Nr. 13/14
30. Jahrgang
Die Gleichheit
Seitschrift für die Frauen der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands
Mit den Beilagen: Für unsere Kinder. Die Frau und ihr Haus
Die Gleichheit erscheint wöchentlich
Preis: Monatlich 1,20 Mart, Einzelnummer 30 Pfennig Durch die Pont bezogen viertelfährlich ohne Bestellgeld 3,60 Mark; unter Kreuzband 4,25 Mart
Der monarchistische Putsch
In dem letzten Leitartikel der Gleichheit" sprach ich von der Interesselosigkeit der Frauen gegenüber den politischen Ereignissen und von der Notwendigkeit des Wachseins gegen reaktionäre Umsturzgelüfte. Diese Nr. 12( vordatiert vom 20. März) stand gerade zum Druck, als der Putsch des 13. März über Berlin hereinbrach. Schneller als es in unserer Partei ein Mensch geahnt hatte, war das Unwetter zum Ausbruch gekommen, dessen Vorzeichen sich allerdings Tage zuvor in bedenklicher Weise bemerkbar machten.
Es waren sowohl in unserer Partei wie in anderen Parteien Bedenken gegen den Baragraphen der Reichsverfassung, welcher die Wahl des Reichspräsidenten durch das Volk vorschreibt, laut geworden. Wir hatten diese Bedenken schon bei der Schaffung der Verfassung geäußert, weil bei diesem Wahlmodus gar leicht eine Stimmungswahl zustande kommen kann, die für das Amt des Neichspräsidenten geradezu verhängnisvoll werden kann. Darum wünschten weite Kreise des Bolkes und des Parlamentes, daß die Wahl des Präsidenten durch die gewählten Volksvertreter vorgenommen werden follte. Feste Form hatten diese Wünsche aber noch nicht. Da kam durch einen Antrag der Deutschnationalen und der Deut schen Volkspartei , in dem sie sich gegen eine solche eventuelle Henderung der Verfassung wehrten, die Sache bereits am 9. März in der Nationalversammlung ins Rollen. In einem anderen Antrage verlangten sie die Wahlen zum Reichstag für dieses Frühjahr, anstatt für den Herbst. Die Reden, welche dabei von den Rechtsparteien gehalten wurden, ließen feinen Zweifel darüber, wohin der Weg dieser Streise gerichtet war. Durch angeblichen Schutz der demokratischen Form hofften fie, den Monarchismus bei den Reichspräsidentenwahlen wieder in den Sattel heben zu können. Zunächst sollte der Mann allerdings noch nicht Hohenzollern , sondern Sinden burg heißen. Die Volkstümlichkeit des alten Generals erschien ihnen sicherer als die des desertierten Kaisers, um sich felbst wieder in den Sattel zu heben und die Republik nieder zureiten. Die Mehrheitsparteien hielten es im Interesse der ganzen Gesetzgebung für notwendig, die Nationalversammlung bis zum Herbst tagen zu lassen. Besonders im Intereſſe des arbeitenden Volkes erschien es dringend notwendig, wenig stens noch folgende Gebiete durch die Gesetzgebung vor den Neuwahlen, durch welche eine monatelange Pause in der parlamentarischen Arbeit erforderlich ist, zu regeln: das neue Wahlgesetz; das Gesetz über den Volksentscheid und die Präsidentenwahl; das Wehrgesetz; das Reichseisenbahngesetz; das Gesetz über den vorläufigen Reichswirtschaftsrat, über das Schlichtungsverfahren; das Rentenbesoldungsgesetz; das Gesch über Beamtenausschüsse; das Gesetz über die Neuregelung der Bezüge von Kriegsbeschädigten und Hinterbliebenen; die Gefetze über die aus der Heimat Verdrängten, Reichsausgleichs. gesetz und die Vorlage über die Auslandsdeutschen. Dann
bleiben noch immer das Jugendwohlfahrtsgesetz, das Gesetz
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zur Bekämpfung der Geschlechtskrankheiten und die ganzen Schul- und Justizfragen zu erledigen.
An demselben Tage erlaubte sich die deutschnationale Abgeordnete Frau Dr. Käte Schirrmacher an dem Standbild Kaiser Wilhelms I., welches die Nevolution und die republifanische Regierung in fast unglaublicher Toleranz in der Kuppelhalle des Reichstagsgebäudes stehen ließen, einen Lorbeerkranz niederzulegen. Durch einen Antrag der 1. S. P. D. von dem Präsidenten, Herrn Fehrenbach, auf die Ungehörigkeit des Verhaltens aufmerksam gemacht, verteidigte sich die Dame in einer Weise, welche die Siegessicherheit ihrer männlichen Kollegen und Parteigenossen von den Nachmittagsdebatten noch übertraf. Das war am 9.; am 8. waren im Hotel Adlon französische Gäste verprügelt worden. Hohenzollernabfindung und Erzbergerprozeß waren auch Wetterzeichen.
Innerhalb der sozialdemokratischen Fraktion war oft und nachdrücklich auf die Gefahr von rechts aufmerksam gemacht worden. Aber Genosse Noske , dem wir im verflossenen Jahr danken hatten, zerstreute jedesmal nicht das Mißtrauen der die Rettung der Republik gegen den Putsch von links zu einzelnen, aber das der Mehrheit, so daß alles beim alten
blieb. Wie das Berliner Tageblatt" behauptet, hat Noske
auch noch in einer Sigung des Kabinetts vom 11. März diese
Frage als durchaus nicht dringend behandelt. So in Sicher
beit war alles, daß nicht einmal die Minister am 12. mittags,
als die N.-V. sich auf einige Zeit vertagte, etwas wußten, ge
schweige denn die Volksvertreter selbst. Und in Döberiz, vor
den Toren Berlins , standen die Baltikumtruppen marschbereit und noch etwas näher die Marinebrigade Ehrhardt , um Berlin mit stürmender Hand zu nehmen und die Regiehat allerdings noske: die Unabhängigen und Kommunisten rung Kapp- Lüttvik einzusetzen. Eine große Entschuldigung feit auf sich konzentriert und dadurch den gegenrevolutionären haben durch ihre unsinnigen Butsche seine ganze AufmerkſamStreich der Kappleute erst möglich gemacht. Sie glaubten, immer wieder durch Gewaltmaßnahmen die Errungenschaften der Revolution retten zu müssen, und halfen indes der alten Reaktion um Saaresbreite wieder ans Staatsruder. Werden daraus die vernünftigen Kreise der U. S. P. D. die Lehre ziehen, daß nur die geeinte Arbeiterschaft auf demokratischem Wege zur Verwirklichung des Sozialismus kommen kann?
Viele, die gleich mir Gegner der Noskeschen Politik waren, sind durch das widersinnige Vorgehen der Linksradikalen am 13. Januar in Berlin auf den Mund geschlagen worden. Nachdem dieser Bluttag nicht von Noske , sondern von der u. S. P. D. und der K. P. D. - heraufbeschworen war, mußten wir als ehrliche Menschen sagen: Noske hat rechtbehalten mit seinem Mißtrauen gegen links. Daß er in seinent Vertrauen nach rechts den furchtbarsten Fehler gemacht hat und wir alle mit ihm, das sollten wir erst ant 13. März spüren.
Am Morgen des 13. März gingen die Gerüchte von der
Vildung der Kappregierung, aber niemand glaubte sie. Bor