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Für unsere Mütter und Hausfrauen

meine Seele voraus, und hemme ich einmal den Schritt,

Alles Dunkle, Ferne und Ewige ahnt

so höre ich, wie eine warnende Stimme mahnt:

Temmen, to muß man bie

Nr. 19

Will man den Flecken entfernen, so muß man die Farbe völlig zer­stören. Das geschieht seit Jahrhunderten durch die Sonnenstrahlen

Bruder, warum dieses Zandern im suchenden Tritt?" auf der Bleiche, aber heutzutage auch durch die Behandlung

Fester faß ich den Stab und schreite hurtig aus

Ich wandre auch in den Nächten, die meine Sehnsucht erhellt, und höre ich einen loben seine enge Heimat, sein Haus, so finge ich ihm entgegen mein Lied von der Heimat: Welt. Wie seine Lyrit, so ist auch Pezolds Prosa geprägt durch die Stärke und Intensität des Erlebten. Was Pezold bis heute Er­zählendes geschaffen, trägt wie seine Lyrik Eigenart. Immer ist es bei diesem Dichter, als lebte gleichsam sich ein Schicksal in seiner ihm zugehörigen Form aus. Balladen aus dem Alltag sind es, in einer ungewollt einfachen, innig klaren und nur selten zu breiterer Wucht ausladenden Sprache geschrieben; Kleine Tragödien, die er­schüttern, und knappe Szenen, in denen die zartesten Dinge mit überraschender Kunst herausgemeißelt sind, Bilder, deren Schön­heit bestricken: jedes einzelne aber ein geschlossenes, wohldurch­formtes Gebilde, voll konzentrierter Innerlichkeit und doch reich an sicher hingesetzten dichterischen Einzelheiten.

Keine der Zufälligkeiten der Erlebnisse stört die Linie, Gestalten und Räume sind gesehen durch das Auge eines stillen, echten Dich­ters. Das Wesen der Schilderung ist das überwiegen des Stoffes über die Form. Behold aber kommt es darauf an, durch überwiegen der Form den Stoff vollständig zu unterwerfen, und diese Herr­schaft der Form, der Gegensatz von Schildern ist Beholds Dichtung eigen. Schilderung wird bei ihm zur Dichtung dadurch, daß die Empfindung des Schilderers das Stoffliche als Gegenstand so überwiegt, daß nicht mehr der Gegenstand als solcher, sondern nur jene Empfindung des Schildernden, die Stärke seines Erlebens zum Ausdruck kommt und Form gewinnt. Nietzsche   spricht es aus: Künstler schen nichts so, wie es ist, sondern voller, sondern tiefer, sondern stärker." Die harte Umrissenheit, die starke Gebundenheit, mit der sich bei Pezold flanglich wie bildlich jedes einzelne Er­lebnis darstellt, grell Sichtbares und dumpf Unbewußtes in starker Form gestaltet, führt nicht selten einen gewissen Kampf mit den Elementen der erzählenden Handlung, aber gerade in diesem Widerstreit liegt cine seltsam eigenwillige Musik, die reizvoller und kostbarer ist denn spielende Glätte. Immer erzählt er von innen heraus, gibt er die Offenbarung seines Herzens und deutet das äußere Geschehen in zagen Linien nur an, und trotzdem so schmerzhaft lebendig. So gedämpft die Darstellung ist, so strahlt doch unbarmherziges Licht über jede Erscheinung der Wirklichkeit und der Träume, über Leben und Sterben, Schrecken und Be­ruhigung. Man lese einmal die so einfache, schlichte und packende Alltagsgeschichte Sosen" nach und erkenne des Dichters lautersten, reifen Ernst.

Einzig und stets ist es das Leben selbst, das uns aus all seinen Büchern* entgegentritt, in seinen Wundern und seiner Tragif, als cin zwangvoll Werdendes, notwendig sich Bellziehendes. Und eben dieses ist es, das uns Pezolds Kunst so teuer macht und sie über viele literarischen Größen hinaushebt- Größen, die vielleicht an bloßem Talent vielfach neben, ja über Pezold stehen-: der Hauch des Lebens, der alles, was er geschaffen hat, von der ersten bis zur letzten Zeile erfüllt. Es ist nur natürlich, daß Petzold bei dieser seiner künstlerischen Artung unpopulär und unbekannt ist: das Publikum der Gegenwart, das ohne gemeinsame Not durchs Leben flirtet, will nicht das Leben selbst, sondern seinen literarischen Aufguß, es verlangt nicht die Leidenschaft bildlicher Gestaltung, sondern Rührungen und Sensationen. Und die wird man in Beholds wahrhafter und herber Kunst vergebens suchen. Bejahende Energie lebt in der Seele dieses Deuters des Lebens, dessen Sein sein Stoff wird, wie Immermann   von sich nach einem köstlichen Worte Goethes sagte, und sein Leben sein Lied. Otto Gibale.

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mit Chlor. Dieses ist der wirksame Bestandteil der Javelleschen Lauge", die beim Drogisten erhältlich ist. Auf dem Chlor beruht auch die desinfizierende Wirkung des bekannten Chlorkalks. Chlor ist wie alle Chemikalien stets mit Vorsicht zu verwenden; es wird hierüber später noch ausführlicher zu reden sein. Den Farben­umschlag von rot in blau kann man auch beobachten, wenn man ein wenig Brühe in ein Wasserglas füllt und etwas Sodalösung hinzufügt. Zunächst sei nur die Tatsache erwähnt, daß Soda­lösung sich wie eine Allalilösung verhält. Und ganz entsprechend verhält sich eine Seifenlösung. In einer solchen wird ja die Wäsche gereinigt, und es genügen schon kleine Mengen, die auf dem Stoffe zurückbleiben, den erwähnten Farbenumschlag auf dem Tischtuch von rot in violett bis blau hervorzurufen. Die genauere Dar­stellung des Vorganges würde uns zu schwierigen theoretischen Darlegungen führen; darum begnügen wir uns mit der mehrfach erwähnten Tatsache, daß die Anwesenheit von Säure eine rote, die Anwesenheit von Bauge dagegen eine blaue Färbung der Brühe hervorbringt. Dabei haben die beiden Stoffe Säure und Lauge die Eigenschaft, sich in ihrer Wirkung auf den Farb­stoff gegenseitig aufzuheben, indem die wirksamen Wasserstoff­ionen der Säure mit der Wasserrestgruppe der Lauge, wissenschaft­lich Hydroxylion genannt, eben zu Wasser zusammentreten. Gleich zeitig vereinigen sich auch die positive elektrische Ladung des Wasser­stoffions und die negative des anderen Jons unter Wärmeerschei­nungen, die man leicht wahrnehmen kann, wenn man etwa ge­löschten Kalt mit Essig vorsichtig übergießt. Das Wasser allein würde die Farben unverändert lassen, wie der Augenschein lehrt. Seife, Soda, Kalkwasser würden die gleiche Farbenänderung hervorrufen. Sie müssen also einen Bestandteil enthalten, der ihnen allen gemeinsam ist, und der die Wirkung ausübt, die wir erzielen wollen, wenn wir diese Stoffe anwenden. Die Wissenschaft nennt diesen Bestandteil Hydroxylion und stellt ihn sich als Gruppe Sauerstoff- Wasserstoff" vor, mit einer kleinen Menge negativer Elektrizität geladen. Diese Gruppe hat die außerordentlich wichtige Eigenschaft, daß sie gewisse Fette aufzulösen vermag, die in ge­wöhnlichem Wasser nicht aufzulösen sind. Die die Hydrochlion­gruppe enthaltenden Stoffe sind für unsere Gesundheit und Rein­lichkeit von großer Bedeutung. Es versteht sich leicht, daß die Stärke ihrer Wirkung davon abhängt, ob wenig oder viel Hydroxylionen vorhanden sind. Auf ihrem auflösenden Einfluß beruht der Vor­gang, der sich bei der Reinigung mittels Soda oder Seife vollzieht. Wir wollen etwas näher auf die Rolle der Seife eingehen, an deren Verbrauch man ja den Kulturgrad eines Volkes messen wollte, ebenso auf ihre Herstellung. Dabei soll auch Klarheit dar­über gewonnen werden, worauf der oft gewaltige Preisunterschied verschiedener Seifensorten beruht, und wie weit es für Leute, die mit ihren Pfennigen rechnen müssen, ratsam ist, sich teurer Quali­täten von Seife zu bedienen. Natürlich können wir nicht hoffen, daß es unseren Leserinnen durch unsere Darlegungen ermöglicht wird, alle Fälschungen der Seife leicht nachzuweisen und sich so vor Nachteil zu schüßen. Um so mehr Wert soll aber auf ein an­deres Ziel gelegt werden: die Hausfrauen auf die Eigenschaften und Verhältnisse hinzuweisen, die wesentlich sind im Gegensatz zu solchen, die nur dem Scheine dienen. Der Wert eines Stoffes ist stets durch seine Wirksamkeit bestimmt, durch die Menge wirksamer Bestandteile. Ehe wir zur Schilderung der modernen Herstellungs­weise der Seife übergehen, sei einiges aus der Geschichte dieses wichtigen Reinigungsmittels mitgeteilt. Da, wo im Alten Testa­ ment   von Seife die Rede ist, kann nur Soda oder Pottasche ge­meint sein. Homer   kennt nur das Waschen mit Wasser, ohne Zu­hilfenahme von chemischen Stoffen, Agenzien" genannt, das heißt Stoffe, die wirksam sind. Erst in späterer Zeit lernte man seifen­artige Pflanzensäfte, dann Holzasche und natürliche Soda zur Reinigung verwenden. Der wirksame Bestandteil in der Asche ist

Die Naturwissenschaften in Küche und Haushalt. fohlensaures Kali, die Soda ist einfachkohlensaures Natron, also

Von den Säuren und Langen und ihren Wirkungen.** Wenn beim Entnehmen von Rotkraut aus der Schüssel ein Tropfen der Brühe auf das Tischtuch fällt, so kann die aufmerksame Be­obachterin statt eines roten Fleckens einen bläulichen sehen. In, dem Augenblick, da der Tropfen niederfällt, ändert er seine Farbe. Trotz alledem. Gedichte. Brand& Co., Wien   1910. Seltsame Susit. Gedichte. Daberkow  , Wien   1910. Memoiren eines Auges. Stizzen eines Sehenden. Anzengruberverlag, Wien   1912. Der Ewige und die Stunde. Gedichte. Erdgeisterverlag, Leipzig   1912.- Heimat Welt. Dichtungen. Brand& Co., Wien   1913. ** Siehe Frauenbeilage der Gleichheit" Nr. 13.

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nahe verwandt dem bekannten Bestandteil des Brausepulvers, dem doppeltkohlensauren Natron, das auch allein zur Abschwächung der Magensäure Verwendung findet. Die genannten Stoffe wirken wesentlich nur in einer Lösung von Wasser, das seinerseits aber nicht nur als Lösungsmittel, sondern auch als chemischer Körper mitwirkt. Der nächste Fortschritt in der Erkenntnis und Verwen­dung von Chemikalien zu Reinigungszweden war die Einsicht, daß man mit üzkalt das ist der zur Mörtelbereitung in aus­gedehntem Maße verwendete gelöschte Kalk" die gewöhnliche Soda ätzend machen kann, daß man ihr damit gewissermaßen die Eigenschaften des Kalkes überträgt. Nach modernen Anschau­