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Für unsere Mütter und Sausfrauen
felgerichtiger entwickelt hatte. Die im Vorparlament zusammenfamen, waren eben in ihrer Mehrzahl Männer, die in der Zeit nach 1830 mit größerer oder geringerer Entschiedenheit für eine gemäßigte Weiterentwicklung der deutschen politischen Zustände sich eingesetzt hatten. Den neuen Verhältnissen war diese eiligst zusammenberufene Schar in keiner Weise gewachsen. Selbst ein Robert Blum hatte damals seine Anschauungen noch nicht konsequent durchgebildet. Uhland lehnte den Verfassungsentwurf des Borparlamentes mit aller Entschiedenheit ab. Er wollte kein erbliches Reichsoberhaupt, keine Erste Kammer aus Vertretern der Reichsfürsten, und die Entscheidung über Krieg und Frieden wollte er der Nationalversammlung vorbehalten wissen.
Dies sind die Grundlinien seiner Politik, die er auch später mit größter Festigkeit eingehalten hat, als er, wiederum für Tübingen , in die konstituierende Nationalversammlung, das" Frankfurter Parlament ", eintrat. Uhland kämpfte wacker für die Beseitigung aller Privilegien, stimmte mit Begeisterung für den Antrag Jakob Grimms auf Abschaffung des Adels. Der Grundsatz der Volkssouveränität war ihm unantastbar heilig. Und nie ist für die nationale Einheit und Unteilbarkeit Deutschlands glühender ge= sprochen worden als damals durch Uhland. Die kleindeutsche Partei hatte Österreich die Aufgabe zuweisen wollen, Kultur nach Osten zu tragen". Dadurch sollte Plaz geschaffen werden für die preuBische Spitze". Uhland wies diese Auffassung damit ab, daß er sagte, Österreich habe einen höheren Beruf:„ eine Pulsader zu sein im Herzen Deutschlands ". In der Verfassungsfrage war er unermüdlich für sein Jdeal eingetreten, die demokratische Republik . Es sei dem natürlichen Wachstum der deutschen Eiche nicht gemäß, rief er, wenn wir ihrem Gipfel ein Brutnest erblicher Reichsadler cufpflanzen wollten". Aber die schönsten Reden und Beschlüsse halfen natürlich gar nichts, da die demokratische Partei es versäumte, sich beizeiten zum Handeln, zum revolutionären Kampfe zu organisieren. Als die Reaktion wieder Kraft und Entschloffenheit gewonnen hatte, da war es zu spät. Der Verlegung des Parlamentes von Frankfurt nach Stuttgart widerriet Uhland mit Recht, aber vergeblich. Dem Willen der Majorität jedoch fügte er sich und nahm bis zur gewaltsamen Sprengung des Rumpfparlamentes an den Beratungen teil. Er entfaltete nun sogar eine gesteigerte Tätigkeit. Weil die Gefahr da war, wurde dieser Edle auch tätiger," sagt Moritz Hartmann.„ Er war wie ein Steuermann, der auf alles achtet." Aber auch in Stuttgart vermochte sich das Parlament nicht zu halten. Die Zeit der Debatten war vorbei, seit in Sachsen und Baden die Kanonen sprachen. Als die württembergische Regierung sich entschloß, den so friedlichen Nest der Nationalversammlung vor seinem Sigungslokal militärisch auseinanderzutreiben, hätte sie Uhland im entscheidenden Augenblick gern ausgenommen. Doch Uhland wandte sich mit verächtlichem Achselzucken ab. Er wollte auch in diesem schwersten Moment sein Schicksal nicht von dem seiner Gesinnungsgenossen trennen. ( Schluß folgt.)
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Etwas von der Kinderkleidung.
I.
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Wenn man das Kapitel der Kinderkleidung nachblättert, so findet man fast auf jeder Seite Beweise dafür, daß entgegen der landläufigen Behauptung nicht jede Mutter eine geborene Erzieherin" ist, und daß recht viele Mütter ihre Kinder mehr verderben als gedeihlich entwickeln. Körperlich und geistig. Auch in der Frage der Kleidung stedt ein großes Stück Erziehung, wirft das Äußerliche und Leibliche auf das Innerliche, auf die Entwicklung von Geist und Charakter zurück. Nichts von dem, was das Kind umgibt, was seinen Zwecken dient, ist vom Standpunkt der Erziehung aus gleichgültig. Das wird von unseren geborenen Erzieherinnen" leider viel zu wenig bedacht, auch in der wichtigen Kleiderfrage.
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Was ist es, das nur zu oft in dieser Frage entscheidet? Nicht das Nachdenken über das Wie einer Kleidung, die im besten Sinne des Wortes zweckentsprechend sein würde, vielmehr lediglich die Muttereitelkeit, die ihr Kind so schön" als möglich geputzt sehen möchte. Daß solche Muttereitelfeit manchmal, nicht immer! in der Mutterliebe eine respektable Wurzel hat, benimmt ihr nichts von ihrer Schädlichkeit. Wo die Mutterliebe zur Muttercitelfeit entartet ist, da fehlt häufig genug auch die selbständige, vorurteilslose Antwort auf die Frage, was denn eigentlich das Sind schön" fleide. Als schön" erscheint den meisten Müttern, was gerade„ Mode" ist. Für ihr Jdeal einer schönen Kinderkleidung bleiben die Frauen des werktätigen Volkes gewöhnlich in geistiger Abhängigkeit von den Modenarreteien der befizenden Klassen. Sie
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bilden es sich nach den abscheulich trivialen Abbildungen von gc= puzten Kindern in den Modezeitungen," Praktischen Ratgebern für die Hausfrau", nach den toten Puppen in den Schaufenstern der Konfektionsgeschäfte, nach den lebendigen Puppen von Bourgeoissprößlingen, an deren Kleiderpracht die Armen scheu bewundernd vorüberstreichen.„ Ach, wer sein Mädchen so schick ausstaffieren könnte!" das ist nur zu oft der Seufzer der proletarischen su oft der Gewar her Mutter, wenn sie in Fleisch und Blut oder im Bilde einen kleinen Modeaffen sieht, der nur zu egistieren scheint, um„ entzückende Schöpfungen" der Schneider- und Buhmacherkunft zu tragen. Bei diesem Wunsche kann wie bei der Mode überhaupt außer dem ungeläuterten, verbildeten Sehnen nach Schönheit ein sozial bedeutsames Gefühl mitsprechen: das Drärgen nach Gleichberechtigung, die Auflehnung dagegen, daß die Glieder des werktätigen Volkes schon äußerlich durch ihre Kleidung als Parias der Gesellschaft auffallen. Gewöhnlich aber treibt ein anderer Grund den Seufzer auf die Lippen. Es ist die blinde Bewunderung der Beherrschten und Unfreien für alles, was zum Leben der Herrenfasten gehört, eine Bewunderung, in der unbewußt noch ein starter Überrest von Sklavengeist lebt, der die breiten Massen der Ausgebeuteten auch heute noch gefesselt hält. Was„ von oben" stammt, scheint nachahmenswert. Vor dieser Empfindung kommen in unserem Falle herzlich oft die Fragen gar nicht auf: Ist die Kinderkleidung der oberen Zehntausend wirklich stets schön und -was nach unserer Auffassung gleichbedeutend damit sein sollte- ist sie zweckmäßig? Darf das, was unter den Lebensbedingungen der reichen Kinder erträglich sein, ja dem Auge schmeicheln kann, unter den Eristenzverhältnissen der proletarischen Kleinen als ein ficherer Maßstab, als nachahmenswert gelten? Es wäre gewiß töricht, eine Art, eine Zier der Kinderkleidung nur deswegen zu verwerfen, weil man sie bei den reichen Bevölkerungsschichten findet. Allein weit törichter und schädlicher ist gedankenlose Nachahmerei alles dessen, was dort gerade Mode ist. Die Mutter darf bei der Prüfung und Auswahl dessen, was ihre Lieblinge fleiden und schmücken soll, die verschiedenen Lebensumstände„ oben" und ,, unten" in der Gesellschaft nicht vergessen.
Dafür ein Beispiel. Schnitt und Ausputz eines„ Backfischkleides" können füß" erscheinen, aber nur unter der Voraussetzung, daß das Kleid aus ganz bestimmtem Stoffe angefertigt ist und mit bestimmten Spiten oder Stickereien garniert wird. Stoff und Auspuh sind aber für den proletarischen Geldbeutel der Mutter bei weitem zu teuer. Eine Nachahmung aus billigem Stoffe und billiger Garnierung kann das gefällige Aussehen des Kleides in das Gegenteil verkehren, es plump und häßlich machen. Unechte Stoffe, Spiken usw. haben nur zu oft diese Wirkung. Ein anderer Umstand muß von der proletarischen Mutter berücksichtigt werden, ehe sie ihr Kind tragen läßt, was ihr bei einem„ befferen" Knaben oder Mädchen gefiel. Das Kind reicher Eltern hat meist auch eine reiche Garderobe. Nach Wetter, Umgebung, Laune kann die Frau Mama das jeweilige Kostüm ihres Herzblättchens" wählen und wechseln. Es gibt Kleidungsstücke, Hüte usw., die auch für Kinder nicht an jedem Orte, bei jedem Tun, bei jeder Witterung passen, es gibt solche, die nur einen gewissen Reiz haben, wenn sie vorübergehend, in Abwechslung mit anderen erscheinen. Mande Stoffe, namentlich aber Farben und farbige Muster, Schnittformen und Garnierungen können nicht dauernd gesehen werden, ohne daß sie den Blick verdrießen. Man wird ihrer leicht überdrüssig. Das muß die Proletarierin bedenken, die nicht bei jeder Gelegenheit ihre Kinder in andere Kleider zu stecken vermag. Das um so mehr, als ein Anzug, der nicht mehr gefällt, in der Regel auch nicht dauernd mit der gleichen nötigen Sorgfalt behandelt wird. Und noch ein Drittes heißt es bei der Auswahl der KinderKleidung im Auge behalten. Die Arbeiterfrau muß mit ihrer Zeit geizen, keine Bonne, kein Mädchen für alles" hilft thren Kindern beim Ankleiden, beim Instandhalten der Garderobe, umgekehrt müssen diese recht oft im Haushalt mit zugreifen, wohl gar verdienen. Die Mode bringt aber gerade übergenug Kleider, Mäntel, Hüte usw., die nach Stoff, Machart, Garnierung usw. der sorgfältigsten, zeitraubendsten Pflege bedürfen, andernfalls verlieren sie rasch das gefällige Aussehen und wirken nur verlottert und liederlich. Die launische Dame beschert Kostüme, die alleit anzulegen nicht einmal dem herangewachsenen und gewandten jungen Mädchen gelingt. Man denke an die Blusen und Taille mit Rückenschluß, an die Kragen, Kräglein, Schleifen, Fichus usw., die die Mädchenkleider verschönern sollen. Wo Garderobestücke vo komplizierter Machart und vielem Auspuß angelegt werden, ohne daß eine geduldige und geschickte Hand hilft, da hinterläßt der Anzug nur zu leicht den Eindruck des Unfertigen und Unordentlichen. Noch mehr wird das der Fall sein, wenn das kleine Broke