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9ie Gleichbeit
eine einmalige bestimmte Entschädigungssumme verlangt, entschieden abgelehnt worden, und zwar mit diesen zwei Begründungen:
Abfindungssumme"
1. wird der die annehmenden Lehrerin damit ein für alle Male die Möglichkeit genommen, in den Schuldienst zurückzukehren;
2 widerspricht im besonderen diese Art der Abfindung genau dem, was wir durch die Aufhebung der zwangsmäßigen Lehrerinnenchelosigkeit bewirken wollen, nämlich der geießlichen Anerkennung völliger Gleichberechtigung von Mann und Frau, in diesem Falle männlichen und weiblichen Beamten.
Aus der Frauenbewegung des Auslandes
Der Standpunkt der weiblichen Trade Unionists Bon Mary Macarthur. Uebersetzt von Jda Braun
Im nachstehenden bringen wir die Uebersetung eincs Rapitels aus einem in England erschienenen Buche von Mary Macarthur. Man ersieht daraus, wie ähnlich die Verhältnisse in der Frauenarbeit in England während des Krieges den unseren gewesen find.
Die Red. Bon allen Aenderungen, die der Krieg mit sich gebracht hat, ist die bemerkenswerteste die der Stellung der Frau. Es ist weniger, daß die Frau selbst fich geändert hat, als daß die Ansicht des Mannes von der Frau eine andere geworden ist. Wir sind noch Immer mit dem alten Jdeale ganz vertraut, daß der Platz für die Frau das Haus ist, und ich bin, altmodisch genug, zuzugeben, daß Diese Ansicht etwas für sich hat. In der idealen Welt, wie sie mir borschwebt, würde eine Frau aus wirtschaftlicher Notwendigkeit auch nie von Haus und Kind fortgetrieben werden; ihr Heim würde ein Heim im wahren Sinne des Wortes sein und nicht nur ein Unterschlupf, von dem sie bei jeder sich bictenden Gelegenheit zu entfliehen wünscht.
Man fann jedoch nicht leuanen, daß selbst vor dem Kriege schon die Frauen es überdrüffig waren, die fortwährende Wiederholung des Wortes, ihr Heim sci ihr Platz, zu hören. Es war Ihnen klar, daß diejenigen, welche von dem Heime" sprachen, damit die Küche meinten, und eine solche beschränkte Begrenzung ihrer Tätigkeit entsprach natürlich nicht den Wünschen der Frauen. Doch feit diesen Tagen, die so weit hinter uns liegen und nur noch schwach im Gedächtnis haften, hat eine Revolution stattgefunden, und dieselben Leute, die am lautesten und unaufhörlichsten schrien, daß der Plaz der Frau das Heim sei, erklärten Jetzt mit derfelben schrillen Stimme und Beständigkeit, daß ihr Plaz das Feld, die Fabrik oder die Werkstatt sei. Wir hören nicht mehr, daß die Hand, welche die Wiege wiegt, die Welt regiert". Heute wird das Schicksal der Welt von der Hand entschi den. welche die Granaten herstellt, und diejenigen, welche sich nicht scheuten, das Bürgerrecht den Müttern der Menschheit zu verweigern, sind bereit und besorgt, diese Rechte Maschinengewehrherstellern zu bewilligen.
Seit Ausbruch des Krieges hat sich die Zahl der Frauen, welche In industriellen und fomnterziellen Beschäftigungen tätig sind, um über 40 Prozent erhöht und über 1 Millionen Frauen verrichten jest Arbeiten, welche früher von Männern ausgeführt wurden. Dieses Einströmen der Frauen in die Industrie war im allaemeinen fein ungemischter Eegen troedem auf dem ersten Blid Die Vorteile groß erschienen. Vom Standpunkt der Produktion hat sich die Arbeit der Frauen im allgemeinen als befriedigend erwiesen. Die Stellung der Frau hat sich gebessert, sowie die Entlohnung der Frauenarbeit.
Andererseits wurde den Frauen jedoch Arbeit zugeteilt, welche ungeeignet für sie war und unter ungünstigen Berhältnissen aus=' geführt werden mußte. Sie hatten übermäßige Arbeitszeit unter zu hohem und ständigem Drude. Die Luft der Arbeitsräume war gewöhnlich ungesund, ein großer Teil der Arbeiten überans gc fährlich und viele der Herstellungsprozesse giftig.
Es ist vorläufig noch unmöglich, festzustellen. was badurch an der Wohlfahrt der Menschheit verschuldet wurde. In der Begeisterung für neue und oft schlecht beurteilte Wohlfahrtserperimente blieb die Beseitigung unserer Fabrikgeseze beinahe unbemerkt. Während des ersten Jahres der Munitionstätigteil waren Nachte und Sonntagsarbeit allgemein und die erstere ist jetzt ( 1918) noch üblich. Viele Fälle wurden aufgedeckt, in welden Frauen fieben Tage in der Woche mit nur einem freien Sonntag
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im Monat arbeiteten. Wir hatten achtundzwanzig aufeinander folgende Zwölfftundentage und dreißig aufeinanderfolgende Zwölf stundennächte. Wir hatten Beispiele des Achtstundentages, welcher bon acht Etunden Unterbrechung begleitet wurde. Frauen ver ließen eine Schicht um 10,30 Uhr abends und begannen wieder um 6,30 Uhr am nächsten Morgen. Wenn man die Zeit berechnet, welche zum Sin- und Herweg nach der Fabrit, sowie für Abendessen und Frühstück, Waschen und Umfleiden gebraucht wurde, so blieben oft nicht mehr als vier Stunden Echlaf übrig. Die förperlichen Wirkungen dieser Weberarbeitung machten sich schon Ende 1915 bemerkbar.
Ein anderer Nachteil dieses plöglichen und allgemeinen Ein Jezzens der Frauenarbeit ist die Gefahr für den Normallohn des Mannes nach dem Kriege, welcher in vielen Gewerben nach jahre-langer Anstrengung und Aufopferung festgesetzt wurde und immer mehr auf der Grundlage der Familie als der einzelstehenden Person berechnet war.
Die Betrachtung der Probleme, welche auf diese Weise aeschafs fen wurden, zwingt uns zu der Frage: Welches ist der Platz der Frau in dieser neu fonftruiciien industriellen und kommerziellen Welt?
Unser Ziel ist mir gang flar, den meitmöglichsten Wirfungsfreis zu sichern, übereinstimmend mit der Aufrechterhaltung der Ge sundheit und Wohlfahrt und ohne Verschlechterung der jetzt herrschenden Lebensbedingungen.*
Fortiebung olgt)
Jtallen. Die Kammer hat mit 240 gegen 10 Etimmen einen Zusatz zum Gemeind wahlgesetz angenommen, nach dem den Frauen das gleiche Wahlrecht zuerkannt wird wie den Männern. Ein Antrag zugunsten der Wahlpflicht wurde mit 144 gegen 78 Etimmen abgelehnt, ebenso ein Antrag zugunsten des Wahl rechts der Unteroffiziere und Soldaten.
Amerika. Die Beteiligung der amerikanischen Frauen an der Präsidentenwahl, aus der Harding als gewählt hervorging, war eine außerordentlich starke. Die Frauenstimmen überwogen in eing Inen Diftriften bedeutend die Männerstimmen, wobei die zum ersten Male politische Rechte ausübenden Negerinnen auch ins Gewicht fallen.
Desterreich. Der österreichischen Nationalversammlung gehören insgesamt 3 hn Frauen an, und zwar acht Sozialdemokratinnen
und zwei Bürgerliche.
Wohlfahrtspriege
Arbei erwohlfahrt Stettin
Am 18. November wurde von den Stettiner Parteigenossen und Genossinnen eine Bereinigung Arbeiterwohlfahrt" gegründet. Unsere Genossen und Genossinnen, die der Arbeiterwohlfahr:" beigetreten sind, haben sich das Ziel gestedt, der minderbemittelten Arbeiterschaft in allen Lebenslagen zur Seite zu stehen und ihre ganze Kraft einzusetzen, um ihre Not zu lindern. Kindern, deren Eltern oder deren Mütter feine Zeit haben, ihnen bei den Schul arbeiten behilflich zu sein, soll von den Mitgliedern geholfen wer den. Es sollen ferner mit den Kindern Spaziergänge unternom men und leichte Handarbeiten gel hrt werden. Wir müssen allerdings mit bescheidenen Mitteln beginnen und können nicht gleich große Liebeswerke vollbringen. Mit der Zeit hoffen wir, eine größere Anzahl Mitarbeiter für unsere Sache zu gewinnen und größere Geldmittel aufzubringen, um auch weitergeftedte Biele berwirklichen zu können.
Wir bitten alle diejenigen, die gewillt sind, uns bei unserer Arbeit zu unterstüßen, der Arbeiterwohlfahrt" beizutreten oder uns materiell beizustehen.
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Die Arbeiterwohlfahrt" hat sich einen Bezirksvorstand gewählt, der die Verbreitung der Crganisation über die ganze Proving in die Wege leiten soll. Ihm gehören an: Genossen öfs als erfte Vorsitzende, Genoffe Schumann als zweiter Vorsitzender und fünf Beifiber. Der Stettiner Crisvorstand besteht aus neun Ges noffen und Genossinnen. Genosse Lehrer Borchert wurde als erster Vorsitzender gewählt. Wir sind uns bewußt, daß eine pe raume Zeit vergehen wird, ehe wir etwas Grundlegendes schaffen fönnen, wir hoffen aber, wenn wir genügend Unterstüßung unserer Arbeit finden, unfere Riele verwirklichen zu fönnten.
Elisabeth Schumann , Echriftführerin, Verantworthch für die Rebattion Frau Klara Boom- schuch Druck: Vorwarts Buchbruckeret. Berlag: Buchhandlung Vorwarts Paul Singer 6. u.&. fämlich in Berlin SW 6a, Lindenstraße 3