Nr. 3
32. Jahrgang
Mit den Beilagen: Rinderland.
Die Gleichheit erscheint 2 mal im Monat Preis: Vier.eljährlich 3,30 Mart Inserate: Die 5 gespaltene Nonpareillezeile 6,- Mr., bet Wiederholungen Rabatt
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Vom 8. bis 12. Januar tagte in Leipzig der Parteitag der Unabhängigen Sozialdemokratie, dem die zweite Reichsfrauenkonferenz vorausging. Beides soll hier Gegenstand einiger Betrachtungen sein. Reizt doch eine gewiffe Gleich mäßigkeit im Aufbau der Organisationen hüben und drüben ebenso wie die tragenden Ideen stark zu solchen Betrachtun
gen an.
Zuerst einmal die Frauenkonferenz: Halle und die dort vollzogene Spaltung. schicken noch starke Schatten herüber. Als Notwendigkeit wurde ein Referat über die Formen der Agitation angesehen. Frau Ziez behandelte darin die einzelnen Arbeitsmethoden recht erschöpfend. Agitation in den Betrieben, unter den Hausangestellten, in den Reihen der Hausfrauen und der Postbeamtinnen, die organisierte Bersammlungsarbeit u. a. wurden besprochen, Rote Wochen werden empfohlen, Leseabende und Kurse sollen gefördert, Kinderschutzkommissionen und Elternbeiräte ausgebaut und die Jugendarbeit in Verbindung mit der Frauenorganisation gebracht werden.
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Frau Burm ist stolz auf die Auflage der Kämpferin", die 38 500 Bezieherinnen zählt; sie spricht verächtlich von den 11 000 Abonnentinnen und dem großen Zuschuß der„ Gleichheit" und bezweifelt später in der Freiheit" die Richtig ftellung, die Genossin Bohm- Schuch im Vorwärts" und in der Freiheit" veranlaßte. Ich würde es für flüger und vornehmer halten, keine Zweifel zu äußern, wenn eine Frau, der die Unterlagen für ihre Behauptung in ihrer Drganisation doch in jeder Stunde zur Verfügung stehen, eine folche Feststellung macht. Ein Blick in den Jahresbericht unferer Partei an den Parteitag in Görlig, in dem gesagt wurde, daß zur Berichtszeit 25 000 Abonnenten da waren, hätte Frau Wurm schon vor Leipzig überzeugen können, daß sie sich irrte. Ihre 3 weifel" an der finanziellen Basis der„ Gleichheit" tun uns so wenig weh, wie ihr der Abonnentenstand von 11 000 weh getan hat. Ich stelle noch einmal die Zahl von 32 000 Gleichheit"-Leserinnen im Des zember 1921 fest und knüpfe daran die Erwartung für unsere Genossinnen, daß sie in der Werbearbeit nicht ruhen werden, auch dann nicht, wenn sich die Zahl der Leserinnen mehr fach verdoppelt hat. Insofern begrüße ich die Notwendigkeit der Richtigstellung, weil sie uns neue Gelegenheit zum Ansporn des Arbeitseifers gibt.
Die„ Gleichheit" war bisher kein Blatt der Polemik, diente vielmehr vollkommen der gegenseitigen Belehrung, war ein wertvolles Hilfsmittel zum Gedankenaustausch zwischen unseren Genoffinnen und damit ein geistiges Bindeglied. Sie soll es auch bleiben. Und wenn ich einige Worte über die in Leipzig und nachher aufgestellten Behauptungen fagte, so geschah das in der Absicht der Richtigstellung und zur Information unserer Leserinnen.
Die Debatte in Leipzig zeigt, daß Verhandlungen gepilogen worden sind, um mit der Schaffenden Frau"( einer Frauenzeitschrift mit Moden und mit stark syndikalistischer
Die Frau und ihr Haus
Zuschriften sind zu richten an die Redaktion der Gleichheit, Berlin SW 68, Lindenstraße 3 Fernsprecher: Amt Moritplag 107 17 Expedition: Berlin SW 68, Lindenstraße 3
Tendenz) in ein Vertragsverhältnis zu kommen. Dies und der abgelehnte Antrag aus Berlin , der die Einsetzung einer Preßkommission verlangt, zeigen dem Kundigen deutlich das Streben nach einer Erweiterung der Kämpferin".
Mathilde Wurm sprach über" Jugendfürsorge und Volkswohlfahrt". Abgesehen von den Seitenhieben gegen die „ Rechtssozialisten", die man aus agitatorischen Gründen nötig zu haben glaubt, fönnte das Referat auch auf einer unserer Tagungen gehalten worden sein.
Wir haben die so sehr wichtige Materie schon vor einem Jahr in Cassel durch den Genossen Dr. Caspari behandeln lassen und sind gut dabei gefahren. Die inzwischen in unserem Buchhandel erschienene Literatur, ganz besonders die Broschüre der Genoffin Dr. Schöfer über den„ Ausbau der Kinderfürsorge durch die Gemeinden", ist gut aufgenommen worden. In Görlitz wurde das Begonnene weitergeführt und zeitigt heute sichtbare Früchte. Hierbei möchte ich einmal feststellen, daß wir weder in Weimar , noch in Cassel oder Görlitz in unseren Frauenkonferenzen die USPD . zum Vergleich herangezogen haben. Doch hier will ich es einmal tun. Nicht zur Polemik, sondern zum Nachdenken für unsere Genossinnen. Es will mich beim rein sachlichen Vergleich bedünken, als wären unsere Frauenkonferenzen reifer, die Referate flüger, die Diskussionen besser. Ob ich hier objektiv urteile? Ich habe wohl das für mich, daß ich selbst es so ansehen muß; aus der Beobachtung der Dinge drängt sich mir dieses Urteil auf. Wir haben es der Gesamtpartei und ihren Organen überlassen, den notwendigen politischen Kampf von Partei zu Partei zu führen; dabei haben die in der Bewegung stehenden Genossinnen tapfer ihre Pflicht ge= tan. Das Fernhalten des parteipolitischen Tageskampfes aus unseren besonderen Frauenzusammenfünften hat uns, fo scheint es mir, Zeit und Kraft gelassen zu notwendiger positiver Arbeit..
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Die Probleme, die durch das Frauenwahlrecht und die parlamentarische Arbeit der Frau akut wurden in Leip zig mehr in Form eines Berichtes durch Frau Nemiz behandelt, haben wir auch schon in Cassel herausgestellt und sehen im geistigen Leben unserer Frauenbewegung gute Früchte. Das gibt uns einen Vorsprung, den wir bewußt nützen wollen.
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Nun der Parteitag. Wer gehofft hat, daß Leipzig der demokratisch denkenden Arbeiterschaft die sofortige Einigung bringen würde, hat sich getäuscht gesehen. Beide Richtungen - trotz allen Ableugnens sind sie da zeigten das sichtbare Bestreben, Kompromisse zu schließen, um des eigenen Einigbleibens willen. Wir werden die Auswirkungen dieser Taktik später sehen. Die kleinen agitatorischen Seitenhiebe auf die ,, Mehrheitssozialisten". auf ihre Koalitionspolitik gehören mit zum Existenzkampf der USP. Anscheinend einmütig strich man den Punkt Finanz- und Steuerpolitik von der Tagesordnung. Weil die Voraussetzungen dafür infolge der außenpolitischen Lage fehlten? Die furze Behandlung der Steuerfrage im Fraktionsbericht löst das Problem nicht. Mir scheint, daß sich in Deutschland Steuer- und Finanz