten, fanden mit ihren Ausfüh­Minna Schilling. rungen wenig Erfolg.

Am 6. Oktober fand in Schwerin   die erste Versammlung der sozialdemokratischen Frauengruppe statt. Anwesend waren airfa 80 Genofsinnen, 20 Frauen traten der Partei bei. Nachdem die Vorsitzende die Anwesenden mit herzlichen Worten begrüßt hatte, betonte sie, daß es unsere Aufgabe sein müsse, alles zu tun, da­mit die Einigkeit im Interesse unserer gemeinsamen Arbeit nicht gefährdet würde. Wir alle wollen voneinander lernen. Gin­ftimmig wurde beschlossen, teine Neuwahl des Vorstandes vor­zunehmen, dagegen mußten aber einige Sabungen besprochen werden. Die Frauengruppe ist in 3 Abteilungen eingeteilt wor­den. Die erste und zweite soll politische und wirtschaftliche Vor­träge veranlassen, die dritte dagegen für Unterhaltung sorgen. An der Spike jeder Abteilung steht eine Leiterin, die mit dem Vorstand über die zu haltenden Vorträge beschließen muß, wenn aus den Versammlungen heraus keine besonderen Vorschläge ge geben worden find. Wichtige Beschlüsse werden dem Gesamtvor­stand der S.P.D. vorgelegt, damit die Genossen ständig von un­serem Wirken unterrichtet sind. Versammlungen haben alle drei Wochen fattzufinden, die Vorträge wechseln nach den Abtei lungen. Zu den Unterhaltungsabenden sollen die Genossinnen der Arbeiterjugend, sowie auch Freundinnen unserer Frauen zu­gelassen werden. Bekanntgegeben werden die Veranstaltungen immer im Freien Wort". Ferner wurde beschlossen, der Orts­frankenkasse den Antrag vorzulegen, daß in Zukunft den Strantenfaffenmitgliedern, sowie auch den Frauen der Versicherten Hauspflege zugefichert werden soll. Durch ein Rundschreiben an die sozialdemokratischen Vereine in den anderen Städten müssen

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die Genossinnen aufgefordert werden, dem Beispiel der Schive= rinerinnen zu folgen. Um in ganz Mecklenburg   öffentliche Frauenversammlungen abhalten zu können, wollen wir die Genossin Juchacz   bitten, eine Rundreise durch Mecklenburg   zu unternehmen. Befriedigt von dem guten Verlauf des Abends gingen die Ge­nossinnen um 10 Uhr auseinander. Wenn jede Genossin sich bemüht, mitzuhelfen an dem großen Werk zur Befreiung der Menschheit, dann werden wir unserem schönen Ziele nicht mehr fern sein. Frieda Haller  , Schwerin  .

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Der Bund Deutscher Frauenvereine  hat im September feine 11. Generalversammlung in Hamburg  abgehalten. Neben Berufsfragen find vornehmlich Frazen er örtert worden, die ganz besonders das Interesse der Frauen als Wählerin, Erzieherin, Hausfrau und Mutter berühren. Wieder­holt ist hervorgehoben worden, daß der Bund Menschheitsinter­essen vertreten will und damit in erster Linie die Förderung der Fraueninteressen beabsichtigt. Aus dem heutigen Recht, das ja borläufig nur eine staatsrechtliche Gleichstellung ist, soll ein Menschenrecht werden. Dazu will der Bund sein Teilchen bei­tragen. Sicherlich ein vornehmes Beginnen, dem man Erfolg auf der ganzen Linie wünschen möchte. Doch alle Arbeit in dieser Richtung wird ein vergebliches Mühen sein, da es ein Unding ist, die Frauen aller Klassen und Stände unter einen Hut bringen zu wollen. Die Interessen einer Gräfin Westarp und die eines Dienstmädchens find nun einmal grundverschieden und werden es auch bleiben, solange es noch Arme und Reiche geben wird. Da mag der Bundesvorstand noch so sehr nach einer Plattform suchen, die von beiden betreten werden soll und kann, finden wird er sie nicht. Denn auch hier stehen die verschiedenen Weltanschauungen einander gegenüber. In der Aussprache ver­nahm man denn auch recht deutlich die ersten Klänge des poli­tischen Erwachens. Und dieser Teil der parteipolitisch orientier­ten Frauen wird zweifellos an Boden gewinnen. Nach und nach werden die Mitglieder des Bundes zu der Einsicht kommen, daß auch für sie die beste Interessenvertretung die gewerkschaftlichen und politischen Organisationen sind.

Die Regelung aller Berufsfragen ist Aufgabe der gewerkschaft= lichen Organisation. Denn dese allein hat die Macht und die Kraft zur Behebung aller Mißstände, die aus dem Arbeitsver­hältnis erwachsen. Auch die Grundforderung: Gleicher Lohn für gleiche Leistung" oder: Gleicher Lohn bei gleicher Verwendbar­feit" fann nur durch die gewerkschaftliche Organisation mit Er. folg durchgeführt werden. Will man aber gesetzgeberische Maß­nahmen mitgestalten helfen und beeinflussen, so ist der gerade Weg die politische Organisation. Sind Fragen zu regeln und zu behandeln, die das besondere Interesse der Frauen berühren, dann werden interfraktionelle Besprechungen zu einer Verstän digung oder Annäherung führen. Dabei braucht niemand seine Grundanschauungen preiszugeben und darauf fommt es Durch Kampf und Arbeit in den gewerkschaftlichen und politischen Organisationen werden die Frauen dem wirtschaftlichen, sozialen und politischen Leben die Wege zu weisen haben, die zum Menschenrechte führen. Johanna Reite.

Aus der Frauenbewegung des Auslandes

an.

Frauenwahlrecht in der Schweiz  . Der Baseler Regierungsrat unterbreite: dem Großen Rate einen Vorschlag über Einführung des Frauenstimmrechts. Ehegatten dürfen nicht gleichzeitig Mitglieder des Regierungsrats sein.

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Die Genossin Ethel Snowden  

besuchte in Wien   die Hospitäler und andere Wohlfahrtsanstalten, in denen hungernde Kinder untergebracht sind, und glaubt, daß die Macher des Friedensvertrages ihre Beschlüsse vielleicht mehr überlegt hätten, hätten sie die Leiden und Entbehrungen der Kinder und die Wirkungen ihrer menschheitszerstörenden Politik gesehen. Wenn sie nach London   zurückkommt, will sie die Augen des englischen Volkes, und besonders die der Arbeiterpartei, öffnen, damit das Volf erfährt, was in seinem Namen hier verbrochen wurde und in welcher Weise die ökonomische Gristenz der Nation ruiniert wird.

Verantwortlich für die Redaktion: Frau Klara Bohm- Schuch. Druck: Borwärts Buchdruckerei. Berlag: Buchhandlung Vorwärts Paul Singer G. m. b. S. sämtlich in Berlin   SW 68, Lindenstraße 3