Für unsere Mütter und Hausfrauen
Nr. 17°°°°°°°° Beilage zur Gleichheit 。。。。。。。
Inhaltsverzeichnis: Ein Blatt aus der Geschichte der Revolution in Deutschland . II. Etwas von der Kinderkleidung. II. Für die Hausfrau. Feuilleton: Die junge Bäuerin. Von A. Croissant- Rust.
Ein Blatt aus der Geschichte der Revolution in Deutschland .
II.
Als Beitrag zur Geschichte der deutschen Revolution lassen wir noch einige Aufzeichnungen aus August Röckels Buch folgen:„ Aus dem Grabe eines 48er Revolutionärs". Leipzig , Gustav Gohlke, Kommissionsverlag Theodor Thomas. Wir haben diese Schrift und das Schicksal ihres Verfassers in letter Nummer eingehend gewürdigt. Die Ereignisse des Jahres 1848 trafen mich als Königlichen Musikdirektor beim Hoftheater zu Dresden , welche Stelle ich seit fünf Jahren bekleidete. Mein vielbewegtes Leben hatte mich schon in früher Jugend zum unmittelbaren Zeugen großer politischer Ereignisse gemacht, die nicht ohne dauernde Einwirkung auf mein ganzes Fühlen und Denken bleiben konnten. Aus Aachen , wo ich bereits als Schüler in die widerlichen Zänkereien zwischen Katholiken und Protestanten eingeweiht wurde und eine gründliche Verachtung aller Formel- und Scheinreligion einsog, war ich anfangs 1830 noch früh genug nach Paris gekommen, um die Bedeutung der an mir vorüberbrausenden Julirevolution begreifen zu können. Im Laufe der nächsten unruhvollen Jahre führte mich der Zufall auch in die Kreise spanischer und portugiesischer Flüchtlinge ein, deren Erzählungen meinen Haß gegen Willkür und Heuchelei noch verstärkten- ein Gefühl, das nicht wohl gemildert werden konnte durch den Anblick der vielen nach dem heldenmütigsten Kampfe aus dem Vaterland vertriebenen Polen . Nachdem so mein Herz mit Bitterkeit erfüllt worden war durch das frevelhafte Gebaren der Herren von Gottes Gnaden", führte mich das Jahr 1832 nach England, wo ich an der großartigen Reformbewegung erkennen lernte, wie die tiefgreifendsten staatlichen Umwandlungen sich leicht und friedlich vollziehen können, sobald die Regierung nur ihre Stellung als Dienerin des Staates begreift.
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Im langvermißten Vaterland, wohin ich 1838 zurückkehrte, fand ich nicht weniger als 36 verschiedene„ Völker", denen der deutsche Nachbar jenseits der bunten Grenzpfähle schon ein„ Ausländer" war. An ihrer Spiße dieser maskeradenhafte Flittertand, dieser findlich- feierliche Pomp, dieses ganze ebenso niedliche als wichtigtuende Treiben der Höfe; diese hohle Aufgeblasenheit eines Adels, der, statt dem Volke ein Führer und Vertreter zu sein, bei vollständigstem Mangel alles ernsten, höheren Strebens sein Spiel nur mit Bändchen und Kreuzchen und Sternchen, mit Frivolitäten der läppischsten, wenn nicht der verwerflichsten Art hat; diese brutale Wiltür der Regierungen nach innen, ihre Ohnmacht nach außen und ihr verächtliches Kriechen jetzt vor dem nordischen SchirmHerrn wie dereinst vor dem korsischen Eroberer; dieser probige Übermut des Militärs und des Beamtentums; und alledem gegenüber dieser Mangel alles Selbstgefühls, diese Schafsgeduld und fnechtische Ergebenheit des Voltes! So ist es denn leicht begreiflich, daß meine Seele der gewaltigen, erlösenden Bewegung der Märztage wonnetrunken entgegenschlug und jubelnd den finsteren Alp abschüttelte, der sie schwerer wohl bedrückt hatte als viele andere.
Das immer fühnere Auftreten der Reaktion drängte zum Erweden und Zusammenfassen aller Widerstandskräfte, und um auch meinerseits in etwas hierzu beizutragen, begann ich im Herbst 1848 die Herausgabe wöchentlich erscheinender kleiner„ Voltsblätter", die, lediglich der Besprechung der wichtigsten Zeitfragen gewidmet, wohl mehr infolge ihrer schnellen Verbreitung als megen ihrer etwaigen inneren Bedeutung die Aufmerksamkeit der Staatsanwaltschaft so sehr auf sich zogen, daß beinahe die Hälfte der Nummern mit Beschlag belegt wurde, ohne daß diese Konfiskation auch nur in einem einzigen Falle zu einer gerichtlichen Verhandlung geführt hätte.... Es tamen die Oktobertage Wiens mit dem Bombardement der Stadt, der Hinmordung Robert Blums, Mesfenhauers, Bechers, Jellineks usw. und all den anderen Greueln; es tamen die Novembertage Berlins mit der Sprengung der preuBischen Nationalversammlung, es tamen allerwärts die von oben herab nicht nur geduldeten, sondern beschönigten und gutgeheißenen Militäregzesse gegen die Bürger; und wer bis dahin noch keine Reaktion gesehen", dem sprang fie jest stahlgerüstet und blut
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1913
triefend in die Augen. Die flar borliegende Absicht der preußischen Machthaber zu Berlin , die Bewegung ebenso im Blute zu ersticken, wie das soeben in Wien geschehen war, beranlaßte mich, einen eindringlichen Mahnruf an das preußische Militär in zahlreichen Abdrücken an den Ort des erwarteten Kampfes zu senden.
Einige zufällig in Dresden verbreiteten Exemplare dieses " Offenen Briefes an die Soldaten" zogen mir eine sehr zwecklose Untersuchungshaft zu, die jedoch infolge der dadurch hervor gerufenen Aufregung nur drei Tage währte. Es hatte sich kaum die Nachricht von meiner Verhaftung und ihres Grundes in der Stadt verbreitet, als ein mir persönlich ganz unbekannter Gutsbesizer sich auf das Gericht begab und eine Raution von 10 000 Talern für meine sofortige Freilassung deponierte. Ich kann den Namen dieses Edlen hier nicht verzeichnen, denn selbst zur Stunde ist er mir noch unbekannt. Unser aller Stimmung war damals eine so gehobene, opferfreudige, daß Handlungen wie die eben erwähnte weder besonderen Dank noch Bewunderung zu erwarten berechtigt schienen. Wo der eine seine ganze Kraft, seine Freiheit, ja sein Leben in die Wagschale warf, was Wunder auch, wenn ein zweiter sein Vermögen einsette? Jetzt freilich rechnen wir bedächtiger, und darum eben wird die Tat des Unbekannten einen Maßstab liefern für die Begeisterung jener großen Tage. Die Kaution wurde wenn auch ohne Berechtigung, da ich dem Gesetz nach auch ohne sie freizugeben war angenommen, und einige Freunde brachten mich spät abends zu meiner ängstlich harrenden Familie zurück. Die Gesinnungsgenossen hatten beschlossen, den in meiner Freigebung momentan errungenen Sieg des Rechtes zu verherrlichen. Für die von den Polizeibehörden untersagten Fackeln mochte es immerhin als wertvoller Ersaz gelten, daß einige zwanzig Gar disten der königlichen Leibwache, um offen die Gesinnung des Militärs auszusprechen, der zu gewärtigenden Strafe ungeachtet die Schloßwache verließen und den Zug eröffneten.
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Meine persönliche Beteiligung an dem Maikampf war durch eine Verkettung von Umständen eine sehr geringe. Die radikal ausgefallenen Wahlen hatten mich als Abgeordneten in den Landtag gebracht. Obgleich ich dadurch gegen eine Wiederverhaftung geschützt war, rieten mir meine Freunde, daß ich mich auf einige Tage von Dresden entferne, bis die Absichten der Regierung sich herausgestellt haben würden. Wohl hatte man längst allgemein gefühlt, daß die Reaktion es zu einer Entscheidung durch die Waffen treiben wolle, und war auch fest entschlossen, die Herausforde= rung anzunehmen; allein der gänzliche Mangel einer festen Or ganisation der deutschen Demokratie verhinderte auch ein planvolles Zusammenwirken, ein gleichzeitig energisches Auftreten. In jedem deutschen Lande blickte man gespannt nach rechts und links und erwartete von den anderen nicht sowohl nur das Zeichen zum Handeln als vielmehr auch die rettende Tat selbst. In der Kammersißung, in der die Regierung die Auflösung des Landtags vornahm, wurde ich benachrichtigt, daß ich wahrscheinlich beim Verlassen des Hauses verhaftet werden würde. Die Freunde drangen auf meine sofortige Entfernung, solange das Mandat des Abgeordneten mich noch schütte. Die Rückkehr in meine Wohnung schien unter den angenommenen Verhältnissen nicht mehr rätlich und so hatte ich an jenem Morgen, ohne es zu ahnen, auf beinahe dreizehn Jahre Abschied von meiner Familie genommen. Ich begab mich zu einem Freunde, um dort mit einigen anderen über die nächsten Schritte zu beraten. Anfangs gewillt, nach Berlin zu gehen, von dem wir immer noch erwarteten, daß es die Initiative ergreifen werde, bewog mich Bakunin , Prag zu be suchen. Durch Rücksprache mit den dortigen Demokraten sollte ic) cin vorzeitiges Ausbrechen des Aufstandes verhindern.
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Sobald ich in Prag die Nachricht von dem in Dresden tatsächlich ausgebrochenen Kampfe erhielt, eilte ich mit der nächsten Post dorthin zurück. Zahlreiche Zuzüge belebten den Weg durch Sachsen . In allen Ortschaften war die Bevölkerung versammelt, um über ihre Haltung zu beraten, und allerwärts hatte man sich bereits für die kräftige Unterstüßung der Boltssache entschieden oder war im Begriff, es zu tun. Schon in weiter Entfernung von Dresden bernahm man das Dröhnen der Geschüße, näherhin das Stürmen der Glocken und Knattern des Gewehrfeuers, bis endlich von den Ichten Anhöhen aus die Stadt selbst ersichtlich ward, aus der zwei Rauchsäulen in den hellen Maihimmel emporstiegen; das alte