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Für unsere Mütter und Hausfrauen

weglich blieb wie ihr Material. Metall, das biegfame, glänzende, das lebendige, fließende Metall trägt auch eine Kultur, die lebendig und glanzvoll ist und in ihren Formen unabsehbar und unaus­schöpfbar.

Aus den Ratsprotokollen Offenburgs.

In einer Zeitschrift lokalen Charakters, die von einem Bartel genoffen in Offenburg in Baden herausgegeben wird, erschienen bisher noch nicht veröffentlichte Stadtratsbeschlüsse der Gemeinde Offenburg aus dem sechzehnten Jahrhundert: Raths- Protokolle bey des heyl. Röm. Reichs- Statt Offenburg . Diese Beschlüsse sind von kulturgeschichtlichem Interesse, und wir teilen daraus einige mit, die die gesellschaftliche Stellung der Frau im römischen Reiche deutscher Nation zu Beginn der Neuzeit beleuchten. Die Stadt Offenburg besaß als eine der reichsunmittelbaren Städte der zwi­schen Rhein und Schwarzwald gelegenen Landvogtei Ortenau ihre selbständige städtische Gerichtsbarkeit und ihr eigenes Weistum, das heißt der Zwölferrat fällte seine Rechtsentscheide auf Grund der von der Gemeinde anerkannten Auslegung des Gewohnheitsrechts. Gegen einen Ehebrecher erläßt der hohe Rat am 23. Dezember 1585 folgendes Urteil:

Lazarus Duhr im Zell hatt sein weib vnd kindt mitt dem ehbruch geschendt vnd ist dernwegen zu Küntzdorff, mitt dem messer von im, griffen vnd vff den todt verwundt worden, soll desshalben m. h. zu freuel( frevel) abtragen 1( ein Pfund Pfennig).

Am 24. November 1586 bestimmt der Rat:

Hans Mößner, Mitglied des neuen Rats, wird wegen Schwänge­rung seiner Dienstmagd bei Lebzeiten seiner Frau des Rats entsetzt und hat in Ansehung seines Alters und feines leibs blödig­feit" 10 Strafe zu erstatten.

Der alte Sünder scheint dadurch von der Pflicht der Kindesfür­forge befreit geworden zu sein.

Mit der gleichen Geldstrafe wurde aber ein Mann belegt, der sich einer schwangeren Frau angenommen hatte.

Montag nach iubilate, den 28. April 1586. Jacob Huckh, der würdt zum Adler, so ohn m. h. vorwissen vnd wider derselben ordnung ein weibsperson, die daruffalẞo baldt eins lindlins genesen, vffgnommen, 10 3 zu freuel erstatten.

Die Erfüllung der ehelichen Pflichten suchte der Rat mit folgen­dem Beschluß von einer Ehefrau zu erzwingen:

Freitag nach purificationis Mariae, den 7. Februar 1586. Lorentz Rabis deß schuemachers haußfraw soll ime nochmalen inn crafft durch den geistlichen richter zu Straßburg super coha­bitatione( über den Beischlaf) ergangnen bscheidts vnd daruff durch m. h. ergangne erthandtuus innerhalb II tagen ehliche beywho­nung leisten, dessen durch den rathsknecht ermanth vnd vff den fahl der verweigerung alsdann eingsetzt werden.

Im Falle der Weigerung soll also die Frau ins Gefängnis ge­worfen werden.

Namentlich arme alte Frauen fielen dem damals herrschenden Herenwahn zum Opfer:

Freitag nach Bartholomaei, den 22. August 1586. N. die schwartz Elß genanth ist off Bernhardt Biegel thnechts vnd Bastian Strobels anclagen, zauberey halb, wie auch sonst vff veilfältigen gnüegfa men argwon in hafftung fenchlich( gefänglich) eingezogen und dabei weither thundtschafft einzunemmen erthandt vnd beschlossen worden.

Freitag, den 5. September 1586. Soll N. die schwarz Elß über hieuoren zum andern mahl beschene inquisition, irer außreden inn allweg vngeacht, peinlich vnd mitt mehrem ernst durch m. Hardimann befragt werden.

Freitag vor exaltations sae. crucis, den 12. September 1586. Nachdem N. die schwarz Elß m. hern nechsten erkhandtnus nach verschinen mittwochs peinlich mitt zimblichen ernst durch meister hardtlin abermahl befragt vnd gemartert worden, sy aber inn nichts weder inn noch extra torturam( Folter) waß bethandtlich gwesen, sonder ihr vnfchuldt zum höchsten vnd bestendiglich betheürt, ist erthandt vnd beschlossen worden, soll mitt einer gfchwarnen vnd geschribnen vryheidt( Urfehde) über den schwarz­waldt verwifen werden, belangendt aber die agung vnd Bernhardt deß ziegeltnechts tindis arßetlohn, foll sy vor er ledigter Hafftung dasselbig zuerstatten schuldig sein.

Nr. 16

Das unglückliche Weib wurde eingeferkert, gefoltert und, ohne schuldig befunden zu sein, gezwungen, Urfehde zu schwören, das heißt eidlich zu versichern, daß sie nicht mehr in die Stadt zurück­tehren und sich auch nicht an ihren Richtern rächen würde. Außer­dem mußte sie, ehe sie entlassen wurde, auch noch ihren Unterhalt für die Zeit der unschuldig erlittenen Gefängnishaft bezahlen und ihre Denunzianten befriedigen.

Die Schwarze Else brach aber ihren Gid, nicht nach Offenburg zurückzukehren, sie wurde daher als meineidig verurteilt:

Sambstag, den 18. Juli 1587.

Bff vorghabtem rhat der rechtsgelerten ist der schwarzen Elsen halb erkhandt, daß sy deren begangnen meineidts halb nechst fünfftigen zinstags an daß halßeisen gsteldt vnd volgendis mitt dem bscheidt abermalen m. h. iurisdiction vnd darzu noch weither vff sechß mühl wegs über den Schwarzwaldt ver wisen werden soll; who sy deffelbig überdreten vnd sich weither alhie würdt sehen laßen, daß sy allsdann ohn alle vernere mittel mitt dem wasser vom leben zum todtheingerichtet und dasselbig gwißlich erwarthen soll.

Eine Unterstützung an eine arme Frau, die nicht mehr im Pfründnerheim, Begünnenhaus", untergebracht werden fonnte,

wurde am 21. Oftober 1585 verordnet:

Soll hern Jheromini Vogels schwester, weil maun daß Begünen hauß soll fürther zuzuschliessen erthandt, ihren vnuermüg ichen alters halb wochenlichen 3 bazen vnd täglich 3 einen maß wein, deßgleichen ein vierthelbrodt vmb gots willen guolgt vnd geben

werden.

Den beiden Geburtshelferinnen der freien Reichsstadt war das Leben in jenen teuern Zeiten sehr schwer gefallen; sie baten des halb auf dem Rathaus um eine Zuwendung.

Der Beschluß besagt:

Seindt beiden hemammen vff deren bittlichs ersuechen wegen langwiriger theüren zeit, vnnd daß sy dernhalb von der armen burgerschafft thr gebürliche bioldung nitt oder den wenigern theil befhommen, mög jeder vff nechst weinächten ein achteil vnnd daruff volgenden Johannis Baptistae aber 1 achteil vnd nitt für­hin, who der almechtig widerumb gnad vnnd ein wölffele( Wohl­feilheit) verleihen würde, vergünstigt vnnd bewilligt worden. mg.

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O O O

Sygiene.

Das Kaneu. Gut gefaut ist halb verdaut", und wer lange faut, lebt lange" das sind vollstümliche Redewendungen, die die Wichtigkeit des Kauens gut betonen, in der Haft des modernen Erwerbslebens aber meist nicht genug beherzigt werden. Die Nähr­stoffe, welche wir zu uns nehmen, müssen vollständig aufgelöst, das heißt verdaut werden, bevor sie in die Körperfäste aufgenommen werden können. Eine gründliche Zerkleinerung der Speisen ist eine unumgängliche Vorbedingung hierzu. Je feiner ein Nahrungs­mittel gefaut, je gründlicher mit Speichel vermischt es in den Magen gelangt, desto volitommener ist seine Ausnußung im Körper, desto besser nährt es uns. Umgelehrt bewirken hastig gefaute, in Stücken hinuntergeschlungene Speisen nicht nur eine mehr oder weniger starte Belästigung des Verdauungsapparates, fie nähren auch nicht genügend, selbst wenn man große Mengen verzehrt. Sogar als schwer verdaulich verschriene Nahrungsmittel, wie harte Eier, Brat­fartoffeln, frisches Brot werden belömmlich, wenn man sich die Mühe gibt, sie so fein wie möglich im Munde zu zerkleinern. Bei manchen Nahrungsstoffen beginnt die Verdauung bereits im Wunde. Der Speichel enthält ein Ferment,* das Piyalin, das die Eigenschaft besitzt, die stärkemehlhaltigen Bestandteile der Nahrungsmittel in furzer Zeit in löslichen Zucker und Dextrin zu verwandeln und sie so vorzuverdauen. Von hervorragenden Physiologen ist empfohlen worden, jeden Bissen etwa dreißigmal oder solange zu zerkleinern, bis die Speise allen Geschmack verloren hat.

Aus dem Angeführten geht zwingend hervor, wie wichtig aus reichende Effenspaufen im Arbeitsprozeß für die Ernährung sind, und welche große Bedeutung gute Zähne für die Verdauung und für die Gesundheit haben. Deshalb soll man franke und hohle Zähne, die beim Essen geschont werden, rechtzeitig vom Zahnarzt

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Fermente find organische Substanzen, die andere organische Verbin dungen chemisch zu ändern, namentlich zu spalten vermögen, ohne dabei selbst wesentlich verändert zu werden. Die Fermente sind entweder lebende einzellige Wesen, wie zum Beispiel der Hefepilz, oder von Pflanzen und Tieren produzierte Stoffe, wie zum Beispiel das int Magensaft enthaltene Pepsin, das bei der Verdauung die Eiweißstoffe löslich macht.