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Die Gleich beit
Nun waren fie der freien Arbeiterin gleichgestellt und nur die Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuches haften Gültigkeit für den Dienstvertrag.
Ein gefeßlich festgelegter Arbeitstag, Arbeitsverträge und Lohn tarife fonnten geschaffen werden. Jegliche polizeiliche Einmischung fiel fort und die Dienstbotenbücher verloren ihre Das feinsberechtigung.
Landesbehörden schafften in Elle Hausangestelltenrechte und ein Reichsgesetz steht in Vorbereitung, um zu berhüten, daß wir trieder an Stelle der 44 Gefindeordnungen die verschiedenen Landesrechte haben.
Die Gerichtsbarkeit ist einheitlich zu regeln. An Stelle der mtsgerichte fommen die Gewerbegerichte( Sausangestellten gerichte) in Betracht. Als Uebergang find vorläufig Schiedsgerichte vorhanden, bei denen Hausfrau und Hausangestellte neben einem Unparteiischen ihr Urteil abgeben.
Ein großer Sprung in furzer Zeit, der nicht hätte ausgeübt werden können, wenn nicht schon jahrzehntelang von der So gialdemokratie und den freien Gewerkschaften, sowie von dem Zentralverband der Hausangestellten an der Beseitigung der Gesindeordnungen hingearbeitet worden wäre.
Auch weiterhin fann die ganze Lebenslage der Hausange stellten nur gehoben werden durch die Organisation. Darum liegt es im Intereffe jeder einzelnen, sich dem Zentralverband der Hausangestellten anzuschließen. Helene Grünberg.
Rundschan
Wäschereien für Minderbemittelte
Für den, der bezahlen tann, gibt es genug Waschanstalten. Wie aber sieht es bei den Familien aus, die nicht mit Glücksgütern gesegnet sind? Mit wie vieler Mühe und Arbeit sind alle die. Frauen geplagt, die in jeder Woche die Wäsche zum Sonntag wieder fauber gewaschen und ausgebeffert für die Ihrigen her richten müssen. Wegen Mangel an Unterzeug tönnten sie sonst ihre Kinder mcht alle acht Tage einmal mit sauberer Kleidung bersehen. Es würde von Taufencen mit Freuden begrüßt werden, wenn überall in früheren fürstlichen Waschan stalten Wäschereien für Minderbemittelte eingerichtet würden. Oft, wenn ich mit meinen Kindern bei der früheren Großherzoglichen Wäscherei vorbei kam, habe ich mit wehem Herzen an die vielen armen Frauen gedacht, die nicht wissen, wann und wie sie das Allernötigste sauber bekommen werden. Die finderreichen Mütter waschen durchschnittlich in der Nacht, wenn die Kinder schlafen; die auf Arbeit gehenden Frauen Sonntag für Sonntag. Wie unendlich viel Feuerung kosten diese wöchentlichen Wäschen. Es ließe sich sehr viel Heigmaterial sparen, wenn eine Wäscherei für Minderbemittelte ins Leben gerufen würde. Auch in gesundheitlicher Beziehung wäre eine solche Einrichtung sehr zu empfehlen. Wird doch die Wäsche im Winter nicht in einigen Tagen trocken, da muß dann meist in der ein. gigen geheizten Stube am Ofen nachgeholfen werden, weil sie fonft bis zum Sonntag nicht ausgebessert werben tann. Dunst, Feuchtigkeit, Hunger und Kälte sind es, welche die Gesundheit der Armen im Winter zerstören. Gebäude und Einrichtungen fino in vielen Orten Deutschlands vorhanden, es muß nur zuge griffen werden, dann wird es schon möglich sein, die Not so vieler zu lindern. Vielleicht ließe es sich sogar einrichten, daß man in einer solchen Anstalt, ohne öffentliche Mittel dafür in Anspruch zu nehmen, die Wäsche zum Friedenspreis gereinigt be fäme. Von einer Blätteret müßte vorläufig Abstand genommen werden, weil dann der Preis wieder zu hoch würde. Eine geeig nete Persönlichkeit, die mit dem Wäschereibetrieb vertraut ist, würde sich schon finden. Hoffentlich tragen diese Seilen dazu bei, den zuständigen Behörden einen Weg zu zeigen, der der minderbemittelten Bevölkerung zum Segen gereichen würde.
Frieda Haller.
Ans der Frauenbewegung des Auslandes
Gemeindliche Schulkinderbekleidung in Amsterdam . Die Gemeindevertretung der Stadt Amsterdam beschloß am 6. November nach heftiger Debatte, neben der Beföstigung für bedürftige Schulkinder auch deren Bekleidung von Gemeinde wegen zu be forgen. Als Anhalt für, den Begriff Bedürftigkeit hatte der Magistrat eine Stala vorgesehen, wonach die Bedürftigkeit bet Familien mit einem Kind angenommen wird, wenn der
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Wochenlohn nicht über 20 Gulden( nach Friedensturs rund 32 M.) per Woche beträgt, welche Grenze bei fechs Kindern auf 26 Gulben gefekt wurde. Den Antirevolutionären( etwa zu vers gleichen mit den Konservativen in Deutschland ) ging die Vorlage zu weit. Sie hätten die Bekleidungsfrage am liebsten in dem bisherigen beschränkten Maße der privaten Initiative unter Mitwirfung der Lehrer und mit städtischem Zuschuß weiter erledigt gefehen. Schließlich machten sie geltend, daß die Kosten den durch eine 20 Jahre alte Regierungsverordnung festgesetzten Betrag von zehn Guloen überschreiten würden, die von den Gemeinden zum Zvede der Förderung des Schulbesuchs per Mind und Jahr ausgegeben werden dürfen. Die vom Referenten und den sozialdemokratischen Rednern geäußerte Geringschäzung vor dem„ Ge sch" würden sich vielleicht noch einmal bös rächen. Die Redner der fozaldemokratischen Arbeiterpartei( S. D. A. P. ) traten energisch für die Vorlage ein. Sie erklärten, gleich den Kommu niften, die vorgeschlagene Einkommenstala für zu niedrig und er reichten das Versprechen einer loyalen Auslegung und ferner ,. daß man im Brinzip die Notwendigkeit eines Sonn- und munisten, deren Hauptrebner, Frau van Jelm. zweifellos em eines Werktag Batjes"( Anzugs) anerkennen werde. Die KomVerdienst an den erreichten Versprechungen zufällt, waren im übrigen im Forberit nicht leinlich". Sie verlangten, daß alle infommen unter 3000 Gulden per Jahr in den Rahmen der Bedürftigke it fallen follten! Womit sie zugleich die mora lische Wirkung der von Frau van Jelm geübten Kritik fotrohl an der bisherigen Art der städtischen" Bekleidung( be sonders auch in äußerlicher Hinsicht), als auch der Beschuhung und der Beköstigung abschwächten.
Schulklassen mit höchstens 30 Rinbern. Auch in Holland ist nicht alles Gold, was glänzt. Aber im Schulvesen hat Holland uns in den letzten 20 Jahren zweifellos in mehr als einer Beziehung überholt. Der weltliche Charakter der öffentlichen Schule besteht schon geraume Zeit. Allerdings ist es den alten Rechtsparteien gelungen, bei der letzten Verfassungsänderung durchzudrücken, daß die Eltern das Recht haben, selber konfessionelle Schulen zu gründen( wo sie nicht schon bestehen), und daß der Staat diesen fortan die gleiche finanzielle Beih'Ife zu leisten hat als den gemeindlichen Schulen. Eine Bedingung, die die Sozialdemokratische Arbeiterpartei unter Breisgabe ihres früheren Schulprogramms in Rauf nahm, um nicht die Verfassungs und damit die Wahlrechtsreform scheitern zu lassen. Bon hohem Werte ist aber vor allem die politische Unab hängigkeit, die die Lehrer und die Lehrermnen der gemeindlichen Schulen in Holland genießen. Sie, die eine die Individualität und Menschenrechte respettierende Ausbildung genießen, die trohituend von dem unwürdigen preußisch- deutschen Seminardrill abweicht, fönnen sich aktiv in einer politischen Partei, melcher immer, betätigen, ohne daß ihnen etwas in den Beg gelegt wird. Auch in privatrechtlicher Beziehung wird die persönliche Freiheit der Lehrer in hohem Maße respektiert. Als 3. B. vor einigen Jahren ein Amsterdamer Volksschullehrer ente lafsen wurde, weil er sich geweigert hatte, seiner freien Ghe den gefeßlichen Stempel aufbrüden zu lassen, entspann sich eine sehr heftige Debatte in der Bresse, bei der auch angesehene Bürgerliche eine Lanze für den Entlassenen brachen. Ein bekannter Professor berwies u. a. darauf, daß einem Lehrer billig sein müffe, was einem sehr geschäßten Minister recht sei. Allerdings ist es in diefem Falle bei der Entlassung aus dem Schuldienst, für die auch einer der give: fozialdemokratischen Stadträte gestimmt hatte, geblieben. Die Einwendungen der Eltern verschiedener Kinder waren dabei hauptsächlich maßgebend.
Worin die öffentlichen Schulen in Holland sich aber vornehmlich auszeichnen, das ist die niedrige Klaffenbefebung. Einen weiteren Schritt vorwärts auf diesem Gebiete machte jüngst die Gemeindevertretung vom Haag. Der Magistrat ließ burch Stadtrat Albarda( der erste Sozialdemokrat in der Haagschen Stabiverwaltung) eine Borlage begründen, wonach die Höchstzahl der Schüler in den Gemeindeschulen auf 80 per Staffe festgesetzt war. Die Vorlage fand nach lebhafter Debatte Annahme. Die Kommunisten hatten unter Berufung auf einen Vorschlag im Organ des Niederländischen Lehrerbundes( Abteilung Haag) beantragt, die Höchstzahl auf 24 au feben.