Nr. 10
Für unsere Mütter und Hausfrauen
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„ Die Welt ist jetzt ein Vaterland, die Seelen Bon heiliger Begeisterung durchbebt.
Und sanft ein Friedenssang aus tausend Kehlen Von einem Ilfer an das andre schwebt.
Der Rauch steigt auf, und durch der Erde Schollen Sieht man die Pflugschar ihre Furchen zieh'it. Man hört von ferne der Maschinen Grollen; Und feurig rot die Schmiedeöfen glüh'n.
Und über all dem wilden rauhen Toben Der Erde, die in vollem Gärungsbraus, Da breitet stolz, im Winde flatternd, droben Die Freiheit ihre weißen Flügel aus."
Im Zeitalter des Jmperialismus, der auch in Italien Drgien feiert, hat sich das Bürgertum bereits vollkommen von der sozialrevolutionären Sängerin abgewandt. Ihre Gedichte werden dafür immer mehr Gemeingut der Proletarier aller Länder, die es als Pflicht betrachten, ihre Dichterin zu ehren, indem sie ihre Werke in fich lebendig erhalten.* Bernhard Rausch.
Für die Hausfrau.
Zum Kapitel der Babyausstattung. Unsere Abbildung zeigt, wie in England, Frankreich und vielfach auch in Osterreich der Säugling eingehüllt wird. Die Aussta:- tung unterscheidet sich in der Haupt> sache dadurch von der bei uns üblichen, daß das Steckfiffen fehlt und mithin auch die Stütze für den Kopf. Diese Art der Einhüllung kommt auch bei uns mehr in Ge brauch, weil sie den kindlichen Kör per weniger fest einengt und der Luft besser Zutritt ermöglicht als das heiße, anliegende Steckkissen. Jede Mutter kann sich nach der Abbildung leicht die englische Ausstattung" anfertigen, wie auch den langen Laßteil, der oben die Einhüllung deckt. Er fann aus Stickerei und Spigen hergestellt werden oder auch aus Seide und Chiffon, je nachdem die Mutter ihr Baby für Festtage oder zum Ausgehen schmücken will und Geld für die Ausstattung auszugeben vermag. Der Tragmantel aus Bifee mit Schulterkragen ist ebenfalls leicht herzustellen. Unsere Abbildungen zeigen die Hälfte des eigentlichen
Mantels wie des Schulterkragens mit den Besatstreifen. Ein Steh- oder Umlegekrägelchen
schließt den Mantel ab, zu dem man 4 Meter Stoff und 4 Meter Besagstreifen benötigt. Der Tragmantel für die Mutter ist ein * Ins Deutsche sind die beiden ersten Gedichtbände Fatalità" und Tempeste" von Hedwig Jahn in vorzüglicher Nachdichtung übersetzt und gemeinsam, auch als Voltsausgabe, bei A. Duncker, Berlin , erschienen. Preis der Boltsausgabe 1,80 2.
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sehr zweckmäßiges Stück, weil er erlaubt, das Kindchen warm an der Brust zu betten, wie dies die zweite Abbildung erkennen läßt. In Thü ringen, manchen Gegenden Sachsens und in Böhmen gehörte er früher unbedingt zu einer guten Babyausstattung. Leider verschwindet dieser
Mantel immer mehr, weil die Mütter des Volkes immer seltener ihre Kleinen selbst nähren und pflegen können. Schließlich trägt auch die Mode das ihrige dazu bei, ihn zu verdrängen. Bei den Ammen der reichen Leute kann man ihn dagegen oft genug sehen. Ohne Rücksicht darauf, ob der Mantel „ Mode ist" oder nicht, sollten ihn Mütter verwenden, die gezwungen find, ihr kleines Kindchen bei jedem Wetter und unter allen Umständen auf ihren Gängen mitzunehmen. Der Mantel erfordert allerdings viel Stoff. Wir sind überzeugt, daß unsere Leserinnen nach den Abbildungen ohne Schnittmuster zurechtkommen, aber selbstverständlich werden sie auch auf Wunsch durch die Redaktion vermittelt. Für alle vorstehenden Schnittmuster zusammen ist 1 Mart in Briefmarken einzusenden.
N.R. J.
Feuilleton
Unter den Häuslern der Berge.*
Von M. Andersen Nerö.
Tag für Tag sind wir vom frühen Morgen bis zum späten Abend hier oben gesessen auf den hohen Gipfeln, die die schöne Bergstadt Roja umgeben, und haben weit hinausgestarrt in den Raum, wo Adler über fernen Bergfirsten segeln, und haben in der sonnenfuntelnden Luft geschwelgt und in der Bergesstille, die noch versüßt wird durch den einlullenden Wohlflang der Schellen und vertieft durch das ferne Kochen der Wasserfälle in den Zwei Höllen". Die
* Aus, Sonnentage", Reisebilder aus Andalusien . Von M. Andersen Nero. Verlag von Georg Merseburger, Leipzig . Preis 3 Mf. gebunden. Dieses schöngeschriebene Buch ist sehr zu empfehlen. Es bietet mehr als fünstlerischen Genuß. Wir lernen in ihm die Seele eines Volkes kennen, über das die Walze des industriellen Kapitalismus noch nicht hinweggegangen ist, und das sich noch einen großen Schay persönlicher Kultur gewahrt hat.