Nr. 11

Die Gleich beit

schüßen und umgefehrt einen erzieherischen Einfluß auf die anderen Kinder zeitigen müßte. Daneben kennen die, die sich heute der gemeinsamen Schule widerseßen, genau die Folgen, die es haben muß, wenn nach gemeinsament Schulbesuch nur diejenigen aufsteigen, die dazu die Mittel haben, gleichgültig, ob sie vorher die schlechtesten Schüler waren oder nicht, wäh­rend gute, aber arme Schüler mit dem Wunsch zur höheren Ausbildung sie nicht erwerben fönnen. Sie wissen, daß die un­ausbleibliche Folge der gemeinsamen Grundschule der Aufstieg Der Begabten ist, und mit ihm der Zustand aufhören muß, daß die höhere Bildung ein ausschließliches Vorrecht der Besiken­den ist. Sie wissen auch, daß die gegenseitige Abschlichung Der einzelnen Boltsklassen bei einem gemeinsamen Schulbesuch in den ersten Jahren erschwert wird. Die theoretische Begrün­dung liefern den Gegnern der Einheitsschule verschiedene Psychologen, die die Ansicht vertreten, daß die Begabung der Kinder abhängig sei von der Volfsschicht, aus der sie stammen, auch Bädagogen, wie der Berliner   F. J. Schmidt und Fried­ rich Wilhelm Förster  , die vor Gleichmacherei warnen, weil fie( Förster) die erzieherische Bedeutung fester ererbier Le­bensweise aufs höchste bewerten und die Anpassung des einzel­men an solche Lebensfreise in den Mittelpunkt aller didaktischen und erzieherischen Bemühungen stellen wollen. Allerdings steht die Mehrzahl der Pädagogen auf dem Boden der Einheitsschule.

Wir Sozialdemokraten, die wir durch den demokratischen Staat den Sozialismus und durch ihn die Ueberwindung der Silajiengegensätze zu erreichen anstreben, wollen zur Erhaltung und zum Ausbau des demokratischen Staates ein Schulwesen. das jedem die Möglichkeit gibt, nach seiner Neigung und feinen Fähigkeiten zu lernen und den Tüchtigen aus allen Bolksfreisen den Ausstieg ermöglicht. Wir wollen die Stan­desumterschiede schon heute so weit wie irgend möglich aus­merzen. Wir haben mit dem Schulfompromiß der Verfassung ein schwerwiegendes Opfer gebracht, um der Regierung cin breites Fundament im Bolle zu geben. So konnten wir die einheitlich bekenntnisfreie Schule nicht durchsetzen. Die Ein­heitsschule aber ist mit dem Kern unseres Programms so eng verbunden, daß wir auf ihrer Durchführung bestehen müssen.

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Feuilleton

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Wie kann man fich felbft erkennen? Durch Betrachten niemals, wohl aber durch бandeln. Verfuche deine Pflicht zu tun und du weißt gleich, was an dir iſt! Was aber ist deine Pflicht? Die Forderung des Tages.

Wie ich als Frau den Krieg sah

Aus Tagebuchblättern von Erna Büsing Erichs Tod.

Goethe.

( Schluß)

Erich starb in einem Striegsjenchenlazarett. Der Tod war ihm Erlöser, denn eine andere Erlösung gab es augen­blicklich nicht für ihn. Er war förperlich zermürbt und geistig gebrochen.

Erich, ich hatte Dich lieb, ich habe Gutes und Schönes für Dich gewünscht, ersehnt und gehofft. Liebe ist Egoismus, ja, ja! Ach, war es denn ein solcher Eigennut. Dir etwas Gutes au wünschen; ich habe ja solche Liebestraft in mir, daß ich bus tiefstem Herzensgrunde heraus allen Menschen Gutes viinschen kann. Warum muß meine große Weibesliebe zer­Schellen?

Erich. Du mußtest sterben, denn das Leben ist zurzeit nichts für zarte Seelen; aber, Erich, ich für mein Teil will mit dazu beitragen, die Frauen aufzurütteln, damit in Zukunft nicht nur die Rohlinge das Gebäude der Welt zimmern, damit auch wir daran arbeiten können, auf daß auch für die Schnvachen. für zarte Seelchen und für die Träumer, des Schönen Woh nungen in der Welt geschaffen werden.

Sule

Von F. Brachwitz

Wie kam es nur, daß du als Gaft So früh von hinnen gingft? Schon nach fo kurzer Erdenraft Den Todespfeil empfingit?

Du warit des Haufes fonnig Glück, Von allen gern betreut,

Dein jugendfroher beller Blick Sich ſtets in Lieb erneut'.

Gingit leichten Schritts durchs Kinderland, richt Schmerz dich traf, nicht Leid Bis dir des Krieges raube Fand Allbeides hingeftreut.

Als dann des Schattenreiches Fee Dir nahte stumm und leis, Befchlich unfagbar großes Web bienieden unfern Kreis.

Dein Leben war ein Gruß der Welt, Du kamit einit wonndurchglüht, Und gingit nun beim, ein kleiner Held, Ein füß verklingend Lied.

Die Kindertuberkulose

Bon Eduard Gräf

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In Nummer 1 der Gleichheit" bom 3. 1. 20 schreibt Emilie Baldamus iiber die große Gefahr, in der unsere Stinder schweben und daß die Drüsentuberkulose unsäglich viele Opfer fordert. Die Volksernährung hat sich nicht gebessert und daher ist in absehbarer Zeit fein Rückgang der Kindersterblich­feit zu erivarten, wenn jetzt nicht alles daran gesetzt wird, diesem Schrecken Einhalt zu gebieten. Wie sehr die Tuber­tulose infolge Unterernährung in Deutschland   zugenommen

Sie hätten mich gehängt.

Hente war ich bei einem orientalischen Diplomaten. Er ist der geborene Herrscher, denn er versteht etwas aus sich zu machen, und in seinem Hause ist eine solche Atmosphäre, daß ein Fremdling kurzerhand immer um Entschuldigung für feine Anwesenheit bittet.

Er weiß, daß mein ganzes Ich eine restlose Verneinung des Krieges ist, und so sprach er mit mir über manche Dinge und bekannte sich frei und offen als Friedensfreund. Ich dachte, nun kommt für Dich die Erlösung. Hier ist ein Mensch, der nicht will, daß die Menschheit mit Füßen getreten wird; der für seine Gedanken Worte finden wird, der an die Liebe glaubt und die Liebe inmitten des Hasses predigen wird. Er sagte jedoch:" Ich sah die furchtbare, die unerträg­liche Not in meiner Heimat, doch ich sagte nichts, denn dann hätten sie mich gehängt."

Im selben Augenblick war ich mit ihm fertig. Wer in seiner Stellung, in jener Macht sich zu den Gedankengängen, die er entwickelte, durchgerungen hat, der muß sprechen, der muß seine Mission mit der inbrünstigen Hingabe seines eigenen Ichs besiegeln. Der fann weder um den Schiffbruch seiner Idee, noch um den Tod zittern. Ich werfe ihm daher auch nichts vor als sein Leben.

Stihl sagte ich daher( Onkel Ottomar hat ja Berbindungen, ich darf mir also viel erlauben): Exzellenz, ist das gut, daß Sie schwiegen und daß Sie nicht gehängt wurden, denn sie hätten einen Unwürdigen gehängt."

Mütter.

Bergangene Nacht mußte ich wartend ein paar Stunden auf einem Bahnhof verbringen. Ich ging in das sogenannte Damenzimmer. Bald nach mir trat eine Frau ein, die einen