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Die Gleich beit

berinflußt werden, wir sollten ihn in seiner ganzen Erbärmlichkeit eriannen. Wir wollen doch um und mit Ideen ringen und nicht einen kleinlichen Krieg gegen andersdenkende und vielleicht einmal schwach werdende Menschen führen. Das Aufspüren und die Aus­nugung der Schwäche anderer Menschen macht uns noch lange nicht groß.

Wir wollen den Mut der Aufrechten, die die Dinge beim rechten Namen nennen, die aussprechen was ist und rücksichtslos Schäden aufbecken, hochachten und zu schäßen wissen, aber wir wollen uns bor den Nur- Enthüllern", die nichts tun und können, als ihre Enthüllerrolle mit einer ihnen gut fleidenden Gefte zu spielen, in acht nehmen.

Sozialisierung der Frau oder sozialistische Ehe?

Von Wilhelm Solbes.

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Aus dem wechselvollen Auf und Nieder der bolschewistischen Revolution kamen die faft unglaublich klingenden Nachrichten zu uns herüber, daß in einzelnen Bezirken Rußlands von kommu­nistischer bzw. anarchistischer Seite die Sozialisierung ber Frau" proklamiert und durchgeführt sein sollte; Nachrichten, die trotz ihrer Unwahrscheinlichkeit inzwischen sind sie durch Berichte der Rußland besuchenden Studienkommiffionen wider­legt von der bürgerlichen Presse und den Agitatoren der bürger­lichen Parteien aufgegriffen wurden, um den Sozialismus zu diskreditieren. So wurde ein angebliches Dekret der Freien Vereinigung der Anarchisten der Stadt Saratow " veröffentlicht, das alle Frauen im Alter von 17 bis 32 Jahren zum Volks. eigentum erklärt. Für jeden sozialistisch geschulten Menschen stand von vornherein fest, daß ein solches System, bestünde es in Wirklichkeit, mit Sozialismus nicht das geringste zu tun hat. G würde die Frau zu einer Sache degradieren, die allen Männern gehört. Statt restlose Befreiung der Frau, wie sie der Sozialismus bringen soll, würde es die furchtbarste Berstlabung des weiblichen Geschlechtes, den Rückfall in die Zeiten finsterster Barbarei bringen. Die Frau wäre nach diesem System Sflave, Zeitvertreib der Männerwelt; sie dient ausschließlich der Befriedigung physischer Triebe. Das see. Tische Moment, das in der ehelichen Gemein. schaft das Entscheidende sein soll, würde voll. ständig ausgeschaltet.

der nur als Freund zu ihr heimkehrte. Und nur seine Freund­schaft wollte und ertrug die Liebende nicht. Sie war eifersüchtig und sie haßte die ihr geistig minderwertige Rivalin. Das hätte fie nie lönnen, wäre ihr Verhältnis zu Goethe ein rein platonisches gewesen. Sie war die gesegnetste der Frauen, die Göttin" ge wesen. Nun war sie arm, ganz arm geworden.

Und dann das fleine Weimar , wo sie auf Schritt und Tritt an bie ganze Seligkeit gemahnt wurde, wo sie überall dem einst Ge­liebten begegnen konnte, wo alles sich befleißigte, ihr Berichte über die Vorgänge in Goethes Haus zuzutragen. Alles in ihr war beleidigt. Die vornehme Dame, die edle Frau, deren erziehende Hand der Freund einst dankbar gefüßt. Das liebende Weib, dem der Geliebte später Jugend, unjägliches Glück gegeben hatte. Ich bin keine glückliche Natur. In mir vernarbt keine Wunde", hat sie einmal in bitterer Erkenntnis von sich selbst gesagt.

Fünfzehn Jahre brauchte Charlotte, bis sich wieder ein Weg zwischen ihr und dem einst Geliebten anbahnte. Sie fanden sich durch ihre Kinder. Friz v. Stein, Goethes einstiger Zögling und Liebling, hatte Goethe stets seine Zuneigung bewahrt und über­trug diese auch auf Christianens Sohn August. In der Zärtlich teit zu diesem Kind erwacht Charlottens einstige Liebe zu dent Vater. Allmählich werden die geistigen Beziehungen wieder auf­genommen. Goethe jchidte ihr Manuskripte, Zeichnungen, zeigte ihr seine Kunstsammlungen. Ja, es kam dahin, daß Goethe, als er nach Karlsbad reiste, Charlotte bat, sich der Seinigen, also auch Christianens, die er inzwischen geheiratet hatte, anzunehmen. Charlotte hatte nun die Heiterkeit des Alters, die Abgeklärtheit und innere Freiheit erlangt, die es ihr möglich machte, Vergange nes zu vergessen und sich ganz an der Größe, an dem Geist des Freundes zu freuen. Und weil Goethe sich ihr gegenüber als schuldig fühlte, konnte auch er vergessen, was sie ihm und Christia­nen in den Qualen der Eifersucht angetan hatte.

So lag Verflärung über den lehien Jahren, die Goethe und Charlotte miteinander verlebten. Sie hatten gemeinschaft­

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Die heutige Form der Ehe ist die Einehe. Von den Forschern der Entwicklungsgeschichte- Morgan, Bachofen , Engels- wissen wir, daß diese Form des Zusammenlebens von Mann und Frau nicht immer bestanden hat, sondern daß die Ehe, wie alle anderen Dinge( Sitte, Moral, Recht, Sprache uff.) Entwicklungsgesetzen unterworfen ist.

Die Urmenschen lebten im schranken- und wahllosen geschlecht lichen Verkehr der Geschlechter untereinander( Promiskuität). Aehnliche Verhältnisse finden wir noch heute bei den sibirischen Burjäten; bei denen vor der Ehe ein regellofer Geschlechtsverkehr zwischen Mädchen und Männern stattfindet.

Dieser ersten Stufe menschlichen Zusammenlebens, in dem eine völlige Gleichstellung des Weibes mit dem Manne angenommen werden kann, folgt die Stufe der Gemeinschafts- oder Gruppen ehe. Der Trieb nach Gesellschaft, der unsere Urvorfahren zu­sammenführte, um gemeinsam die mannigfachen Gefahren besser abwenden zu können, führte zur Bildung von Genossenschaften ( Gruppen). Die Gruppenehe bestand im allgemeinen darin, daß die Männer der einen Gruppe die Frauen einer anderen Gruppe Heirateten, so daß kein Mann eine besondere Frau und keine Frau einen bestimmten Mann hatte. Solche Gruppenchen sind aus der älteren Literatur( Julius Cäsar ) und aus Reiseberichten aus Australien bekannt. Auch auf dieser zweiten Stufe ist das Weib dem Manne noch gleichgestellt. Die Gruppenche führte zur Er scheinung des Mutterrechtes( Matriarchat). Die Familie bestand einzig aus Mutter und Kindern, die Kinder trugen den Namen der Mutter, da der Vater der Kinder nicht zu ermitteln war.

Die dritte Stufe der geschlechtlichen Verbindung der Menschen ist die Polygamie, die Ehegemeinschaft des Mannnes mit mehreren Frauen. Beispiele für die Bielweiberei bieten die alt­testamentlichen Juden( Abraham, Jakob, Salomo ), die Mohamme daner usw. Mit der Polygamie tritt das Baterrecht an die Stelle des Mutterrechtes. Die Frau wird zum Sklaven des sie beherr­schenden Mannes, der Mann der Herr des Hauses. In dem Maße, wie in der wirtschaftlichen Entwicklung die Gemeinwirtschaft ( Kommunismus) nach und nach durch die Individualwirtschaft ab. gelöst wurde, an die Stelle des Gruppeneigentums das Private eigentum trat, wächst die Macht des Mannes über das Weib. Er fordert die Neuschheit des Weibes vor der Ehe, er verlangt von seiner Frau absolute Treue, weil er ein Interesse daran hat, daß auch wirklich nur seine Kinder seinen Besitz erben. Die Forderung der Keuschheit und Treue war zunächst nur einseitig, da der Mann noch mehrere Frauen besaß. Nur langsam ging die Entwicklung.

lich besessen, was so föstlich ist. Sie hatten es nicht vergessen, aber milde Abendröte verklärte, was einst in heißer Mittagsglut strahlte und dann von finsteren Wolfen umnachtet wurde.

Es gab eine Zeit, wo man aus den Menschen Idealgebilde zu machen suchte. Heute sucht und ehrt man das Menschliche in ihnen und lernt sie verstehen.

Bruder!

eht, ich bin ein Sozialist und tief erschüttert hat mich der Bruder vom anderen Ufer. Eben tat ich meine Arbeit eben tat er die seine.

Sonntag ist es. Graue Wolfen quirlen über die Stadt. Der Wind singt fühl an den Dächern. Auf regennassen Höfen siben Großstadtfinder. Grau, aufgeplustert wie die Sperlinge. tritt auf den Hof eine blaue Echar. Trompetenmufit ertönt. Sechs Münder hauchen ihren Atem in sie. Eine Kinderhand hält eine filberne Trompete. Silbern schimmern beim anderen die Haare unter der blauen Mütze hervor. Jünglinge und Alte blasen! Seht: Grau, Blau , Silber, Gold malt auf dem Hof. Malt in die Kinderherzen. Mujif ringt sich aus dem Hofschacht heraus um Christi willen sagte einer. Nachbarn lächelten. Dul­der murmelte ich. Bruder vom anderen Ufer Strecht gleich mir die Hände zur Seligkeit empor. Und von Ufer zu Ufer spinnt fich der Liebe Regenbogen , senkt sich mit heiligem Feuer in die Schale unserer hoffenden Händel Alfred Fritsche.

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Gefchick ist nur, wozu du felbit Mit eigener' Kraft und eigenem Willen

Die Reihe deiner Tage webit.. Und Glück doch auch nur, was du felber Aus deines Wuniches Tiefe hebit!