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Die Gleichheit

rerinnen nach ihrer Verheiratung deswegen, weil dadurch die Aussichten für die große Zahl der auf Anstellung wartenden Lehrerinnen ungünstig werde.

Dr. Witte macht daher zwei Vorschläge: Um Lehrerinnen den Entschluß, ihren Beruf bei ihrer Verheiratung aufzugeben, zu erleichtern, sollen sie dann eine bestimmte Summe erhalten. Auf diese haben sie einen moralischen Anspruch, da fie auf ihren Ruhegehaltsanspruch verzichten, und da die neu an­gestellte Lehrerin feine oder weniger Alterszulagen erhält. Die Summe muß so bemessen sein, daß die Stadt durch den Abgang der einen und die Anstellung der anderen Lehrerin keine Un­Toften hat.

Ferner soll eine verheiratete Lehrerin das Recht haben, nur die Hälfte der Stunden zu geben. Sie erhält dann auch die Hälfte des Gehalts und später die Hälfte der Pension. Auf diese Weise ist allen gedient. Die Lehrerin kann noch etwas verdienen, braucht nicht den Beruf aufzugeben, auf den sie sich solange vorbereitet hat, der ihr so lieb ist. Die Stadt hat weniger zu befürchten, daß die verheiratete Lehrerin ihren Beruf vernachlässigt, hat keine Unkosten, da eben zwei halb beschäftigte Lehrerinnen einer voll beschäftigten gleich zu rechnen find. Die Aussichten für die noch nicht angestellten Lehrerinnen werden dann nicht so ungünstig wie in dem Fall, wo die Lehrerin, die ihren Beruf nicht aufgeben will, stets voll beschäftigt wird."

Eine Mahnung

Von Klara Zils

Es ist zu allen Zeiten und unter allen Umständen gewagt ge­wesen, ein größeres Maß von Rechten in die Hände von Menschen zu legen, die nichts damit anzufangen wußten. Der 6. Juni hat die tatsächliche Richtigkeit dieser Feststellung in erschreckender Deuts lichkeit bewiesen. Ein sehr großer Teil unseres Volkes hatte nicht begreifen können, daß das freie, gleiche Wahlrecht es verpflichtet, zum Neuaufbau Deutschlands   nach Kräften mitzuhelfen; sie waren verhebt und verblendet und gaben ihre Stimmen den Gegnern der Sozialdemokratie. Verwunderlich ist's kaum, denn von den Rechts­parteien wurde in den öffentlichen Versammlungen mit einer alles überbietenden Strupellosigkeit gearbeitet". Beispielsweile sprach eine Rednerin der Deutschen Volkspartei   dauernd von der sozia­ listischen   Regierung". Als eine anwesende Genossin diese Irre­führung richtigſtellte, meinte die Dame, sie hätte vergessen zu sagen, daß Demokraten und Zentrum mit in der Regierung seien. Wer­den die Herrschaften, wenn sie ihre hohlen Versprechungen nicht erfüllen, nun auch vergessen, ihren Wählern zu sagen, daß im Kabinett Fehrenbach nicht allein deutsche Volksparteiler sizen?

Nützliches Wandern!

Nr. 32

Wem unter den Genossinnen ist nicht schon mal der Gedanke gekommen, mit seinen Kindern die Ferientage in Gottes freier Natur zu verleben? Ich glaube allen. Der Wunsch war da, ist aber still beiseite gelegt zu den unerfüllbaren Wünschen. Sollte der Wunsch wirklich unerfüllbar sein? Ich glaube nicht! Dent doch noch einmal nach, liebe Genoffin, ob du deinen und deiner Kinder Wunsch nicht doch erfüllen kannst. Dent einmal an die sonnen­hungrigen Augen deiner Kinder, ich höre sie in Gedanken um dich herumbetteln, daß du mit ihnen wandern sollst. Kannst du es über dein Herz bringen, deinen Kindern den Wunsch zu versagen? Denk einmal an deine Jugend zurück, an deine sonnigen Ferien­tage, und du mußt den Wunsch deiner Kinder verstehen und er­füllen. Pad die Sache mal bei der richtigen Ede an und du sollst mal sehen, es geht. Darf ich dir mit einigen Ratschlägen fommen?

Die ziehst des Morgens oder nachmittags mit deinem Trupp Tos ins Freie, ausgerüstet mit einem Körbchen oder Beutel, recht Iuftig angezogen, je weniger je besser und möglichst mit bloßen Füßen, je nachdem die Witterung ist. Geh heute mit ihnen ins freie Feld und suche Kamillenblüten, morgen an Heden entlang, um Flieder oder Hollunderblüten zu suchen, einen Tag ſetz an zum Pflüden von Huflattich, wieder ein anderer Tag soll zunt Lindenblütensammeln sein. So kannst du jeden Tag mit deinen Kindern fortgehen und verbindest das Angenehme mit dem Nük­lichen. Erst sorgst du dafür, daß du zum Winter mit allen Tee forten versorgt bist, hast du was über, trag es zum Apothefer, er nimmt dir gern alles ab und bezahlt auch gut. Aber nicht nur Tee kannst du für deinen Haushalt in den Ferien beschaffen, es gibt noch mehr gute Sachen bei Mutter Natur gratis. Pilze, Beeren, Kümmel und dergleichen mehr. Alles steht dir zur Ver fügung. Und gibt es nichts zu sammeln, dann seh dich mitten ins Grüne und sammele deine Gedanken. Ich wette, du findest fie alle wieder recht zusammen. Willst oder kannst du nicht müßig fizzen, dann laß dir von deinen Kindern die zerrissenen Strümpfe hinaustragen und flid sie im Freien. Auch zerrissene Hosenböden können dadraußen unter beinen flinken Händen ihre Auferstehung feiern. Sollst mal sehen, wie befriedigt du am Abend mit deinem Trupp nach Hause ziehst. Ein Feldblumenstrauß als Mitbringsel für den Vater darf nicht vergessen werden, damit auch er einen Gruß aus der Natur erhält. Sonntags muß Vater auf alle Fälle mit hinaus, damit auch er sieht, wie froh und sorgenlos feine Echar sich im Freien tummelt. Mach es so, liebe Genoffin, wie ich dir rate, ich weiß aus Erfahrung, wie glücklich ein Kind sein fann, wenn es im Schuße der Mutter seine Ferientage im Freien verbringen kann. Meine Mutter hat es in unseren Jugendjahren mit uns so gemacht. Nie habe ich ein Kind beneidet, welches eine weite Fahrt zu Verwandten machen durfte. Mir sind diese glüc lichen Ferientage unvergeßlich. Unsere Mutter hat uns die Augen für die Schönheiten der Natur geöffnet, hat uns gelehrt, daß man mit wenigem recht glücklich sein kann. Mach es auch so. Nimm alle Sorgen mit ins Freie und streue sie in alle Winde, mach dich frei von allem, was dich drückt, jei deinen Kindern eine gute Spielgefährtin. Ich wünsche dir recht sonnige Ferientage zu deinem Vorhaben, Minna Lubig.

Wohlfahrtspflege

VIII. Gründung von Ortsausschüssen

Es unterliegt wohl taum einem Zweifel, daß der am 6. Juni gewählte Reichstag feine normale Lebensdauer erreicht. Für uns, als die Partei der Aufklärung schlechthin, besteht in besonderem Maße die Pflicht, das Volk und gerade die Frauen mit den staats­bürgerlichen Verpflichtungen und der sozialistischen   Weltanschau­ung vertraut zu machen. Gerade die mittleren und kleineren Städte und das Land bieten ein riesiges Arbeitsfeld. Die Arbeit unter den Frauen wird am besten von Geschlechtsgenossinnen ge­leistet. Nun liegt es in der Natur der Verhältnisse, daß wir über ein Zuviel von Genofsinnen, die sich für die Arbeit in der Oeffent­lichkeit eignen, nicht verfügen. Gerade auf dem Lande und in den Kleineren Städten gilt es bei der großen Mehrheit der gebil­deten" Frauen noch nicht für fein, Sozialdemokratin zu sein. Den Frauen unserer Partei aber fehlt häufig neben der Fähigkeit die Zeit, um in größerem Umfange für uns tätig zu sein, denn Beruf oder Haushalt oder beides zusammen nehmen gerade unter den heute so schwierigen wirtschaftlichen Bedingungen alle Kräfte in Anspruch. Wenn sich aber trotz aller Schwierigkeiten immer wieder Genofsinnen finden, die in der Arbeit für unsere Partei und damit für die Gesamtheit aufgehen, ist das zu begrüßen. Diese Frauen verlangen gewiß nicht Anerkennung; es muß aber Gerechtigkeit für sie gefordert werden. Es geht nicht an, daß man diesen Genoffinnen in philiftröjer Art die Freude an der Arbeit beeinträchtigt, daß man glaubt, sie weniger gut und rücksichtsvoll behandeln zu dürfen wie die Frauen und Töchter im Frieden des Heims. Jede Frau, die in der Oeffentlichkeit steht und kämpft, die einzelnen Arbeiten, zu denen er von den Behörden aufge,

bleibt darum doch Frau, und sie hat es schwerer wie der Mann,

Bon Johanna Heymann

In der furzen Zeit seines Bestehens hat sich der Ausschuß in Mülheim  ( Nuhr) ein reiches Arbeitsgebiet geschaffen und es in äußerst zwedmäßiger Weise ausgestaltet. Einer der in der Bewegung stehenden Genossen hielt eine Reihe von Vorträgen in den verschiedenen Stadtgegenden und es gelang ihm, dadurch eine ganze Anzahl von Genossinnen für die vielfachen Aufgaben der Wohlfahrtspflege zu interessieren. Es wurden sofort Listen über die freie Zeit, die die einzelnen zur Verfügung stellen fonnten, sowie über die Art der Arbeit, an der sie sich zu beteiligen wünsch ten, angelegt. Dieses Verfahren erwies sich als sehr zweckmäßig.

weil sie feiner, sensibler, weniger widerstandsfähig ist. Wir brau schusses beim Magistrat, wurde er sofort aufgefordert, eine

chen die Aufklärungsarbeit unserer Frauen für die Frauen und damit für unser Volt heute so notwendig wie nur je. Die Forderung, unfere fämpfenden Genofsinnen, den Kampf nicht noch überflüssig zu erschweren, darf nicht taube Ohren finden.

Quäferfüche zu übernehmen, die schon am nächsten Tage eröffnet werden mußte. Durch die praktische Vorarbeit war es dem Aus­schuß möglich, diese Aufgabe so schnell nach den Anweisungen ber Quaker   durchzuführen. Neben der Leiterin und zwei Köchinnen,