Nr. 24

Für unsere Mütter und Hausfrauen

zeichnet, obgleich sich unter ihnen mit dem Kali eine Base, mit dem Eisenoxyd ein Dryd, ferner Säuren befinden: Kali, Natron, Stalt, Magnesia, Eisenoxyd, Phosphorsäure, Schwefelsäure, Kiesel­säure, Chlorverbindungen und andere. Da diese Stoffe in heißem und kaltem Wasser leicht löslich sind, werden sie bei der üblichen gedankenlosen Zubereitung durch Wässern und Abbrühen der Gemüse zum großen Teile entfernt. Eine solche Gemüsenahrung ist entwertet. Das nach Lahmannschen Grundsägen zusammengestellte Hygienische Kochbuch" von Elise Starker verpönt denn auch alles Abbrühen und Abkochen der Gemüse. Man soll sie in wenig Wasser auf kleinem Feuer garkochen. Schmeckt Gemüse zu streng, weil es auf übermäßig gedüngtem Boden gewachsen war, so mag man etwas Milch hinzu­fügen, die das Herbe mildert. Von Kochsalz wird dem Körper ge­wöhnlich zuviel zugeführt. Hier ist eine Einschränkung der Salzzufuhr geboten. Die Kochvorschriften von E. Starter bieten viel Neues und Treffliches und eignen sich zum Teil auch für den einfachen Haushalt. Wer vorübergehend oder für längere Zeit den Fleischgenuß meiden will, der findet hier Anleitung zur Herstellung einer aus Pflanzen, Milch und Eiern sich zusammensetzenden Kost, die so schmackhaft ist, daß sie das Fleisch leicht entbehren läßt, und die doch dem Körper alles gibt, was er braucht. Sie ist auch etwas billiger als fleischhaltige Ernährung, dafür aber zeitraubender in der Herstellung.

Der Nährsalzforschung wird in neuerer Zeit von der Wissenschaft die größte Beachtung geschenkt. Der Mensch kann die Nährsalze so wenig entbehren wie das Tier und die Pflanze. Nach Kochsalz und Kali find Kalt und Phosphor davon besonders wichtig, weil un­bedingt nötig zum Knochenaufbau und Wachstum. Fehlen die Kalf­salze in der Nahrung der kleinen Kinder, so bleiben die Knochen weich und verkrümmen, die Kinder sind rhachitisch. Milch, Spinat, Feigen sind besonders kalthaltig, aber auch das Trinkwasser, wenn es hart ist. Wie wichtig der Genuß falfhaltigen Trinkwassers ist, will unter anderen Dr. Roese auf Grund eingehender Untersuchungen fest­gestellt haben. Er behauptet, daß dort, wo weiches Wasser getrunken wird, wie es die Wasserleitungen der Städte oft führen, wie es aber auch in Dörfern nicht selten ist die Herkunft des Wassers entscheidet darüber, die Güte der Zähne, der Brustumfang, die Körpergröße und damit die Militärtauglichkeit abnehmen. Getreidekörner, Hülfen­früchte, Eier sind reich an dem phosphorhaltigen Lezithin, aber auch. an Eisen, das ein notwendiger Bestandteil unseres Blutes ist.

Bereits hat die Industrie sich der Herstellung fünstlicher Nährsalze bemächtigt, und sie entfaltet eine großartige Reklame für ihre nicht immer einwandfreien Erzeugnisse in der bürgerlichen Presse. Man fann schon fast von einem Nährsalzunfug reden, der hier gezüchtet wird. Wer seine Nahrung vernünftig auswählt und zubereitet, der braucht teine teuren Nährsalze zu laufen. Er führt sie sich in der voll­tommensten Form und in der feinsten gesundheitdienlichen Mischung in der täglichen Kost zu.

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Gegenüber.

M. Kt.

Bestern um Mitternacht ein Geschrei und Heulen vernahm ich; Schergen ergriffen ein Weib, das sie im Laster ertappt. Drüben im hohen Palast erwartet den Buhlen die stolze Kurtisane und streift nieder das reiche Gewand. fr. Theodor Vischer  .

Feuilleton

Hamza und Sanifa.

Von Gustaf Janson.

( Schluß.)

Nach dem Kanonenschuß, der Hamza aus dem Schlaf geweckt, war eine Weile Ruhe gewesen. Plötzlich begannen die Kanonen aufs neue zu donnern. Sie standen halb eingegraben im Sand, auf der anderen Seite des Wegs, mitten vor dem Marktplak. Hamza schüttelte den Kopf und stand auf. Es war wie ein Nebel bor   seinen Augen, und er schleppte sich mit wankenden Schritten nach seiner Hütte. Das Unglüd war rasch und zermalmend ge kommen, seine Palmen, seine Kinder mußten sterben.

Draußen wuchs das Getöse. Einige Schüsse von einem Vor­posten, der eilig durch den Sand retirierte, eröffneten den Kampf. Gleich darauf begann das Handgewehrfeuer längs der ganzen Linie. Von seinem Platz aus hörte Hamza, wie der Lärm stärker wurde. Die Kanonen wurden in regelmäßigen Zwischenräumen abgefeuert, aber die Gewehre knatterten ununterbrochen. Nachdem das Schießen eine Weile gedauert, hatten sich seine Ohren daran gewöhnt. Das Erschreckende an dem Tosen wurde weniger, statt deffen kam die Neugierde. Sie padte ihn heftig, er mußte wissen,

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was da draußen vorging. Er machte eine Bewegung, um aufzu­stehen, aber Hanifa, die neben ihm fauerte, zog ihn wieder nieder. Es steht alles in Gottes Hand," sagte Hamza feierlich. Als er dem fragenden Blick seiner Frau begegnete, merkte er, daß sie die Worte nicht gehört hatte, und wiederholte sie mit erhobener Stimme. Wieder lauschte er hinaus. Jetzt hörte er zweierlei Gefnatter, eins in der Nähe, heftig und andauernd, eins weiter entfernt, zornig und herausfordernd. Hamza nidte. Die Rechtgläubigen waren dort drüben, griffen die Fremdlinge an und...

Komm!" rief eine Stimme, und die Türöffnung wurde einen Augenblick verfinstert.

Hamza wollte aufstehen, aber Hanifas Hände griffen seinen Arm und hinderten ihn daran. Er sank wieder zusammen. Sein Herz klopfte, und sein Atem ging furaz und heftig. Er fühlte ein seltsames Bedürfnis, laut zu schreien und um sich zu schlagen.

Das Gewehr!" feuchte er und troch nach dem Graslager, unter dem die Waffe versteckt lag.

Hanifa war sogleich an seiner Seite und nahm es ihm ab. ,, Bin ich denn kein Mann?" fragte Hamza, wie er selber meinte, sehr erzürnt über ihre Eigenmächtigkeit.

Alter," antwortete Hanifa und setzte etwas hinzu, was er nicht verstand, denn plötzlich krachten ein Dugend Schüsse dicht bei der Hütte. Hamza lauschte atemlos. Der Lärm, der vorhin trotz der Kanonenschüsse und der Gewehrfalven etwas Monotones, gleich­zeitig Brickelndes und Beklemmendes gehabt, wurde auf einmal fordernd, gebietend. Etwas Wichtiges, etwas, an dem er teilnehmen mußte, trug sich auf der anderen Seite der Lehmwand zu.

Meine Palmen!" schrie er und riß das Gewehr an sich. Jetzt wußte er es, er mußte den Tod der Dattelbäume rächen. Aber Hanifa war rascher als der Mann. Mit der einen Hand hielt sie den Fortstrebenden, mit der anderen raufte fie ihr Haar. ., Alter... Alter..." kam es eilig über ihre Lippen.

Die Schüffe neben der Hütte knallten in rascher Folge. Aber auch in dem äußeren Lautzirkel steigerte sich das Getöse. Die Ka­nonen donnerten ununterbrochen, und wie ein Rahmen um das Ganze flang das Knattern der Gewehre, das ständig an Stärke und Umfang zunahm.

Hamza fühlte das Blut durch die Adern brausen, und seine Glieder füllte Jugendkraft. So start wie jetzt war er noch nie ge­wesen. Ruhig stand er auf, schob die Frau zur Seite und ging nach der Tür. Aber da fiel ihm ein, daß das Gewehr ohne die Patronen wertlos war, und er rief Hanifa zu, sie ihm zu reichen. Sie lächelte still und zufrieden, das beste war doch, wenn man wußte, was man

wollte.

Da geschah etwas Neues, Unerwartetes.

Ein Ruf voller Schmerz, Wut, Rachgier und Haß brauste von allen Seiten. Es waren Hunderte von Stimmen, die schrien, und Hunderte von Herzen, die in diesem Schrei einen Ausdruck für ihre Gefühle suchten. Wie eine Woge von Schreck schlug alles über die Hütte zusammen. Harte Schritte gingen vorbei, und eilige Schüsse fielen.

Das Gewehr in der Hand, trat Hamza aus seiner Wohnung. Meine Dattelbäume," sagte er durch die zusammengebissenen Zähne.

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Der erste, den er sah, war Khalil, sein Nachbar. Er lag lang auf dem Boden und rührte sich nicht. Hamza hob den Blick von dem Leichnam und starrte mit offenem Munde. Dort floh Sidi bel Hassen Hals über Kopf, neben ihm fiel ein älterer Mann hin war das nicht El Bidi, den sie den Geizigen nannten? Und er froch auf Händen und Füßen, stand auf, fiel wieder um und kroch weiter, wobei eine namenlose Angst aus seinen Augen leuchtete. Und da lag Abu Afr, der sich erst vor einem Monat eine Frau ge= nommen. Er hatte ein fleines rundes Loch in der Stirn. Was würde seine junge Frau nur dazu sagen?

Hamza konnte seinen Gedanken nicht zu Ende denken. Eine ganze Reihe verschiedener Ereignisse trug sich gleichzeitig zu. Eine Kugel pfiff an seiner Wange vorbei und bohrte sich mit einem dumpfen Knall hinter ihm in die Wand. Federbüsche flatterten jenseits der Kaktushede, die weißen Tropenhelme der Italiener tauchten zwischen den fleischigen Blättern auf, Schüsse fielen, Hurrarufe und Verwünschungen Klangen durcheinander. Ein Mann lief vorbei, den Hamza wieder erkannte, ohne sich indessen entsinnen zu können, wer er war. Der andere schrie ein paar Worte, zeigte mit seiner braunen Faust auf den Markt und war wieder verschwunden. Der alte El Bidi fiel zum vierten- oder fünftenmal hin, jammerte laut und blieb liegen.

Keuchend und wutschnaubend stürmten die Italiener den Garten von zwei Seiten. Durch die Pforte auf den Weg hin drang eine Schar Bersaglieri  , von der Seite nach der Wüste zu brachen Linien­