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Für unsere Mütter und Hausfrauen

tum bekannten, die Bourgeoisie ausschlaggebend war, zeigt deut lich die puritanische Predigt der Sparsamkeit, die den damaligen Bedürfnissen des beginnenden Kapitalismus   entsprach. Der Puri­taner, schreibt ein englischer Hiſtoriter, war fauertöpfisch, zurücks haltend, starrköpfig, fleif. Aber er sparte Geld, und dies um so mehr, als er feines für Priester oder Mönche ausgeben mochte. Wie im ganzen Mittelalter, so auch noch im sechzehnten und siebzehnten Jahrhundert in England, famen die Klassengegensätze in der Bildung verschiedener tirchlicher Richtungen und Seften zum Vorschein.

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Endlich war auch das Proletariat von der allgemeinen Unzu friedenheit aufgerüttelt und mitgeriffen. Die städtischen Proletarier waren freilich noch nicht zahlreich: es waren hauptsächlich Hand­wertslehrlinge in England galt damals fiebenjährige Lehr­zeit, so daß junge Leute häufig bis zum 24. Lebensjahr Lehrlinge blieben und erst in zweiter Linie Lohnarbeiter. Aber gerade im Proletariat war der rebellifche Geist am stärksten, zählten die radikalsten Seften ihre meisten Anhänger. Wie in allen Revolutionen waren auch hier die Habenichtse die fühnste, entschlossenste und intelli genteste von allen Schichten des unterdrückten Volkes. Das unzu friedene Bürgertum wünschte eigentlich nur eine gewisse Ein­schränkung der föniglichen Gewalt, Ordnung des Finanzwesens, Sicherung der Rechte des Parlaments, das in England schon seit dem dreizehnten Jahrhundert bestand und in dem die Bourgeoisie vertreten war. Die rebellischen Proletarier dagegen und mit thnen ein gut Teil des K.einbürgertums gingen aufs Ganze aus. Sie erklärten den Krieg jeder Ungleichheit unter den Menschen und erstrebten eine gründliche politische Umwälzung im Staate. Ja, im Proletariat waren auch rein kommunistische Setten ver­breitet, die die völlige Abschaffung der Ausbeutung und Knecht­schaft wollten, so namentlich die Selte der Digger", das heißt Graber, die gar fein Privateigentum anerkannten. Unter dem Druck der radikalen Proletarier wurde ein Teil der Bourgeoisie zu schär­ferem Vorgehen getrieben. Von den Puritanern löste fich bald die radikalere Richtung der Independenten, der Unabhängigen, ab, die entschlossen war, den politischen Kampf nicht bloß im Parlament, sondern draußen im Lande bis zum völligen Siege der Demokratie aus­zufechten, und die schließlich mit dem Königtum reinen Tisch machte. Innerhalb der Independenten bildeten aber die vorwiegend prole= tarischen Gleichmacher", die Leveller, den Sauerteig. So klaffte eigentlich schon von vornherein in der Masse, die sich zum Kampfe gegen die Monarchie erhob, ein schroffer Gegensatz, der zwischen dem Bürgertum und dem Proletariat. Indes sollte sich das erst später offenbaren. Fürs erste stand im Vordergrund der Kampf gegen ben königlichen Despotismus, den hohen Adel und die Kirchenfürften. Der gemeinsame Feind vereinte zunächst alle unzufriedenen Ele­mente in England zu einer Armee, die dem Königtum in der Re­volution von 1642 bis 1649 eine entscheidende Schlacht geliefert hat. Die Worte Armee und Schlacht sind hier nicht etwa Phrasen zur Ausschmückung der Sache. In der englischen Revolution tam es zwischen Königtum und Volt wirklich zu regelrechten Schlachten, zu einem eigenartigen Krieg. Es war dies das erste Mal in der neueren Geschichte, daß das Volk seine Waffen zu einem Kulturzweck erhob: zum offenen Kampfe um die politische Freiheit im Staate. Die englische Revolution des siebzehnten Jahrhunderts steht so als leuchtendes geschichtliches Beispiel am Anfang einer Reihe moderner Revolutionen, die im achtzehnten und neunzehnten Jahrhundert die ganze Welt erschütterten und deren jüngste vor unseren Augen in Rußland   ausgebrochen ist.

II.

Der Kampf setzte ein gleich nach dem Regierungsantritt Karls I.  aus dem Hause der Stuarts  . Dieser brachte noch mehr als seine Vorgänger das Volt gegen fich auf durch sein eigensinniges, hoch fahrendes Wesen und seinen zügellofen Despotismus. Als er zu Beginn seiner Herrschaft das Parlament einberief, um Geldmittel aus Zöllen zu erlangen, wollte sie ihm das Parlament nicht auf Lebenszeit bewilligen, wie der König verlangte, sondern bloß auf ein Jahr. Seinerseits forderte es Rechenschaft über die Willfür­afte des Königs und seiner Minister, Karl löste das widerspenstige Parlament auf und schrieb Neuwahlen aus. Das zweite Parlament war aber nicht nur ebenso widerhaarig wie das erste, sondern ging noch weiter und erhob Anklage gegen den ersten Minister und Günstling des Königs, Herzog von Buckingham. Der wütende König ließ die Einbringer des Antrags im Parlament verhaften, und auch dieses Parlament wurde aufgelöst. Das zum drittenmal ge­wählte Parlament stellte sich wieder in feste Kampsposition gegen den König. Es trotte dem in großen Geldnöten steckenden Mon­archen die Zustimmung zur berühmten Forderung der Rechte" gegen willkürliche Besteuerung und Verhaftung ab. Schließlich wurde es wegen seiner Unnachgiebigkeit gleichfalls aufgelöst. So zeigte

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damals das englische Bürgertum, wie man sich zu einem Landes­vater stellt, der sich an seinem Volk vergreift.

Karl versuchte nunmehr, mit der Gewalt aufzutrumpfen. Gif Jahre lang berief er überhaupt kein Parlament ein und regierte despotisch wie ein russischer Zar. Ungesetzliche Steuern wurden eingetrieben, ungefeßliche Monopole verpachtet. Alle oppofitionellen Elemente wurden auf? grausamste unterdrückt und mit Konfiskationen der Güter bestraft. Zugleich setzten die Bischöfe die blutigsten Ver­folgungen gegen Reger, das heißt Puritaner und Settierer ins Werk. Für jede Widerspenstigkeit gegen die Staatsfirche wurden Leute zu Peitschenhieben, Nasenausschlißen, Ohrenabschneiden und zu un geheuerlichen Geldstrafen verurteilt. Manche verschmachteten in der harten Kerferhaft im Tower.

Allein die rohesten Gewaltmittel konnten dem Königtum nicht auf die Dauer helfen. Geldnot zwang Karl I.   schließlich, 1640 das Parla­ment wieder einzuberufen, und damit entbrannte der offene Kampf aufs neue. Das Parlament stellte sofort die zwei Hauptberater des Königs, den ersten Minister Strafford und den Erzbischof Laud unter Anklage, ließ sie verurteilen und köpfen. Der edle Monarch wurde dabei zum gemeinen Verräter an seinen treuesten Dienern. Er unterschrieb eigenhändig das Todesurteil seines Freundes Straf­ford und überließ seine Kreatur, den Erzbischof, der Strafe des Volkes. Ferner arbeitete das Parlament die große Beschwerde­schrift" aus, worin es in 206 Paragraphen alle verfassungswidrigen Maßnahmen Karls seit seinem Regierungsantritt zusammenstellte. Der unberechenbare Despot seinerseits wagte einen neuen Streich. Er drang persönlich mit Soldaten in das Parlament ein und wollte fünf Häupter der Opposition verhaften, was ihm aber nicht gelang.

Diese Vorgänge gaben das Signal zum Ausbruch des Aufruhrs. Große Massendemonstrationen fanden in den Straßen Londons  statt. Von großer Wirkung war namentlich die Demonstration der Lehrlinge im Dezember 1641, bei der es zu einem blutigen Zu­sammenstoß mit den Soldaten des Königs fam. Unter ihrem Eins druck begann sich das Volk rasch zu bewaffnen, um zum Kampfe bereit zu sein. Der König fühlte sich nunmehr in seiner Haupt­stadt nicht sicher und verließ London   im Januar 1642, um es erst fieben Jahre später als Gefangener wieder zu sehen.

Jetzt war es klar, daß der Konflikt mit Waffen in der Hand auf dem Schlachtfeld ausgefochten werden mußte. Die Königin sette nach dem Festland über, wobei sie nicht vergaß, die Kron­juwelen einzustecken, um sie dort zu verpfänden und sonst Geld aufzutreiben, sowie Intrigen im Interesse des Königs zu spinnen. Der König aber durchstreifte inzwischen das Land und warb überall Truppen an, um mit ihnen gegen die Hauptstadt zu rücken, das Parlament auseinanderzutreiben und das Volk durch ein Blut­bad zur Raison zu bringen. Die Parlamentspartei ihrerseits sam­melte gleichfalls Mittel und warb ein Heer an zur Verteidigung gegen den Despoten. Freudig eilten Proletarier unter die Fahne der Freiheit. Bewaffnete Matrosen und Seefoldaten, berittenes Landvolk, Handwerkslehrlinge stellten sich in Masse in das Heer ein zum Schuße des Parlaments. Die Arbeiter unterstützten hier, wie stets, die Bourgeoisie, soweit sie revolutionär gesinnt war, aus allen Kräften. Im Herbst 1642 standen schon die beiden feind­lichen Armeen einander gegenüber: dort königliche Anhänger und Kreaturen, Kavaliere", wie sie im Volksmunde hießen, hier ein hauptsächlich aus Bauern und Handwerksburschen zusammengesetztes Voltsheer, die Rundlöpfe", so genannt nach ihrem furzgeschorenen Haar. Das erste Treffen bei Edgehill fiel für die noch ungeübten Boltstruppen unglücklich aus. Der spätere Diktator Oliver Crom­ well  , der an dieser Schlacht als Hauptmann der Reiterei teilnahm, meinte, mit einem zum großen Teil aus alten Küsergesellen und städtischen Lehrburschen zusammengesetzten Heer werde man nie gegen eine Armee aus Männern von Ehre" aufkommen. Schon die nächsten Treffen aber sollten zeigen, genau wie anderthalb Jahrhunderte später die Kriege der großen französischen   Revolu tion, daß ein um seine Freiheit kämpfendes arbeitendes Volk fo= wohl Truppen von überlegener Kriegstüchtigkeit wie geniale Heer­führer aus seinem Echoße gebärt. Gerade der Bierbrauer Crom­ well   fonnte, wie später Napoleon  , mit diesen revolutionären Truppen eine ganz neue militärische Taftit und Strategie entwickeln, die die Grundlage feiner glänzenden politischen Laufbahn wurde. Be­reits Mitte November 1642 vermochte das Parlamentsheer den König mit seinen Ravalieren vor London   zurückzuschlagen. 1644 wurden die Königlichen bei Newbury  , 1645 bei Marstonmoor und entscheidend bei Naseby geschlagen. Der König floh zu den Schotten, wurde jedoch an die englische Parlamentspartei ausgeliefert und in einem Schloffe in Haft gesetzt. Von dort aus suchte er abwechselnd das Parlament und die Armee gegeneinander auszuspielen. Er intrigierte, versuchte es mit Bestechungen, zettelte geheime Vers

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