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Für unsere Mütter und Hausfrauen

hat übrigens noch einen anderen Vorteil, als der Frau Zeit und Kraft zu sparen. Sie spart Geld und gestattet es, ohne erhebliche weitere Aufwendungen die Kindergarderobe reichhaltiger zu gc­stalten. Sie kann dann eher den verschiedenen Zweden angepaßt und damit geschont werden, davon abgesehen, daß der häufigere Wechsel der Kleidungsstücke hygienisch ist. Wenn das Mädchen ein einfaches Kleid trägt, an dessen Reinigung und Herrichtung die Mutter ohne schweren Stoßseufzer denken kann, so bedarf es keiner großen Ärmelschürze. Diese ist in Wirklichkeit nichts anderes als cin einfaches Obergewand, das die praktische Untauglichkeit des Kleides bestätigt, zu dessen Schuh notwendig ist, aber den Anzug ticker und schwerfälliger macht. Sie könnte ohne Kleid getragen nerden, ohne daß der Anstand" und das Wärmebedürfnis" des Kindes darunter litte.

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Für jüngere Kinder sind unstreitig die sogenannten Russen- und Griechenkittel, die Hemd- oder Ideal- und die Hängerkleidchen" ebenso zweckmäßig wie hübsch. Und die betreffenden Grundformen fönnen auch- je nachdem leicht abgeändert für die Kleider größerer Kinder festgehalten werden. Der Herrgottstittel" oder das Hemdkleid hat sich erfreulicherweise schon für Mädchen bis zum Backfischalter und darüber hinaus durchgesetzt. Dieser Schnitt liegt in der Richtung der propagierten Reformkleidung. Aber auch ter Griechenkittel und die Russenbluse sollten von größeren Knaben wie Mädchen getragen werden. Es gibt kaum leichtere und ge= fälligere Kleidungsstücke, und was Länge, Faltenreichtum, Gürtel, Berzierung anbetrifft, so lassen sie sich ohne große Mühe für jedes Kind individuell anpassen. Bei entsprechender und rationeller Unterkleidung fönnen Mädchen längere Russenblusen tragen, ohne daß sie diese durch einen besonderen Kleiderroc ergänzen müssen. Die Matrosenbluse, der Sweater oder Maillot ist ebenfalls für Knaben und Mädchen empfehlenswert.

Wofür die Mutter sich auch entscheidet, möchten wir befürworten, daß sie den Hals und die Arme der Kinder möglichst frei läßt. Wenigstens bei der Sommerkleidung. Nicht als ob wir einer be­sonderen Abhärtung" dieser Körperteile Gewicht beilegten, sondern weil bei der ausgeschnittenen" und" furzärmeligen" Kleidung der ganze Körper oder wenigstens der Oberkörper besser umlüftet wird. Im allgemeinen nimmt unsere Kleidung viel zu wenig Rücksicht cuf dieses Gebot der Reinlichkeit und Hygiene. Wenn die Bluse usw. für das Mädchen einen besonderen Oberrod nötig macht, so sollte er nicht mit einem Bund fest um die Taille fizen, vielmehr

wie die Hose- an einem Leibchen befestigt werden, kurz und nicht übermäßig bauschig sein. Die Rücksicht auf die Gesundheit und die Spielfreude ihrer Tochter muß der Mutter höher stehen als bürgerliche Wohlanständigkeit, nach der ein Mädchen über zehn Zahren feine Waden" haben oder wenigstens zeigen darf. Die lange Männerhose ist ein ebenso unhygienisch wie häßliches Klei­dungsstück. Sie müßte für Knaben ganz gleich welchen Alters­ein für allemal verpönt sein. Aus Gründen der Hygiene muß die Mutter darauf achten, daß die kurze Hose nicht zu prall anliegt, und die genügende Weite des Schrittes hat bei der Knabenhose be= sondere Wichtigkeit: wo es an ihr fehlt, da werden leicht sexuelle Unarien geweckt oder gefördert.

Aus welchem Stoffe soll die Mutter die Kindergarderobe an fertigen oder kaufen? Wir haben diese Frage bereits weiter oben gestreift, müssen aber dem Gesagten noch einiges hinzufügen. Die Haltbarkeit des Stoffes nach Faser, Webart und Farbe spielt natürlich für den Geldbeutel der Arbeiterfrau eine sehr große Rolle. Haltbarkeit ist letzten Endes Billigkeit. Es ist eine Binsen­wahrheit, daß die sogenannten billigen Einkäufe bei Licht be= trachtet meist die teuersten, das heißt die unvorteilhaftesten zu fein pflegen. Deshalb heißt es, fich nicht durch die angekündigte und ausgestellte Billigkeit von Stoffen blenden zu lassen, sondern zuvor besehen, befühlen und womöglich erproben, indem man ein Fleckchen der ausersehenen Ware wäscht und in der Sonne trocknen läßt. Den vielen großen Vorzügen leichter, guter Wollstoffe steht bei Waschstoffen die einfachere Reinigung zur Seite. Geradezu un­verwüstlich und sehr leidsam ist Manchestersamt besserer Qualität, er empfiehlt sich besonders für Knabenanzüge, die sehr stark stra= paziert werden.

Die Mutter sollte ihre Kinder möglichst in helle, satte, freudige Farben fleiden, die dem Auge wohltun und es entwickeln. Die Kinder ohne Unterschied des Geschlechtes. Was haben unsere Jungen verbrochen, daß man sie so früh als möglich in die näm­liche nüchterne, düstere Kleidung steckt, die dem. Manne nicht eben zur Zierde gereicht? Bereitet es wirklich die Mannhaftigkeit vor, daß man sie womöglich schon als Dreifäsehoch nur die Farben eines ehrsamen Küsterrods, einer Barfüßerkutte und wenn es hoch kommt eines dunkelblauen Matrosenanzugs tragen läßt? Wehr

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Forbe, gut gewählte Farbe in bie Meibung unferer Snaben, wie

es zumal das Russenhemd und der Griechenkittel ermöglicht, ja verlangt! Das bringt einen heiteren, freundlichen Ton mehr in das Heim und die Schule, in Arbeit und Spiel. Das wird aber auch dazu beitragen, daß sich die Jünglinge und Männer weniger oft Schlipse und Westen von unmöglicher Farbe wählen. Die Farbe von Kinderkleidern muß möglichst echt, waschecht sein, fie darf nicht als besonders empfindlich" zum Anlaß der mütterlichen Mahnung werden, Sonnenschein und Regen aus dem Wege zu gehen. Wie bedauernswert sind die armen fleinen Mädchen, die immer bras im Schatten spielen müssen", die sich nicht im funkelnden Lichte auf der Wiese tummeln sollen, weil sonst das Kleid zu schnell ver­schießen oder Grasflecke bekommen würde. Bei der Auswahl gc= musterter Stoffe heißt es vorsichtig sein. Es genügt nicht, ein Dessin im Stoffstück wirken zu lassen, man muß sich vorstellen, wie es sich am kindlichen Körper mit seinen kleinen, zarten Formen ausnehmen wird. Die schönsten großen Muster können da die Ein­heit und Anmut der Körperlinien stören, nicht davon zu reden, daß das Auge große und originelle Muster leicht überdrüssig bekommt. Kleider in den oben angegebenen Formen lassen sich leicht und geschmackvoll verzieren, und zwar in der größten Mannigfaltigkeit. Zu ihnen paßt das einfachste Schmuckbörtchen wie die reiche Hand­stickerei von künstlerischer Schönheit und festlichem Glanze. Gerade für das Idealkleid, den Griechenkittel, die Russenbluse sind Hand­stickereien vorzugsweise in Kreuzstich, aber auch in jeder ande­ren Art eine schöne Zierde. Man kann sie um den Halsaus­schnitt oder am Kragen, an den Ärmeln, Achselstücken, an der Schlußstelle mag sie in der Mitte oder an der Seite liegen, gc= rade oder schräg laufen, aber auch unten am Saume an= bringen, und sie lassen dem Farbensinn und der Phantasie den weitesten Spielraum. Freilich gehört zur Anfertigung solcher Stickereien Zeit, und das ist es gerade, was die proletarische Frau meist am wenigsten hat. Man bekommt jedoch heute bunte gewebte und gewirkte Borten, die recht hübsch und farbenecht sind. Die Kantenstoffe eignen sich gut für Idealkleider, Russen- und Gric­chenkittel. Diese können natürlich auch mit weißen Stickereien und Spizen verziert werden. Gehäkelte und gestridte Spißen weiß und farbig sind für Kleinkinder- und Mädchenkleider ein sehr wirksamer Schmud. Matrosenfragen lassen sich durch einen gc­fälligen Schnitt und aufgesteppte Börtchen oder Stoffstreifen in abstechender Farbe zu einer Zierde gestalten. Diese wenigen An­deutungen mögen genügen, um der Mutter zu zeigen, daß die ein­fache und zweckmäßige Oberkleidung ihrer Kinder durchaus nicht puritanisch zu sein braucht, sondern daß sich die Zweckmäßigkeit im weitesten Sinne sehr wohl mit Schönheit vereinen läßt. Vor­Ja mehr noch, daß sie eine- wenn auch nicht die einzige aussetzung für die Schönheit ist. Eine Kleidung, die den Formen und Linien des Körpers Rechnung trägt, die ihm das freie Spiel. der Kräfte gestattet, wird vom unverbildeten Auge als schön emp­funden werden. Vor allem darf die Mutter bei der Auswahl und Gestaltung der Oberkleider ihrer Kinder nicht vergessen, daß Ge sundheit, Kraft und Behendigkeit ein Stück Schönheit ist.

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Hygiene.

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Heidelbeeren sind nicht nur ein ausgezeichnetes Nahrungs- und Genußmittel, sie stellen auch in mancher Hinsicht ein bewährtes Heilmittel bar. Die Vollsmedizin hat von jeher der Heidelbeere mannigfache Heilwirkungen beigelegt. In neuerer Zeit hat nun ein medizinischer Fachmann, Dr. Winterniß in Wien  , durch viele Versuche tatsächlich einen heilsamen Einfluß der Heidelbeere auf gewisse Erkrankungen nachweisen können. Dies ist besonders be­deutungsvoll deshalb, weil es sich dabei gerade um sehr häufige, alltägliche Erkrankungen handelt, und weil Heidelbeeren sehr billig sind und getrocknet oder eingemacht den ganzen Winter über leicht aufbewahrt werden können.

Namentlich günstig beeinflußt werden durch Genuß von Heidel­beeren Entzündungen der Schleimhäute. Bei Mund-, Rachen­und Halstatarrh ist wiederholtes Spülen und Gurgeln mit Heidelbeersaft sehr wirksam, und dieser ist im Gegensatz zu anderen Gurgelmitteln bei etwaigem Verschlucken ganz unschäd­lich. Ebenso vertreibt fleißige Benützung der Heidelbeere zur Mundpflege jeden üblen Geruch aus dem Munde. Auch Schnupfen wird bei Durchspülung der Nase mit ziemlich fon­zentriertem Heidelbeersaft alsbald beseitigt.

Nach Professor Winternih beruht die heilsame Wirkung des Heidelbeersaftes darauf, daß deffen Farbstoff in die entzündeten