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Nr. 12
Die Gleich beit
Der ungarische Leidensweg
Von Szeréna Buchinger( zurzeit Wien )( Schluß) Bei dem Namen des berüchtigsten Frauengefängnisses( MariaNosztra) in Ungarn müssen wir einen Moment verweilen. In Dieses Gefängnis werden die sogenannten weiblichen Berbrecher, aber auch die politisch verurteilten Frauen gebracht. Das Gefäng nis wird von Nonnen verwaltet und es ist deshalb zu verstehen, daß an dieser Stätte der christlichen Nächstenliebe" für seelische Nahrung mehr Sorge getragen wird als für förperliche. Es gibt dort etwa neunhundert weibliche Sträflinge. Die größte Zahl derselben besteht aus gewöhnlichen Verbrechern, mit den schwersten Geschlechtsfrankheiten be. haftet, und mit diesen Elementen müssen die wegen politischen Bergehens Verurteilten in gemeinsamen Arbeitsräumen leben. Unter letzteren sind viele Volksschullehrerinnen und Professorinnen an Hochschulen. Es ist sogar noch dafür gesorgt, daß die politischen Sträflinge von den gewöhnlichen Berbrecherinnen bespigelt und be obachtet werden. Wenn die politischen Sträflinge gegen diese schreckliche Tortur Klage führen, so wird ihnen von den heiligen Schwestern die Antwort erteilt:„ Ach, ihr seid doch für die Gleichheit und Brüderlichkeit eingetreten. Und diese hier sind weniger fträflich als ihr, denn sie haben nur gegen den Körper gefündigt, ihr jedoch hattet die Seelen verwüstet. Betet zu unserem Herrn Jesus Christus , damit er euch vergibt."...
Die einzige Möglichkeit für die politischen Sträflinge, aus dieser schrecklichen Lage herauszukommen, ist das Disziplinarvergehen, denn dadurch erhält man die Möglichkeit, strafweise in Einzelhaft zu kommen.
Gegen jene, denen konkrete Vergehen und Verbrechen nicht nachgewiesen werden konnten, wurde mit Internierung vorgegangen. Internierungslager gibt es heute noch mehrere im Lande. Eines der berüchtigsten ist das Internierungslager in 3a. laegerszeg. Hier sind außer den politisch Verdächtigen" die Wucherer und anderes Gefindel untergebracht, aber die Lage der letzteren ist den politischen Internierten gegenüber eine beneidens. merte zu nennen. In diesem ungarischen Sibirien verbringen nun Frauen, Männer, Mädchen und Kinder ihr Leben, manche schon feit August 1919. Bu bemerken ist, daß die Internierung nicht für eine gewisse Zeit, sondern für einen ganz unbestimmten Termin vorgenommen wird, denn die Obrigkeit geht von dem Standpunkt aus, daß die sozialistische Ueberzeugung nur an einem
* auf. Aber es ist in dem furzen Verlauf von sechs Wochen geschrieben und der Ausfluß einer sehr starken Leidenschaft. Aber was Mary Wollstonecraft verlangt, ist, wie die Uebersetzerin B. Berthold schreibt, gerecht, was sie anstrebt, ist ideal menschlich. Ihre Gedanken und Forderungen finden heute wohl mehr Verständnis als zur Zeit, da das Werk erschien. Vieles ist auch heute erst im Fluß, und so gehört Mary Wollstonecraft zu den Pfad finderinnen, denen die Frauen von heute unendlich viel verdanken. Mary findet die Fehler im Verhalten der Frauen in dem falschen Erziehungssystem, das in den Frauen nur das Geschlecht, nicht aber den Menschen sieht. Sie sagt auch ausdrücklich, daß sie sich nicht an die Damen ", sondern an die Frauenwelt wendet. Männer und Frauen müßen in dem Geist und dem Wesen der Zeit, in der fie leben, erzogen werden. Dem Ehemann soll nur die Vollendung, nicht der Beginn der wichtigen Aufgabe zufallen, die Frau denken und erkennen zu lehren. Nur Tyrannen und Sinnenmenschen mollen die Frauen unaufgeflärt im Dunkel der Unwissenheit lassen, benn sie brauchen Sklaven und Spielzeuge für ihre Sinne. Das Ziel der Frauen soll aber nicht nur sein, ihre Pflichten als Töchter, Ehefrauen und Mütter zu erfüllen, sondern sie sollen auch ihre eigensten Eigenschaften zu entwickeln und die Würde eigener Kraft zu erlangen trachten. Muß die Frau, um sich ihres Mannes Liebe zu versichern, schwache Nerven und einen schwächlichen Körper heucheln? Schwäche fann Zärtlichkeit hervorrufen und schmeichelt bem anmaßenden Stolze des Mannes. Eine Frau aber, die Körper und Geist gleichmäßig pflegt, wird die Gefährtin ihres Gatten sein, statt seine Untergebene. Eine richtige Erziehung und ein mit reichen Renntnissen ausgestatteter Geist wird das Weib den ehelosen Stand mit Würde ertragen lassen, aber daß sie es vermeiden soll, ihren Geist zu bilden, für den Fall, daß dies einem zufünftigen Gatten unlieb sein fönnte, das heißt wirklich einem Schatten nachjagen. Mary wirft mit Recht die Frage auf, ob wirklich duldend- indolente Frauen ihre Gatten glücklich machen können, ob fie die CharakterStärke haben, einen Haushalt recht zu führen und Kinder zu erziehen.
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solchen Ort ausgetrieben werden kann und daß die Internierung ebenso lange zu dauern hat, bis dieser löbliche Zwed die ,, Besserung" erreicht ist. Weiter ist noch die Tatsache zu registrieren, daß Mütter mit Säuglingen sowohl als Frauen in Es schwangerem Zustande interniert wurden. gab auch Fälle, wo die Frau statt des Mannes und die Schwester statt des geflüchteten Bruders ins Interniertenlager mußte. Die Qualen, denen die unglücklichen Internierten ausgefeht waren, sind in der Presse der ganzen Welt behandelt worden.
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Während der zweiunddreißig Monate des meißen Terrors ist denn auch die aufblühende Arbeiterinnenbewegung in Ungarn weggefegt worden. Die besten Kämpferinnen schmachten in den Kertern und Internierungslagern oder leben in der Emigration. Die sich noch in Freiheit befinden, sind infolge des terroristischen Regimes nicht in der Lage, fich politisch zu betätigen. Eine große Zahl derjenigen, die noch auf freiem Fuße sind, werden gezwungen, sich wöchentlich zwei, dreimal bei der Polizet zu melden; jede öffentliche Betätigung ist ihnen verboten. Die Zeitung der ungarländischen sozialdemokratischen Frauen, " Nömunkás"( Die Arbeiterin) hatte nach dem Kriege bereits eine Auflage von 50 000 Exemplaren erreicht. Heute ist diese Zahl auf etwa 2000 gefunken! Wenn es auch in der Hauptstadt Budapest einigermaßen geht, in der Provinz herrscht der Terror so weit, daß selbst das Lesen dieser Zeitung als ein strafbares Berbrechen" geahndet wird.
Das ist die Lage, in der sich die sozialdemokratische Frauenbewegung Ungarns befindet. Wer die Schrecken der reaktionären Regierung, des weißen Terrors, nicht kennt, wird sich kaum ein Bild von der Wirklichkeit machen können. Mögen alle anderen Länder vor dem gleichen Schicksal bewahrt bleiben!
Ist die Frau weniger begabt als der
Mann?
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Die Frau ist dümmer als der Mann! Sie ist unlogisch! Sie vermag überhaupt nicht richtig zu denken! Diese und ähnliche Behauptungen werden nicht nur von den Gegnern des Frauen. rechts aufgestellt, sondern auch von dessen Anhängern zuweilen ge glaubt. Ja, man kann sagen, daß nicht nur die Männer mit ganz wenigen Ausnahmen, sondern auch ein Teil der Frauen davon
„ Gleichheit", schreibt Mary als überzeugte Republikanerin ,,, fann nicht Wurzel fassen, so lange die eine Hälfte der Menschheit in Abhängigkeit gehalten wird und durch Unwissenheit und Einbildung die Gleichheit untergräbt." Sie ist auch eine leidenschaftliche Geg nerin des Krieges, denn das heutige System der Kriegführung habe mit irgendeiner persönlichen Tugend wenig mehr gemein. Die Frau soll im bürgerlichen Leben tätig sein, ihrer Familie vorstehen, ihre Kinder erziehen und ihrem Nächsten helfen. Um die Frau aber wirklich tüchtig und nüßlich zu machen und fähig, ihre bürgerlichen Pflichten zu erfüllen, bedarf sie auch persönlich des Schußes durch bürgerliche Gefeße. Dann darf sie nicht länger von ihres Ehegatten Güte abhängig sein, solange er lebt, und von einem Ratgeber nach seinem Tode." Daß Mary die Zulassung der Frauen zu allen Berufen fordert, ist selbstverständlich. Sie würden dadurch vor gemeiner und legaler Prostitution bewahrt und nicht genötigt, um des Unterhalts willen zu heiraten.
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Besonders ernst nimmt es die Verteidigerin der Rechte der Frau mit der Erfüllung der Mutterpflichten. Eine Mutter, die ihr Kind der Amme, bezahlten Pflegerinnen und dann der Schule ander. traut, fann fein tieferes Verwandtschaftsgefühl von ihm er. warten... Wer seine Pflichten durch einen Stellvertreter erfüllen läßt, darf sich nicht darüber beklagen, wenn der Lohn ausbleibt Elternliebe bringt Kindespflicht." Für die Schulen forderi fie gemeinschaftlichen unentgeltlichen Unterricht für Knaben und Mäd chen aller Stände im Alter von 5-9 Jahren. Auch die Kleidung foll gleich sein, um Unterschiede unmöglich zu machen. Nach dem neunten Jahr soll der Unterricht in den Vormittagsschulen ollen gemeinsam erteilt werden. Nachmittags sollen die Mädchen Schulen besuchen, wo fie Handarbeit, Schneiderei, Puhmachen usw. lernen fönnen. In anderen Schulen sollen wieder alle in den Fächern der höheren Wissenschaft unterrichtet werden. So würde die Be. rufsbildung für alle geschaffen und es wäre der Wea, frühe heiraten zu begünstigen. Die Schulen sollen Schulen der Moral sein. Man mache die Frauen zu vernünftigen freien Bürgern und sie werden
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