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Die Gleich heit

auch die Fürsorge für die wirtschaftlich Gefähr deten durch Armenpflege, durch Erwerbslosen  - und Ar­beitslosenversicherung.

4. Auch die Organisation der Fürsorge­arbeit ist soziale Frauenaufgabe in der Gemeinde.

Die Frauen müssen in ihren Gemeinden auf gut organi­fierte Wohlfahrtsämter dringen;

vor allem müssen sie die Anstellung von Frauen als Fa­milienfürsorgerinnen durchsetzen.

c) Vereinsarbeit, von Hedwig Wachenheim  . Zur Erläuterung der Zusammenarbeit zwischen unseren Parteiorganisationen und den Vereinen, der Gemeinde und den Vereinen und der Umgestaltung des Vereinswesens werden im folgenden die Vereine dreier Arbeitsgebiete aus­gewählt: der Frauenbewegung, der Wohlfahrtspflege und der Volksbildung:

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Die bürgerliche Frauenbewegung verkennt die Bedeutung des Klassenkampfes für die Lösung gesellschaftlicher Fragen, wenn sie glaubt die Frauenfrage durch Zusammenschluß der Frauen der Lösung näher führen zu können. Die Frauen­frage fann ebensowenig wie eine andere, aus dem Gesamt­fomplex gesellschaftlicher Fragen gesondert, gelöst werden. Die Frauenvereine dienen und wir kommen hier auf das Wesenselement des bürgerlichen Vereins einem be= ftimmten engen Zweck. Die Zusammenarbeit der Mitglieder ist eine gelegentliche und erlaubt auch andere Bindungen. Die Organisationen der Arbeiter sind davon grundver­schieden. Sie münden alle in eine das Denken, Wollen und Gestalten umfassende, geschlossene Gemeinschaft. Die sich in ihr ergebende Wechselwirkung von Einzelpersönlichkeit und Gemeinschaft ist in heutiger Zeit die Vorbedingung sozialer Leistung. Aus diesen Gründen kommt eine Arbeit sozial­demokratischer Frauen innerhalb bürgerlicher Frauenvereine nicht in Betracht. Gegen eine gelegentliche Zusammenarbeit in den Gemeinden bestehen feine Bedenken.-

Die Sozialdemokratie tann Umfang und Art nur bei der öffentlichen Wohlfahrtspflege mitbestimmen. Nur in der öffent­

Die Geranien auf dem Grabe meines Bruders flüstern im Abendschatten ein trauriges Lied. Von der ersten ungläubig­wehen Falte in des Heiteren glatter, weißer Stirn, und von der dicken Zornesader, die jäh aus den goldenen Haarwurzeln quoll, herab zur schmalen, geraden Nase, als die schöne, ge= liebte Frau untreu ward.

Wie wunderfüß ist der Geranien Lied im Abendgrauen! Mit wehem Lächeln raunen sie davon, daß die Falte nicht mehr schwand aus des Heiteren schöner, weißer Stirn.

Wie das strahlend junge Antlitz erblich, hart und finster wurde im Blutgeheul des Krieges, im Wahnsinn der Schlacht. Im Wahnsinn der wilden Schlacht. In Rußlands   weiten, eintönigen Steppen, wo der Tod seinen dunklen Schmerzens­fang so haßlos singt. Wo ein Grauen und ein Ahnen wohnt, wo eine wunderlich fangende Schwermut ist, unergründlich, voller Geheimnisse, wie die Seele des Volkes, des Heimat diese Steppen sind.

Die Geranien auf dem Grabe meines Bruders sind weise Künderinnen. Wenn die dunkle Nacht ihre Lichter aufsteckt und der Mond wie ein goldenes Ei aus den Nebeln steigt, fünden die Geranien des Todes mächtiges Lied, des Todes, der ein heiliger Erlöser ist, der den Frieden bringt.

Horch  , wie sie flüstern vom Tode, der den traurig ge= wordenen Heiteren erlöste, der das franke Herz zerbrach! Der die Falte fest und tief hineinschnitt in die schöne, weiße Stirn als sein Mal der Erlösung!

Das alles wissen die Geranien auf dem Grabe meines Bruders. Davon flüstern sie im Herbstgold, im Abendschatten und im Dunkel der Nacht. Im Dunkel der Nacht, wenn sie Ichwarze, erloschene Totenblumen geworden sind. Anna Juffen.

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lichen Wohlfahrtspflege sind Rechtsgarantien dafür gegeben, daß das im politischen Kampf Festgesetzte zur Durchführung fommt. Sie allein kann Massennöte bekämpfen. Deshalb ist der Ausbau der öffentlichen Wohlfahrtspflege, die von den Gemeinden durchzuführen ist, zu fordern. Die Gemeinde muß die noch bestehende freie Wohlfahrtspflege in ihre Organisation einreihen, um Geld- und Kräftevergeudung zu hindern, und ihre Arbeit kontrollieren, falls sie ihr öffentliche Gelder zuwendet. Die Ausschüsse für Arbeiterwohlfahrt schaffen keine selbständigen Wohlfahrtseinrichtungen, sondern sammeln und schulen die Anhänger der Sozialdemokratie für die öffentliche Wohlfahrtspflege, besonders der Gemeinden. Sie sind von der geschilderten Gesinnungsgemeinschaft mit der Gestaltung dieser Sonderaufgabe betraut.-

Erziehung ist Aufgabe der Gemeinschaft. Solange die Gesetze für die Bildungsarbeit an den Erwachsenen diesen Grundsatz noch nicht anerkennen, muß diese, im folgenden hier Volksbildungsarbeit genannt, von freien Organisationen geleistet werden. Aufgabe der Volksbildungsarbeit ist es, Persönlichkeiten zu erziehen, die Träger und Schöpfer einer wahren Gemeinschaft aller sein können. Da nur in der Ar­beiterschaft ein starker Wille zu einer neuen menschlichen Ge­meinschaft lebt, sind die Arbeiterorganisationen die besten Träger der Volksbildungsarbeit. Die Bildungsausschüsse der Partei sind nicht in der Lage, alle Mittel der Wissenschaft in den Dienst dieser Aufgabe zu stellen. Sie und die anderen Arbeiterorganisationen müssen deshalb mit allen Vereinen und Gemeinden, die bereit sind, in diesem Sinne zu wirken, zusammenarbeiten. Die Gemeinden haben außerdem die Aufgabe, die zersplitterten Volksbildungseinrichtungen aller Art, die meistens weder einen bestimmten Teilzwed verfolg­ten, auszugleichen und zusammenzufassen.

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So scheidet der freie Berein als Träger einzelner Auf­gaben allmählich aus. Die Gemeinde muß zum Träger aller örtlichen Gemeinschaftsaufgaben gemacht werden. Aus der modernen weltanschauungsgemäß gebundenen privaten Or­ganisation fließen ihr die Hilfskräfte zu.

Die Menschwerdung des Kindes

Zur Psychologie des Kindes find dicke gelehrte Bücher geschrieben worden, die tiefe Einblicke in die Seele des Kindes gewähren Die Resultate dieser psychologischen Untersuchungen find leider meist tot für die Millionen von Müttern und Vätern, die sich praktisch mit der Erziehung ihrer Kinder beschäftigen. Unser Genosse Heinrich Schulz hat ein treffliches Büchlein verfaßt, das diese Mütter und Bäter in das Werden der Kinderfeele spielend einführt.*) Man lese einmal sorgfältig das folgende dem Buche ent­nommene Kapitel:

an wird Mensch- sozusagen!

J Er war natürlich schon immer Mensch. Aber nur so ein halbfertiger, wie alle Menschen, wenn sie zur Welt kommen. Die gelehrten Forscher über die Entstehung des Menschen­geschlechts sagen: einstens, in undenkbar weit zurückliegenden Zeiten, haben sich die Vorläufer des Menschen dadurch von der Tierwelt erhoben und sich zum Menschsein entwickelt, daß sie sich auf die Hinterbeine stellten und zu sprechen begannen.

Der aufrechte Gang auf zwei Beinen und der Gebrauch der gegliederten Sprache seien die zwei wichtigsten Kennzeichen, durch die sich der Mensch vom Tier unterscheide.

Insofern ist Jan zurzeit bemüht, sich vom Tierischen zum Menschlichen zu erheben.

Also Jan versucht, auf seinen eigenen Beinen zu stehen. Der Versuch glückt noch nicht immer. Oft knickt er mitten im schön­sten Stehen ein. Außerdem muß man ihn noch vorsichtig stützen.

*) Der kleine Jan." Ein Jahr aus seinem Leben. Mit Zeichnungen von Traugott Schalcher. Buchhandlung Borwärts, Berlin   SW. 68.( Preis geb. 10 mt.)