Nr. 6

Die Gleich beit

rend des Sozialistengesetzes nach der politischen Lage eine andere Haltung gar nicht in Frage kam.

Die Wohltaten der Gesetze sind ja auch erst mit der Zeit ersichtlich geworden. Erst nachdem die Arbeiterschaft sie eine Reihe von Jahren genoß, fonnten sie ihre heilende Wirkung geltend machen. Und erst nachdem die Krankenkassen und Bersicherungsanstalten genügend Mittel gesammelt hatten, und ihre Ein- und Ausgaben überschauen fonnten, waren sie in der Lage, zu Leistungen zu schreiten, die über den gesetzlichen Zwang hinaus Heilmittel gewährten und Er­holungsstätten schufen. Die Gesetze haben auch in der Zwischenzeit erhebliche Abänderungen erfahren, so ist die Hinterbliebenenversicherung erst später in die Alters- und Invalidenversicherung aufgenommen worden. 1911 sind die Arbeiterversicherungsgesetze dann in der Reichsversicherungs­ordnung zusammengefaßt und ein besonderes Versicherungs­gesetz für die Angestellten neu geschaffen worden.

Die drei Gesetze, die in der Reichsversicherungsordnung zusammengefaßt sind. die Unfallversicherung, die Kranken­versicherung und die Invaliden- und Hinterbliebenenversiche­rung haben Einrichtungen, die ihnen allen gemeinsam, und solche, die in jedem Gesez verschieden sind. Gemeinsam ist allen Gesetzen, wie schon erwähnt, der Gedanke der Auf­bringung großer Mittel durch verhältnismäßig fleine Lei­stungen aller Beteiligten, ganz gleich, ob sie Unterstüßungen aus dem Gesetze beanspruchen müssen oder nicht, und die un­bedingte Leistung an diejenigen, die versichert sind und nach dem Gesetz aus persönlichen Gründen darauf Anspruch haben. Und zwar ist die Versicherung eine Zwangsversiche­rung, die Versicherten sind weder frei im Entschluß, sich zu versichern, noch in der Wahl der Anstalt der Versicherung, sondern haben darin den Vorschriften des Gesetzes, dem Bersicherungszwang, zu folgen. Sie haben nach allen drei Gesetzen einen flagbaren Rechtsanspruch auf die Leistungen, die das Gesetz vorsieht. Die aus der Möglichkeit dieser Klagen, aber auch solchen wegen Aufbringung der Mittel not­wendig werdenden Spruchbehörden, die Versicherungsämter als erste, Oberversicherungsämter als höhere und das Reichs­versicherungsamt als höchste Instanz, sind allen drei Ver­

von handfesten Männern, die wußten, daß es sich um ein Leben handelte. Oder um zwei?

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Um elf Uhr nachts fam das Boot mit neuen Instrumenten und einem fremden Mann zurüc einem verständnislosen Menschen, der sich an mein Bett setzte und mich über den Aerztekongreß in Kopenhagen unterhielt und mich lächelnd bat, doch geduldig zu sein die Natur würde mir schon helfen! Möchte er doch einmal drei Tage und drei Nächte auf der Folter­bant liegen und lernen, was das heißt, geduldig zu sein. Endlich als der vierte Tag anbrach wurde ich erlöst.

Nun

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Franz Diederich+

Donnerstag nacht,

un ist wieder einer aus unseren Reihen dahingegangen. Franz Diederich , der unermüdliche Kämpfer und Mitarbeiter, ist nicht mehr. Er starb am 28. Februar in Bolzin in Pommern , wohin er sich vor vielen Wochen seines Leidens wegen zurückgezogen hatte, in der Hoffnung, dort Gesundheit zu finden. Es ist anders gekommen, als er gedacht hatte.

Wir gedenken mit tiefer Trauer und wehmütigem Erinnern des Berschiedenen. Er war einer der prachtvollsten Menschen, die einem je im Leben begegnen können. Sein offener, ehrlicher Charakter, sein freundliches, jederzeit hilfsbereites Wesen, seine persönliche Liebenswürdigkeit und nicht zuletzt sein umfangreiches Wissen und Können gewannen ihm alle Herzen. Für alles hatte er Zeit, und für alle hatte er ein freundliches Wort.

Franz Diederich war ein Dichter. Seine Gedichte wuchsen aus tiefftem Empfinden heraus. Er war sowohl Lyriker wie der Sänger sozialer Lieder. Wir finden seine Gedichte und Freiheits­gefänge sowohl in vielen Sammlungen, wie auch in mehreren eigenen fleinen Bändchen. Am schönsten sind wohl die kleinen Gedichtsammlungen Worpsweder Stimmungen" und" Die weite

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ficherungen gemeinsam. Gemeinsam ist allen drei Versiche rungsarten auch, daß diejenigen, die die Mittel aufbringen, in dem Maße, in dem sie an der Aufbringung beteiligt sind, an der Verwaltung der Versicherungsträger, so werden die Versicherungseinrichtungen genannt, in die die aufgebrach ten Gelder fließen und die sie wieder verausgaben, mitwir fen. In der Invalidenversicherung wirken Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu gleichen Teilen mit, weil jeder die Hälfte der für den bei ihnen versicherten Arbeiter zu leistenden Bei­träge aufbringt, in der Krankenversicherung aus dem gleichen Grunde die Arbeiter mit zwei Dritteln und die Arbeitgeber mit einem Drittel. Die Unfallversicherung beruht in An­lehnung an die frühere Haftpflicht des Unternehmers nur auf Leistungen der Unternehmer. Die Arbeitnehmer haben mit der Verwaltung der Unfallversicherungseinrichtungen nichts zu tun.

Ganz verschieden aber ist die Art der Aufbringung der Mittel; bei der Invalidenversicherung ist der Lohnabzug und die Leistung des Arbeitgebers ganz anders geregelt wie bei der Krankenversicherung , und bei der Unfallversicherung bringen die Unternehmer die Mittel im Umlageverfahren auf, und es findet kein Lohnabzug statt. Die Höhe und Dauer der Renten sind nach jedem Gesetz anders, und die Träger der Versicherung sind für alle drei Arten der Ver sicherung andere und im Aufbau und Verwaltung nonein ander unabhängig.

Mutterpflichten

( Fortseßung folgt)

Jedes erwachsene Mädchen, jede Frau mit fühlendem Herzen spürt wohl ein heißes Verlangen, eine unstillbare Sehnsucht in sich nach der Mutterschaft, nach dem Kinde. Aber nicht alle Mütter, nicht alle jungen Mädchen sind sich wohl der Mutter pflichten voll bewußt Nicht eher lönnen wir unsere Kinder so erziehen, wie wir es möchten, als bis wir uns selbst erzogen haben, bis wir unsere eigenen Fehler einsehen lernen und sie nach Möglichkeit zu beseitigen versuchen.

Nicht erst vom Tage der Befruchtung an nimmt das Kind durch der Mutter Blut den Keim zu allem Guten und Bösen in sich auf. Willst Du Deinem Kinde eine gute Mutter, ein Vorbild

Heide", die beide bei Müller in München erschienen sind. Einige der Worpsweder Lieder find von Scheinpflug vertont worden.

Er war aber vor allem politisch eifrig tätig. Seine Laufbahn in der Partei begann er als politischer Leiter an sozialistischen Blättern in Dortmund , Bremen , Dresden . Seit 1913 mar er Feuilletonredakteur des Vorwärts".

Auch der sozialistischen Frauenbewegung brachte Franz Diederich . das wärmste Interesse entgegen. Am allermeisten jedoch hat ihm unsere sozialistische Jugend zu verdanken. Hier war Diederich wirklich unermüdlich. Er hatte als einer der ersten die starke Kraft, die unserer Jugendbewegung innewohnt, erkannt und half getreulich, alle Widerstände, die sich der jungen Bewegung ent gegenstellten, beiseite zu schaffen. Stets war er ein freundlicher und kluger Berater. So hat er auch vielen unserer jungen Ar­beiterdichter den Weg zu ihrer Entfaltung geebnet, denn gerade die Förderung der jungen Talente ließ er fich ganz besonders angelegen fein. Aber nicht allein dem Aufwärtsstreben der Jugend, nein, der Emporentwicklung der ganzen Arbeiterschaft zur höheren Stufe der Kultur widmete er seine Arbeitskraft. Er gehörte dem Bezirks bildungsausschuß Groß- Berlin, dem Ausschuß der Boltsbühne, dem der Volkshochschule und vielen anderen solchen Bereinigungen an. Sein ganzes Streben war darauf gerichtet, möglichst allen arbeitenden Menschen die Quellen geistiger Schönheiten erschließen. Franz Diederich hat ein Leben hinter sich, das sowohl an Arbeit wie auch an Sorgen und Kümmernisfen reich war. Auch er hat schwer an der Not des Lebens zu tragen gehabt. Die Entbehrungen der Kriegszeit und der folgenden Jahre sind nicht spurlos an seiner Familie vorübergegangen, und darunter hat er ganz unsäglich ge litten. Der schwerste Schlag war dann aber wohl für ihn, daß sein jüngstes Rind, ein fünfjähriges Mädelchen, starb. Vielleicht war das auch mit ein Grund, daß die Krankheit ihn dann schließ lich überwältigt hat.

Sein Leben stand im Dienste des Proletariats. Er wird uns als Mensch, Dichter und Kämpfer unvergeßlich bleiben. E. R.