Nr. 43

Die Gleich beit

Willkür und Ungebundenheit nicht mit Maß und Ordnung befreunden fönnen.

Wenn nun zu dieser Wandlung, die in starkem Maße durch die vertiefenden, geistesbildenden historischen Studien herbei­geführt wurde, auch die eigene Lebenserfahrung und Lebens­gestaltung Schillers beitrug, so darf doch ihr Wert keinesfalls berkannt werden. Ist es doch eine Wandlung, die in manchem ,, Geringern im Geiste" die Meinung heranbilden würde, daß er es zu einer gefestigten Weltanschauung gebracht, daß er sein Biel erreicht habe, daß er eine Persönlichkeit geworden sei.

( Fortsetzung folgt)

Das Interesse der Allgemeinheit

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wird verlangt, daß der Mann nach Absolvierung einer be­stimmten Lehrzeit bei einem Kreisphysikus ein Gyamen machen muß. Für einen Krankenhauswärter ist das jedenfalls über­flüssig! Hier kommt der Mann hinein, macht nur die ersten 8 bis 14 Tage feine Nachtwache, sonst aber sofort jeden Dienst. Es wird ihm allerdings gezeigt, wie man Verbände anlegt; begreift er das nicht sofort, dann wird er tüchtig angeschnauzt. Nach 8 bis 14 Tagen ist er ausgebildet. In dieser kurzen Zeit hat er sich aber die Fähigkeit" erworben, um mit der Pflege selbst schwerkranker Patienten betraut zu werden."

an der Ausbildung des Krankenpflege-, mit einem Plan für Ausbildung in der Krankenpflege" erließ. Massage- und Badepersonals

Von G. Renner

( Schluß)

Am 11. Juni 1900 brachte Genosse Antric anläßlich der Be­ratung des Seuchengesetes die ganze Misere der Krankenpflege, insbesondere das soziale Elend des Pflegepersonals, zum ersten Male im Reichstage zur Sprache. Ueber den Wert, den die An­staltsverwaltungen auf die Vorbildung ihres Pflegepersonals Tegten, führte er folgendes aus:

,, Meine Herren! Wenn ich hier auf die Wärterfrage zurück­komme, dann kann ich Ihnen Dinge mitteilen, die Verwunde rung erregen werden. Zunächst ein paar Worte über die An­stellung der Wärter. Wer wird zum Wärter genommen? Meine Herren! Sie verlangen jedenfalls, wenn Sie einen Menschen zu einer gbeliebigen Arbeit nehmen, und mag diese noch so leicht auszuführen sein, daß er auch die Fähigkeit hat, diese Arbeit auszuführen. Bei Krankenpflegern. scheint das alles nicht nötig zu sein! Hier, wo es sich um Leben und Gesundheit von Tausenden von Menschent allerdings sind es teine Reichen, sondern nur Arbeiter handelt, scheinen ganz andere Grund-, ´ob er die jäße Platz zu greifen. Ein jeder, der sich meldet Fähigkeit zu diesem Beruf hat oder nicht wird genommen! Die Nachfrage nach Wärtern ist so groß, daß man nicht sehr wählerisch sein darf. Nur wird ein solcher Mann, der auf die eben geschilderte Weise Wärter geworden, der nicht mal einen bestimmten Lehrkursus durchzumachen hat, auf die Kranken los­gelassen. Von einem Privatmärter verlangt man mehr. Da

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Feuilleton

Einiame Blume

Auf der Straße fand ich dich liegen; Wer verlor dich aus feinem Strauß?

Komm, du einiame Margarite,

Blühen follft du in meinem Haus.

-Deine Blätter ftreichle ich leiſe;

Sorgend geb' ich dir Walfer   und Licht.- Hungert wohl auch, verlaffen am Wege, Irgend ein Kind- und ich weiß es nicht?!

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Karla Herr.

Bei diesem Zustande ist es fast allgemein bis auf den heutigen Tag geblieben. Antrid und andere Genossen, beispielsweise Singer, die diese Kritiken alljährlich im Reichstag wiederholten, erreichten zunächst, daß der Bundesrat am 22. März 1906 Vor­schriften über die staatliche Prüfung von Krankenpflegepersonen" Eine Maßnahme, die von vornherein zu geringer Bedeutung ver­urteilt war, weil sie nicht obligatorischen Zwangscharakter trägt, sondern nur fakultative Halbheit ist. Sozialdemokratische Reichstagsfraktion und Verband der Gemeinde- und Staatsarbeiter haben wiederholt tersucht, durch Anträge im Reichstage und Eingaben an das Reichsamt des Innern den Karren weiter zu schieben. Aber vergebens. Noch am 9. Februar 1914 begründete Antrid im Reichstage eine sozialdemokratische Resolution, in der es u. a. hieß:

,, Der Reichstag wolle beschließen, die verbündeten Regierungen zu ersuchen, durch gesetzgeberische Vorschläge im Interesse des Krankenpflegepersonals folgenden Anforderungen stattzugeben:

,, Obligatorische Ausbildung des im Pflegeberuf tätigen Personals, einschließlich des Massagepersonals.- Neurege­Tung der bestehenden Prüfungsvorschriften."

Das war aber nur ein Predigen für taube Ohren. Reichstag  und Bundesrat lehnten die Anträge ab. Kein Wunder, daß die einzelnen Bundesstaaten der Frage noch weniger Interesse ent­gegenbrachten. Die meisten haben sich nicht einmal die Mühe gemacht, Ausführungsbestimmungen zu den Bundesratsvorschriften au erlassen.

So kommt es, daß jetzt nach 13jährigem Bestehen der Prüfungs­vorschriften kaum einige Dußend Krankenpflegefchulen in Deutschland   bestehen, die jenen Vorschriften entsprechen. Sie befinden sich fast ausnahmslos in Preußen. Nur Dresden  , und Hamburg   besitzen noch je eine. Das ist natürlich bei der großen Krankenhäuserzahl nur ein Tropfen auf einen heißen

Sie wahm ihre Zeichen- und Malstudien wieder auf und er­kannte, wie die sanften Schönheitslinien, die zarten Ab­stufungen des Lichtes und der Farbe überall das Maß" predigen, das Wort, das eigentlich die Definition aller geistigen und physischen Schönheit enthält.

Doch in all der sie umgebenden Harmonie und Schönheit sagte sich die junge Malvida schon: Die Stunden der Ju­gend, der Schönheit, der Poesie sind denen, die für ein Ideal leben, nur gegeben, um ihren Mut aufrechtzuerhalten, ihr Herz zu erfrischen. Aber das Leben ist ein Kampf ohne Auf­hören, ein Weg, der durch einsame Wüsten führt.

Bereit, diesen schweren Weg zu wandeln, fehrte sie in die Heimat zurück. Sie wurde bald auf eine harte Probe gestellt, denn der Arzt verbot ihr wieder ihrer Augen wegen ihre Lieblingsbeschäftigung, das Malen, und zwar für im­mer. Sie fämpfte schwer gegen die Härte dieses Schicksals.

Frauengestalten des 19. Jahrhunderts Doch bald fand sie ein mächtigeres Mittel, ihrem Leben ein

Ehe

Von Anna Blos  , M. d. N.

( Fortsetzung)

Che es aber zu einer näheren Bekanntschaft kam, sollte sich ihr Traum erfüllen, den sie schon seit ihrer Kindheit hegte; sie sollte den Süden kennenlernen. In Begleitung einer Verwandten reiste sie durch die Schweiz  , die Rhone   entlang, nach der Provence  . Die ernste Majestät der Alpen   wirkte so mächtig auf sie ein, daß sie fast von Heimweh nach Deutsch  land ergriffen wurde Dann aber erschloß sich ihr die ganze Offenbarung des Südens, so wie sie sich ihn erträumt hatte. Immer mehr nahm sie die Idee der reinen Schönheit in sich auf, die für sich selbst da ist und sich durch die vollendete Form ausdrückt, so wie der griechische Genius fie begriff.

Ziel zu geben, als Religion und Kunst es gewesen wären, nämlich die Arbeit am Fortschritt der Menschheit durch den Gedanken und durch die Tat. In ihrer Familie fand sie allerdings wenig Verständnis für das, was sie bewegte. Um so mehr gab sie sich dem Gedankenaustausch mit dem jungen Theologen hin, den sie vor ihrer Reise kennengelernt hatte. Durch ihn fam sie zu der Erkenntnis, daß all ihre schmerzlichen religiösen Kämpfe nur die legitime Empö­rung" des freien Gedankens gegen die versteinerte Ortho­Dorie gewesen waren. Immer weiter folgte sie ihm in die scharfe gesunde Kraft der Kritik und arbeitete sich zu einer demokratischen Weltanschauung durch. Bald wurde aus die­sen Verständigungen über die höchsten Interessen des