Für unsere Mütter und Hausfrauen
O O O O O O O O 1911
Nr. 15 。。。。。。。。 Beilage zur Gleichheit o
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Inhaltsverzeichnis: Mahomets Gesang. Von Wolfgang Goethe . Ein Kapitel Revolutionsgeschichte. Feuilleton: Auf der Fähre. Aus der Die letzte Stunde. Von Karl Marx . ,, Auferstehung" von Leo Tolstoi . Empörung. Von Alexander Petöfi .
Seht den Felfenquell, Freudenhell,
JDie ein Sternenblick; Über Wolken
nährten feine Jugend Gute Geifter
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Zwischen klippen im Gebüfch.
Jünglingsfrisch
Tanzt er aus der Wolke Auf die Marmorfelfen nieder, Jauchzet wieder
Nach dem Himmel.
Durch die Gipfelgänge Jagt er bunten Kiefeln nach, Und mit frühem Führertritt Reißt er feine Bruderquellen Mit fich fort.
Drunten werden in dem TalUnter feinem Fußtritt Blumen, Und die Diefe
Lebt von feinem Hauch. Doch ihn hält kein Schattental, Reine Blumen,
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Mahomets Gefang.
Don Dolfgang Goethe.
Die ihm seine Knie umschlingen, Ihm mit Liebesaugen schmeicheln: nach der Ebne dringt fein Cauf Schlangenwandelnd.
Bäche schmiegen
Sich gefellig an. nun tritt er In die Єbne filberprangend, Und die Ebne prangt mit ihm, Und die Flüffe von der Ebne Und die Bäche von den Bergen Jauchzen ihm und rufen: Bruder!
Bruder, nimm die Brüder mit, mit zu deinem alten Dater, Zu dem em'gen Ozean, Der mit ausgespannten Armen Unfer wartet,
Die fich, ach! vergebens öffnen, Seine Sehnenden zu faffen; Denn uns frißt in öder Düfte Gier'ger Sand; die Sonne droben Saugt an unferm Blut; ein Hügel Hemmet uns zum Teiche! Bruder, Nimm die Brüder von der Ebne,
Ein Kapitel Revolutionsgeschichte.
I.
Die Reformation war in England das Signal zu einer langen Reihe von Bauernaufständen, die sich durch das ganze sechzehnte Jahrhundert hinziehen. Das fühlbarste Ergebnis der Reformation in diesem Lande bestand nämlich zunächst darin, daß der König sich selbst zum Oberhaupt der Staatskirche proklamierte und dadurch den hohen Klerus, namentlich die Bischöfe in gehorsame Werkzeuge Jeiner Bedrückungen gegen das arme Volf verwandelte. Das andere wichtige Ergebnis war die Konfiskation der enormen Klostergüter, bie der König Heinrich VIII. in fürzester Zeit verjubelte und an den gierigen Adel verteilte. Nun fing dieser an, noch mehr wie bisher auf den großen Gütern Tausende von Bauernfamilien von Haus und Hof zu vertreiben. Die Aufhebung der Klöster, die einer Masse Landvolk einen gewissen Schutz und Lebensunterhalt gewährt hatten, brachte alle diese Leute an den Bettelstab. Die Aussaugung des Bauerntums durch den Adel wurde immer unerträglicher. All das entfachte im Landvolk eine mächtige Empörung, und bald hier, bald dort zuckten die Flammen auf als Warnzeichen einer herannahenden Revolution. So wird schon 1537 ein in Walsingham, Grafs schaft Norfolk, geplanter Aufstand gegen die Herren" entdeckt, und die„ Rädelsführer" werden hingerichtet. Von einer Frau, Elisabeth Wood, wird bald danach dem Staatsrat gemeldet, sie habe gesagt: „ Es war schade, daß diese Leute von Walsingham ausgefunden wurden, denn wir werden nie gute Zustände haben, als bis wir nach dem Liede zusammentreten:
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Und mit Knütteln und Nägelschuhn
Wird die Tat geschehn."
Elisabeth Wood sei ein halsstarriges und widriges Weib, heißt es im Bericht. Die Zahl solcher, halsstarrigen" Weiber und Männer nahm aber im Volte immer mehr zu. Zwölf Jahre später gab es unter der Führung Robert Kets in Norfolk einen großen Aufstand,
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Nimm die Brüder von den Bergen mit, zu deinem Dater mit!
kommt ihr alle!- Und nun schwillt er Herrlicher; ein ganz Gefchlechte Trägt den Fürften hoch empor! Und im rollenden Triumphe Gibt er Ländern namen, Städte Derden unter seinem Fuß.
Unaufhaltfam raufcht er weiter, Läßt der Türme Flammengipfel, Marmorhäuser, eine Schöpfung Seiner Fülle, hinter sich.
Zedernhäufer trägt der Atlas Auf den Riefenfchultern: faufend Dehen über feinem Haupte Taufend Flaggen durch die Lüfte, Zeugen feiner Herrlichkeit.
Und fo trägt er feine Brüder, Seine Schätze, feine Kinder, Dem erwartenden Erzeuger Freudebraufend an das Herz.
der erst nach mehreren Schlachten vom Militär unterdrückt werden fonnte. Der Sieger" Earl of Warwick blieb noch vierzehn Tage im Lande und hielt über die gefangenen Bauern Standgericht. Den Bauern wurden die Gedärme aus dem Leibe gerissen und vor ihren brechenden Augen verbrannt. Doch das alles genügte den blutgierigen Landlords noch nicht. Immer mehr Opfer verlangte ihre Rachsucht, bis endlich Warwick ihnen sagte, daß sie schließlich den Pflug selbst führen müßten, wenn das Abschlachten so weiter ginge. Alle diese Aufstände machten sich jedoch die großen Landräuber nicht zur Lehre. Sie fuhren fort, Bauern zu legen, die Abgaben zu steigern, Klostergüter für lächerliche Preise an sich zu raffen und bäuerliches Gemeindeland zu stehlen. Auf diese Weise entstand rasch eine große Masse ländlichen Proletariats.
Doch nicht nur im Bauerntum gärte und brodelte es dazumal in England. Auch das aufkommende Bürgertum: Handwerksmeister, Kaufleute, Manufakturunternehmer, Landpächter waren tief er bittert. Sie litten schwer unter der Willkürherrschaft und der Verschwendung des Königtums, unter den Vorrechten und den scham losen Bereicherungsmethoden des Adels sowie unter den blutigen Gewaltmaßnahmen, mit denen die Reformation durchgeführt wurde. Die Unzufriedenheit und die Bestrebungen des Bürgertums äußerten sich namentlich in der Puritanerbewegung. Diese protestantische Richtung, entstanden Ende des sechzehnten Jahrhunderts, vereinigte zunächst alle diejenigen, denen die Reformation in der Reinigung der Kirche nicht weit genug ging; sie erstrebte ein demokratisches Kirchenregiment und die Gewissensfreiheit, die die Reformation nicht gebracht hatte. Weiterhin aber sammelten sich in ihren Reihen die verschiedenen Elemente, die zugleich mit der Reinigung der Religion eine Läuterung der Sitten und eine Erneuerung der ges sellschaftlichen Verhältnisse wünschten. Und schließlich kam in der Puritanerbewegung eine rein politische Strömung zum Ausdruck, der Widerstand gegen das absolute Königtum. Daß aber unter den verschiedenen Bevölkerungsschichten, die sich zum Puritaner